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Benutzername: 
Kyra112
Wohnort: 
Sachsen-Anhalt

Bewertungen

Insgesamt 225 Bewertungen
Bewertung vom 09.05.2022
Unter Träumen
Wildenberger, Kathrin

Unter Träumen


ausgezeichnet

Die Ängste der Gesellschaft und ihre verschiedenen Blickwinkel
Unter Träumen von Kathrin Wildenberger ist der dritte Teil einer Reihe über die Ereignisse der Leipziger Montagsdemonstrationen, Freunden, die daran teilnehmen und deren weiteren Lebensverläufen. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um die Freunde Ania und Bernd und Anias Schwester, Brit. Alle drei stammen aus dem gleichen Ort im Südharz.
Nun hat Bernd den Weg des Suizids genommen und Ania wird mit seinem Tod und ihrem vergangenen Leben konfrontiert. Gleichzeitig kommt sie zurück in ihr Heimatdorf, erlebt das Umfeld in dem sie aufgewachsen ist und sieht, dass viele Dinge nicht so positiv sind, wie sie es annahm. Die Fassade bröckelt. Eine Zeit, über einiges nachzudenken.

Ich hatte Schwierigkeiten in das Buch hineinzufinden. Allerdings habe ich auch die ersten beiden Teile der Reihe nicht gelesen. Es dauerte jedoch nicht lange, bis ich alle Zusammenhänge verstand und in die Geschichte hereinfand. Somit kann ich sagen, dass auch Personen, die nur dieses Buch kennen, es dennoch problemlos lesen können. Es benötigt nur ein paar Seiten Geduld.
Die Beschreibung von Anias Heimatdorf finde ich absolut passend. Es spiegelt für mich das typische Dorfleben wider, das Getuschel, das Beobachten und die Ein- und Ausgrenzungen, welche Person zu welchem Personenkreis gehört.
Anias Familie finde ich auch spannend dargestellt. Ich habe hier viele Parallelen zur Pandemielage der letzten Monate gefunden. Die Verunsicherungen, die verschiedenen Meinungen, das „Menscheln untereinander“ und das Handeln, welches sich aus den verschiedenen Haltungen ergibt. Diese Darstellungen gefielen mir wirklich gut.
Ich empfand es für mich auch, dass mit der Geschichte des Romans eine gewisse Düsternis einhergeht. Ania lässt ihr Leben Revue passieren, erkennt das Auseinanderdriften in verschiedenen Bereichen und hinterfragt ihre bisherigen Annahmen zu ihrem Leben, aber speziell auch dem Leben von anderen, vor allem, dem ihrer Familienangehörigen und ihrer besten Freundin Suse.

In einigen Bereichen fand ich die Geschichte immer etwas schwierig nachvollziehbar. Es erfolgten mehrere Zeitsprünge, die dargestellt waren, also, bei denen der Leser die Daten nachvollziehen konnte und es erfolgten auch Zeitsprünge innerhalb eines Kapitels, die nicht extra dargestellt waren. Da war es manchmal schwierig zu folgen.

Ania selber ist ein sehr angenehmer Mensch. Sie ist offen und herzlich, hinterfragt die Dinge und bildet sich objektive Meinungen, was ich sehr gut finde. Sie weiß, was sie vom Leben zu erwarten hat und ist dennoch ein Unruhepol. Sie scheint aber trotz ihrer inneren Unruhe und ihrer Zerrissenheit mit ihrem bisherigen Leben zufrieden zu sein.

Ich habe aber auch das Gefühl, dass es in Anias Familie auch einige Geheimnisse oder Ungereimtheiten gibt, die weder Ania erfährt, noch der Leser, sodass es für mich einen gewissen Spannungsbogen gab, der sich durch das Buch zog. Irgendwelche Fragen taten sich in meinem Kopf beim Lesen immer auf und wurden auch im Nachhinein beantwortet.

Bernds Sicht auf die Dinge und das Leben fand ich besonders. Er wirkte für mich, als sähe er diese aus der Sicht seiner Kamera, mit allen unschönen Seiten. Das fand sich für mich auch so in seinen Tagebüchern wieder. Eine sehr realitätsnahe Art!

Ein gut zu lesender Roman für alle die, die Gegenwartsromane mögen, die gesellschaftliche und zwischenmenschliche Sachen behandeln, sie darstellen und hinterfragen und keine geschönten Darstellungen des Lebens und des Miteinanders präsentieren.

