Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hennie
Wohnort: 
Chemnitz

Bewertungen

Insgesamt 268 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2018
Die wundersame Mission des Harry Crane
Cohen, Jon

Die wundersame Mission des Harry Crane


gut

HARRYS BÄUME UND ORIANAS WALD
Die Handlung des Buches findet vornehmlich in den Wäldern und den Ortschaften der Endless Mountains im Nordosten von Pennsylvania statt.
Die Geschichte wird auf zwei Ebenen erzählt und beginnt zum einen mit Harry Crane, einem Angestellten der Forstbehörde. Er ist zufrieden mit seinem bescheidenen Leben, da er eine glückliche, aber kinderlose Ehe mit der lebensfrohen Beth führt. Das wichtigste in seinem Leben, das sind seine Frau und die Bäume. Für beide empfindet er eine große, starke Liebe.
Zum anderen sind da die Krankenschwester Amanda Jeffers mit ihrem kräftigen, bärenstarken Mann Dean und der zehnjährigen, lesebegeisterten Tochter Oriana. Sowohl Amanda als auch Harry erleiden fast zur gleichen Zeit den urplötzlichen, schmerzhaften Verlust ihres Ehepartners. - Dann vergeht ein Jahr. - Harrys Schuldgefühle bekommen neue, heftige Nahrung als er eine Abfindung von vier Millionen Dollar erhält für den Unfalltod seiner Frau. Was soll er damit? Seine geliebte Beth bekommt er dadurch nicht zurück. Er geht in den Wald, mit der Absicht sich zu töten. Das Vorhaben mißlingt. Harry macht die Bekanntschaft von Amanda und der kleinen Oriana und richtet sich in ihrem Baumhaus ein. Was für ein phantastischer Zufall. Es ist in einer riesigen Amerikanischen Buche (Fagus grandifolia). Das ist sein Baum, der Baum seiner Kindheit! Ein gutes Omen!

Zu Beginn war das Buch gekennzeichnet von großer Trauer, Verzweiflung und Selbstaufgabe (Harry Crane), Verklärung und Pragmatismus (Oriana und Amanda). Ich finde die Einblicke in die Gefühlswelten der verschiedenen Personen gut erzählt. Daher war ich sehr gespannt wie die Geschichte weitergeht, wie die Personen miteinander harmonieren, wie sie alle weiterhin mit dem entsetzlichen Verlust eines geliebten Menschen umgehen. Warum mich das Buch am Ende doch nicht so gefangen nahm, liegt in der Hauptsache an der weitschweifigen, ausführlichen Erzählweise Jon Cohens. Da gibt es sehr viele Sequenzen in der Geschichte, die hätten gekürzt werden können. Zum Beispiel die Obsession Harrys für Bäume ging mir dann doch zu weit, seine Klettertouren auf über einhundert verschiedene Exemplare musste nicht so detailliert erläutert werden. Immerhin kenne ich nun die Baumarten Pennsylvanias, habe einen tiefgreifenden Einblick in die dortige Flora des Waldes erhalten.
Die märchenhafte und schöne Unbeschwertheit der Erzählung mit der Verflechtung des Buches des alten Grum wird leider immer wieder durch Szenen unterbrochen, die mich in meinem Lesefluss hinderten, die ich als unpassend empfand. Die magische, bezaubernde Atmosphäre, berührende Momente wurden nicht weiter verfolgt. Ich fühlte mich als Leser irgendwie auf Abstand gehalten. Das Buch besticht aber durch einige brillante Einfälle, die dramaturgisch geschickt eingeflochten wurden. Sie werden immer wieder aufgegriffen und weitergeführt. Neben der Geschichte des Grum und der damit verbundenen Phantasiewelt der kleinen Oriana gefielen mir besonders die Gestaltung einiger Nebenfiguren. Die alte Stadtbibliothekarin Olive Perkins und Ronnie, der Loser, wurden zu meinen Lieblingsfiguren. Dagegen waren Stu und Wolf, der Bruder von Harry, etwas überzeichnet. Eben wie im Märchen, der Gegensatz von gut und böse. Die Geschichte schwankt zwischen Jugendbuch und märchenhafter Erzählung für Erwachsene, ohne sich entscheiden zu können. Von allem etwas und doch zu wenig bzw. zuviel. Für mich leider nicht die passende Lektüre.
Zum Schluß fügt sich alles – eben wie im Märchen. Ende gut, alles gut.

Meine Bewertung: 3 von 5 Sternen!

