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Lunamonique
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Bremen

Bewertungen

Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 29.05.2019
Die stille Tochter / Kommissar Tommy Bergmann Bd.4
Sveen, Gard

Die stille Tochter / Kommissar Tommy Bergmann Bd.4


gut

„Die stille Tochter“ ist Band 4 der Kommissar Tommy Bergmann-Thrillerreihe von Autor Gard Sveen. Der erste Band der Serie „Der letzte Pilger“ wurde u.a. mit dem skandinavischen Krimipreis „Glass Key Award 2014“ ausgezeichnet.

Vor 34 Jahren ist die ehemalige DDR-Bürgerin und KGB-Agentin Christel Heinze verschwunden. Ihr Schicksal ist bis heute ungeklärt. Ein Angler entdeckt eine Leiche. Handelt es sich um die Vermisste? Kommissar Tommy Bergmann erhält einen Auftrag gegen alle Gesetze und sticht mit seinen Alleingängen in ein Wespennest.

Der Thriller pendelt zwischen Vergangenheit und Heute. Gleich beim ersten Kapitel wird das Ende nur angedeutet und bleibt offen. Kann eine brenzlige Situation entschärft werden? Interessant sind auch die Rückblicke in Christel Heinzes Leben. Eine Begegnung verändert alles. Wer wurde ihr zum Verhängnis? Von Anfang an wirken Zusammenhänge und das Verwirrspiel kompliziert. Gleich mehrere undurchsichtige Charaktere setzen nach und nach Spekulationen in Gang. Wer verfolgt welchen Plan? Warum musste Christel sterben? Das Damals ist leichter zu verfolgen als das Heute. Es geht um Macht, Geheimnisse, Liebe, Lügen, Verrat. Das Gespinst aus Geheimdienst und Spionage erschwert den Überblick. Ein gefährlicher Gegner bleibt im Dunkeln. Nach dem ersten Kapitel bleibt die Spannung über lange Strecken eher auf niedrigem Niveau. Erst als Tommy Steine in den Weg geworfen werden und er bei seinen Ermittlungen mehr und mehr auf sich allein gestellt ist, nimmt der Thriller an Fahrt auf. „Es wäre sicher das Beste, den verfluchten Fall loszuwerden. Das alles war ein schreckliches Labyrinth, und er war sich nicht mal sicher, ob er den Eingang gefunden hatte. Geschweige denn den Weg zum Ausgang.“ Christels Schicksal fesselt mehr als das Verwirrspiel. Nicht nur sie fungiert als Schlüsselfigur sondern auch der ominöse Unbekannte. Mit den Emotionen zum Schluss und einem überraschenden Auftritt berührt die Vergangenheit. Die Auflösung zu den Hintergründen ist keine große Überraschung. Gut gewählt ist Norwegen als Hauptkulisse. Die kalte, düstere Jahreszeit passt zur Geschichte.

Der Titel weckt die Neugierde, bezieht sich aber zu wenig auf den Kern der Geschichte. Der schwarze Hintergrund und die Grauschattierungen in der weißen Schrift unterstreichen das Thriller-Genre. Auffällig ist ein Fehler im Klappentext. Arvid Storholt ist nicht Christel Heinzes große Liebe. „Die stille Tochter“ erfüllt nicht ganz die hochgeschnellten Erwartungen. Mehr packende Szenen und Wendungen wären drin gewesen. Trotzdem ein unterhaltsamer Thriller. Zu viele Lesepausen lassen einen den Überblick verlieren.

Bewertung vom 20.05.2019
Im Freibad
Page, Libby

Im Freibad


ausgezeichnet

„Im Freibad“ ist der Debütroman von Autorin Libby Page. Eine Begegnung und ein besonderer Treffpunkt ändern Kates Leben.

Kate, Journalistin beim Brixton Chronicle, ist weder beruflich noch privat glücklich und fühlt sich sehr einsam. Für die Zeitung soll sie über die drohende Schließung des Brockwell-Freibads schreiben und lernt die begeisterte Schwimmerin Rosemary kennen. Die 86jährige steckt mit Lebensfreude und Kampfgeist Kate an. Gemeinsam versuchen sie, das Freibad zu retten.