Bewertung vom 07.05.2022
Herzrasen / Klinikum Berlin Bd.2
Lynd, Helene

Herzrasen / Klinikum Berlin Bd.2


ausgezeichnet

Spannende Entwicklungen in und um die Notaufnahme

Klinikum Berlin - Herzrasen ist der zweite Band der Klinikum Berlin-Reihe. Das Buch spielt sich auch dieses Mal im Umfeld der jungen Assistenzärztin Lieselotte Richter, genannt Lotti, ab. Lotti hat sich in den vergangenen Monaten gut in das Team der Notaufnahme integriert und schnell Freundschaften geschlossen. Auch ist sie gerade frisch verliebt und hofft immer noch, dass es ihren Bruder Edo demnächst nach Berlin verschlagen wird. Neu im Team der Notaufnahme ist die äußerst introvertiert und abweisend wirkende Dr. Annabelle Granger. 
Es ist wieder ein spannendes Unterfangen zwischen allen Beteiligten mit vielen persönlichen Ent- und Verwicklungen, aber auch in der Notaufnahme stehen sie als Team immer wieder vor neuen Herausforderungen und auch die Abrechnungsgeschichte, der Kira und Tobias auf der Spur sind, ist noch nicht abgeschlossen.

Klinikum Berlin - Herzrasen ist eine spannende Fortsetzung des ersten Teils. Auch das Cover knüpft wunderbar an das des ersten Teils an. Das fand ich am Anfang etwas klischeehaft, aber mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt.
Der Schreibstil von Helene Lynd gefällt mir nach wie vor sehr gut. Vor allem mag ich die kurzen Kapitel, weil sie mich motivieren, schneller weiterzulesen. Auch die Fälle, die sie beschreibt, sind sehr spannend und auch die Entwicklungen drumherum fand ich sehr spannend. Gerade ab der Hälfte konnte ich das Buch nicht mehr weglegen, weil der Spannungsbogen einfach zu gut war! Teilweise überschlugen sich sogar die Ereignisse oder folgten extrem schnell aufeinander und manchmal hätte ich gern noch ein paar zusätzliche Informationen gehabt, wie, was es mit Nonos Vergangenheit und seinen Eltern auf sich hatte oder was auf den Fluren der Notaufnahme passiert ist, während die Opfer der Messerstecherei behandelt wurden.
Ich finde es bei manchen Diagnosen bzw. so manchen Fachausdrücken für nicht medizinisches Personal schwer zu folgen. Ich musste so manches Mal nachfragen oder googeln, mein reines Rettungssanitäterwissen hat mir nicht immer geholfen. 
Die Charaktere fand ich auch wieder so sympathisch wie im ersten Teil, nur dass zum Ende hin sogar der Bademeister und der Wolf etwas in der Gunst gewachsen sind.
Mit Annabelle tat ich mich etwas schwer. Es hat lange gedauert, bis ich etwas mit ihr warm wurde. Aber ich denke, bei ihr hängt das mit ihrem vergangenen Leben zusammen und auch, wer eine Rolle in ihrem Leben spielt. Ich denke, sie hat und wird sich noch gut in das Team integrieren.
Die Beziehung zwischen Laurenz und Lotti fand ich schön zu verfolgen, allerdings fehlte mir hier die Tiefe. Das war mir doch ein bisschen zu viel gute Laune und als es ernst wurde, gab es keine Gespräche mehr und dann das abrupte Telefonat. Das war doch etwas merkwürdig. Das Gleiche galt für Edo. Die ganze Zeit quälte er sich und dann gab es dieses eine Telefonat mit Lotti, was ihn plötzlich zu dem Schritt ermutigte, den er schon lange vor sich herschob und plötzlich war er in Berlin.

Aber zusammenfassend hat mich dieses Buch wieder in seinen Bann gezogen und ich hoffe, es wird eine Fortsetzung geben, um zu erfahren, wie es mit allen Beteiligten weitergeht. 
Eine klare Empfehlung an alle die, die gerne medizinische Romane oder einfach nur spannende Geschichten lesen.

