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utaechl
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Bremen
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http://taechl.blogspot.de/

Bewertungen

Insgesamt 264 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2017
Todesstrand / Emma Klar Bd.1
Peters, Katharina

Todesstrand / Emma Klar Bd.1


sehr gut

Ein solider Ostsee-Krimi, der rund um Rostock und Wismar spielt und von einer ehemaligen Polizistin handelt, die dank eines alten Falls untertauchen musste und nun als Privatdetektivin ermittelt.

Inhalt:
Emma Klar ist Mädchenhändlern nur knapp mit ihrem Leben entkommen. Da diese nicht geschnappt werden konnten, blieb ihr nichts anderes übrig als unterzutauchen, um sich möglichen Nachstellungen zu entziehen. Ihr neues Leben als Privatdetektivin in Wismar führt sie jedoch auf eine Spur, die alte Wunden aufreißen lässt.

Setting und Stil:
Rostock und Wismar liegen weniger als eine Stunde auseinander und so passt es, die Handlung zwischen beiden Städten aufzuteilen. Ein klein wenig zu viel fand ich die Mischung aus BKA, Polizei und Privatdetektei. Etwas weniger Behörde wäre mir lieber gewesen. Auch die Idee, dass jemand, der untertauchen will, sich nur in die Nachbarstadt begibt, erfordert einiges an zugedrücktem Auge des Lesers.
Die Handlung wird aus der Sicht verschiedener Personen erzählt, die Kapitel sind angenehm kurz und fesselnd.

Charaktere:
Emmas Vorgeschichte ist ziemlich heftig und bereitet sehr gut darauf vor, was uns in dem Krimi erwartet. Sie ist eine erstklassige Ermittlerin, die auch in ihrer neuen Undercover-Rolle völlig aufgeht. Johanna, ihre Freundin beim BKA, unterstützt sie mit ihren eigenen Mitteln. Hinzu kommen ihre Detektivkollegen und Polizisten, die dank Emmas Ermittlungen schließlich auf die richtige Spur gebracht werden.
Ihnen gegenüber steht ein schlauer und vorsichtiger Täter, der sich in alle Richtungen abgesichert glaubt. Bis auf den Fehler, Emma nicht beseitigt zu haben, scheint er unantastbar zu sein. Allerdings hat auch er jemanden, von dem er abhängig ist.
Erwähnenswert ist noch Lucas, ein Mitschüler des Mädchens, das Selbstmord am Strand begangen hat. Seine Rolle ist ziemlich einzigartig und es ist schaurig schön, seiner Entwicklung zuzusehen.

Geschichte:
Es dürfte von Anfang an klar sein, dass Emma mit diesem Fall ihre vorherigen Erlebnisse abschließen wird. So ist beim Lesen auch eher der Weg dorthin wichtig, als wie das Ziel, das klar vor Augen liegt. Dies ist gleichzeitig Stärke und Schwäche der Handlung und je nachdem, wie sehr Leser diesen Spannungsaufbau mögen, werden sie auch von dem Krimi begeistert sein.

Fazit:
Ich bin nicht unbedingt Fan von Geschichten, bei denen ich vorher schon weiß, wie es enden wird. Dies ist hier allerdings der Fall, so dass es nicht ganz mein Lieblingskrimi werden kann. Trotzdem gibt es natürlich reichlich Nebenhandlungen, die spannend und unterhaltsam die Zeit zum Finale überbrücken. Die Charaktere sind gelungen, Rostock und Umgebung interessant und die Grundidee hinter den Taten schön abartig. Ein Buch, das Krimifans gefallen wird, die vor allem meine Abneigung gegen den einen oder anderen Punkt nicht teilen.