Der Alltag in Brixton und eine zufällige Begegnung lassen Atmosphäre aufkommen. Rosemary hat ein feines Gespür für ihr Gegenüber und erkennt bald Kates schlechte Verfassung. Kates Einsamkeit inmitten von Menschen wirkt sehr bedrückend. Keine Freunde, kein Heimat- und Zuhausegefühl. Niemand ahnt, wie es in Kate aussieht. Das aktuelle Thema „Vereinsamung in einer großen Stadt“ wird berührend umgesetzt. Dank Rosemary und einer kniffeligen Aufgabe ändert sich alles in Kates Leben. Herzerwärmend, ihrer Wandlung zu zuschauen. Rosemary ist eine sympathische, rebellische Schlüssel- und Hauptfigur. Ihre Erinnerungen ermöglichen Rückblicke in glückliche Zeiten mit ihrer großen Liebe George. Die beiden haben den Schalk im Nacken und lassen sich von Verboten nicht abschrecken. Das Freibad als Zentrum wichtiger Geschehnisse ist ein ungewöhnlicher und doch so alltäglicher Handlungsort. Ein bisschen erinnert die Geschichte an die Filmkomödie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ mit Hugh Grant. Sympathische Nebenfiguren wie Frank und Jermaine untermalen den Unterhaltungswert. Immer mehr Freunde und Bekannte beteiligen sich an der Mission „Freibad“-Rettung. Originelle Ideen fließen ein. Rückschläge und Herausforderungen schweißen Kate und Rosemary zusammen. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Liebe und einen offenen Blick auf Umfeld, Chancen und Möglichkeiten. Das Ende lässt sich erahnen. Der Charme der Geschichte hallt noch lange nach. Das „Nachwort der Autorin“ bildet einen informativen und krönenden Abschluss.

Cover und Titel setzen den Inhalt passend in Szene. Sehr gut gewählt sind Details und Farben. Trotz der gelungenen Gestaltung überrascht der Inhalt. „Im Freibad“ ist eine Ode an das Freibad und das Schwimmen, aber auch an eine schicksalhafte Freundschaft und alle Rosemarys und Kates der Welt. Der Roman macht Mut und regt zum Nachdenken an.

Bewertung vom 10.05.2019
Mörderisches Lavandou / Leon Ritter Bd.5
Eyssen, Remy

Mörderisches Lavandou / Leon Ritter Bd.5


gut

„Mörderisches Lavandou“ ist Band 5 der Leon Ritter-Krimireihe von Remy Eyssen. Ein Mörder verfolgt einen grausamen Plan.

Der Täter beobachtet seine Opfer über Tage und wartet, bis die Gelegenheit günstig ist. Ein gruseliger Fund schockiert die Bevölkerung von Le Lavandou. Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter findet Hinweise auf das Vorgehen des Mörders. Captaine Isabelle Morell und Lieutemant Mohammed Kadir kommen dem Täter nur langsam auf die Spur.

Der Fokus des Krimis liegt auf dem grausamen Täter, der aus Hass handelt und die Macht über seine Opfer genießt. Es gibt kein Entkommen, denn der Mörder geht sehr vorausschauend und planvoll vor. Wer steht noch auf seiner Liste? Das Lauernde, der Verfolger setzt die Opfer in Angst und Schrecken. Die ständige Bedrohung wird nicht ausgespielt. Der Täter schlägt zu. Das Opfer hat keine Chance, obwohl kostbare Zeit vergeht. Nicht nur bei der Suche der Polizei fehlt es an Tempo. Der Täter ist ihnen gleich mehrere Schritte voraus. Ein Mitfiebern mit dem Opfer kommt kaum zustande. Gelungen ist die Provence-Atmosphäre. Le Lavandou in der Nachsaison eignet sich gut als Krimikulisse. Kaum die Gefahr, dass es Zeugen gibt. Nicht überzeugend wirken die falschen Fährten mit gleich mehreren Verdächtigen. Immer wenn einer fast ausgedient hat, wird der nächste aus dem Hut gezaubert. Die Irreführungen sind zu durchschaubar, der Täter bleibt trotzdem im Dunkeln. Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter ist eine interessante Hauptfigur. Intelligent, eigenwillig, sympathisch. Mit der Beziehung zu Isabelle und der gemeinsamen Familie ist er angreifbar. Das Persönliche verleiht ihm Charakter nimmt aber auch viel Raum ein. Durch den Erzählstil werden Spannung und Tempo ausgebremst. Die Geschehnisse reihen sich aneinander. Zeichen und Botschaften, die Sucht nach Anerkennung. Wer steckt dahinter? Showdown und Auflösung sind zu kurz geraten. Eine Reaktion und Beschreibung sind nicht stimmig. Dem Ende hätten mehr Zeit und Seiten gut getan. So enttäuscht der Krimi mit einer nicht gut durchdachten und wenig effektvollen Handlung.