Bewertung vom 04.05.2022
Der Sommer der Blütenfrauen
Santana, Lea

Der Sommer der Blütenfrauen


ausgezeichnet

Der Sommer der Blütenfrauen von Lea Santana handelt von drei Frauen, mit drei völlig unterschiedlichen Charakter, drei völlig verschiedenen Hintergründen und auch völlig verschiedenen Lebensweisen. Doch eines haben alle drei gemeinsam, eine Verbindung zu Kulinarischem.
Diese drei Frauen begegnen sich durch Zufall auf einer kulinarischen Messe und freunden sich im weiteren Verlauf an. Diese Freundschaft ist der Beginn einer gemeinsamen Geschichte.

Ich finde das bunte Cover sehr auffällig, bunt und schön. Auch die Haptik hat mir sehr gut gefallen.
Die Kapitel werden in einzelne Abschnitte unterteilt, in denen etwas aus der Perspektive jeder der drei Frauen erwähnt wird. Ich finde diesen Schreibstil sehr angenehm, weil es damit auch leichter zu lesen ist. 
Die Geschichte fand ich sehr außergewöhnlich gewählt und das machte sie sehr besonders. Eine Geschichte von Frauen, die nicht gegensätzlicher sein könnten, aber dennoch zueinander finden. 
Rose ist arbeitssuchend, wechselt ansonsten ständig die Arbeitsplätze und hat doch einen sehr kantigen Charakter, den man zu nehmen, wissen muss. Ich fand sie äußerst anstrengend.
Viola ist eher ein verschlossener, geheimnisvoller Mensch, der unnahbar und kontrolliert wirkt. Marguerite dagegen ist ein sehr aufgeschlossener, einfühlsamer, dennoch fehlt es ihr manchmal an Selbstbewusstsein und sie wirkt etwas devot, gerade im Umgang mit ihrem Ehemann.
Der Spannungsbogen innerhalb der Geschichte war gut nachvollziehbar und hat mich so manches Mal auch zu einer falschen Vorahnung verleitet. Der rote Faden war aber immer klar erkennbar und somit ist es Lea Santana gut gelungen, das Blütenthema umzusetzen.

Nachdem ich mich auch an jeden einzelnen Charakter gewöhnt hatte, fand ich großen Spaß an der Geschichte und habe dieses Buch gerne gelesen.

Ich weiß nur nicht, ob die Begegnung der Frauen in Realität so funktionieren würde und finde auch die Art und Weise wie sie versuchen miteinander umzugehen, sehr diszipliniert. Sicher kracht es manchmal, aber dennoch zeigen sie sich sehr verständlich, mit Ausnahme von Rose. Aber auch bei dieser zeigen sich ihre positiven Seiten.
Alles in allem kann der /die Leser*in eine tolle Entwicklung der drei Frauen wunderbar nachvollziehen.

Das Ende war schön und ein gelungener Abschluss, wenn Ichs mir auch gern etwas später (also nach einem oder zwei Jahren) gewünscht hätte.

Ich finde das Buch ist eine Empfehlung für alle, die gern kochen, die außergewöhnliche Charaktere mögen und gerne Bücher über Freundschaften lesen.

Bewertung vom 04.05.2022
Frühlingsküsse in der Hafenkneipe: Ostsee Liebesroman (Stralsund)
Böhler, Annette

Frühlingsküsse in der Hafenkneipe: Ostsee Liebesroman (Stralsund)


sehr gut

Frühlingsküsse in der Hafenkneipe von Annette Böhler spielt in Stralsund. Pia, eine junge Grafikdesignstudentin, urlaubt mit ihrem Freund Moritz in einem edlen Hotel. Aus einer plötzlichen Laune serviert dieser sie ab und lässt sie in Stralsund auf allem sitzen.
In ihrer Trance lernt Pia Mimi kennen, die Besitzerin einer Kneipe. Pia fasst Vertrauen und gibt Mimi ein Hilfsversprechen. Dabei lernt sie Finn kennen, der ihr Leben auf den Kopf stellt.

Mir hat das Cover schon gut gefallen und passt von der Farbgebung her wunderbar zum Titel des Buches.

