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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 611 Bewertungen
Bewertung vom 02.10.2023
UNTEN
Moser, Rebekka

UNTEN


ausgezeichnet

Der Kommissar Richard Heinzle hat schwere Zeiten hinter sich und fühlt sich noch nicht richtig hergestellt, als er wieder auf die Dienststelle zurückkehrt, aber die Pflicht ruft. Ein Unbekannter entführt Frauen, dringt in ihre Privatsphäre ein, hinterlässt rechte Parolen als Zeichen, aber keine Spuren, die zu ihm führen könnten. Die Stimmung ist aufgeheizt, die Presse hetzt in beide Richtungen und als eine weitere Frau verschwindet, droht die Situation zu eskalieren.

Bei diesem unschuldigen Cover hätte ich vieles vermutet, einen so großartigen und spannenden Thriller aber im Leben nicht. Zu Beginn tat ich mich zwar etwas schwer, weil ich die unterschiedlichen Handlungsstränge aus der Sicht verschiedener Beteiligter erst sortieren und für mich zusammenfassen musste, als aber einigermaßen klar war, wer, warum und mit wem, stand einem ungestörten Lesevergnügen nichts mehr im Wege; im Gegenteil konnte und wollte ich das Buch ab da nicht mehr aus der Hand legen.

Die Charaktere im Buch waren tiefgründig und trotz des Umstandes, dass Kommissar Heinzle nicht ganz unbelastet war, wie so viele seiner Kolleginnen und Kollegen in letzter Zeit, empfand ich diesen Umstand nicht als störend, weil er zur Figur passte und sich umstandslos in die Geschichte eingefügt hat. Die Passagen aus Opfersicht waren verstörend, die aus der Sicht des Täters aber fast schon genial, ich konnte die Boshaftigkeit beim lesen förmlich spüren.

Die Jagd nach dem Täter hat mir sehr viel Spaß gemacht, obwohl die Verbrechen der unbekannten Person alles andere als spaßig waren. Dennoch verlor sich die Autorin nicht in ausführlichen Beschreibungen der Taten, die Einblicke in die Psyche des Täters, aber auch in die des Kommissars, standen mehr im Vordergrund, was ich super fand. Die Auflösung war stimmig, der Abschluss gelungen und ich wünschte mir, es gäbe eine Fortsetzung, so gefallen hat mir das Buch. Von mir gibt es dafür fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung dazu.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.09.2023
Refugium / Stormland Bd.1
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


sehr gut

Auf der Mittsommerparty von Olof Helander und seiner Frau herrscht ausgelassene Stimmung, die Gastgeber und ihre Gäste, zwei befreundete Ehepaare, amüsieren sich prächtig, als zwei schwerbewaffnete Männer auftauchen und innerhalb von Sekunden hunderte von Schüssen auf die Gesellschaft abgeben. Die Autorin und ehemalige Polizistin Julia Malmros versteckt sich, nachdem sie kürzlich einen handfesten Skandal verursacht hat, in ihrem Ferienhaus in der Nähe der Luxusvilla der Helanders, sodass sie mit ihrem Begleiter Kim Ribbing zuerst am Tatort ankommt. Dort entdecken die beiden die vierzehnjährige Tochter des Gastgebers, die sich unter dem Steg im eiskalten Wasser an einen Pfeiler geklammert und damit als einzige überlebt hat. Der ermordete Olof war ein Jugendfreund Julias, die zusammen mit Kim private Nachforschungen beginnt, was ihrem Ex-Mann Jonny nicht passt, der als Polizist die Ermittlungen leitet.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den ersten Teil der sogenannten Stormland-Trilogie. Hintergrund dieser Trilogie ist der Umstand, dass John Ajvide Lindqvist ursprünglich einer der Autoren sein wollte, die die berühmte Millennium-Reihe von Stieg Larsson fortführen, allerdings wurde sein Manuskript abgelehnt. Diese Ablehnung führte zur Umarbeitung seines Werkes, sodass die vorliegende Trilogie entstanden ist. Witzig fand ich dabei, dass Julia Malmros im Buch das gleiche Schicksal ereilt, John Ajvide Lindqvist also seine Schmach literarisch verarbeitet und dies großartig umgesetzt hat.