Bewertung vom 19.01.2017
Zehn Tage im Februar
Fendel, Heike-Melba

Zehn Tage im Februar


ausgezeichnet

Ein Buch über Liebe, Filme und das Leben einer Frau, die 10 Berlinale-Tagen Zeit hat, ihr Leben zu reflektieren und Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen. Auch wenn ich wahrscheinlich nicht wirklich zur Zielgruppe gehöre, hatte ich vergnügliche Lesestunden mit diesem möglicherweise teilweise autobiographischen Roman der Autorin.

Inhalt:
Zehn Tage im Februar, bei denen sich in Berlin alles um die Berlinale und die gezeigten Filme dreht. Zumindest für die Frau, für die privat und beruflich Filme eine große Rolle spielen. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der dies zum Anlass nimmt, zehn Tage aus ihrem Leben zu verschwinden. Ein idealer Zeitpunkt, um sich über einiges klar zu werden, insbesondere da die Regisseurin Jane Campion in der Stadt ist, der sie schon einige Male begegnet ist und die immer wieder ihr Leben in neue Bahnen lenkte.


Setting und Stil:
Die Handlung findet rund um die Berlinale statt. Hinzu kommen Rückblenden aus dem Leben der Frau, die uns zu anderen Festivals und Orten führen. Viele bekannte Orte werden lebendig beschrieben und sorgen dafür, dass sich jeder problemlos in das Erzählte hineinversetzen kann.
Erzählt wird aus der Ich-Perspektive, um so den Gedanken und Gefühlen der Protagonistin am Nächsten zu sein. Das erklärt auch die Sprache, die genau das ausdrückt, was die Protagonistin denkt. Eine Frau, die fest im Leben steht und weiß was sie will, bzw. denkt zu wollen.

Charaktere:
Wenn man sich die Lebensgeschichte der Frau ohne Namen ansieht, so scheint einiges mit der der Autorin übereinzustimmen. Man darf also seine Gedanken spielen lassen, in wieweit Frau Fendels interessanter Werdegang Grundlage der Handlung ist. Es handelt sich auf jeden Fall um eine besondere Frau, die ein nicht alltägliches Leben führt. Sie ist stark, selbstbewusst und dadurch auch anders, als ihr Mann, der eher für das "normale" Alltagsleben steht.
Eine besondere Rolle in ihrem Leben spielt die Regisseurin Jane Campion und ihre Filme, der sie zufällig am Beginn ihrer beruflichen Karriere begegnet, und der sie bei fast jedem neuen Film erneut über den Weg läuft. Eine besondere Beziehung, die große Auswirkungen auf die Entscheidungen der Frau hat.

Geschichte:
Die Frau hat mit dem was sie kann und was sie liebt, ein erfolgreiches Leben aufgebaut. Trotzdem ist sie nicht zufrieden, bzw. scheint es so, als ob alle anderen andere Lebensziele verfolgen als wie sie. So muss sie sich dank der Entscheidung ihres Mannes, für zehn Tage aus dem gemeinsamen Haus auszuziehen, für sich herausfinden, was sie will. Wir erfahren viel über ihre Geschichte, erhalten eine einmalige Einsicht ins Festivalleben und erleben hautnah mit, wie sie ihre Entscheidungen trifft. Eine sehr glaubhafte Geschichte, die mitten in der Realität verwurzelt ist. Namen und Filme, die den meisten bekannt sein dürften, tauchen auf.

Fazit:
Das Buch ist für mich eine sehr positive Überraschung, die ich dank eines glücklichen Zufalls zu lesen bekam. Selbst wäre ich wohl leider nie auf die Idee gekommen, zu dem Buch zu greifen. Umso wichtiger, dass jetzt viele andere die Geschichte der Frau ohne Namen lesen. Neben der sehr eigenen Festivalwelt und dem darum gewobenen Netz an beteiligten Personen geht es vor allem um sie, die immer wieder ihren eigenen Weg sucht und findet. Der Zufall oder eine irgendwie geartete Fügung hat ihr immer Neues und Interessantes zu erleben präsentiert und doch führt diese Rastlosigkeit dazu, dass für sie das "normale" Leben keine Lösung ist. Eine einmalige Chance, in das mitreißende Leben einer besonderen Person einzutauchen und hautnah mitzuerleben, was sie fühlt. Empfehlenswert für alle, die bewegende Geschichten lieben.