Der Titel weckt die Neugierde. Auch die Coverszene ist gelungen und verrät keine Details. „Mörderisches Lavandou“ trumpft mit einer besonderen Kulisse auf, kann aber die Erwartungen eines fesselnden Krimis nicht erfüllen. Mehr Feinschliff bei den Szenen und ein Fokus auf Gänsehaut-Spannung wären nötig gewesen.

Bewertung vom 06.05.2019
Mord am Mandela Square (eBook, ePUB)
Boll, Matthias

Mord am Mandela Square (eBook, ePUB)


weniger gut

„Mord am Mandela Square“ von Autor Matthias Boll ist nach „Das Muthi“, „Verbindung Y“, „Das Jahr mit den zwei Sommern“ und „Das Koeberg Projekt“ Band 5 der Krimireihe mit dem exotischen Handlungsort Südafrika.

Mfuneni findet seinen treuen Freund und Wegbegleiter Bongomusa tot in der Badewanne. Polizei und Gerichtsmediziner erscheinen überraschend schnell und stellen einen ungewöhnlichen Mordfall fest. Was ist passiert? Naturwissenschaftler Frank Sattler reist aus Deutschland an, um die Tochter eines guten Freundes zu beschützen und nach Hause zu bringen. Mit Menschenrechtsaktivistin Pia gerät auch Frank in Lebensgefahr.

Der Krimi startet effektvoll mit einer erschütternden Entdeckung und einem nicht gerade zimperlichen Gerichtsmediziner. Südafrikas Widrigkeiten und Eigenarten bilden die Kulisse für rätselhafte Vorfälle. Anfangs wollen die verschiedenen Handlungsstränge nicht so recht zusammenpassen. Ein Ingenieur, der noch gerade pünktlich zu einem wichtigen Termin erscheint. Ein Vater, der sich Sorgen um seine Tochter macht und ein Mord, der eigentlich nicht hätte passieren dürfen. Aktivistin Pia wird zur Schlüsselfigur. Frank Sattler findet sich bald zwischen den Fronten wieder. Ein interessanter Handlungsort, bei dem eigentlich von alleine Atmosphäre aufkommen müsste und spannende Ansatzpunkte. Leider überzeugt der Erzählstil nicht. Situationsbeschreibungen und Dialoge wirken zu gestellt und gekünstelt. Viele Kommentare und Erklärungen sind überflüssig. Die Geschichte nimmt einen nicht gefangen. Es fehlt am eigenen Stil. Trotz sich überschlagender Ereignisse und überraschender Wendungen, alles hat etwas zu Konstruiertes und viel zu wenig Intensität. Gut gewählt ist ein zentraler Handlungsort, der viel Spielraum für Düsteres und Undurchsichtiges bietet. Hauptfigur Frank Sattler überrascht mit für ihn untypischen Talenten. Eine Affäre will nicht so richtig passen. Die Charaktere, ob Gut oder Böse, wirken zu eindimensional und haben zu wenig Ecken und Kanten. Der Showdown ist zu kurz geraten. Die wenigen Seiten halten den Spannungseffekt auf Sparflamme. Größtenteils nicht nötig gewesen wäre die Zusammenfassung zum Schluss. Insgesamt hapert es an der Umsetzung. Dabei hätte aus den neuen, originellen Ideen und Südafrika-Flair ein spannender Krimi entstehen können. Schade. Die Anmerkungen des Autors am Buchende sind informativ und interessant.