Ich mag den Schreibstil von Annette Böhler, denn abgesehen von der originären Geschichte, die sie in ihren Romanen erzählt, lernt man durch einen ihrer Hauptcharaktere, quasi zwischen den Zeilen, immer etwas fürs Leben. In diesem Falle ist es Finn. Er hat mich mit seiner Art die Dinge zu sehen, begeistert. Er beschäftigt sich mit seinem Gegenüber und zeigt dabei Respekt, Empathie, Tiefe und schon etwas Weisheit, trotz seines jungen Alters. Auch seine Bescheidenheit im Beruf zeichnet ihn aus. Und dies sind die Dinge, die mich an den Büchern der Autorin faszinieren, denn sie haben auch Immer etwas von einer gewissen Nachhaltigkeit.

Die Geschichte selber hat mich bis zur Hälfte mitgerissen, aber dann bin ich doch etwas an der Naivität der Hauptfigur, Pia, hängen geblieben. Es hatte für mich den Anschein, sie erlebte das erste Mal in ihrem Leben einen Rückschlag und begegnete diesem eben mit absoluter Blauäugigkeit. Ihre Handlungen erfolgten unüberlegt, spontan und trotzig. Ich glaube, ihr fehlt der Glaube an sich selbst und Lebenserfahrung und das brach ihr quasi das Genick. Sie hatte Glück, dass sie mit Finn und der Kneipenbesitzerin Mimi an Menschen geraten ist, die es gut mit ihr meinten. Das hätte auch ganz anders ausgehen können.

Auch Mimi und ihre Begeisterung für ihren Beruf hat mir gefallen. Nur ihr Hang zur Problemlösung mit Alkohol konnte mich nicht ganz überzeugen. Ich denke, das geht auch anders, jedenfalls in der Situation mit Pia. Mir gefiel, dass sie gegenüber Männern immer selbstbewusst auftrat und ihren Standpunkt verteidigte!!

Das letzte Dritte des Buches hat mich jedoch nicht mehr überzeugt. Es war ein Hin und Her zwischen den Protagonisten, Streite unterhalb der Gürtellinie und Provokationen, sogar Gewalt und das Ganze nur ausgelöst durch Pias naives Verhalten. Das hätte ich mir dann doch etwas anders gewünscht.

Dennoch eine Leseempfehlung für alle, die die Ostsee lieben, eine leichte Urlaubslektüre suchen oder gern eine leichte Liebesgeschichte lesen.

Bewertung vom 30.04.2022
Solo auf See
Schenkel, Gabi

Solo auf See


gut

Gabi Schenkel, Jahrgang 1977, ist ein sportlich absolut aktiver Mensch und geht gern läuferisch an ihre Grenzen. So nimmt sie öfter an längeren Läufen (Ultramarathons) teil.
Durch einen Zufall liest sie von einer Ruderregatta über den Atlantik und bewirbt sich direkt dafür. Nach einigen Vorbereitungen ergibt sich, dass sie dieses Rennen als Soloruderin absolvieren wird. In ihrem Buch "Solo auf See" berichtet sie von dieser Atlantiküberquerung und allem, was dabei in und um sie vorgeht.

Gabi Schenkel schreibt in ihrem Buch wunderbar ehrlich. Die ersten Seiten fesselten mich nahezu. Ich war beeindruckt von ihrer Stärke, ihrem Mut und ihrer Zielstrebigkeit. Vieles, wovon sie schrieb, war für mich mit Seefahrtshintergrund sehr gut nachvollziehen. Es ließ mich schmunzeln, aber ich litt auch oftmals mit ihr und empfand einen riesigen Respekt vor dem, was sie leistete und wie sie es leistete.
Ab der Hälfte war ich jedoch etwas demotivierter. Die Berichterstattung handelte bis dahin doch etwas viel von psychischen Zusammenbrüchen und das Abenteuer nahm für mich eine Art Therapie an. Zum Ende hin relativierte es sich und das Verhalten wurde auch an der Ein oder Anderen Stelle erklärt. Zum Ende hin ging es auch recht schnell. Es kamen endlich die positiven Gedanken und so schnell wie sie kamen, war auch das Ziel in Antigua da. Das Ende kam also recht abrupt.
Trotzdem: Ich empfinde einen großen Respekt vor dieser tollen Frau und auch dem Mut, von diesen Emotionen und dieser Reise zu erzählen!

Eine Empfehlung an alle, die gerne Berichte über mutige Menschen lesen, die an ihre Grenzen gehen oder einfach nur anders sind!