Bewertung vom 24.10.2018
Deutsches Haus
Hess, Annette

Deutsches Haus


ausgezeichnet

GEGEN DAS VERGESSEN
»Dieser Roman kommt genau zur richtigen Zeit.« Iris Berben
Die vielfach ausgezeichnete Annette Hess legt mit „Deutsches Haus“ ihren ersten Roman vor, der am 21.09.2018 im Ullstein-Verlag erschien. Sie ist vornehmlich als Drehbuchautorin tätig. Sehr erfolgreich liefen die Serien "Weissensee", "Ku'damm 56" und Ku`damm 59“ im Fernsehen, in denen Nachkriegsdeutschland schon das Thema war. Im Roman "Deutsches Haus" widmet sich die Autorin der westdeutschen Vergangenheitsbewältigung.
Die überwiegende Handlung spielt in Frankfurt im Jahr 1963. Der erste Auschwitz-Prozess wird vorbereitet. Durch einen Zufall kommt die junge Eva Bruhns, eine gelernte Dolmetscherin, Übersetzerin für die polnische Sprache, zu der verantwortungsvollen Aufgabe, Zeugenaussagen zu übersetzen. Ihren Eltern, Inhaber einer Speisegaststätte, und ihrem Verlobten ist das gar nicht recht. Doch sie widersetzt sich und bringt damit ihre Zukunft mit dem reichen Versandhausbesitzer Jürgen Schoormann ins Wanken. Je tiefer Eva in die Materie der Gerichtsverhandlungen eindringt, je mehr sie von den Gräueltaten der Angeklagten erfährt, umso mehr nimmt sie wahr, wie sie sich an lange zurückliegende Ereignisse erinnert, an ihre frühe Kindheit...
In vier Teilen ohne Kapiteleinteilung, aber mit deutlich abgegrenzten Leseabschnitten wird anschaulich und detailreich das Leben in der Bundesrepublik in den 60ern erzählt. Es wird hinter die Fassaden der anscheinend so heilen, intakten Welt geschaut. Es ist die Zeit des Wirtschaftsaufschwungs und 18 Jahre nach dem Ende des Krieges wollen viele nichts mehr von der Zeit vor 45 wissen. Eva, die durch ihren Geburtsjahrgang (1939) eigentlich gar nichts wissen kann, bekommt von einem jungen Mann (David Miller), der für die Staatsanwaltschaft in dem Auschwitzprozess arbeitet, ihr „Fett“ weg.

„Ihr seid alle so ignorant...Für euch kamen ´33 die kleinen braunen Männchen in einem Raumschiff und landeten in Deutschland,...´45 haben sie sich dann wieder verzogen, nachdem sie euch armen Deutschen diesen Faschismus aufgezwungen hatten.“ [S. 33]
„Sie sind eins von diesen Millionen dummen Fräuleins.“ [S. 34]

Mich beeindruckt bei dem Roman die Authenzität, die Emotionalität. Es gibt viele erschreckende Momente, die mich tief erschüttert haben. Hier bemerkte ich deutlich das Handwerkszeug der Drehbuchautorin. Die Bilder stellten sich wie von selbst ein.
Annette Hess ist es hervorragend gelungen, in ihrer sorgsam eindringlichen, detailgetreuen Darstellung der Ereignisse im Gerichtsprozeß, im Umgang mit den Angeklagten und Zeugen, in den Lebensumständen der Familien Bruhns und Schoormann, die Brisanz darzustellen. Die Älteren schleppen ihre schlimmen Erinnerungen mit sich, die einerseits verdrängt (die Eltern Bruhns) und anderseits als Teil des Krankheitsbildes (Walter Schoormann) immer wieder gegenwärtig werden.
Das Buch besticht durch seine lebendige Erzählung. Die Ausdrucksweise und Lebensart ist originalgetreu wie in den 60ern. Mit „Evas Ungehorsam“ wird auch die Rolle der Frau in dieser Zeit thematisiert. Die Sprache der Autorin empfand ich oft als bildhaft und ausdrucksstark („Der Hellblonde“, „Die Bestie“, „Schimpansengesicht“). Vielleicht hätte es die Figur der Kinderkrankenschwester Annegret (die ältere Schwester Evas) nicht unbedingt bedurft. Dieser Charakter ist sehr problembeladen und verdichtet nochmals das ohnehin sehr emotional packende Thema der Massenvernichtung von Menschen. Ja, und was aus David Miller geworden ist, hätte ich gern noch erfahren! Sein Schicksal bleibt ungeklärt.
„Deutsches Haus“ empfinde ich als gelungenes Romandebüt. Es ist ein Buch, das die Fragen der persönlichen und der kollektiven Schuld thematisiert. Ein Buch gegen die Verdrängung, gegen das Vergessen der größten Massenmorde in der Geschichte der Menschheit. Ein Buch gegen die Vorspiegelung falscher Tatsachen.

Von mir gibt es fünf von fünf Sternen und eine bedingungslose Kauf-/Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.10.2018
Scarlett Bd.1
Remington, Laurel

Scarlett Bd.1


sehr gut

Das englische Jugendbuch bezaubert schon durch das hauptsächlich in verschiedenen Rottönen gehaltene Cover. Es ist sehr lustig gemacht wie da die verschiedenen Zutaten zum Backen und auch andere Dinge aus einem Kesselchen fliegen. Das ganze Buch ist liebevoll gestaltet. Die 40 Kapitelüberschriften sind in Schreibschrift verfaßt und weisen auf den Inhalt hin. Kleine Illustrationen zieren die kurzen Kapitel. Die Hauptperson ist die dreizehnjährige Scarlett. Sie hat Unannehmlichkeiten mit und wegen ihrer Blogger-Mum, weil diese aus den kleinsten „Schussligkeiten“, die ihr passieren, ihren Nutzen zieht. Das arme Mädchen tat mir leid. Ausgerechnet in dem Alter von der eigenen Mutter für alle User nachlesbar bloßgestellt zu werden. Sie erwähnt zwar den Namen ihrer Tochter nicht. Jedoch jeder weiß, wer gemeint ist. Scarlett hat noch eine jüngere Schwester, Kelsie, die aber in der Geschichte nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Aus der Ich-Perspektive erzählt Scarlett von ihrem Alltag in der Schule, von ihrem Kummer, den ihr die Mutter bereitet und wie sie sich am besten „unsichtbar“ machen möchte. Sie will in keinster Weise auf sich aufmerksam machen, damit sie nicht erneut zum „Opfer“, zum ungewollten Blognews-Lieferanten ihrer Mutter wird. Scarlett hat einen regelrechten Horror vor der „Mama-Höhle“. Durch Zufall bekommt sie mit, dass die Nachbarin Mrs. Simpson ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie versorgt die Katze der alten Dame und entdeckt deren traumhafte Küche sowie ein handgeschriebenes kleines Rezeptbuch. Darin die Worte:

„Für meine kleine Köchin – mögest du die geheime Zutat finden.“

Es ist schön zu lesen, wie das junge Mädchen erst sich selbst findet und dann Freundinnen, einen Freund, die zu ihr halten. Gemeinsam tun sie Gutes im geheimen Kochclub. Wie es sich für ein Kinderbuch gehört, fügt sich fast alles zum Positiven. Die einzelnen Charaktere wurden durch die Autorin Laurel Remington im Verlauf der Story einer glaubhaften Entwicklung unterzogen. Selbst die übereifrige, Grenzen überschreitende Bloggermutter und der zunächst kaltherzig erscheinende Neffe der alten Dame, der Abgeordnete Emory Kruffs, wurden mir zum Ende hin sympathisch. Am sympathischsten aber sind Scarlett, ein liebes Mädchen mit einem großen Herzen und die bewundernswerte Mrs. Simpson, die ihre Koch- und Backkenntnisse mit großer Begeisterung an die junge Generation weitergibt. Ein Rezept wird als besonderes Schmankerl preisgegeben. Da hätten es schon noch mehr sein dürfen!

Am Ende wird klar, was mit der geheimen Zutat gemeint ist!

Es ist ein Buch, dass sowohl Probleme aufdeckt als auch Wege zeigt, wie man diese bewältigen kann. Ein Buch, dass u. a. Krankheit und sogar den Tod, die Gebrechen des Alters, und Meinungsverschiedenheiten nicht ausspart. Das alles kindgerecht verpackt und teilweise märchenhaft erzählt, kann ich es nur als Lektüre für das angezeigte Lesealter (ab 10 Jahren) empfehlen.

Ich vergebe 4 Sterne!

Bewertung vom 17.10.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


gut

INSZENIERUNG MIT DRAMATURGISCHEN SCHWÄCHEN
Dennis Lehane wird bescheinigt, ein Meister des Thrillers zu sein. Der vorliegende Roman wird vom Diogenes Verlag als Roman bezeichnet. Für mich war es das erste Buch des hochgelobten Autors. Sein Schreibstil hat mir gefallen, aber die erzählte Story nicht. Ich versuche es zu erläutern. „Der Abgrund in dir“ wurde in drei Teile gegliedert, die für mein Empfinden nicht zusammenpassen. Sie ergeben für mich kein einheitliches Ganzes. In einer Art Prolog erfährt man, dass die Protagonistin Rachel Childs ihren Mann mitten ins Herz schießt. Dann geht es weiter zum
Teil 1 – Rachel im Spiegel 1977 bis 2010
Der Leser wird mit Rachel durch ihre Kindheit mit der dominanten, egozentrischen Mutter geführt, danach auf die Suche nach ihrem unbekannten Vater mitgenommen. Man erfährt von ihrem totalen Versagen vor laufender Kamera, nachdem sie in Haiti dieses schlimme Chaos nach der Katastrophe erlebte. Sie erleidet ihre erste Panikattacke, der noch viele folgen sollen. Ihr Ehemann Sebastian wendet sich von ihr ab, weil sie nicht mehr die erfolgreiche, vorzeigbare Journalistin ist. Sie trennen sich. Und dann immer wieder Brian. Er scheint es zu spüren, wenn es Rachel schlecht geht und ist wie durch Zauberhand stets zur Stelle...
Teil 2 – Brian 2011 – 2014
Brian und Rachel lernen sich intensiver kennen und heiraten. Trotz seiner Fürsorge verschlimmert sich ihr Zustand. Sie verläßt 18 Monate nicht das Haus, ehe sie es wagt, sich mit einer Freundin zu treffen. Danach geschieht das, was sie dazu bringt, sich mit ihrem Ehemann näher zu beschäftigen. Wer ist dieser Mann? Sie kommt ihm auf die Spur. Am Ende des Teiles 2 sind wir wieder beim Prolog...
Teil 3 – Rachel in der Welt 2014
Rachel wird zu einer Frau, die ich mit den vorangegangenen Teilen nicht in Einklang bringen konnte. Die Geschichte entwickelt sich zu einem Thriller mit für mich unglaubwürdigen Szenen. Auf S. 377 trifft Rachel eine Kugel ins Rückgrat und doch geht es danach munter weiter bis zu einem Ende, dass alles offen läßt...
Da bin ich nun wieder beim gesamten Buch. Mittendrin wollte ich aufhören zu lesen. Selten brauchte ich für ein Buch so lange. Mir fehlte die Struktur, das Gefüge in der Story, der rote Faden, der alles glaubhaft zusammenbringt. Zu viele Handlungsstränge laufen für mich ins Leere, vom Autor werden sie nicht wieder aufgegriffen. Es stellten sich für mich zu viele Fragen, für dich ich keine Antwort fand. Meine Interpretationen brachten mich nicht weiter. Einige der Szenen, Zusammenhänge waren für mich nicht logisch. Vor allem im letzten Teil fanden zu viele Inszenierungen mit deutlichen dramaturgischen Schwächen statt. So viel Action auf einmal, so viele Tote! Vielleicht macht sich das in einer Verfilmung sehr gut, aber in einem Buch bin ich da sehr kritisch. Es machte sich bei mir Skepsis breit.