Das Cover setzt den Handlungsort kreativ in Szene. Der Titel weckt die Neugierde. „Mord am Mandela Square“ erfüllt zwar nicht die Erwartungen eines fesselnden Krimis. Als Urlaubslektüre z.B. für Südafrikareisende eignet sich das Buch aber allemal.

Bewertung vom 06.05.2019
Dschungel
Karig, Friedemann

Dschungel


sehr gut

„Dschungel“ ist nach „Wie wir lieben. Vom Ende der Monogamie" das zweite Buch des Autors Friedemann Karig. Die Suche nach dem verschwundenen Freund führt zum eigenen Ich.

Vier Wochen und zwei Tage hat sich Felix weder bei Freunden noch Familie gemeldet. Seine Mutter bittet seinen besten Freund, ihn in Kambodscha zu suchen und nach Hause zu bringen. Eine Reise ins Ungewisse beginnt. Lebt Felix noch? Ist er freiwillig untergetaucht oder längst tot?

„Wenn man mit Felix zusammen war, konnten sich die Ladungen ändern, die Statik eines Moments, einer Geschichte, wie in einem Traum, in dem man eben noch der Gute war und plötzlich als Bösewicht gejagt wurde. Ich konnte damit umgehen, hatte es lernen müssen. Fremde verstanden das nicht.“ Zwei Männer verbindet eine ungewöhnliche Freundschaft. Kindheits- und Jugend-Erinnerungen wechseln mit der Suche nach Felix ab. Felix mit seinen Extravaganzen, immer auf der Suche nach Extremen, neugierig, unvernünftig, wild. Was hat ihn nach Kambodscha geführt? Warum ist er verschwunden? Das Rätselhafte bildet den roten Faden der Geschichte und sorgt für eine unterschwellige Spannung. Der Ich-Erzähler, Spitzname „Doktor“, bleibt namenlos. Es geht um gemeinsame Geheimnisse, Manipulation, Lektionen und Abgründe. Die Suche stellt vor Herausforderungen. Sich überwinden, Fremde fragen, Spuren suchen, die Ungewissheit im Nacken. Irrwege führen ins Nichts. Dann wieder ein Fünkchen Hoffnung. Wer weiß oder verschweigt etwas? Der suchende Freund überschreitet Grenzen, bringt sich in Gefahr. Anfangs nimmt einen die Geschichte gefangen. Der eigenwillige Erzählstil lässt Atmosphäre aufkommen. Eine Wendung kommt etwas spät, ist aber gut gelungen. Mit den Aussteiger- und Hippie-Begegnungen nimmt das Tempo ab. Ein Aufenthalt erscheint zu lange. Hoffnung, stoische Geduld, Verzweiflung. Zum Ende dreht die Geschichte noch einmal voll auf. Mut, Energie und Wagnisse. Der Ich-Erzähler wächst über sich hinaus. Irrwege und Täuschungen sind gelungen. Die Wahrheit geht unter die Haut.

Der Titel wirkt schlicht, passt aber zum Inhalt. Das Chamäleon ist mit dem blauen Hintergrund gut in Szene gesetzt. „Dschungel“ verpackt das Thema "Rebellion" in eine ungewöhnliche, teils schräge Geschichte. Berührend ist der Zusammenhalt zwischen zwei Freunden, der immer wieder zu Ausnahmesituationen führt.

Bewertung vom 03.05.2019
Siralen Befendiku Issirimen. Neuland / Chroniken von Chaos und Ordnung Bd.5
Praßl, J. H.

Siralen Befendiku Issirimen. Neuland / Chroniken von Chaos und Ordnung Bd.5


ausgezeichnet

In „Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 5: Siralen Befendiku Issirimen. Neuland“ von J.H. Praßl gilt es, die Welt hinter den bekannten Grenzen zu entdecken. Die Zukunft Amaleas steht auf dem Spiel.