Das Buch startet fulminant mit der Ermordung der drei Paare und dieser Prolog hat es wirklich in sich, denn die Situation wird dermaßen plastisch geschildert, dass ich die grausame Szene förmlich vor Augen habe. Danach folgt die Vorstellung der beiden Charaktere Julia und Kim, wobei Kims Hintergrund vorerst sehr vage bleibt. In wiederkehrenden Rückblenden erfahre ich, wie Kim zu dem wurde, der er ist, was erst allmählich zu einem besseren Verständnis führt, da er ein sehr besonderer Mensch ist und anfangs nicht sonderlich sympathisch.

Die Ermittlungen aus der Sicht von Julia und Kim einerseits sowie den ermittelnden Beamten andererseits ergänzen sich, wie ein Puzzle müssen die Teile mühsam zusammengesucht und dann angepasst werden, was sehr aufregend ist, da die privaten Nachforschungen auf Möglichkeiten zurückgreifen können, die der Polizei verständlicherweise nicht zur Verfügung stehen. Zwischendurch habe ich befürchtet, dass die Story thematisch eine Richtung nimmt, die ich anstrengend und für mich nicht interessant sowie verständlich genug finde, insbesondere wenn es um Klimakompensationen, CO2-Zertifikate, Handel mit Emissionsrechten und anderen Begriffen rund ums Klima und die Wirtschaft geht. Zum Glück für mich hat der Autor diese Passagen nicht zu ausführlich und für mich als Laie deutlich klar genug zusammengefasst.

Eine aufregende Zeit mit Julia, Kim und anderen Beteiligten ist zu Ende, ein Abschluss der Ermittlung geschafft und meine Neugier auf die Fortsetzung groß. Ich freue mich auf weitere Abenteuer des ungleichen Duos und bin glücklich, dass ich kein ganzes Jahr auf den zweiten Teil warten muss. Ich freue mich sehr darauf!

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2023
Eingewiesen
Billingham, Mark

Eingewiesen


sehr gut

Detective Constable Alice Frances Armitage wurde zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen, da sie an PTBS leidet, seit ein Einsatz schrecklich schiefgegangen ist, bei dem ihr Kollege erstochen wurde. Nach einigen unschönen Vorfällen und dem Missbrauch verbotener Substanzen, ist ihre Karriere zu Ende, was sie jedoch in der Anstalt nicht davon abhält, Ermittlungen anzustellen, als einer ihrer Mitpatienten ermordet wird. Natürlich werden diese Ermittlungen dadurch erschwert, dass sie als Patientin nicht nur unter Beobachtung, sondern auch die meiste Zeit unter Medikamenteneinfluss steht.

Als ich gesehen habe, dass Mark Billingham ein neues Buch geschrieben hat, war meine Freude groß, da ich die Bücher des Autors seit Jahren mit Begeisterung lese. Bereits nach den ersten Seiten war mir klar, dass dieses Buch anders ist, denn die Ich-Erzählerin Alice ist nicht nur ein außergewöhnlicher Charakter, sondern zudem eine unglaublich unzuverlässige Erzählerin, was verständlich ist, wenn man bedenkt, in welcher Einrichtung sie sich befindet. Dies war oft sehr komisch, denn sie brachte sich immer wieder in Situationen, die von Außen betrachtet schlicht und ergreifend absurd waren. Aus meinem Schmunzeln wurde oft ein Lachen, es war eine herrliche Story, die neben vielen Krimielementen die menschliche Seite nicht außer Acht gelassen hat.

Die Auflösung war mehr als überraschend, damit hätte ich nicht gerechnet und war wirklich für kurze Zeit sprachlos! Wer schwarzen Humor mag, wird dieses Buch lieben. Von mir gibt es vier Sterne und eine Leseempfehlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.09.2023
Die Buchverliebten
Baumheier, Anja

Die Buchverliebten


gut

Gesa hat Bücher aus ihrem Leben verbannt, seit sie vor zwanzig Jahren ein traumatisches Erlebnis hatte. Der Buchhändler Ole hingegen hat nach einem Schicksalsschlag seine Liebe zur Literatur gefunden und führt eine Buchhandlung, die seit geraumer Zeit mehr schlecht als recht läuft. Durch Zufall lernen beide sich kennen und finden Gefallen aneinander. Gerade als sich alles augenscheinlich zum Guten wendet, passiert ein Unglück und überschattet das kleine Glück.