Bewertung vom 18.01.2017
Kalte Havel
Pieper, Tim

Kalte Havel


ausgezeichnet

Hauptkommissar Toni Sanftlebens zweiter Fall ist erneut eine sehr persönliche Angelegenheit. Er führt uns zu den Beelitzer Heilstätten, einem vom Verfall bedrohten Denkmal, um das sich viele Geschichten und Legenden ranken. Ein spannender Berlin-Krimi, dessen Titelbedeutung auch für das Privatleben des Ermittlers stehen könnte.

Inhalt:

Toni Sanftleben ist eigentlich noch vom Dienst befreit, doch als der Sohn einer Potsdamer Staatsanwältin vermisst und dessen Freund erschossen aufgefunden wird, kehrt er zurück aufs Revier. Ihm bleibt nur wenig Zeit, um den Jugendlichen zu finden. Eine zentrale Rolle im Leben des Opfers scheinen die Beelitzer Heilstätten zu spielen, ein verfallendes Baudenkmal, in dem sich nachts diverse Gruppen herumtreiben. Der erste Ermittlungsansatz ist also gefunden...


Setting und Stil:

An Toni Sanftlebens Seite geht es kreuz und quer durch Berlin. Die Beelitzer Heilstätten als spannender und geschichtsbehafteter Hintergrund gefällt mir sehr gut. Sanftlebens Hausboot darf natürlich auch nicht fehlen, auch wenn die Heimkehr dorthin meist eher bedrückende Kapitel bedeutet.
Die benutzte Sprache passt zu den Personen, wobei ich mir etwas mehr Unterschiede gewünscht hätte und für die Jugendlichen eine modernere Ausdrucksweise passender gewesen wäre.

Charaktere:

Eigentlich hätte Toni Sanftlebens Zukunft so schön sein können, doch dann hätten wir als Leser wahrscheinlich keinen Krimi, sondern eine Liebesgeschichte vor uns. Damit dies nicht passiert, lässt sich Tim Pieper einiges einfallen, um Tonis Leben durcheinander zu bringen. Auch beruflich ist es in gewisser Weise ein Neuanfang, nachdem er sich eine längere Auszeit gegönnt hat. Genug Material, um den Leser angespannt an den Seiten kleben zu lassen.
Die persönliche Beziehung zum Entführten, bzw. zu seiner Mutter, den geheimen Unternehmungen der Jugendlichen, die Kollegen und sein typisch ungeliebter Vorgesetzter runden die Handlung ab.
Hinzu kommt ein Täter, für dessen Identität es einige Kandidaten gibt, die das Miträtseln schön schwierig gestalten.

Geschichte:

Auch dem zweite Fall des Hauptkommissars ist sehr spannend geworden und zeigt dem Leser eine unbekannte Seite Berlins und Potsdams. Der Fall fesselt und überrascht, der private Anteil der Handlung ist berührend. Eine runde Sache, die mit ihren vielen Ansatzpunkten und Wendungen genau das Richtige für Krimiliebhaber ist.

Fazit:

Wie auch schon die bisherigen Bücher Tim Piepers, konnte auch dieses mich wieder fesseln. Ein Krimi voller Lokalkolorit, der einen ganz besonderen Ort präsentiert, über den es im Nachwort einiges zu erfahren gibt. Eine Leseempfehlung für Krimifans, die von mir noch ein Extrasternchen erhält, weil mein Heimatort als Fluchtpunkt eine kleine Rolle spielt.
Hoffentlich geht es weiter mit Toni, dessen Weg noch lange nicht zu Ende zu sein scheint.

