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MaWiOr
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Halle

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Insgesamt 3573 Bewertungen
Bewertung vom 07.12.2023
Das Schloss
Kafka, Franz

Das Schloss


ausgezeichnet

Das 1922 entstandene Romanfragment „Das Schloss“ ist Franz Kafkas letzter großer Roman, der posthum 1926 erschien und von einem gewissen Herr K. erzählt, der vom Grafen eines ländlich gelegenen Schlosses als Landvermesser beauftragt wird. Doch alle seine Versuche, ins Schloss zu gelangen, scheitern. Dies wird ihm sogar ausdrücklich für alle Zukunft untersagt. Sämtliche Bemühungen werden von der geheimnisvollen Macht der Schlossbehörde durchkreuzt. Er erhält zwar zwei Gehilfen, aber keine Arbeit. K. kämpft verzweifelt um Anerkennung und eine sinnvolle Eingliederung ins Dorfleben, er bleibt jedoch ein Fremder und für die allgegenwärtige und anonyme Schlossbehörde ein Störenfried.

Am vierten Tag erhält er zwar vom Dorfvorsteher die Stelle eines Schuldieners, aber im Grunde wird er auch in diese Stellung weder gebraucht noch anerkannt. Alle seine weiteren Bemühungen scheitern immer wieder an der Schlossbürokratie und der Stumpfheit der Dorfbewohner, aber auch an der Hoffnungslosigkeit von K. selbst.

Nur in den Anfangskapiteln gibt es überhaupt eine Handlung, die weiteren Kapitel werden dagegen von sich stets kreisenden Gespräche geprägt. Der kausale Ablauf verliert sich zunehmend. Auch die Frage, ob der Herr K. wirklich ein Landvermesser oder nur ein Querulant ist - darüber wird der Leser nie richtig aufgeklärt. Über den geplanten Schluss gibt es nur wenige Überlieferungen. So lässt K. in seinem Kampf um Anerkennung nicht nach, doch schließlich stirbt er vor Entkräftung. Um sein Sterbebett versammelt sich die Gemeinde und vom Schloss gelangt die Entscheidung, dass er hier leben und arbeiten darf. Zu spät.

Die Reclam-Neuerscheinung wird neben einer Zeittafel durch ein Nachwort von Michael Müller ergänzt. Der Literaturwissenschaftler beleuchtet darin Kafkas jahrelange Arbeit und Auseinandersetzung an dem Roman – mit zahlreichen Unterbrechungen und Wiederaufnahmen. Die Neuerscheinung, die zum 100. Todestag von Franz Kafka am 3. Juni 1924 erscheint, ist eine willkommene Gelegenheit, ein rätselhaftes Werk der Weltliteratur ken-nenzulernen.

Bewertung vom 06.12.2023
Dietrich Mateschitz: Wings for People and Ideas
Viechtbauer, Volker

Dietrich Mateschitz: Wings for People and Ideas


ausgezeichnet

Von außen betrachtet scheinen Logotherapie und Red Bull wenig gemeinsam zu haben. Doch beiden Welten liegen die gleichen Prinzipien zugrunde: Freiheit, Selbstverantwortung und ein unerschütterlicher Schaffensdrang. Volker Viechtbauer, langjähriger Vertrauter von Dietrich Mateschitz, zeigt uns, wie sich Frankls Humanismus mit der Lebensphilosophie des Red-Bull-Gründers deckt. Damit gewährt er nicht nur Einblick in die Kultur von Red Bull, sondern beleuchtet auch, wie Frankl den Grundstein für ziel- und talentorientiertes Unternehmertum und eine moderne, von Selbstverantwortung geprägte Arbeitswelt legte.

Frankl entwickelte die Logotherapie, die die Sinnkomponente als entscheidende Motivation menschlichen Handelns etablierte. Mateschitz wiederum adaptierte diese Lehre für seine Managementphilosophie. Der Autor dieses Buches spürt diesen Einflüssen nach und erzählt dabei auch die außergewöhnliche Unternehmensgeschichte von Red Bull. Ein besonderes Buch über zwei inspirierende Persönlichkeiten und welche Bedeutung das Denken des einen für das Tun des anderen hatte. Wer sich für Wirtschaftspsychologie in der modernen Arbeitswelt oder auch für die Unternehmensphilosophie einer so erfolgreichen Marke wie Red Bull interessiert, wird hier fündig und mit vielen Einsichten belohnt.