Ein Buch über Bücher und die Liebe zur Literatur, da war mir sofort klar, dass ich dies lesen möchte. Der Anfang war auch ganz zauberhaft und ich dachte, dies könnte der Beginn einer wunderbaren Lesereise sein, allerdings flachte die Geschichte sehr schnell ab und dümpelte ein wenig vor sich hin. Die fast sechzigjährige Gesa war für mich als Charakter bedauerlicherweise sehr unglaubwürdig; unreif, kindisch und wenig lebenserfahren kam sie mir vor, was mich persönlich sehr gestört hat bei einer Frau ihres Alters. Ihre Vorliebe für eine bestimmte Süßigkeit hatte fast schon manische Züge, so viel Engagement in anderen Bereichen hätte der Figur sicherlich gutgetan. Wie anders dagegen der Buchhändler Ole, der mich mit seiner Persönlichkeit sofort für sich eingenommen hat. Seine Vorliebe für Buchzitate fand ich sehr schön und hätte am liebsten das ganze Buch in seiner Gegenwart verbracht.

Leider konnte mich die Geschichte rund um die Buchhandlung sowie Gesa und Ole nicht so richtig begeistern, das Buch war zwar angenehm zu lesen, aber meine Erwartungen wurden dabei nicht erfüllt. Eine nette Story, bei der ich mir etwas mehr Handlung gewünscht hätte. Vielleicht war es einfach der falsche Zeitpunkt für das Buch und mich.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2023
Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art
Gruber, Matthias

Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art


ausgezeichnet

Arielle ist vierzehn Jahre alt und hat aufgrund einer genetisch bedingten Erkrankung körperliche Makel und Probleme, die ihr zu schaffen machen; kaum Haare auf dem Kopf, Zähne fehlerhaft und ohne Schweißdrüsen keine Möglichkeiten, zu schwitzen. Ihre Nachmittage verbringt sie entweder bei ihrem besten Freund Aljosa auf dem Müllplatz, oder mit ihrem Vater in den Wohnungen von Verstorbenen, die sie ausräumen. Als Arielle auf einem alten Handy Fotos eines unbekannten Mädchens mit dem Namen Pauline entdeckt, legt sie ein neues Profil an und lädt deren Fotos hoch. Die Followerzahlen schießen durch die Decke, Arielles psychisch angeschlagene Mutter wird darauf aufmerksam und möchte den Kanal für ihre Zwecke nutzen. Bald wächst Arielle alles über den Kopf.

Die schöne, falsche und unechte Welt des Internets und ein junges Mädchen, das endlich auch etwas Aufmerksamkeit und Zuspruch haben möchte, die anderen scheinbar mühelos zufliegen. Geschmückt mit falschen Federn geht ein Traum in Erfüllung, aber so richtig glücklich wird man damit wohl nicht. Die Lebensumstände von Arielle sind das eine, die Eltern überfordert, mit der Jagd nach Geld beschäftigt oder schlicht und ergreifend psychisch krank. Wer kann es ihr verdenken, dass sie ein Stück der Torte möchte, an Erfüllung glaubt und an das große Glück. Abhängig von Followerzahlen, dem blauen Häckchen, dem Algorithmus und der Menge der Herzchen zu jedem Bild, hofft sie auf ein Wunder und ich hoffte mit.

Tragisch komisch erzählt Matthias Gruber die Geschichte von Arielle, von diesem einen Sommer, als alles möglich schien. Ich habe geschmunzelt und gelacht, war entsetzt und habe geweint. Die Enthüllung zum Schluss traf mich mitten ins Herz und das Ende war, als mein Herz brach. Dafür gibt es von mir die volle Punktzahl mit extra Sternchen und eine Leseempfehlung. Grandios!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2023
Der Club. Dabeisein ist tödlich
Lloyd, Ellery

Der Club. Dabeisein ist tödlich


ausgezeichnet

Eine Insel, die nur bei Ebbe erreicht werden kann, ein luxuriöser Club, ein elitärer Kreis, zu dem nicht jeder Zugang bekommt und eine Eröffnungsparty, die drei Tage dauern soll. Wer drin ist, hat es geschafft, eingeladen wurden trotzdem nur ausgewählte Personen, diese reichen, schönen und berühmten Menschen bleiben unter sich. Jahrelang hat Eigentümer Ned Groom auf diesen Tag hingearbeitet, hat akribisch alles überwacht und sich über jeden Schritt genauestens berichten lassen. Nur eine Handvoll dieser Gäste hat Ned zu einem Dinner eingeladen, in dessen Verlauf er jede Person an die Seite nimmt, um die Bombe platzen zu lassen; sie finden auf ihrem Zimmer ein Päckchen, das dazu beitragen könnte, ihre Karriere binnen Sekunden zu vernichten. Das Schweigen hat natürlich seinen Preis, aber nicht jeder kann diesen Preis bezahlen.