Bewertung vom 27.04.2022
Endlich Nora!
Dahmer, Nora

Endlich Nora!


ausgezeichnet

Endlich Nora! von Nora Dahmer erzählt den Lebensweg eines Mannes, gefangen im Körper einer Frau. Sie beschreibt den Weg von der Entdeckung des „Andersseins“ bis hin zur Transition. Ein schonungsloser, emotionaler und ehrlicher Bericht.

Ich fand den Schreibstil wunderbar. Es handelt sich hierbei ja nicht um eine Geschichte einer Autorin, sondern den Lebensbericht einer starken Frau, die normalerweise im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich unterwegs ist. Das Buch ist schonungslos ehrlich und reflektierend. Nora Dahmer berichtet emotional über Gespräche, Erlebnisse und Ereignisse innerhalb und mit ihrer Familie, Freunden und Bekannten. Die Leser*innen erhalten einen tiefen Einblick in ihre Psyche.
Sie wirkt aber gleichzeitig in all ihren Lebensphasen als starker, zielorientierter und familienorientierter Mensch, der sich aber auch sehr oft in emotionalen Zwiespalten befindet. Das ist ihren Zeilen auch wunderbar zu entnehmen. Einige Beschreibungen laden auch mal zum Schmunzeln ein.
Ich finde, es ist Nora Dahmer exzellent gelungen, über ein Thema zu sprechen, was in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung in unserer Gesellschaft gewonnen hat. Es gelingt ihr, erklärend und anschaulich zu berichten, was in, sie nennt es trans Menschen (was ich eine tolle Bezeichnung finde), vorgeht. Ein Thema, was nicht mehr an den Rand unserer Gesellschaft gehört, sondern normal und akzeptiert sein muss!

Ebenso kritisiert sie einige Dinge, die in unseren Gesetzmäßigkeiten heute total überholt sind und an Diskriminierung grenzen!

Ein beispielgebendes Buch einer starken, das meiner Meinung nach nicht nur für trans Menschen ein Vorbild, sondern für alle Menschen, die in ihrem Leben was verändern wollen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2022
Der Pesthof
Sommerfeldt, Albrecht

Der Pesthof


sehr gut

„Der Pesthof“ von Albrecht Sommerfeldt behandelt eine Kriminalgeschichte auf dem Hamburger Pesthof im Jahre 1617. Es kommt zu mehreren ungeklärten Todesfällen. Merten Overdiek, ein gut betuchter Kaufmann und Bewohner des Pesthofs versucht den Umständen und der Aufklärung dieser Todesfälle auf die Spur zu kommen. Dabei werden ihm diese und jene Steine in den Weg gelegt. Auf dem Weg zur Wahrheit begegnet er äußerster Lebensgefahr.

Dieser Roman ist der dritte des Autors Albrecht Sommerfeldt. Alle drei Romane spielen in der gleichen Zeitepoche und auch zeitlich sehr nah beieinander.

Die Vorschau auf dieses Buch las sich sehr interessant, dennoch war ich etwas skeptisch, weil es mich vom Text und der Aufmachung her etwas an „1793“ von Niklas Natt och Dag erinnerte. Durch dieses Buch habe ich mich absolut durch gequält und es konnte mich gar nicht begeistern.
Bei „Der Pesthof“ wiederum war dies ganz anders. Sommerfeldt führt mit einem Fall „erklärend“ in die Handlung ein. Anschließend beginnt der Spannungsbogen sich ganz sanft aufzubauen und erreicht erwartungsgemäß kurz vor Ende den Höhepunkt, flacht aber dann noch nicht sofort ab, sondern es bleibt spannend bis zur letzten Seite.
Die Geschichte des Buches war für mich zu jederzeit nachvollziehen und ich konnte ihrem Verlauf problemlos folgen.
Die Figuren schienen mir auch absolut authentisch.
Merten Overdiek ist als intelligenter, neugieriger Mann beschrieben. Er wird mit einem gewissen Freiraum behandelt, da er, bevor er auf den Pesthof kam, ein gut betuchter Hamburger Bürger war, der immer noch hin und wieder Handel betreibt. Was mir komisch vorkam, dass er sogar einen beträchtlichen Freiraum hat. Das kann ich mir zur damaligen Zeit nicht so ganz vorstellen.
Auch die anderen Figuren, speziell die Schwestern sind als durchsetzungsfähige und manchmal bissige Frauen beschrieben, genauso, wie ich mir das zur damaligen Zeit vorstellen würde. Das Gleiche trifft auf den Pestmeister zu. Albrecht Sommerfeldt stellt gut dessen Zwiespalt als Autoritätsperson und Bittsteller gegenüber der Kirche und der Gesellschaft dar.
Interessant fand ich überhaupt das Thema des Buches, das Leben auf einem Pesthof. Ich wusste bis zu diesem Buch nicht, dass es so etwas überhaupt gab. Daher finde ich die Erklärungen innerhalb der Handlung als auch im Anhang des Buches sehr interessant. Zum Teil habe ich während des Lesens auch nochmal einige Dinge recherchiert, weil ich es einfach spannend fand.