"Der Abgrund in dir" ist ein vielversprechender Titel und setzte bei mir deshalb schon eine gewisse Erwartungshaltung frei. Dem wurde das Buch leider nicht gerecht. Auch durch die unbeteiligte, sehr neutrale Erzählweise und der Draufsicht aufs Geschehen ergriff mich die Geschichte um Rachel nicht. Es war weder eine Liebesgeschichte, die mich berührte, noch ein Thriller, der mich zu packen verstand. Ich werde es nun mit den anderen Büchern von Lehane versuchen.

Ich bewerte mit drei von fünf Sternen.

Bewertung vom 13.10.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


ausgezeichnet

DER CLAN DER MHALLAMIYE
Zuerst habe ich mal gegoogelt, was der Titel „Mexikoring“ zu bedeuten hat. Es ist eine Adresse im Hamburger Stadtteil Winterhude, im Norden der Hansestadt.
Zum Inhalt:
Chastity Riley, die Staatsanwältin mit amerikanischen Wurzeln, wird am frühen Morgen in die triste Bürohochhauslandschaft im Hamburger Norden gerufen. Dort auf einem Parkplatz hat ein Auto gebrannt. Das ist durchaus nichts Neues, aber in dem Wagen saß noch ein Mensch. Nouri Saroukhan lebte noch als die Rettungskräfte eintreffen, aber wenig später verstirbt er im Krankenhaus. Warum gelang es ihm nicht, sich zu retten? Wollte der junge Mann sterben? War es Selbstmord oder Mord? Die Ermittlungen werden sofort aufgenommen und führen die Kriminalisten zu einem in sich abgeschotteten Familienclan nach Bremen, der inzwischen seine kriminellen Strukturen weit in Deutschland ausgebreitet hat. Wird es der Kripo und der Staatsanwältin gelingen in dieses Gefüge, in diese so ganz andere Welt, einer Parallelwelt einzudringen? Werden sie das Geschehen aufklären können?
Brennende Autos werden immer wieder thematisiert im Buch. Die Städte, wo das passiert werden genannt. In Deutschland. In New York. In Afrika. Rund um den Erdball. Warum nur diese sinnlose Gewalt? In dem Roman wird sehr viel geraucht, Kaffee und immer wieder Alkohol getrunken. Die durchaus taffe und trinkfeste Staatsanwältin sowie die meisten der Kriminalisten sind vom Leben gezeichnet, kaum einer hat wirklich ein normales, bodenständiges Leben. Sex statt Liebe. Warum? Haben sie alle Angst, eine wirkliche stabile Beziehung einzugehen? Erkennen sie ihre Ohnmacht gegenüber den kriminellen Machenschaften?
Meine Meinung:
Das Buch mit seinen knapp 250 Seiten hatte ich schnell und mit wachsendem Interesse gelesen. Mich überzeugte der lässige, lakonische, knappe, aber aussagekräftige Sprachstil von Simone Buchholz. Ihre Sprache hat durchaus auch ein wenig Poesie, ein wenig Witz. Das beweist sie schon zu Beginn auf Seite 11 gleich zweimal:

„Die Straßen sind Schluchten, und obwohl hier und da immer mal wieder ein einsamer Baum oder eine tapfere Grünfläche gepflanzt worden sind, ist das kein Ort für welche Art von Leben auch immer.“ Und:

„Der warme Wind wirbelt eine Plastiktüte durch die Luft, eine zweite fliegt hinterher. Vielleicht sind Plastiktüten ja irgendwann die besseren Möwen.“

Die Kapitel sind sehr kurz und mit markanten Überschriften versehen. „Mexikoring“ war für mich der Einsteigerkrimi in das Werk der Autorin. Ich werde nun auch die anderen Bücher von ihr lesen. Das erste Mal wurde ich mit den Mhallamiye, sprich Mchallami, konfrontiert und erhielt einen kleinen Einblick in deren extrem machohafte, frauenfeindliche, menschenverachtende Welt. Inwieweit hier Klischees bedient werden, kann ich nicht beurteilen. Es scheint auf alle Fälle ein Mikrokosmos zu sein, der in den weitverzweigten Familien reibungslos funktioniert. Ich habe mich im Internet kundig gemacht über die Herkunft dieser Menschen. Es gibt mir sehr zu denken, dass man sie in Deutschland gewähren ließ und ihrem Treiben weitgehend tatenlos zuschaut. Das Ende des Buches und die Auflösung des Falles war dann dennoch überraschend und anders als von mir angenommen.
Das Titelbild empfinde ich mit der Telefonzelle als friedliches, harmloses Motiv, ein Relikt aus der handylosen Zeit, im Gegensatz zum Inhalt. Den Krimi selbst nehme ich als Warnung, als Mahnung wahr, endlich durchzugreifen gegen diese Clans!

Ich vergebe gern meine Empfehlung, vor allem für Krimifreunde, und bewerte mit fünf von fünf Sternen.