Die Helden der Allianz führen die Weltretter-Mission an. Von Tamang aus macht sich die Flotte auf den Weg mit ungewissem Ziel. Der „Große Abgrund“ muss überwunden werden, um neue Verbündete gegen das Chaosbündnis zu finden. Die Zeit drängt.

Jeder „Chroniken von Chaos und Ordnung“-Band ist einer Hauptfigur gewidmet. Mit der charismatischen Siralen Befendiku Issirimen nimmt ein Abenteuer voller unbekannter Gefahren seinen Lauf. Stärken und Schwächen der Beteiligten werden deutlich. Es gilt eine Einheit gegen die Feinde zu bilden, was allein durch die kollidierenden Gegensätze zur Herausforderung wird. Wem können die Helden der Allianz vertrauen? Machtgier, Lügen und Intrigen, die Gegner sind viel zu nah und agieren kaltblütig aus dem Hinterhalt. Originelle Ideen und überraschende Wendungen halten Unterhaltungswert und Spannung auf einem hohen Niveau. Hintergründe, Motive, Zielobjekte und die Suche nach der Wahrheit setzen Spekulationen in Gang. Das Undurchsichtige hält an. Wer verfolgt welchen Plan? Das Bangen um Sympathieträger wie Hitzkopf Chara, Siralen und Tauron geht weiter. Immer mehr geheimnisvolle, vielschichtige Akteure werden in die Geschichte verwoben. Welche Rolle spielen Lindawen, Kerrim und Kasai? Emotionen, Atmosphäre, drohende Gefahren sind stets greifbar. Die Intensität ermöglicht dem Leser größtmögliche Nähe zu den Charakteren und Ereignissen. Mystische Vorfälle schüren Panik und Misstrauen. Der Tod lässt sich nicht abschütteln. Wer ist Feind, wer Freund? Die Antworten verschwimmen. Das gegenseitige Misstrauen wächst. Jeder kommt an seine Grenzen. Bei allem Ernst der Lage, der Humor kommt nicht zu kurz. So mancher Dialog und die ein oder andere Reaktion bringt zum Schmunzeln oder Lachen. Ein raffiniert konstruierter Plot mit allen Zutaten, die ein Mammutprojekt und Pageturner nötig hat. Gefühlt mitten im packenden Abenteuer kommt das Ende von Band 5 nach 646 Seiten. Zu schnell, zu abrupt, trotz Epilog. Etwas mehr Ausklang wäre schön gewesen.

Das Cover hat Seriencharakter und ist, gemessen an dem Inhalt, pure Zurückhaltung. Das Grau wirkt sehr schlicht. „Chroniken von Chaos und Ordnung. Band 5: Siralen Befendiku Issirimen. Neuland“ stellt alle vorherigen Bände in den Schatten. Grandios und absolut packend erzählt. Unberechenbare Schicksale, fesselnde Gefühle und ein Paukenschlag kurz vorm Schluss. Unmöglich Band 6 zu verpassen. Vieles ist noch offen.

Bewertung vom 22.04.2019
Das Verschwinden der Stephanie Mailer
Dicker, Joël

Das Verschwinden der Stephanie Mailer


sehr gut

Für seinen Roman „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ wurde Autor und Jurist Joël Dicker u.a. mit dem „Grand Prix du Roman der Académie Française“ ausgezeichnet. In „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ kommt eine Journalistin der Wahrheit auf die Spur.

Haben die Polizisten Jesse Rosenberg und Derek Scott vor zwanzig Jahren einen Unschuldigen hinter Gitter gebracht? Journalistin Stephanie Mailer entdeckt einen entscheidenden Hinweis, den die damals sehr jungen Ermittler übersehen haben. Wenig später ist sie verschwunden.