Dem Schreibstil des Autors konnte ich gut folgen. Es gab keinerlei Probleme. Was mir auch sehr gut gefallen hat, er hat einige Male einen Perspektivwechsel vorgenommen, wie aus der Perspektive des Vierbeiners oder des Nagers. Das fand ich sehr abwechslungsreich. Auch die Darstellung der Figur des Merten Overdiek fand ich sehr erfrischend. Aber die Thematik der Erkrankten und des ganzen Umfelds des Hofes verlor er nie aus den Augen, stellte es nicht lächerlich dar, sondern beschrieb ohne Verschönerungen die Verhältnisse der Kranken, bspw. derjenigen in den Tollkisten o.ä.

Kurz und knapp, mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Es ist ein historischer Kriminalroman, der ohne Verschönerungen die Zustände der damaligen Zeit, speziell die Zustände von Kranken und damit gesellschaftlich geächteten darstellt. Gleichzeitig schafft der Autor es, einen Kriminalfall darzustellen, der bis zur letzten Seite spannend ist. Hin und wieder erleidet auch der kriminalistische Spürsinn des/der Leser*in einen Dämpfer, aber gerade sowas motiviert mich zum Weiterlesen, weil die Geschichte dann nicht einfach nur dahin plätschert. Es lohnt sich also für alle Geschichts- und Krimifreunde dieses Buch zu lesen und mitzufiebern. Ein weiterer positiver Aspekt, man lernt auch noch einiges Historisches dazu!

Bewertung vom 26.04.2022
Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1
Völler, Eva

Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1


ausgezeichnet

Helene Werner, genannt Lenchen, ist eine junge Lehrerin. Sie ist aus der DDR ins hessische Kirchdorf geflüchtet. Ein Dorf an der Zonengrenze, mit Blick auf ihr Heimatdorf Weisberg auf der anderen Seite der Grenze. Dort lebt ihre Tochter bei Helenes Vater. 
Helene arbeitet als Lehrerin in Kirchdorf und ist dort schnell beliebt bei den Einwohnern, sowie beim örtlich ansässigen Arzt, Tobias Krüger. Mit ihrer Ankunft in Kirchdorf beginnt für Helene ein Zeit des emotionalen Auf und Ab. Wird sie ihrer Aufgabe als Lehrerin gerecht? Werden ihre Tochter und sie wieder vereint und was ist eigentlich mit Tobias?

Mir hat das Cover des Buchs schon sehr gefallen, erinnerte es mich doch an die alte Bücherreihe „Försters Pucki“, die ich als Kind gern gelesen habe. 
Ich finde, dass das Buch schon emotional schwere Kost ist. Die Protagonisten hat in den vergangenen Monaten eine Menge durchgemacht. Diese Darstellung ist der Autorin wunderbar gelungen. Sie hat nichts verschönert oder verweichlicht, sondern die knallharte Wahrheit berichtet und auch die Geschichte darum nicht verschönert. Ich fand auch die Beschreibung über die Grenze sehr getroffen und gut erklärt, auch der im späteren Verlauf stattfindende Mauerbau wurde historisch gut erklärt.
Ebenso gut gefallen, hat mir die Darstellung der Bevölkerung Kirchbergs. Die gesellschaftlichen Ansichten der damaligen Zeit und die Äußerungen der Bewohner im rhöneschen Platt haben mich manchmal sogar zum Schmunzeln eingeladen.