Bewertung vom 07.10.2018
Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste
Schwenke, Philipp

Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste


sehr gut

DIE FLIMMERNDE WIRKLICHKEIT
Es gibt einen wesentlichen Grund, warum ich das Erstlingswerk von Philipp Schwenke unbedingt lesen wollte. Ich bin gebürtige Sächsin und im zarten Alter von 10 Jahren machte ich die erste Bekanntschaft mit den Büchern Karl Mays in seinem Geburtsort Hohenstein-Ernstthal, unweit seines Geburtshauses. Durch meine Verwandten, die in dem Ort wohnten, erfuhr ich damals schon sehr viel über den berühmten Schriftsteller, den sie einen ziemlichen „Hallodri“ und „Hochstapler“ nannten. Warum, das konnte ich damals nicht verstehen, denn ich fand seine Geschichten außerordentlich unterhaltsam.
Das Buch beginnt mit dem Jahr 1862 mit einer Verhandlung in einem Chemnitzer Gericht. Karl May muss sich wegen eines geringen Vergehens verantworten und wird mit Zuchthaus bestraft. Der Prolog endet mit dem bemerkenswerten Satz:
„Noch ehe er 21 Jahre zählte, war Karl Mays Leben vorüber.“
Der Autor stellt dieses einschneidende Erlebnis der drastischen, maßlos übertriebenen Bestrafung nochmal zur Disposition in einer Beichte Karl Mays Richard Plöhn gegenüber. Sein bester Freund befragt ihn wegen dem Wahrheitsgehalt seiner Werke und May antwortet u. a.:
„Es bildete sich bei mir das Bewußtsein heraus, dass ich kein Ganzes mehr sei. Stattdessen gab es in mir verschiedene handelnde Personen, die sich bald gar nicht, bald aber auch sehr genau voneinander unterschieden.“ S. 492
Im wesentlichen beschreibt „Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste“ die Jahre 1899 bis 1902. Die Orte der Handlung wechseln ständig. Sie zeigen einen Karl May, der mit seinen Werken einen Riesenerfolg hatte, aber den ersten Stimmen begegnen will, die ihn als einen Phantasten, als Lügner, als Spinner beschimpfen. „Der größte Abenteurer des Deutschen Reichs“ (S. 47) ist bereits 57 Jahre alt, als er beschließt seine erste, tatsächliche Reise in ferne Länder zu bestreiten und wird dabei recht bald mit seinen eigenen Illusionen in höchst unangenehmer Art und Weise konfrontiert.
„Die Wirklichkeit aber, sie hatte zu flimmern begonnen. ...in dem Irrsinn, mit dem man ihn liebt, entgleitet Karl sich selbst.“ S. 99
Seine wirkliche Orientreise ist erneut von erdachten Situationen, gepaart mit einer nicht wirklich existierenden Person, durchdrungen. Der Mann mit der „Schmetterfaust“ bringt sich mit seinen Flunkereien und Phantastereien sehr oft und vollkommen unnötig in teils arge Schwierigkeiten und Bedrängnis. Er verstrickt sich immer mehr in seine eigene, abstruse Wirklichkeit und gerät mehr und mehr unter physischen und psychischen Druck. Wie Karl May damit, dazu mit den heftigen Angriffen der Nachrichtenblätter aus der Heimat während seiner Reise, und noch mit privaten Problemen fertig wird, davon erzählt Philipp Schwenke in seinem Roman sehr gekonnt und abwechslungsreich. Mir gefällt es sehr, wie sich der Autor auch in der schwülstig, geschraubten Sprache des „Old Shatterhand“, „Kara Ben Nemsi“ ausdrückt.

Karl May ist ein sehr dankbares Thema für einen Roman. Er war ein Schriftsteller, der es mit der Wahrheit nie so genau nahm, der vermutlich auch im privaten Umfeld unter einer verzerrten Wahrnehmung litt. Hier beziehe ich mich hauptsächlich auf sein Verhältnis zu seiner ersten Ehefrau Emma sowie auch zu der Beziehung zu Klara Plöhn, die maßgeblichen Einfluß auf ihn hatte. Philipp Schwenke hielt sich an die authentischen Gegebenheiten (dazu gibt es viele Quellen), um Karl Mays Leben darzustellen. Er läßt dem Leser weiten Raum zu Spekulationen.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen, aber es war mir teilweise zu weitschweifig. Ca. 200 Seiten weniger hätten es auch getan.
Informativ sind die Karte im Innenteil vorn und das Foto der Ehepaare May und Plöhn im hinteren Teil des Buches.

Meine Bewertung: 4 von 5 Sternen. Ich vergebe meine Empfehlung für alle Freunde des historischen Romans und Karl Mays.