Ellery Lloyd ist das Pseudonym des Ehepaars Collette Lyons und Paul Vlitos und besonders Collette weiß, wovon sie schreibt, immerhin ist sie Journalistin und Herausgeberin, hat für Elle, die Daily Mail und andere Zeitschriften gearbeitet, kennt sich also sicherlich in der Welt der Reichen und Schönen aus. Bereits der Prolog führt dazu, dass ich im Kopf mehrere Szenarien entwerfe, was passiert sein könnte, allerdings verrät der kurze Text nicht einmal ansatzweise, um welche Personen es geht, oder wie es zu dieser Situation kommen konnte. Der darauffolgende Teil eines Artikels in der Vanity Fair führt nicht etwa zur Aufklärung bei, sondern eher dazu, dass mir vor lauter Fragezeichen der Kopf schwirrt. Kleine Häppchen werden mir hingeworfen, Andeutungen, Vermutungen und Fakten geäußert. Wirklich verraten wird zu diesem Zeitpunkt aber natürlich noch nichts.

Die folgenden Kapitel schildern die Sichtweisen verschiedener Personen, die mit dem exklusiven Club in Verbindung stehen, Ereignisse werden beleuchtet, die vor kurzem, oder aber vor einigen Jahrzehnten geschehen sind. Auch da erfahre ich erst nach und nach die Wahrheit, wobei gegenwärtige Situationen eingebunden worden sind. Diese Erzählweise hält die Spannung permanent hoch, ich platze vor Neugier und rase durch das Buch, als gäbe es kein Morgen mehr. Teile des Artikels in der Vanity Fair sind strategisch klug eingebaut, passend zur restlichen Geschichte bekomme ich so Einblick in zukünftige Geschehnisse, kann diese mit der restlichen Erzählung verbinden und komme der Lösung näher und näher, was unglaublich aufregend ist. Einige Enthüllungen entsetzen mich, andere sind so schockierend, dass ich es kaum glauben kann. Immer wieder kommen Dinge ans Licht, die rückwirkend einiges erklären, die dazu führen, dass ungeklärte Fragen beantwortet werden und die ein oder andere Beziehung in einem anderen Licht erscheint.

Geheimnisse, Intrigen, Lügen, Schmeicheleien und ein feiner Humor machen das Buch zu einem vergnüglichen Leseerlebnis, das ich nicht missen will. Obwohl ich den Schreibstil anfangs etwas sperrig finde und mich sehr konzentrieren muss, überwiegen die positiven Aspekte und der Einfallsreichtum der Autoren. Ich habe gehofft, dass das Ende passt und wurde nicht enttäuscht; stimmig und zufriedenstellend wurde die Story beendet und ich klappte glücklich das Buch zu. Volle Punktzahl und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir. Großartig!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2023
Der Schwimmer
Norton, Graham

Der Schwimmer


ausgezeichnet

Die fast zweiundsiebzigjährige Helen Beamish wohnt in einem kleinen Häuschen an der irischen Küste und genießt ihren Ruhestand. Der einzige Störfaktor dabei ist ihre Schwester Margaret, die vor drei Jahren zu Besuch kam und blieb. Eines Tages sieht Helen einen Mann ins Meer gehen, seine Sachen lässt er in einer Plastiktüte zurück am Strand. Helen schläft alkoholselig in der Sonne ein und als sie aufwacht ist der fremde Mann verschwunden, seine Sachen liegen aber immer noch am Strand. Helen alarmiert die Behörden, denn sie ist sich sicher, dass dem Fremden etwas zugestoßen sein muss.