Die Protagonisten Helene ist als äußerst starke Figur dargestellt. Ihr Charakter ist geprägt durch das Schicksal als junge, geflüchtete und verwitwete Frau, die von ihrem Kind getrennt leben muss. Dennoch ist sie jedoch nicht der eiskalte und abweisende Mensch, der sie versucht zu sein, um sich nicht verletzbar oder angreifbar zu machen, denn in so manchem Moment kommen doch ihre Gefühle zum Vorschein. Ich finde ihren inneren Konflikt mitreißend dargestellt. Die Problematik, dass ein Mensch nicht all das Leid, was er erfahren hat, in sich hineinfressen kann. Aber gleichzeitig beschreibt Eva Völler auch den Konflikt, wie schwierig es ist, nach solchen Erfahrungen, die Helene machen musste, Menschen zu finden, die einem vertrauen.
Was für mich etwas realitätsfern war, war die Beziehung ihres Mannes außerhalb der Ehe. Die hat Helene doch bewundernswert lässig weggesteckt.

Ich finde dieses Buch absolut lesenswert, gerade für Leser*in, die sich für die deutsch-deutsche Geschichte interessieren.

Bewertung vom 24.04.2022
Die Frauen vom Inselsalon / Norderney-Saga Bd.1
Lott, Sylvia

Die Frauen vom Inselsalon / Norderney-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Die Frauen vom Inselsalon von Sylvia Lott ist die Geschichte zwei junger und selbstbewusster Frauen, die ihren, mit ein paar Steinen versehenen Weg zielstrebig gehen.
Die junge Frieda wurde auf Norderney geboren, ist dort aufgewachsen und fühlt sich dort wohl. Ihre Geburt stand unter einem besonderen Stern, da sie mit einer Glückshaube geboren wurde. Sie ist aufgeschlossen, hat aber auch ihren eigenen Kopf, aber ist dennoch sehr hilfsbereit und wissbegierig. Sie träumt vom Arbeiten in einem Friseursalon.
Ihre Freundin Grete, die sie während deren Sommerfrische kennenlernt, stammt aus der höheren Gesellschaftsschicht, weshalb die Freundschaft der Beiden von den Elternteilen kritisch beäugt wird. Frieda und Grete sind diese Standesschranken egal und durch das Selbstbewusstsein und den Einfluss von Friedas Glückshaube ist dieser Unterschied eines Tages egal. Beide Frauen gehen selbstbewusst ihren Weg. Ihre Freundschaft ist dabei immer der verbindende und anhaltende Teil, der sie viele Dinge durchstehen lässt.

Schon das Buchcover mit den hellen, aufgeschlossenen Farben lädt zum Lesen ein. 
Sylvia Lott beschreibt wunderbar den mondänen Stil Norderneys Anfang des 21. Jahrhunderts, die Sitten und Gebräuche, aber auch die inselinternen Abläufe vor, während und nach der Kursaison. Überhaupt verfügt sie über einen tollen und mitreißenden Schreibstil.
Ich fand es sehr gut, dass sie zwar öfter auf die politische Entwicklung einging, aber sich nicht zu tief darin verging und eben auch die Hauptpersonen weniger der politischen Entwicklung beipflichteten (Hauptsächlich war es Friedas Schwiegervater). Interessant fand ich jedoch, dass die Autorin die Reformbewegung einbrachte und diese im Buch weiterverfolgte. Das fand ich sehr interessant und fortschrittlich (für die damalige Zeit).
Sehr gut recherchiert fand ich auch ihre Kenntnisse über das Friseurhandwerk. So laß ich einige Dinge, bspw. dass Friseure früher Zähne zogen etc., zum ersten Mal. Ich konnte also auch noch einiges dazulernen.

Die Hauptpersonen fand ich wunderbar dargestellt. Am meisten imponierte mir Frieda. 
Der Leser konnte wunderbar ihre Entwicklung vom jungen, dickköpfigen Backfisch zur wohlüberlebten, klugen, zielstrebigen, geschickten und vor allem empathischen jungen Mutter und Ehefrau nachvollziehen.
Ich fand auch die Beziehung zu ihrem Mann und dessen Gewissenskonflikte gut dargestellt. Ich denke, es gab zur damaligen Zeit sehr viele Frauen und Männer, denen es ähnlich ging und so verliefen sehr viele Ehen unglücklich, mitunter auch ohne das beide Partner von der Orientierung des anderen wussten. Man könnte hier lediglich anmerken, dass das Klischee des homosexuellen Friseurs bedient wurde, aber das sehe ich eher nicht. Ich denke, es ging der Autorin mehr um die Thematik selbst.

