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Benutzername: 
mrs-lucky
Wohnort: 
Norddeutschland

Bewertungen

Insgesamt 196 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2013
Liebe unter Fischen
Freund, René

Liebe unter Fischen


ausgezeichnet

Bei diesem Buch fällt mir die Bewertung schwer. Der Klappentext vergleicht den Roman mit „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer, was in meinen Augen nicht wirklich passt. Andererseits ist es durchaus gerechtfertigt, mit dieser Geschichte die entsprechende Leserschaft anzusprechen.

Ist dies eine Liebesgeschichte? Nicht wirklich. Für mich ist Alfred Firneis eher auf der Suche nach sich selbst, nein, er wird auf eine Reise geschickt auf der er zufällig zu sich selbst findet und durch die Befreiung von erdrückenden Lasten auch die Liebe zulassen kann.

Am Beginn der Geschichte leidet Alfred, oder Fred, unter dem Erfolg und dem daraus resultierenden Erfolgsdruck seines Gedichtbands. Fred ist ein sehr sensibler Mensch, der einige persönliche Probleme mit sich herum trägt und in sich gefangen ist. Als Verfasser von Gedichten muss man vermutlich so sein.Trotz seiner depressiven Stimmung weist er einen hohen Grad an Selbstironie auf. Aus der Not heraus, Alfred wieder zum Schreiben zu bewegen, verfrachtet seine Verlegerin Fred in ihre einsam gelegene Berghütte in Österreich. Fred ist gebürtiger Österreicher, der aber seit Jahren in Berlin lebt und seine heimatlichen Wurzeln verdrängt zu haben scheint. Entsprechend kann er auf eine erfrischende Art und Weise die Österreicher und ihre Marotten auf die Schippe nehmen.

Der Stil des Romans ist schwer einzusortieren. Es wechselt zwischen leichter Erzählung mit ironischen Anspielungen und ernsthaften, philosophischen Gedanken. Ein Teil der Geschichte besteht aus dem Briefwechsel Alfreds mit seiner Verlegerin, wobei in erster Linie Alfred aus Mangel an Gesellschaft und anderen Kommunikationsmöglichkeiten darauf zurück greift, seine Gedanken aufzuschreiben und an seine Verlegerin zu schicken, weil er der ja auch seinen Aufenthalt in der Hütte verdankt. Ansonsten wird der Verlauf der Geschichte passagenweise aus der Sicht von Fred, Susanne und Mara erzählt. Außerdem spielt noch der Revierförster August eine tragende Rolle, der mit seinen simplen Lebensweisheiten sowohl Alfred als auch dem Leser einiges zu Denken gibt.

Mir hat die Mischung aus lockerer Unterhaltung und philosophischen Denkanstössen gefallen. Das Buch ist ein kleiner, feiner Band als Lektüre so zwischendurch. Gedichte sind an sich nicht mein Fall, hier hätte es mich durchaus interessiert, womit Fred so große Erfolge feiert. Seine Briefe zumindest fand ich sehr humorvoll und geistreich.

Bewertung vom 23.02.2013
Klack
Modick, Klaus

Klack


ausgezeichnet

Dieser Roman hat mir die Augen geöffnet – besser als jeder Erziehungsratgeber habe ich durch diese Geschichten einen Eindruck davon bekommen, was im Kopf eines pubertierenden Jungen vor sich geht, und warum halt manchmal nichts mehr geht.

Aber der Reihe nach: Markus findet beim Aufräumen des Dachbodens seine alte „Agfa Klack“ nebst dazugehörenden Abzügen wieder. 1961 hat er diesen Fotoapparat auf dem Jahrmarkt gewonnen, die Ereignisse aus dem darauf folgenden Jahr hat Markus längst vergessen, die Fotos rufen jedoch alte Erinnerungen hervor.

In jedem Kapitel greift sich Markus eines der alten Schwarz-Weiß-Fotos und beschreibt kurz Motiv und Aufnahmesituation. Danach folgt die damit verbundene Erinnerung, wobei die Ereignisse eines guten Jahres chronologisch nach gezeichnet werden. Der Leser nimmt auf diese Weise Anteil an den Erlebnissen, Gedanken und Nöten von Markus, der mitten in der Pubertät steckt und gerade das erste Mal verliebt ist – ausgerechnet in die Tochter der italienischen Nachbarn! Markus Erzählungen reflektieren die Spießigkeit seines gutbürgerlichen Elternhauses und den Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit einschneidenden politischen Veränderungen wie dem Mauerbau oder der Kubakrise.

Markus ist in einem Alter, in dem er Bemerkungen seiner Familie nicht kommentiert sondern auf eher naive Art wieder gibt. Der Autor bedient sich dabei einer sehr ausgefeilten nuancierten Sprache, die eingestreuten Werbe- und Schlagertexte verleihen den einzelnen Szenen eine besondere Lebendigkeit und nehmen den Leser mit auf eine Zeitreise. Zwar bin ich erst einige Jahre später geboren worden, dennoch deckeln sich meine Erfahrungen in vielen Situationen mit denen Markus, die Tanzstunden, gemeinsame Mittagessen am Sonntag mit Rouladen und Stachelbeerkompott, das war auch zu meiner Zeit nicht anders.