Bewertung vom 03.12.2023
Motorlegenden - The Beatles
Tesche, Siegfried

Motorlegenden - The Beatles


ausgezeichnet

Es gibt sicher zahllose Beatles-Biografien, darunter widmen sich viele auch bestimmten Aspekten der Fab Four – z.B. den Memorabilia oder der Fab Fashion und natürlich ihren Alben und ihrer Musik. Der Filmjournalist Siegfried Tesche beleuchtet in seinem neuen Buch ein Hobby der vier Liverpooler, das bisher wenig Beachtung fand, denn sie waren nicht nur begnadete Musiker, sie waren auch leidenschaftliche Auto-Fans.
In acht ausführlichen Kapiteln erzählt Tesche die Geschichte der Beatles und ihrer Fahrzeuge. Dabei geht er weitgehend chronologisch vor, aber zumeist thematisch. Zum Auftakt lässt er noch einmal die Beatlemania der Jahre 1963 bis 1966 Revue passieren, gefolgt von einer Zusammenstellung ihrer Chauffeure und Fahrzeuge während ihrer aktiven Band-Ära. Am interessantesten ist jedoch das Kapitel über die Autos der Beatles (1959-2023). Da erfahren wir z.B., dass Ringos erstes Auto ein Standard Vanguard (Baujahr 1959) war, auch der erste Wagen von George Harrison war ein Ford, ein 1955er Ford Anglia 105E DeLuxe. Später fuhr er Porsche oder Mercedes, aber gleichzeitig war er ein riesiger Mini-Fan.
Paul McCartney hatte eine Vorliebe für edle Sportwagen, war aber auch zeitweise mit seinem VW T2-Tourbus unterwegs. Mitunter wurden die Wagen auch von großen Firmen gesponsert, wie zum 65. Geburtstag von Paul von der Firma Lexus. John Lennon absolvierte seine Fahrprüfung erst im Februar 1965. Doch aufgrund seines eingeschränkten Sehvermögens war er ein unsicherer Fahrer, was er später auch einsah. Legendär ist sein psychedelisch lackierter Rolls Royce Phantom V.
Es waren aber nicht nur „große Schlitten“, auch Mopeds und Motorräder befanden sich in den Fuhrparks der Beatles. In einem weiteren Kapitel gibt Tesch einen Überblick, welche Fahrzeuge in den Beatles-Filmen zum Einsatz kamen. Die Neuerscheinung punktet nicht nur durch interessante Informationen sondern auch durch die üppige Illustration mit historischen Fotos, wobei nicht nur die Autos im Mittelpunkt stehen sondern auch die vier Musiker mit vielen bisher wenig bekannten Fotos. Fazit: Ein absolutes Muss für jeden Beatles-Fan.

Bewertung vom 01.12.2023
Der Prozess
Kafka, Franz

Der Prozess


ausgezeichnet

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Ausgerechnet an seinem 30. Geburtstag. Mit dieser Ausgangssituation beginnt Franz Kafkas berühmter Roman „Der Prozess“. Josef K. arbeitet als angesehener Prokurist einer Bank. Die Stellung. Durch sein äußerst zurückgezogenes Privatleben sind seine menschlichen Kontakte stark reduziert.

Die Umstände seiner Verhaftung sind grotesk, niemand kennt das Gesetz, und das mysteriöse Gericht bleibt stets anonym. Josef K. erfährt nicht, worin die Anklage besteht und welche Schuld ihm vorgeworfen wird. Je mehr er seine Unschuld beweisen will, umso tiefer sinkt er ins Gestrüpp undurchschaubarer Gesetze und menschlicher Verwirrungen. Josef K. und mit ihm die Leser*innen werden immer tiefer in ein rätselhaftes Geschehen hineingezogen. Da er mit seinem Verteidiger unzufrieden ist, übernimmt er schließlich seine Verteidigung selbst. Im letzten Kapitel des Romans wird Josef K. abends um neun Uhr von zwei Männern zu einem alten Steinbruch abgeführt und hingerichtet. Seine letzten Worte sind: „Wie ein Hund!“.