Bewertung vom 05.08.2014
Alles, was ich bin
Funder, Anna

Alles, was ich bin


ausgezeichnet

Anna Funder hat als 19jährige Ruth Blatt kennengelernt und ihre Lebensgeschichte erzählt bekommen, die sie als Grundlage für diesen Roman nutzte. Eine Geschichte über Hitlers Machtergreifung aus der Sicht dreier Menschen, die vertrieben werden und versuchen, alles in ihren Möglichkeiten steckende zu tun, um zu verhindern, was nicht zu verhindern war.

Inhalt:

Drei Menschen, deren Schicksale miteinander verwoben sind. Ernst Toller, Revolutionär und Schriftsteller, der dank seinem Bekanntheitsgrades einiges an Freiheiten genießt, Dora Fabian, seine Sekretärin und ihre Freundin Ruth. Es beginnt in den 20er Jahren, die die politische Ausrichtung der drei prägten und die Wurzeln des Nationalsozialismus zeigen, bis hin zu Hitlers Machtergreifung und der erzwungenen Flucht nach England. Von da aus organisieren sie den Widerstand, um weiter Einfluss auf ihr Heimatland zu haben, doch Hitlers Arm reicht selbst bis in ihr Exil.

Setting und Stil:
Über die Zeit der zwischen den Weltkriegen wissen wir ja hoffentlich dank des einen oder anderen Geschichtsunterrichts ziemlich viel. Beeindruckend ist, dass diesmal die Geschichte aus Sicht Vertriebener gezeigt wird. Völlig andere Perspektiven öffnen sich und man erfährt auch einiges über die englischen Ansichten der damaligen Zeit. Die Szenen, Begebenheiten und der umgebende historische Kontext sind authentisch und real beschrieben. Viele kleine Details zeigen die gute Recherche.
Das Buch ist in Ich-Perspektive geschrieben, wobei sich Toller und Ruth abwechseln. So kriegt man direkten Einblick in die Gedanken des Revolutionärs und den einer Frau, die zu seinem erweiterten Kreis gehört. Manchmal gerät die Geschichte dabei etwas in den Hintergrund, während sich Fakten an historische Momente reihen, zu denen dann nur erzählt wird, was die Charaktere währenddessen machten.

Charaktere:
Eine schwierige Zeit fordert starke Charaktere, die sich durchaus von den anderen abheben. So ist es auch hier, durchweg sind es Menschen, die sich berufen fühlen und mit Intellekt und Hoffnung an die Sache herangehen. Trotzdem haben sie auch alltägliche Probleme, die Liebe spielt eine nicht zu kleine Rolle und es bleibt nicht aus, dass sie immer wieder an ihre Grenzen stoßen. Es ist interessant, mehr über sie zu erfahren und den Abschnitt ihres Lebens mit ihnen zu durchleben.

Geschichte:
Einer der intensivsten Abschnitte der deutschen Geschichte wird uns kompakt aus der Sicht damals lebender Personen gezeigt. Manchmal passiert so viel, dass das normale Leben in den Hintergrund tritt und man von den historischen Fakten fast überrollt wird. Vieles ist bekannt, etliche Details waren mir nicht so geläufig, so dass ich froh über die Auffrischung bin. Im Gegensatz zum Geschichtsunterricht merkt man hier noch, dass hinter allem Menschen stecken, mit allen ihren Sehnsüchten, Ängsten und Schicksalen.

Fazit:
Ein Buch, dass ich jedem, der sich schon mit der Nazizeit beschäftigen durfte, ans Herz lege. Geschichte wird greifbar und anhand von Menschen erzählt und ich bin froh, dass es damals solche Menschen gab, die nicht aufgaben. Ein Buch zum Nachdenken, Weiterrecherchieren und ins Herz schließen. Der sehr hohe E-Book-Preis lässt einem leider kaum eine Wahl und man muss zum Hardcover greifen, oder hoffen, dass es demnächst als Taschenbuch herauskommt. Für alle, die der englischen Sprache mächtig sind, empfehle ich natürlich die Originalausgabe.