Dies war mal wieder ein Buch, bei dem ich meinen Mann an einigen Passagen unbedingt teilhaben lassen und sie ihm vorlesen musste, das passiert mir nicht oft!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2013
Aller Anfang ist Apulien
Wulf, Kirsten

Aller Anfang ist Apulien


gut

Nach einem recht viel versprechenden Start hat mich dieser Roman letztendlich enttäuscht. Obwohl Elena und Michele beide eher aus traurigen Gründen nach Lecce gereist sind und das Szenario mit Regenwetter im süditalienischen Winter eher düster war, hat mich der Beginn der Geschichte in eine positive Stimmung versetzt. Das Stilmittel der ein geflochtenen italienischen Begriffe und Wendungen unterstreichen das italienische Flair und haben mich an Sommerurlaube in Italien erinnert. Wirken die Charaktere anfangs noch sympathisch und die Geschichte erfrischend, macht sich jedoch bald Ernüchterung breit. Elena und Michele agieren unglaublich naiv und unangemessen.

(Vorsicht! Um meine Meinung zu erläutern, muss ich etwas mehr von der Story verraten!)

Insbesondere Elena als Journalistin mit ihrem Berufshintergrund müsste wesentlich besonnener und überlegter handeln, als sich blind mit Frauenhändlern und der Mafia anzulegen. Die Geschichte wirkt auf mich oberflächlich, inhomogen und unausgegoren. Es wird kaum ein Klischee ausgelassen. Die Vermischung der zwei Handlungsstränge wirkt gewollt und lieblos. Trotz der Problemchen, die bei Elena, Michele oder ihren Familien auftreten, ist der ganze Roman mit einer Decke von italienischer Leichtigkeit und Unbekümmertheit überdeckt, die nicht zu einem so ernsten Thema wie Frauenhandel und Zwangsprostitution passt. Der Klappentext lies einen leichten, unterhaltsamen Verlauf erwarten, vielleicht eine kleine Romanze, und ein Geheimnis, dass Elena und Michele verbindet. Die Einbindung einer Art Kriminalgeschichte in den Roman sollte wohl eine Bereicherung sein, geht aber nicht tief genug, um überzeugend zu sein. Insbesondere das Ende ist sehr abrupt und unbefriedigend. Wie kann Elena mit dem Ausgang ihrer selbst ernannten Mission zufrieden sein? Am Schluss wird ein wenig „Friede, Freude, Eierkuchen“ über die Szenerie gekippt, und alles ist gut.

Ich möchte der Autorin gar nicht das Talent zum Schreiben absprechen. Die Geschichte liest sich flüssig, die Leichtigkeit, die der Roman auf den ersten Seiten verströmt, hat mir durchaus gefallen. Dieser Stil passt allerdings eher zu einer seichten Sommerlektüre als zu einem tiefgründigen Krimi.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2013
Die Regenbogentruppe
Hirata, Andrea

Die Regenbogentruppe


gut

In seinem autobiographischen Roman "Die Regenbogentruppe" erzählt Andrea Hirata in einzelnen Episoden von Ereignissen aus seiner Schulzeit in einer ärmlichen muslimischen Dorfschule auf Belitung, Indonesien. Der Autor ist einer von 11 Schülern dieser Klasse, die unter widrigen Umständen von hoch motivierten und engagierten Lehrern unterrichtet werden. Die Lehrer verzichten auf eigene Annehmlichkeiten, um ihren Schülern eine Chance zu geben, da diese aus ärmsten Verhältnissen stammen und sich den Besuch einer staatlichen Schule nicht leisten könnten. Der Enthusiasmus insbesondere ihrer jungen Lehrerin überträgt sich auch auf die ihre Schüler.

Der Autor gibt nicht nur einen Einblick in einen Teil des Lebensweges der Schüler der Regenbogentruppe, sondern vermittelt in einer einfachen und doch oft blumigen Sprache viele Informationen über die Lebens- und Denkweise der verschiedenen Volksgruppen in Indonesien mit einem Schwerpunkt auf der Benachteiligung bestimmter Gruppen. Insbesondere am Anfang des Buches wirken die Episoden jedoch auseinander gerissen, wenn Hirata wiederholt umfangreiche Erläuterungen über die sozialen Strukturen und Besonderheiten Indonesiens einfließen lässt. Die Geschichte wirkt zusammen gestückelt und kommt nicht wirklich in fluss. Mehrfach werden am Ende eines Kapitels Ereignisse angekündigt , auf die er dann im nächsten Kapitel nicht weiter eingeht, sondern in Erläuterungen oder andere Anekdoten abschweift. Erst in der zweiten Hälfte des Romans kommt etwas mehr Spannung auf, und es gibt einen roten Faden, um den sich die Ereignisse spinnen. Das Buch endet dann jedoch sehr abrupt mit einem Zeitsprung und einem Resümee des Autors.