Der Roman, der 1914/15 entstand, blieb jedoch ein Fragment und wurde 1925 posthum veröffentlicht. Er ist eine Kritik an einer verselbstständigten und unmenschlichen Bürokratie und am Fehlen bürgerlicher Freiheitsrechte. Bis heute wandeln sich immer wieder die Deutungen des Romans, der im Fischer Verlag in einer Edition mit den sieben wichtigsten Werken des Jahrhundertschriftstellers erschienen ist – anlässlich des 100. Todestages von Franz Kafka im nächsten Jahr (3. Juni 2024).

Fazit: Die Neuerscheinung ist eine willkommene Gelegenheit, ein rätselhaftes Werk der Weltliteratur kennenzulernen.

Bewertung vom 27.11.2023
Das Schloss
Kafka, Franz

Das Schloss


ausgezeichnet

Zum 100. Todestag von Franz Kafka im nächsten Jahr (3. Juni 2024) hat der Fischer Verlag eine Edition mit den sieben wichtigsten Werken des Jahrhundertschriftstellers gestartet, darunter das 1922 entstandene Romanfragment „Das Schloss“. Es ist Kafkas letzter großer Roman, der posthum 1926 erschien und von einem gewissen Herr K. erzählt, der vom Grafen eines ländlich gelegenen Schlosses als Landvermesser beauftragt wird. Doch alle seine Versuche, ins Schloss zu gelangen, scheitern. Dies wird ihm sogar ausdrücklich für alle Zukunft untersagt. Sämtliche Bemühungen werden von der geheimnisvollen Macht der Schlossbehörde durchkreuzt. Er erhält zwar zwei Gehilfen, aber keine Arbeit. K. kämpft verzweifelt um Anerkennung und eine sinnvolle Eingliederung ins Dorfleben, er bleibt jedoch ein Fremder und für die allgegenwärtige und anonyme Schlossbehörde ein Störenfried.

Am vierten Tag erhält er zwar vom Dorfvorsteher die Stelle eines Schuldieners, aber im Grunde wird er auch in diese Stellung weder gebraucht noch anerkannt. Alle seine weiteren Bemühungen scheitern immer wieder an der Schlossbürokratie und der Stumpfheit der Dorfbewohner, aber auch an der Hoffnungslosigkeit von K. selbst.

Nur in den Anfangskapiteln gibt es überhaupt eine Handlung, die weiteren Kapitel werden dagegen von sich stets kreisenden Gespräche geprägt. Der kausale Ablauf verliert sich zunehmend. Auch die Frage, ob der Herr K. wirklich ein Landvermesser oder nur ein Querulant ist - darüber wird der Leser nie richtig aufgeklärt. Über den geplanten Schluss gibt es nur wenige Überlieferungen. So lässt K. in seinem Kampf um Anerkennung nicht nach, doch schließlich stirbt er vor Entkräftung. Um sein Sterbebett versammelt sich die Gemeinde und vom Schloss gelangt die Entscheidung, dass er hier leben und arbeiten darf. Zu spät.

Fazit: Die Neuerscheinung ist eine willkommene Gelegenheit, ein rätselhaftes Werk der Weltliteratur kennenzulernen.

Bewertung vom 22.11.2023
Wie ist die Welt so stille

Wie ist die Welt so stille


ausgezeichnet

Ein Adventskalender muss nicht nur immer Türchen haben, hinter denen sich eine Süßigkeit oder eine andere Überraschung verbirgt. Beliebt sind auch Adventskalender mit 24 Geschichten, die die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest verkürzen. „Wie ist die Welt so stille“ bietet solche Geschichten zur Besinnung und Vorfreude.

Es sind Geschichten von bekannten Autor*innen wie Hermann Hesse, Theodor Fontane, Kurt Tucholsky oder Wilhelm Raabe, aber auch weniger bekannte Namen haben eine Geschichte beigesteuert wie Renate Schupp, Alfred Landmesser oder Rita Fehling. So erzählt Dietrich Mendt von einem Engel im Briefkasten, Klaus-Peter Hertzsch vom Advent hinter sieben Türen oder der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch wünscht sich zum Fest nur ein kleines Schuhschwämmchen. Erich Kästner interviewt den Weihnachtsmann und der Theologe Dietrich Bonhoeffer schreibt im Dezember 1944 aus dem Gefängnis einen Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer. In der 24. Geschichte berichtet schließlich Wilhelm Raabe von einem Glockenschlag in der Heiligen Christnacht.