Dieses schmale Büchlein enthält eine Erzählung, die im Laufe des Buches in einen Kriminalfall übergegangen ist, was ich überrascht und erfreut zur Kenntnis nahm. Ich fand den Schreibstil leicht und locker, bin durch die Seiten geflogen und habe mich wunderbar unterhalten gefühlt. Helen war so ein sympathischer Charakter, was man von ihrer griesgrämigen Schwester allerdings nicht behaupten kann. Natürlich kam es dadurch zu einigen Situationen, die ich herrlich fand, aber nur, weil ich die unbeteiligte Dritte in dieser Konstellation sein durfte. Mir hat die Geschichte gut gefallen, sogar falsche Fährten waren dabei. Die Auflösung hat mich verblüfft, denn erwartet habe ich einen anderen Ausgang. Gerne empfehle ich das Buch weiter und vergebe die volle Punktzahl.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.09.2023
Jahrhundertsommer
Grünfelder, Alice

Jahrhundertsommer


ausgezeichnet

Magdas Mann verlässt sie wegen einer Jüngeren, ein Skandal und eine gesellschaftliche Schande im Murrheim der 60er Jahre, wo die Welt noch in Ordnung ist. Allein im Elternhaus mit zwei Kindern, geschnitten und ausgegrenzt, lässt sich Magda überreden, zum Tanz zu gehen und lernt dort den amerikanischen Soldaten John kennen, mit dem sie einen Sommer lang ihre Zeit verbringt. Doch gerade, als sich alles zum Guten wendet, schlägt das Schicksal wieder zu und es passiert etwas, das sich auf die nachfolgenden Generationen überträgt.

„Das kannte Magda gut, nein, kannte sie doch nicht, denn sie war immer anders hingefallen und jedes Mal anders wieder hochgekommen. Das Leben, immer wollte es was von ihr. Als reichte es nicht, dass da einfach jemand vor sich hinlebte, das passte dem Leben an Magda wohl nicht.“ (Seite 282)

Dieses Zitat ist bezeichnend für das Leben von Magda, für das ihrer Kinder und Enkel trifft diese Aussage allerdings ebenfalls zu. Über vierzig Jahre lang durfte ich den Werdegang der Familie begleiten, alle Höhen und Tiefen, von letzteren gab es erschreckend viele, miterleben. Begonnen hatte alles an dem Tag, als Magdas Mann sie und ihre Kinder für eine Jüngere verließ, was in einem Dorf der 60er Jahre ein ausgemachter Skandal war, schließlich war Magda schuld daran, weil sie ihren Mann nicht halten konnte. Verkehrte Welt.

Jedes Kapitel widmete sich einem anderen Familienmitglied und es war unglaublich spannend, verfolgen zu dürfen, wie sie ihr Leben meistern, scheitern und aufstehen, um dann festzustellen, dass das Glück sich einfach nicht festhalten lassen will. Das Auf und Ab, die Schicksalsschläge, die kleinen Wunder und das große Pech, trotzdem hätte ich die Wendung nicht erwartet, die das Buch letztendlich nimmt. Dies war fast skurril, wenn es nicht so tragisch wäre, selten wurde ich so gut unterhalten, wie es hier der Fall gewesen ist. Dazu noch der ungewöhnliche Schreibstil; Sätze, die unvollendet, aber deswegen nicht weniger aussagekräftig geblieben sind. Für mich ein weiteres Highlight dieses Jahr, das ich gerne weiterempfehlen möchte.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.09.2023
Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1


sehr gut

In dem heißen Sommer im Jahre 1994 wird in einem Stockholmer Vorort eine junge Frau vergewaltigt und erdrosselt. Der Kriminalhauptkommissar Tomas Wolf ist der erste am Tatort, allerdings ziemlich abgelenkt durch Umstände, die in seiner Vergangenheit liegen. Der Journalistin Vera Berg geht es nicht anders, sie hat sich in eine fast ausweglose Situation gebracht, die belastend ist, obwohl sie ihre Energie besser in den neuen Job stecken sollte, den sie gerade angetreten hat. Bei Veras Recherchen zu einem Überfall auf eine Migrantin kreuzen sich ihre Wege mit Tomas Wolf, die Fälle ähneln sich so frappierend, dass man einen Nutzen aus der Zusammenarbeit ziehen würde. Dies könnte allerdings an den vielen Geheimnissen scheitern, die beide verbergen.