Mit den Geschehnissen von 1994 und einer berührenden Suche nimmt der Roman einen ergreifenden Anfang. Eine Begegnung streut Zweifel bei Captain Jesse Rosenberg. Journalistin Stephanie Mailer ist die Schlüsselfigur des Romans. Sie hofft auf die große Story und gibt deswegen keine Recherche-Details preis. Jesse und sein Partner Derek wurden für ihren damaligen Ermittlungserfolg gefeiert. Jesse steht kurz vor seinem selbstgewählten Abschied aus dem Polizeidienst. Er gilt als der 100prozentige. Die Hinweise verdichten sich, dass Jesse und Derek bei ihrem ersten Fall einen verhängnisvollen Fehler begangen haben. Von Anfang an entwickelt der Roman eine intensive und greifbare Atmosphäre. Das liegt an den packenden Beschreibungen, unzähligen, eingestreuten Puzzlestücken und an einem perfekt inszenierten Plot. Perspektivwechsel verdichten die Geschichte. Rückblicke gewähren Einblicke in Jesses und Dereks damalige Ermittlungen. Sie standen unter Erfolgsdruck. Haben sie sich deswegen zu schnell auf einen Verdächtigen festgelegt? Die Suche nach dem Motiv und der Wahrheit zieht sich hin. Einzelne Geschichten/Schicksale sind miteinander verbunden. Im Mittelteil nimmt die Atmosphäre mit allzu schrägen Akteuren und einer Theaterposse ab. Falsche Fährten und jede Menge Täuschungen, bald haben die Krimielemente wieder Oberhand. Ein Ermittler-Trio lässt nicht locker. Der Druck steigt wie damals. Erschütternd und berührend sind zwei Geschehnisse aus der Vergangenheit. Nach einigen Andeutungen erfährt der Leser immer mehr Wahrheiten. Nichts ist immer so wie es scheint. Ein komplexes Verwirrspiel bis zum Schluss. In diesem Roman steckt eine Menge Planung und Arbeit. Bis zum Ende lässt sich nichts durchschauen. Die zahlreichen Ideen, Details und Überraschungen bringen zum Staunen. Jeder Charakter hat Persönlichkeit und bringt auf seine Weise die Geschichte voran. „Die Liste der wichtigsten Personen“ am Ende des Buches kann im Zweifelsfall zur Orientierung genutzt werden. Wer zwischendurch den Überblick verliert, findet aber schnell in die Verwicklungen zurück.

Der Titel weckt die Neugierde und ist passend zum Inhalt in Szene gesetzt. Ein alter Fall, der wieder aufgerollt wird und immer mehr Fragen aufwirft. „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“ lässt den Leser nicht mehr los. Nie war die Suche nach einem Täter schwieriger. Oder ist Stephanie Mailer freiwillig untergetaucht? Alles bleibt offen, und die Liste der Verdächtigen für die damaligen Morde wird länger und länger. Unterhaltsam, packend und manchmal schräg.

Bewertung vom 14.04.2019
Gefangen im Riesenbuch / Abenteuer in Mirathasia Bd.3
Aretz, Veronika

Gefangen im Riesenbuch / Abenteuer in Mirathasia Bd.3


gut

„Abenteuer in Mirathasia – Gefangen im Riesenbuch“ ist nach „Abenteuer in Mirathasia – Die Skaterbahn“ und „Abenteuer in Mirathasia – Das Ankunftszentrum“ „Band 3 der Kinderbuchreihe von Autorin Veronika Aretz.

Emily hasst Bücher. Für den Deutschunterricht soll sie ein Buch mit drei Fröschen auf dem Cover lesen. Das kann ja nur todlangweilig sein. Klar, dass sie ihre Hausaufgabe bis zum letzten Moment hinauszögert. Dann passiert etwas Ungewöhnliches. Die Luft im Raum glitzert, und etwas erregt Emilys Aufmerksamkeit.