Eine gelungene Mischung von Besinnlichkeit und Nachdenklichkeit; aber der Humor ist ebenfalls vertreten. Die Neuerscheinung in liebevoller Ausstattung mit einigen farbigen Vignetten ist das ideale Mitbringsel für Freund und Bekannte in der Weihnachtszeit. Natürlich kann man sich damit auch selbst eine kleine Freude machen.

Bewertung vom 22.11.2023
Renaissance im Norden

Renaissance im Norden


ausgezeichnet

Renaissance ist ein Begriff, den man vorwiegend mit Italien verbindet, mit den norditalienischen Metropolen. Die „Renaissance“, was so viel wie „Wiedergeburt“ bedeutet, war aber auch nördlich der Alpen anzutreffen, hier fielen die aus Italien „importierten“ Ideen z.B. in der Reichs- und Handelsmetropole Augsburg auf fruchtbaren Boden. Neben Albrecht Dürer wirkten hier auch Künstler wie Hans Holbein d.Ä. oder Hans Burgkmair d.Ä., die das vielseitige Bild der „Renaissance im Norden“ prägten.

Die gleichnamige Ausstellung im Frankfurter Städel Museum vom 2. November 2023 bis 18. Februar 2024 widmet sich dieser deutschen (und internationalen) Epoche, die nur wenige Jahrzehnte dauerte. Sie führt die Werke von Holbein und Burgkmaier erstmals zusammen. Gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Museum Wien konnte man auf eigene reiche Sammlungen zurückgreifen. Darüber hinaus konnten herausragende Leihgaben aus zahlreichen Sammlungen gewonnen werden.

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und üppig illustrierte Katalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Im Essayteil gibt der Kunsthistoriker Wolfgang Augustyn zunächst einen Überblick über Augsburg, zur damaligen Zeit eine der bedeutendsten Städte Deutschlands. Die weiteren Beiträge widmen sich speziellen Themen wie „Augsburg als Kunstzentrum der Vormoderne“, „Druckgraphik In Augsburg“ oder „Holbeins Spuren in Augsburg“. Auch die Förderung durch die Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger wird beleuchtet. Im Katalogteil werden die Ausstellungswerke in fünf thematischen Kapiteln präsentiert, ergänzt durch ausführliche Erläuterungen und Hintergrundinformationen. Anhand ihrer wichtigsten Tafelbilder, die u.a. Werken von Dürer gegenübergestellt werden, wird die überaus fruchtbare wie auch unterschiedliche Aneignung der italienischen Renaissance durch die beiden Protagonisten nachgezeichnet.

Fazit: Ausstellung und Katalog präsentieren eine künstlerische Blütezeit in Süddeutschland.

Bewertung vom 17.11.2023
Lyonel Feininger

Lyonel Feininger


ausgezeichnet

Der deutsch-amerikanische Grafiker, Maler und Fotograf Lyonel Feininger (1871-1956) wart ein bedeutender Vertreter der Kunst der Klassischen Moderne. Am Weimarer Bauhaus leitete er die Druckwerkstatt und entwickelte als Maler einen wiedererkennbaren Stil. Vor allem seine Architekturdarstellungen und Seestücke aus prismatisch gebrochenen, sich überblendenden Formen in transparenten Farbtönen waren für sein Werk charakteristisch und unverwechselbar.

Die Schirn Kunsthalle Frankfurt präsentiert vom 27. Oktober 2023 bis zum 18. Februar 2024 die erste große Retrospektive des Künstlers seit über 25 Jahren in Deutschland. Neben zentralen Werken seiner frühen Phase beleuchtet die Ausstellung auch seine Rolle als erster Bauhaus-Lehrer und Meister grafischer Techniken wie Zeichnung und Holzschnitt. In der umfangreichen Retrospektive erwarten den Besucher immerhin rund 160 Gemälde, Zeichnungen, Karikaturen, Aquarelle, Holzschnitte, Fotografien und Objekte.

Im Hirmer Verlag ist der reich illustrierte Katalog zu dieser ambitionierten Ausstellung erschienen. Der Essayteil versammelt kenntnis- und aufschlussreiche Beiträge zu Feiningers vielfältigem Gesamtwerk. Einzelne Texte beschäftigen sich z.B. mit Feiningers Tätigkeit als Karikaturist, seinen fotografischen Arbeiten oder seiner künstlerischen Karriere in Amerika. Seine wegweisenden Architekturdarstellungen kommen vor allem in den Stadtbildern von Halle (Saale) zum Ausdruck, die zwischen 1929 und 1931 in der Saalestadt entstanden. Ergänzt wird der Katalog durch eine mehrseitige und mit zahlreichen Abbildungen versehene Biografie. Fazit: Ausstellung und Katalog bringen so manche Feininger-Neuentdeckung.