Bewertung vom 05.08.2014
Schwarze Diamanten / Bruno, Chef de police Bd.3
Walker, Martin

Schwarze Diamanten / Bruno, Chef de police Bd.3


sehr gut

Bruno Courréges darf sich diesmal um Betrügereien rund um den Verkauf schwarzer Trüffel beschäftigen. Was das alles mit Indochina zu tun hat, wird hier natürlich nicht verraten.

Inhalt:
Aus der fruchtbaren Erde des Périgord entspringt der schwarze Trüffel, der dank seines hohen Wertes auch schwarzer Diamant genannt wird. Verlockend diesen mit billigen Asienimporten zu strecken. Genau dies geschieht und Bruno muss die Ermittlungen aufnehmen. Als Brunos Freund, der Trüffelexperte der Region, ermordet wird, erreicht der Fall ganz andere Tragweite. Die unrühmliche Kolonialvergangenheit in Indochina und ein lang zurückliegendes Verbrechen scheinen eine Rolle zu spielen, doch die Zusammenhänge zu finden, wird Bruno ziemlich lange beschäftigen.

Setting und Stil:
Martin Walker hat wieder interessante Themen gefunden mit denen er sich ausgiebig auseinandersetzen kann. Dem Leser werden wieder neue Seiten des Périgord näher gebracht und Bruno kann erneut auf seine eigene Art glänzen. Interessant sind die Bürgerschaftswahl und die Informationen über die politischen Verhältnisse in Frankreich.
Die Verbindung nach Indochina hätte ich persönlich nicht wirklich gebraucht. Mir hätte auch nur der Trüffel-Anteil gereicht, aber da zeigt sich halt Martin Walkers Geschichtsinteresse. Allerdings droht sich das Schema dann doch langsam zu wiederholen.
Dazu passt, dass auch diesmal Bruno viel Zeit für sein Privatleben hat und der Fall manchmal sehr in den Hintergrund rückt. Aber das gehört inzwischen ja dazu und so darf Bruno bleiben wie er ist.

Charaktere:
Bruno darf diesmal etwas Angst um seinen Arbeitsplatz haben, denn wenn der Bürgermeister verlieren sollte, wäre er wohl auch seinen Posten los.
Pamela mischt sich in die Politik mit ein und schlägt sich dabei nicht wirklich auf seine Seite. Wenn das mal alles gut gehen wird.
Der neue Bürgermeisterkandidat zeigt Potential und mischt die Stadt ganz schön auf. Als neu hinzugekommener Charakter scheint sein Schicksal allerdings festzustehen, oder darf er vielleicht doch länger mitmischen?
Der Trüffelmarkt, seine Charaktere und die geschichtlichen Verwicklungen sorgen für eine Handlungstiefe, in der man sich gut verlieren kann. Saint-Denis besteht wirklich aus einer einmaligen Mischung an Charakteren, zu denen man immer wieder gerne zurückkehrt.

Geschichte:
Wieder hat Martin Walker sich ein interessantes Thema herausgepickt und die Verwicklungen um den schwarzen Trüffel hätten zusammen mit der Bürgermeisterwahl auch alleine das Buch getragen. Wie ich schon erwähnte, fand ich die Verbindung zu dem lang zurückliegenden Verbrechen etwas weit hergeholt und konnte mich mit dieser Ausrichtung der Geschichte nicht wirklich anfreunden. Aber davon sollte sich lieber jeder ein eigenes Bild machen.

Fazit:
Martin Walker hat es wieder einmal geschafft, dass ich mich im Périgord sehr wohl gefühlt habe. Das Thema war interessant, die historische Verwicklung eher störend. Für Fans auf jeden Fall zu empfehlen, Neueinsteiger sollten eher mit dem ersten Teil beginnen. Ich freue mich schon auf die nächsten Teile und die weitere Zeit, die ich mit Bruno verbringen darf.