Ein Kind, dass keine Bücher liest. Allein dieses Detail macht Emily zu einer ungewöhnlichen Hauptfigur. Warum hat es Emily nicht gelernt, in Geschichten einzutauchen? Ist Emily eine von vielen? Band 3 befasst sich mit dem aktuellen Thema „Smartphone verrückte Welt und ihre Auswirkungen“. Gerät das Buch aufgrund moderner Technik ins Hintertreffen? Die Liebe zum Buch wird in eine abenteuerliche Geschichte verpackt. Die Reise in eine andere Welt ist nicht neu. Wodurch sind Wirbel und Öffnung nach Mirathasia entstanden? Das, und auch wie es funktioniert, wird nicht näher erklärt. Originell ist die Idee zur „Käsestadt“. Wie genau sieht diese Welt aus? Es fehlt an detaillierten Beschreibungen, die die ungewöhnliche Atmosphäre greifbar machen. Emilys Staunen und Verwunderung hätte mehr einfließen müssen. Die Sprache ist nicht immer dem Alter angepasst. Mehr Flair kommt im Riesenbuch auf, aber auch hier hätte das Unglaubliche mehr in Worte gefasst werden können. Illustrationen der Autorin in Schwarz-Weiß lockern die Geschichte auf und setzen Emily in Szene. Kurze Kapitel ermöglichen einen guten Lesefluss. Die beiden Hauptfiguren bleiben eher blass und austauschbar. Auch hier fehlt es an Beschreibungen und Eigenarten. Büchernarr trifft auf Bücherhasserin, es lässt sich erahnen, wie die Geschichte ausgeht. Toll ist ein ungewöhnlicher Einfall, der bald das Abenteuer trägt. Zu kurz kommt die Spannung. Mit dem Riesenbuch wäre alles möglich gewesen. Der Text-Umfang mit nur 76 Seiten ist zu gering für diese eigentlich schöne Buchidee.

Das Cover macht Lust auf ein unglaubliches Abenteuer und hätte als Hardcover mehr Wirkung entfaltet. Der Titel weckt zusätzlich die Neugierde aufs Buch. „Abenteuer in Mirathasia – Gefangen im Riesenbuch“ ist für Kinder ab 8 Jahren gedacht und hat eine lehrreiche Botschaft parat: Bücher sind unschlagbar zauberhaft. Eine unterhaltsame Geschichte für eine kurze Auszeit. Das Kinderbuch eignet sich gut z.B. für ein Gute-Nacht-Geschichte oder Urlaubsreise.

Bewertung vom 12.04.2019
Vogelfrei
Strycker, Noah

Vogelfrei


ausgezeichnet

In „Vogelfrei“ erzählt Autor Noah Strycker von seinem Big Year, einer ganz besonderen Weltreise. Aus seiner Schreibfeder stammen auch „The Magic & Mystery of Birds - The Surprising Lives of Birds and What They Reveal About Being Human“, „Birding without Borders“ und „Among Penguins: A Bird Man in Antartica“.

„Kurz vor meinem 30. Geburtstag fasste ich einen kühnen Plan: Ich wollte den Planeten bereisen, die passioniertesten Birder der Welt kennenlernen, vielleicht einen nicht ganz ernstgemeinten Rekord aufstellen und eine einzigartige Momentaufnahme von der Erde machen – alles auf einen Schlag. Ich machte mich auf den Weg, um Vogel für Vogel die Welt zu erkunden.“

„Der erste Vogel, den man am Neujahrestag sieht, ist ein Omen. Das behaupten jedenfalls viele abergläubische Vogelbeobachter.“ Noahs Reiseauftakt in der Antarktis läuft nicht ganz so wie gewünscht. Die Leidenschaft des Birders schwappt auf den Leser über. Ob seltene Exemplare oder kuriose Begegnungen, die Einblicke in Noahs Big Year ermöglichen große Nähe zu einem unglaublichen Abenteuer. Unterstützung erhält er in 41 Ländern von einheimischen Birdern. Die vogelbegeisterten Gefährten führen ihn in die entlegensten Regionen, zu Geheimplätzen, immer auf der Suche nach einer endemischen Spezies oder raren Art. Ambitioniert ist nicht nur die Reiseroute. Die Zeit sitzt Noah stets im Nacken, eine bestimmte Anzahl Vögel pro Tag zu entdecken und seinen Weltrekord aufzustellen. Bei Wind und Wetter setzt er sich auch Gefahren aus und erlebt die ein oder andere Überraschung. Wie viel Vorbereitung für die Weltreise notwendig war, wird u.a. mit dem Foto Noahs neben einem Stapel Vogelbestimmungsbüchern deutlich, die er für sein Abenteuer eingescannt hat. Ein paar wenige Reisefotos sind im Mittelteil des Buches platziert. Vom Fleckbrustwürgerling über den Elsteradler bis zur Vulkanelfe, mit seinen detaillierten, leidenschaftlichen Beschreibungen macht der sympathische Abenteurer Lust auf einen ganzen Weltreise-Bildband. Das rasante Reisetempo spiegelt sich im Text wieder. Viele Stationen hätten gerne ausführlicher beschrieben werden können. Hundert Seiten mehr Umfang wären toll gewesen. Das Buchende kommt viel zu schnell. Zum Schluss werden noch ein paar offene Fragen beantwortet, und es gibt z.B. Infos zum Budget. Im Anhang steht die Ausrüstungsliste. „Momentaufnahme eines großen Jahres“ und die „Big-Year-Liste“ runden das Leseabenteuer ab.