Bewertung vom 29.09.2018
Mit der Faust in die Welt schlagen
Rietzschel, Lukas

Mit der Faust in die Welt schlagen


ausgezeichnet

MEIN APPELL: LEST DIESES BUCH UND REDET MITEINANDER
Mir fiel es sehr leicht in das Buch hineinzukommen. Für mich besticht es durch seine bündige, ab und zu verknappte, präzise Sprache. Der sehr junge Autor erzählt aus der Draufsicht, wertet nicht, läßt seine Worte wirken. Seine Schilderungen sind detailreich und erzeugten bei mir eine bedrückende Atmosphäre. Für mich stand vieles zwischen den Zeilen. Die Thematik beschäftigte mich weiter, wenn ich das Buch aus der Hand gelegt hatte.
Der Roman ist in drei Teile/Bücher gegliedert: Buch 1: die Jahre von 2000 bis 2004, Buch 2: 2004 bis 2006, Buch 3: 2013 bis 2015.
Es beginnt mit dem Hausbau der Familie Zschornack, elf Jahre nach der Wende. Der Vater ist von Beruf Elektriker, die Mutter Krankenschwester. Sie haben zwei Söhne, beide in den 90er Jahren geboren. Philipp ist der Ältere und Tobias ungefähr im gleichen Alter wie der Autor. Alles scheint zunächst in Ordnung zu sein. Aber unter der Oberfläche eines normalen Alltags brodelt es gewaltig. Recht bald empfand ich die Tristesse, die Langeweile, die aus fast jeder Zeile spricht. Mich berührte sehr unangenehm die Sprach-, ja irgendwie Teilnahmslosigkeit der Erwachsenen. Warum werden die Fragen der Kinder nicht beantwortet? Das Umfeld wirkt wie erstarrt und es erfolgt kein normaler, geschweige altersgerechter Umgang mit den Kindern, weder zu Hause noch in der Schule. Philipp und Tobias erhalten keine Antworten auf ihre Fragen, ihre Probleme. Nicht zum Zustand des Nachbarn Uwe, nicht zu den rußgeschwärzten Wänden des Ausländerwohnblocks in Hoyerswerda, keine Erklärungen zu Wörtern, die als Schimpfworte benutzt werden wie „Jude“, „Judensau“. Hakenkreuzschmierereien werden vor der Schule zugehangen von einer Lehrerin! Es wird viel zu viel totgeschwiegen, ignoriert, unangenehme Situationen werden vermieden, man geht ihnen aus dem Weg, klärende Gespräche finden nicht statt, geschweige denn ein vernünftiger Meinungsaustausch.
Lukas Rietzschel zeigt anhand der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen in dem kleinen Lausitzort eine brandaktuelle Situation auf. Er beleuchtet mögliche Ursachen für den zunächst latenten und dann immer offener werdenden Rassismus. Er bringt jede Menge Erklärungsversuche für die Radikalisierung einer Gruppe von Jugendlichen, darunter die Brüder Tobias und Philipp Zschornack. Ihr „Anführer“ heißt Menzel, ein junger Erwachsener, ein Neonazi. Tobias läßt sich von ihm immer mehr beeinflussen, während es Philipp zum Ende hin gelingt, sich von Menzel zu lösen.
Ich fragte mich wiederholt: Woher kommt die unbändige Wut auf alles Fremde? Warum geht man auf die Sorben los, die schon ewig dort leben? Wie kommt ein junger Mann wie Tobias zu einer so unglaublichen Aussage:
„Es braucht mal wieder einen richtigen Krieg.“ S. 294
Meiner Meinung nach fühlt er sich von allen verlassen und gerät immer mehr in den Sog der Gewalt mit rohen, zerstörerischen Handlungen gegen Menschen und Sachen. Wer oder was kann Tobias noch stoppen? Das läßt der Roman offen.
Ein Roman kann nur bedingt die Wirklichkeit abbilden. Aber ich verstehe das Werk Rietzschels als Mahnung, als Aufforderung hinzuschauen. Dringendst notwendig erachte ich, dass in den Schulen mehr deutsche Geschichte gelehrt wird, vor allem die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg! Da hat unsere Jugend Nachholbedarf und große Defizite!

Das Titelbild des Buches ist durch das blaue Kreuz über das gesamte Cover sehr auffällig. Dahinter befindet sich ein Landschaftsgemälde (Hügel mit Bruchacker bei Dresden )– ein Bild vom bedeutendsten Künstler der deutschen Frühromantik, Caspar David Friedrich, um 1824 gemalt. Ich finde die Gestaltung sehr gut gewählt. Sie unterstützt den Inhalt des Buches, soll heißen, dass es keine Spur von Romantik, Poesie, Edelmenschentum mehr gibt. Auch das läßt viel Spielraum für Diskussionen.

Ich bin begeistert von dem reifen Werk, das Debüt!!!! des 24jährigen Lukas Rietzschel und bewerte es mit fünf von fünf Sternen. Meine Empfehlung gilt für alle!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.09.2018
Der Schatten
Raabe, Melanie

Der Schatten


ausgezeichnet

Psycho, meisterhaft erzählt

„Der Schatten“ ist für mich nach „Die Wahrheit“ das zweite Buch von Melanie Raabe und ich schicke voraus, dass mich die Story wieder überzeugt hat. Es liegt Unheimliches, Gefährliches, Drohendes von Beginn an in den Zeilen.

Der Leser wird nach dem düsteren Prolog mit einer noch unheilschwangeren Situation konfrontiert. Die Protagonistin Norah Richter, Mitte Dreißig, verläßt Hals über Kopf ihre Heimatstadt Berlin, den Freund Alex und den Hund nach einer angeblichen Katastrophe. Ihre Gründe dafür konnte ich leider nicht nachvollziehen. Sie sind wahrscheinlich in ihrem Charakter zu suchen. Die Journalistin zieht nach Wien. Kaum dort angekommen, passieren merkwürdige Dinge. Schon nach der ersten Nacht in ihrer Wiener Wohnung begegnet sie im Treppenhaus einer jungen Frau, von der sie glaubt, sie sei ein Geist. Diese Ähnlichkeit mit ihrer verstorbenen, besten Freundin Valerie! Als nächstes hat sie in der Wiener Fußgängerzone ein beunruhigendes Erlebnis mit einer auffälligen Bettlerin, die ihr prophezeit:
„Am 11. Februar wirst du am Prater einen Mann namens Arthur Grimm töten. Aus freien Stücken. Und mit gutem Grund.“
Sie findet es im Moment nicht bedrohlich, aber nach und nach beschäftigt sie sich intensiver mit dieser Aussage und wird fündig. Wird sie wirklich zur Mörderin?