Auch Gretes Entwicklung vom jungen, devoten Backfisch, zur selbstbewussten und intelligenten, jungen Schwesternschülerin ist toll zu verfolgen. Ihre Aufenthalte in Ney sind letzten Endes die Grundlage für die Entwicklung ihres Selbstbewusstseins. 
Die Freundschaft zwischen den beiden Frauen ist sehr tief und wird von Jahr zu Jahr inniger. Standesunterschiede sind irgendwann absolut vergessen und die Verbindung wird sehr familiär.

Auch die Beschreibung des Salons Fisser ist sehr interessant. Die technischen Entwicklungen und auch die Entwicklungen von handwerklichen Techniken sind sehr interessant, ist doch heutzutage Vieles für uns selbstverständlich. 
Am Anfang irritierten mich die Erzählungen über das Ehepaar Fisser etwas, aber im Verlaufe des Buchs fand ich diese sogar sehr erfrischend und auflockernd.

Fazit: Ein wunderbarer, historischer Roman über zwei selbstbewusste Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, aber immer durch eine tiefe Freundschaft verbunden sind.

Bewertung vom 16.04.2022
Ein irisches Cottage zum Verlieben (eBook, ePUB)
Jonson, Jo

Ein irisches Cottage zum Verlieben (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tamara ist Ende 20 und seit 10 Jahren mit Simon zusammen. Beide arbeiten für ein Reisemagazin, Simon als Fotograf, Mara als Autorin von Reiseberichten. Gemeinsam erkunden sie die Welt und führen ein Nomadenleben. Sie besitzen noch keine eigene Wohnung, sondern bewohnen ein Geschoss im Haus seiner Eltern.
Nach zehn Jahren fühlt sich Mara nicht mehr wohl in ihrer Beziehung und versucht diese mit einem Urlaub in Irland wieder ins Lot zu bringen. Doch hier werden die Unterschiede der beiden Partner erst recht sichtbar. Mara versucht es dennoch immer wieder mit Vernunft und Nachsicht, bis sie Henrik kennenlernt.

Das Buchcover und auch der Name des Buches wirken auf mich etwas kitschig. Dennoch machte es mich dadurch etwas neugierig.

Dies ist ein Roman, der über eine Frau erzählt, die sich am Scheidepunkt ihres Lebens befindet. Einer Frau, die sich die Frage stellt, ob sie mir ihrem Leben zufrieden ist oder ob es da nicht noch mehr gibt. Sie sehnt sich nach einem Mann, der sie als Person wahrnimmt, der ihren Charakter, ihre Sehnsüchte und Träume wahrnimmt und akzeptiert.
Ich finde die Figur der Tamara sehr gut dargestellt, ihre Nachgiebigkeit, die Gutgläubigkeit, dass alles schon wieder irgendwie gut werden wird, obwohl sie genau weiß, dass es nicht so ist. Auch ihre Gewissenskonflikte mit der metaphorischen Darstellung finde ich sehr gelungen.
Tamara errichtet eine regelrechte Gefühlsmauer um sich, die sie Henrik gegenüber versucht, aufrecht zu erhalten. Sie versucht Distanz zu wahren, obwohl sie tiefe Gefühle empfindet. Sie versucht auf ihren Kopf, ihre Vernunft zu hören, obwohl ihr Herz ihr etwas anderes sagt.
Es gelingt dem Leser auch zu jeder Zeit, diese Gedankengänge nachzuvollziehen, was ich toll fand.

Auch Henrik war sehr einfühlsam dargestellt. Er erschien mir an manchen Stellen schon zu vernünftig, weshalb er vielleicht auch manches sehr in die Länge zog, weil er Angst vor Zurückweisung hatte. Er ist ein absolut sensibler Mensch, was ihn sehr sympathisch macht.

Auch die Bewohner von Dingle sind gutherzig und lebensweise dargestellt. Dies macht die behagliche Atmosphäre dieses tollen Buches aus.

Fazit: Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die es lohnt, zu lesen. Ganz speziell auch für Menschen, die, wie Tamara auch nicht mehr erfüllt sind, mit dem, was sie haben und die sich davor scheuen, das zu hinterfragen.