Das Cover macht Lust aufs Reisen und fängt einen melancholischen Moment ein. Die Kontinente mit Reiserouten sind gut als Hintergrund für den Titel platziert. „Vogelfrei“ übertrifft die Erwartungen und bringt einem das Birding und vogelbegeisterte Abenteurer näher. Noahs Big Year zeigt, was mit viel Reisemut und besonderem Einsatz möglich ist. Natur- und Tierwelt faszinieren.

Bewertung vom 04.04.2019
Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem / Golden Cage Bd.1
Läckberg, Camilla

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem / Golden Cage Bd.1


sehr gut

In „Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem.“ von Autorin Camilla Läckberg zerbricht Fayes Idylle. Ihr Ehemann Jack bringt ihr nur noch Verachtung entgegen.

Faye ist in Jacks Leben die Schlüsselfigur. Mit ihrer Intelligenz und ihren Ideen hat sie ihm und seinem Freund Hendrik geholfen, eine Firma aufzubauen. Bald schwimmen alle Drei im Reichtum. Das Glück hält nicht lange an. Faye hält verzweifelt an ihrem Traum von der Familie fest.

Der Roman ist in drei Teilen aufgebaut. Alle Spuren deuten auf ein Verbrechen hin. Was ist geschehen? Stockholm, Sommer 2001, in Rückblicken wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Faye erzählt, wie ihre Liebe zu Jack begann. Der Wechsel zwischen damals und heute ermöglicht Einblicke in zwei verschiedene Leben. Wann hat sich Jack verändert? Welche dunklen Seiten schlummern in ihm? Faye wird zum Beispiel einer gedemütigten Frau. Abhängigkeit, verlorene Selbstachtung, Selbstaufgabe. Die Frau, die Jack zu Studienzeiten kennenlernte, war völlig anders. Taff, selbstbewusst, ehrgeizig. Das Gegensätzliche, Fayes Verwandlung schockiert. Sie erkennt erst spät, was aus ihr geworden ist. Wie eskaliert die Situation? Wie passen die Andeutungen vom Anfang zum Rest der Geschichte? Das bleibt lange Zeit rätselhaft. Fayes Schicksal berührt. Die erwartete Spannung bleibt jedoch in den ersten beiden Teilen auf der Strecke. Das Tempo ist langsam, den Entwicklungen angepasst. Was hat es mit dem Geheimnis aus der Vergangenheit auf sich? Der Fokus liegt auf der Hauptfigur. Ein tiefer Fall und Wunden, die niemals vergehen. Für Unterhaltungswert sorgt Jugendfreundin Chris mit Elan, Lebensfreude und Abenteuerlust. Angst, Trauer, Abschied, im letzten Teil verknüpfen sich Schicksale. Jemand hält die Fäden in der Hand. Wut, Hass, Rache, wer lässt sich wozu hinreißen? Erst zum Schluss, teils vorhersehbar, zeigt der Plot seine Raffinesse. Wirkungsvoll ist die Auflösung trotzdem. Der Ausklang setzt noch einen drauf.

Das Cover lässt einen Thriller erwarten. Das Wort „ Roman“ geht fast unter. Auch der Titel schürt die Vorfreude auf Spannung. Details und Schrift ziehen die Blicke aufs Buch. „Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemanden.“ befasst sich auf ungewöhnliche Weise mit dem Schicksal einer erniedrigten Frau. Auf das Buch kann man nicht vorbereiten. Kein Thriller, aber auf andere Art schonungslos.