Über die gesamte Story fühlte ich wie die Hauptperson Norah. Ich empfand mit. Es war für mich sehr verwirrend, irgendwie mysteriös! Ständig schwebte über dem Geschehen diese unterschwellige Bedrohung, eine beklemmende Atmosphäre, die sich auch auf mich übertrug. Es gab etliche Wiederholungen bei Norahs Tagesablauf, ihrem Gemütszustand, ihren Handlungen. Sie drehte sich im Kreis. Was hatte es mit der „Weissagung“ der großen, obdachlosen Frau auf sich? Wer wollte unbedingt, dass sie diesen Arthur Grimm tötet? Welches Motiv steckte dahinter? Und was hatte die vor langer Zeit verstorbene Valerie damit zu tun? Es geschehen rätselhafte Dinge um Norah herum. Norah hört Geräusche, riecht Pfeifentabak, doch niemand ist zu sehen. Sie fühlt sich beobachtet. Es verschwinden Dinge aus ihrer Wohnung, andererseits finden sich welche an. Ein Fremder, der sich als ihr Freund bezeichnet, sendet merkwürdige SMS-Botschaften. Die Freunde Tanja, Max und Paul wenden sich von ihr ab. Als Leser war ich hin- und hergerissen. Bildet sich Norah das alles nur ein? Oder ist es so, wie es beschrieben wird? Sind es tatsächliche Wahrnehmungen, Feststellungen, Ahnungen von Norah oder handelt es sich vielleicht doch um Halluzinationen? Bis ins letzte Drittel des Buches war ich im Unklaren. Wie die Autorin die Geschichte auflöst, und als Stilmittel dann in die Ich-Perspektive (Norah) wechselt, finde ich meisterhaft. Eine Wendung in der Geschichte, die ich zwar ahnte, aber mich dennoch erstaunte. Die Hauptperson ist und bleibt Norah. Sie wurde gut dargestellt, eine taffe, mutige, aber zugleich auch unsichere, zweifelnde Persönlichkeit. Die Nebenfiguren bleiben weitgehend im Hintergrund, aber wurden von der Autorin mit akribischer Sorgfalt mit positiven wie negativen Eigenschaften ausgestattet.
Melanie Raabe versteht es von Anfang an, mit ihrem angenehmen Schreibstil zu fesseln. Sie weiß wunderbar zu formulieren. Mich beeindruckte ihre bildhafte Sprache. Dadurch wurden Stimmungen erzeugt, die Suggestionen, Manipulationen noch befeuern.

Cover und Titel sind gut gewählt. Tote Vögel gibt es jede Menge im Buch und werden auch in der Prophezeiung der Bettlerin erwähnt:
„Blumen welken...Uhren bleiben stehen. Die Vögel fallen tot vom Himmel.“

"Der Schatten" kann ich empfehlen, vor allem für Leser, die Psychothriller lieben. Ich vergebe die höchste Bewertung. Fünf von fünf geheimnisvollen Sternen!

Bewertung vom 29.08.2018
Blutrausch - Er muss töten / Detective Robert Hunter Bd.9
Carter, Chris