Das vorliegende Buch ist der erste Teil einer schwedischen Buchreihe, die zwei ehemalige Journalisten zusammen geschrieben haben. Dies ist im Hinblick auf eine der Hauptpersonen im Buch, nämlich die Journalistin Vera, von Vorteil, da man merkt, dass einiges an Insiderwissen in die Story eingeflossen ist, was ich äußerst interessant fand. Bevor mich die Geschichte eingefangen hat, vergingen allerdings über hundertfünfzig Seiten, ehrlich gesagt war ich kurz davor, das Buch an die Seite zu legen, weil es nicht so richtig losging, obwohl der Prolog durchaus eine spannende Geschichte versprach. Bereits da gab es aber nur Andeutungen, sodass ich zwar einerseits neugierig darauf war, alle Hintergründe zu erfahren, andererseits das Gefühl hatte, zu lange hingehalten zu werden. Zum Glück gab es bald genug andere Gründe, weiterhin am Ball zu bleiben, einige Kapitel weiter nahm der Krimi mich gefangen und ich konnte die Geschichte endlich mehr genießen.

Wer einen rasanten Pageturner erwartet, könnte enttäuscht werden, sehr langsam und gemächlich entwickelt sich der Fall, die privaten Probleme und Schwierigkeiten der beiden Protagonisten nehmen überwiegend den größten Teil der Story in Anspruch. Dies ist natürlich dem Umstand geschuldet, dass beide Personen vorgestellt werden und ihre Vergangenheit beleuchtet, ich empfand jedoch viele Absätze sehr in die Länge gezogen und manche Wiederholungen als völlig unnötig, übrigens auch, was die Ermittlungen betraf. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Autoren würden mir nicht zutrauen, mir die einfachsten Dinge diesbezüglich zu merken. Natürlich kann dieses Gefühl auch trügerisch sein, aber aufgefallen ist mir dies oft genug, um es zu erwähnen.

Insgesamt hat mich der Kriminalroman gut unterhalten können, der Fall endete schlüssig, alle Fäden fanden zusammen. Der fürchterliche Cliffhanger am Ende lässt mich fast verzweifelt zurück, denn natürlich möchte ich nun dringend wissen, wie es weitergeht, werde mich aber wohl bis Ende Oktober 2024 gedulden müssen, wenn die Fortsetzung mit dem Titel Wintersonnenwende erscheint. Ich freue mich drauf!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2023
Frankie
Gutsch, Jochen;Leo, Maxim

Frankie


ausgezeichnet

Frankie ist ein Streuner, der eines Tages zufällig an einem Haus vorbeikommt, in dem ein Mann mit einem Faden spielt, der von der Decke hängt. Neugierig kommt der Kater näher, stört den Menschen in seinem Tun und wird verletzt. So fängt sie an, die Geschichte von Frankie und Gold, die der Kater selbst erzählt.

Ein wenig verweint klappe ich das Buch zu und bin traurig, dass es zu Ende ist. Der flapsige Erzählstil hat dazu beigetragen, mir das Thema Trauer und Depression näherzubringen, ohne dramatisch oder pathetisch zu sein, was daran liegt, dass ein Kater erzählt und kein Mensch.

„Das Leben und die Liebe sind schon schwer genug. Und dann hat man mal `n guten Plan und `n bisschen Hoffnung, und dann kommen die Menschen mit ihrem Realismus um die Ecke und machen alles wieder kaputt. Ich glaub, die Welt wäre schöner ohne den ganzen Realismus. Is' so.“ (Seite 94)

Die Ansichten des Katers waren passend und tierisch genug, vor allem aber oft witzig, ohne übermäßig komisch zu sein, was zum Thema gut gewählt war. Viele lustige Momente ergaben sich im Alltag, Stichwort: Situationskomik. Ernster Hintergrund, wichtiges Thema und eine Geschichte von Freundschaft, Geborgenheit und der Frage nach dem Sinn des Lebens. Ich gebe zu, mich ein wenig in Frankie verliebt zu haben, weiß aber natürlich, dass ich gegen Puschnelka Schnurrilenko keine Chance haben würde. So bleibt mir nur die Hoffnung, dass es ein Wiedersehen gibt mit Frankie, dem Kater, diesem liebenswerten Lebenssinn. Volle Punktzahl und eine Leseempfehlung gibt es dafür gerne von mir.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.