Bewertung vom 05.08.2014
Tribunal
Georgi, André

Tribunal


ausgezeichnet

Ein Thriller über UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, das uns auch ins Land der Gräueltaten führt. Er zeigt, warum es so schwierig ist, in diesen Fällen für Gerechtigkeit zu sorgen, falls es sie überhaupt geben kann, oder nicht doch im Endeffekt jede Seite nur verlieren kann.

Inhalt:
Jasna Brandic arbeitet für das Kriegsverbrechertribunal und hilft mit, dass Verbrechen an Kroaten aufgeklärt werden. Sie soll einen Kronzeugen gegen den Massenmörder Kovac sicher zum Gericht bringen. Kurz vor ihrem Ziel wird sie angegriffen und überlebt als einzige nur knapp. Der Prozess scheint somit zum Scheitern verurteilt zu sein, als sie eine Nachricht aus ihrer ehemaligen Heimat erhält. Ein gesuchter Kriegsverbrecher ist bereit auszusagen, wenn sie ihn vor den Wölfen, Kovacs Truppe, in Sicherheit bringen kann.

Setting und Stil:
Von Gerichtssaal in Den Haag bis zur heruntergekommenen Hütte in der Nähe der serbischen Grenze erwachen die Handlungsorte dank André Georgis hervorragenden Beschreibungen zum Leben. Man meint mit vor Ort zu sein und zu spüren, was um einen herum passiert. Ein Autor, der Auge fürs Detail hat und auch unschöne Dinge in Worte packen kann, die berühren.
Das Buch ist in vier Abschnitte unterteilt, die in sich fast abgeschlossen sind. Die handlungsführenden Personen wechseln und wir bekommen umfassenden Einblick in die Ansichten aller Seiten.

Charaktere:
Kovac sitzt als Angeklagter in Den Haag und scheint trotzdem alle Fäden in der Hand zu haben. Seine Kontakte reichen weit, sein Ansehen in der Heimat ist groß und auf seine Gefolgsleute kann er sich verlassen.
Ihm gegenüber steht Jasna Brandic, die ihn verurteilt sehen will und alles daransetzt, dass dieser Fall eintreten wird. Hinter ihr steht die UN, deren Einfluss an Serbiens Grenze zu enden scheint. Sie kann nur hoffen, dass Kovacs Einfluss zu bröckeln beginnt.
Eine spannende Konstellation, starke Charaktere, viele Rückschläge und trotzdem der feste Glaube, das Ziel erreichen zu können. Menschen mit einem Ziel, für dass sie alles zu opfern bereit sind und denen ich gerne durch die Seiten gefolgt bin.

Geschichte:
André Georgi ist es mit dem Buch gelungen die Tribunale und die Probleme, für Gerechtigkeit zu sorgen, fassbar zu machen. Er schafft es de unpersönlichen Prozess, der eine knappe Pressemeldung wert ist auf die persönliche Ebene herunterzubrechen und spannend und actionreich in Buchform zu packen. Eine wichtige Geschichte, die uns zeigt, dass der Jugoslawienkrieg noch lange nicht verarbeitet ist.

Fazit:
Ein Thriller, der sich mit der nicht lang zurückliegenden Historie beschäftigt. Ein Buch, das realitätsnäher kaum sein kann. Es geht dreckig, unmenschlich und hoffnungsvoll zu und Verschnaufpausen sind eher selten zu finden. Der Kampf ums Überleben wird spürbar und man wird gefesselt sein von diesem außergewöhnlichen Buch. Ich kann es jedem empfehlen, der trockene Geschichtsfakten im Kopfkino zum Leben erweckt sehen will. Ein Roman, den man geistig verarbeiten muss und der einen so schnell nicht wieder loslässt.