Bewertung vom 17.11.2023
Ein deutsches Versprechen. Weimar 1756-1933   Die Bedeutung Weimars für die weltweite Kunst und Kultur
Hesse, Helge

Ein deutsches Versprechen. Weimar 1756-1933 Die Bedeutung Weimars für die weltweite Kunst und Kultur


ausgezeichnet

Die thüringische Stadt Weimar ist für ihr kulturelles und politisches Erbe bekannt; sie war fast zwei Jahrhunderte lang ein deutsches Versprechen für eine bessere Welt. Die Klassikerstadt in der Mitte Deutschlands war das Zentrum des intellektuellen Lebens in Deutschland, das von herausragenden Persönlichkeiten geprägt wurde.

Der Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler Helge Hesse gibt in seinem Buch einen Überblick über diese Epochen der Kultur und Kunst und ihre wichtigsten Akteure. Alles begann in dem kleinen Fürstentum mit seinen 90.000 Einwohnern, als Anna Amalia Regentin über Sachsen-Weimar-Eisenach wurde. Sie schuf die Grundlage für die Entwicklung Weimars zu einem geistigen und kulturellen Zentrum. Sie und ihr Sohn Carl August holten mit Wieland, Herder, Goethe und Schiller die führenden Köpfe der Klassik nach Weimar.

Das 19. Jahrhundert Weimars war verbunden mit Arthur und Johanna Schopenhauer, Hans Christian Andersen oder Friedrich Nietzsche. Franz Liszt und Richard Strauss gaben von hier aus der Musik neue Impulse. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog mit dem Kunstsammler Harry Graf Kessler und dem Architekten Henry van de Velde die Moderne in Weimar ein, ehe dann die Gründung des Bauhauses und der Weimarer Republik folgte.

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, ging das auch mit einem Bruch aller menschlichen Versprechen einher. Mit dieser Zäsur endet das Buch, das sich neben den herausragenden Persönlichkeiten auch den weniger bekannten Protagonisten widmet.

Fazit: Eine sehr gelungene Darstellung der Bedeutung Weimars für die weltweite Kunst und Kultur.

Bewertung vom 17.11.2023
Venezia 500

Venezia 500


ausgezeichnet

In der Frührenaissance entstand die venezianische Malerei, auch venezianische Schule genannt, und entfaltete sich im 15./16. Jahrhundert auf dem Gebiet der Republik Venedig. Ihre namhaftesten Vertreter waren Bellini, Giorgione, Palma il Vecchio, Veronese, Tintoretto oder Tizian, wobei nicht alle Maler der selber aus Venedig stammten. Das Hauptmerkmal der venezianischen Malerei war die Farbigkeit der Gemälde. Die bevorzugten Sujéts waren keine Ikonographien, sondern man erfand neue poetische Themen.

Diese sanfte Revolution in der Malerei präsentiert die Ausstellung „Venezia 500“ in der Alten Pinakothek München (27.10.2023 bis 04.02.2024). Sie vereint 15 Meisterwerke der Münchner Sammlung mit rund 70 internationalen Leihgaben und konzentriert sich dabei auf Porträts und Landschaften aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Im Hirmer Verlag ist der umfangreiche und reich illustrierte Katalog zu dieser beeindruckenden Ausstellung erschienen. Im Essayteil, in dem die Abbildungen der Ausstellungswerke und andere Abbildungen einbezogen sind, berichten international renommierte Kunsthistoriker*innen über die aktuelle Forschung zur venezianischen Malerei – u.a. „Wie der Traum von Arkadien die Landschafts- und Porträtmalerei revolutionierte“, über das „Venezianische Bildkonzept und seine Wurzeln in der spätmittelalterlichen Frömmigkeit“ oder über „Venezianische Frauenporträts und das lyrische Menschenbild des Giorgionismo“. Ein Stadtplan und ein Zeitstrahl Venedigs geben bereits am Anfang einen historischen Überblick.

Fazit: Ausstellung und Katalog beleuchten diese markante Umbruchszeit und zeigen die bahnbrechenden Neuerungen der venezianischen Malerei, die bis weit in die Moderne nachwirkten.