Blutrausch - Er muss töten / Detective Robert Hunter Bd.9


ausgezeichnet

GALERIE DER TOTEN
Für mich war der neunte Fall von Robert Hunter und Carlos Garcia der erste. Ich bin fasziniert von diesem Thriller von der ersten bis zur letzten Seite. Der Spannungsbogen ist weit gespannt und wird geschickt über die gesamte Story gehalten. Ich fühlte mich gut unterhalten.
Es beginnt unbeschreiblich grausam, ja geradezu barbarisch. Das erste Opfer des bald als „Chirurgen“ benannten Killers ist eine junge, schöne Frau, ein erfolgreiches Model. Sie wird ausgerechnet von ihrer Mutter gefunden. Unvorstellbar grausam zugerichtet und verstümmelt bietet sie und der Raum drumherum einen so schockierenden Anblick, dass ein Kollege die Sonderermittler Hunter und Garcia warnt mit diesen Worten:
„Seit 37 Jahren bei der Truppe, und das Einzige, was ich vergessen möchte, ist das, was in diesem Zimmer ist.“
Auch „die härtesten Profiler der Welt“ vom LAPD Morddezernat I in Los Angeles sind von diesem Gewaltakt erschüttert. Alles an diesem Tatort ist zunächst unerklärlich, verwirrend, verstörend, ein richtiger Alptraum. Doch das ist nur der Auftakt zu weiteren Morden in verschiedenen Bundesstaaten. Das FBI schaltet sich ein und nach anfänglichem Kompetenzgerangel arbeiten Hunter und Garcia mit den Special Agents Erica Fisher und Larry Williams zusammen. Der grauenhafte Mord an dem Model Linda Parker war nicht der erste. Die Spezialisten haben es mit einem Serienmörder zu tun, der auf dem Rücken der Opfer Schnitte, eingeritzte lateinische Botschaften, hinterläßt. Der Wortlaut hat stets etwas mit Schönheit zu tun.
Die 104 Kapitel sind ausnahmslos kurz und ich folgte voller Ungeduld der Story, die ab und an den direkten Handlungsstrang zum Täter unterbrach und damit die Spannung für mich erhöhte. Durch die Erzählweise ist der Leser gegenüber den Ermittlern im Vorteil. Die Protagonisten Hunter und Garcia empfinde ich als sympathisch und werde ganz sicher noch mehr von Carter lesen. Besonders mit Robert Hunter ist ihm eine Figur gelungen, die außergewöhnlich ist. Er nimmt die Welt oft anders wahr als normale Menschen. Robert verfügt über eine Gabe, die ihm ermöglicht Zusammenhänge schneller zu erkennen. Warum ihm das gelingt, hat mit seiner Krankheit zu tun. Auch das Zusammenspiel mit seinem Partner gelingt überwiegend reibungslos. Sie verstehen sich ohne Worte. Dagegen kommen die beiden FBI-Agenten nicht so gut weg. Besonders Special Agent Fisher erscheint mir übertrieben dargestellt. Ihre Art gefiel mir nicht.
Den deutschen Titel „Blutrausch - Er muss töten“ finde ich nicht passend. Der englische Titel „Gallery of the Dead“ ist besser, da er den Taten des Mörders und seinem Anliegen besser entspricht. Fast zum Schluß begründet der Killer, warum er die Verbrechen begangen hatte und sie regelrecht inszenierte. Das ist eine wirklich erstaunliche Herangehensweise und mit den lateinischen Sprüchen über die Schönheit in Gänsehaut erzeugender kreativer Übereinstimmung. Was für ein Einfall von Chris Carter!
Als Letztes überraschte mich der Autor noch mit einem Cliffhanger, mit dem ich allerdings noch nichts anfangen konnte, da er sich auf einen Vorgängerband bezieht. Auf alle Fälle macht es mich neugierig auf Band 10.

Fazit:
“Blutrausch“ erzählt von einem Serienmörder der besonderen Art. Ein Killer mit Künstlerseele!
Ausgezeichnete Unterhaltung in einem sehr gut zu lesenden Schreibstil. Chris Carter wird eingereiht in meine Galerie der besten Thrillerautoren.
Von mir gibt es die höchste Bewertung!

Bewertung vom 22.08.2018
In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2
Ulrich, Stefan

In Schönheit sterben / Robert Lichtenwald Bd.2


gut

Ich wollte mich gern entführen lassen in die Welt der italienischen Lebensart, in die toskanische Maremma, in die römische Kunstszene. Der Klappentext und die Leseprobe waren angereichert mit Vorfällen, die mich einen packenden Kriminalroman mit spannender Atmosphäre erwarten ließen. Aber zunächst zum
Meine Meinung:
Die ersten 4 Kapitel (von insgesamt 33) bis zur Seite 67 verliefen gemächlich ohne Action trotz des Prologs, der es schon in sich hatte, sowie der Information über die Ermordung des Kunstfreundes. Mir war leider schon nach den wenigen Seiten die Geschichte verleidet, da ich zweimal den Namen des Mörders vom ersten Band lesen musste. Warum spoilert Stefan Ulrich sich selbst? Nun brauche ich „Die Morde von Morcone“ nicht mehr lesen, weil mir das keine Freude mehr macht.
Ab etwa der Mitte des Buches wußte ich sicher, wie der Prolog in die Geschichte paßt und wer der Täter sein könnte. Für mich als erfahrene Krimileserin gab es dazu zu viele offenkundige Anspielungen. Die persönlichen Belange des Robert Lichtenwald treten mir zu sehr in den Vordergrund. Der Kriminalfall erscheint dadurch wie zufälliges Beiwerk. Die unzähligen Wiederholungen sind mir einfach zuviel. Fortwährend kommen Roberts Nochfrau Stefanie und die Tochter, seine widerstreitenden Gefühle zur jungen Reporterin zur Sprache. Auch werden die „sprechenden“ Hexenohrringe der schönen Giada Bianchi und die geheimnisumwitterte Dame mit dem Halbschleier xmal erwähnt.
Trotzdem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Ich kann mir vorstellen, dass Italienliebhaber ihre helle Freude an den herrlichen Beschreibungen der ländlichen Toscana, an der Erwähnung der Örtlichkeiten haben werden. Der Autor hat wunderbare, kreative Einfälle. Dazu gehören Roberts Freund Luigi La Torre, der Philosoph, der ständig zitiert und die Zuhörer sollen raten; „Auf den Geist muss man schauen. Denn was nützt ein schöner Körper, wenn in ihm nicht eine schöne Seele wohnt.“ (Euripides); und natürlich das außergewöhnliche Haustier, dass Robert von Luigi geschenkt bekam, sowie die Bäume der Reisenden.
Übrigens fand ich eine Aussage vom Autor, nachdem er nach dem Ort Morcone gefragt wurde, ob es ihn wirklich gibt:
„Ja. Aber er heißt nicht so. Wer ihn in der Maremma sucht, der wird ihn finden.“
Fazit:
Die Spannung tritt leider in den Hintergrund bei den vielen Nebenschauplätzen. Das Ende finde ich übertrieben, zu abgehoben.
Insgesamt eine unterhaltende Urlaubslektüre, nicht nur für Italienfreunde.
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternen – also gut -