Die Kinder der Regenbogentruppe stammen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen und sind auch von ihrem Charakter her sehr verschieden. Hirata schildert sehr anschaulich die Besonderheiten und Beziehungen seiner Mitschüler, trotzdem bleiben sie mir eher fremd, einen wirklichen Einblick in das Leben der Menschen habe ich nicht bekommen.

Die Geschichte hat mich mit gemischten Gefühlen zurück gelassen. Die Zuversicht und Willensstärke der Kinder spiegeln ihre Hoffnung auf ein besseres Leben und ein Entkommen aus den vorgeschriebenen Wegen der Armut aus. Am Ende bleibt davon nicht viel übrig. Andrea Hirata fügt am Ende als Credo an, mit genügend gutem Willen und Durchhaltevermögen habe jeder die Chance, seinem Schicksal zu entkommen. Für ihn persönlich mag das stimmen, der Lebenslauf einiger seiner Mitschüler drückt etwas ganz anderes aus und widerspricht seinen Ausführungen. Das Thema des Romans ist interessant, die Ausführung erklärt, warum Ikal mit seinem "Plan A" gescheitert ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2013
Der Thron der Welt / Vallon Bd.1
Lyndon, Robert

Der Thron der Welt / Vallon Bd.1


ausgezeichnet

Robert Lyndon hat es mit seinem historischen Roman „Der Thron der Welt“ geschafft, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln, und das will bei 955 Seiten schon etwas heißen.

Der Franke Vallon, der Grieche Hero und der Falkner Wayland nehmen den Leser mit auf eine spektakuläre Reise von den britischen Inseln über Island und Grönland nach Norwegen, Russland und letztendlich nach Anatolien. Sie wollen 4 Gerfalken zu dem dortigen Sultan bringen, um einen normannischen Grafen aus der Gefangenschaft zu befreien. Auf dieser Reise bekommt der Leser Einblicke in die Lebensumstände zur Zeit des 11.Jahrhunderts in den verschiedenen Gegenden, die die Reisegruppe besucht. Der Autor schildert sehr lebendig die Landschaft, die Lebensweisen, sowie politische und kulturelle Unterschiede.

Geschildert wird die Reise wechselnd aus Sicht der drei Hauptpersonen, von denen man somit das intensivste Bild bekommt, ihre Begleitungen wechseln und bleiben zumeist auch eher Randpersonen. Dabei werden die unterschiedlichen Charaktere der Personen sehr lebendig und bildhaft vermittelt. Trotz der Länge des Romans bleibt er von Anfang bis Ende spannend. Ich habe mich zwischendurch gefragt, ob es realistisch ist, dass die Gruppe immer wieder auf so viele widrige Umstände und gefährliche Situationen trifft. Andererseits ist es auch eine weite und lange Reise, die zur damaligen Zeit ungewöhnlich war und durch viele nur wenig bekannte und von fremden Volksstämmen besiedelte Gebiete führte. Abgesehen davon wäre eine gradlinige Geschichte ohne Zwischenfälle es nicht wert erzählt zu werden. In ruhigeren Momenten lernt der Leser einiges über das Leben der Menschen zur damaligen Zeit, über Jagdtechniken, Falknerei, Bootsbau und ähnliches. Die Beschreibungen sind so bildhaft und lebendig, dass sie die Geschichte aufwerten, ohne langatmig zu sein. Es wird auch auf Kampftechniken eingegangen, und der Roman kommt nicht ohne grausame Szenen aus, allerdings gibt es keine großen, blutigen Schlachten, auf die ich persönlich bei diesem Genre auch gut verzichten kann.

Einer Stelle hat mich sehr irritiert: Obwohl die Geschichte im 11. Jahrhundert spielt, berichtet der Einsiedlermönch von der Gründung des Klosters auf Lindisfarne im 12. Jahrhundert. Wie soll das gehen? Das Kloster wurde tatsächlich auch bereits im 7. Jahrhundert gegründet. Bei dem ansonsten gut recherchiert wirkenden Roman würde ich mal auf einen Druck- oder Übersetzungsfehler tippen, und der Lektor hat auch gepennt.

Geärgert habe ich mich über den deutschen Titel, der eindeutig an die Werke von Ken Follett anspielt und vom Verlag vermutlich gewählt wurde, um auf dessen Erfolgswelle mitzuschwimmen. Das hat dieser Roman in meinen Augen absolut nicht nötig. Den Originaltitel „Hawk Quest“ empfinde ich als wesentlich passender.

Wer historische Romane mag, dem kann ich dieses Werk sehr empfehlen.