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SBS

Bewertungen

Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 29.06.2020
Der Fahrer / Kerner und Oswald Bd.3
Winkelmann, Andreas

Der Fahrer / Kerner und Oswald Bd.3


ausgezeichnet

Hamburg, die Perle zeigt sich mal wieder von ihrer nicht ganz so glanzvollen Seite. Ein Serienmörder geht um. Sein Ziel sind junge Frauen die einfach so zu verschwinden scheinen, deren Verschwinden selbst dann aber für „Content“ sorgen soll und die Polizei verhöhnen soll. Auf den Autos der Frauen steht in Leuchtschrift #findemich – nur das ist gar nicht so leicht für Jens Kerner und sein Team, zumal sich Hinweise verdichten, die auf einen persönlichen Rachefeldzug hindeuten.

Schon der Start in die Geschichte ist rasant und fesselnd. Die erste Frau wird direkt entführt und ihr Martyrium angerissen. Der Leser ist quasi sofort und ohne lange Vorrede mitten im Geschehen und das bleibt auch fast das ganze Buch durch so. Es gibt kaum Verschnaufpausen. Ständig rätselt man mit den Ermittlern mit und manches zieht man vor ihnen kommen (ist aber gut gemacht und heizt die Spannung weiter an), das ursächliche Motiv ist aber lange nicht zu durchschauen, erweist sich aber als stimmig und so manche Wendung erhöht die Sogwirkung der Geschichte.

Ich kannte die Vorgänger (daher war dieser dritte Teil ein Must-have!) und freute mich daher sehr über das Treffen der bekannten Charaktere, die mir seit dem ersten Teil sehr sympathisch waren. Das Team arbeitet gut zusammen, die Leute ergänzen sich vortrefflich und trotzdem sind sie nicht unfehlbar. Das zeigt sich auch in diesem Fall, bei dem sie als „leuchtendes Beispiel für polizeiliche Inkompetenz“ herhalten müssen… Dazu gefällt mir das Hamburger Setting immer wieder und ja – das Thema hatte es auch in sich. Die Hintergründe sind lange nicht zu durchschauen gewesen und das Ganze endet in einem Showdown, der das Team extrem unter Druck setzt. Der Autor sorgt für Gänsehautmomente, spielt mit den Ängsten der Leser und überzeugt auch mit aktuellen Bezügen zum Beispiel zur Nutzung sozialer Medien.

Der Schreibstil ist gewohnt flüssig, leicht und schnell zu lesen, sodass ich das Buch kaum mehr aus den Händen legen wollte. Winkelmann ist mal wieder ein richtiger Pageturner gelungen, auch dank der Perspektivwechsel, die die Spannung noch deutlich steigern.

Ein durchweg spannender und kurzweiliger Krimi auf dessen Nachfolger ich jetzt schon gespannt bin. Der Fall ist in sich geschlossen, daher lässt sich das Buch auch unabhängig lesen, die persönlichen Aspekte innerhalb des Teams sind dann aber nicht ganz nachzuvollziehen.

Bewertung vom 26.06.2020
Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4
Ahnhem, Stefan

Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4


gut

Alea iacta est – okay, nicht nur ein Würfel ist gefallen, wie es hier wörtlich steht, sondern einige und nicht nur einmal. Ein Mörder geht um, der sich von seinen Würfeln zum nächsten Opfer und zur Tötungsart führen lässt. Das macht es den Ermittlern schwer ihn zu greifen.

Noch schwerer wird es, weil auch andere Fälle die Region erschüttern und persönliche Probleme den Ermittlern zusätzlich Schwierigkeiten bereiten.
Direkt kann ich schon einmal sagen, dass mir das Buch fast zu vielschichtig war und das größte Problem: Es wurden nur wenige Teile der ganze Handlungsstränge beendet. Ich hatte schon zu „10 Stunden tot“ (das – Cover und Titel ausgenommen- identisch mit dem „Der Würfelmörder“ ist) einiges gehört – mehrheitlich war es nicht positiv. Trotzdem wollte ich mir ein eigenes Bild machen und habe daher dem Würfelmörder in dem neuen Design eine Chance gegönnt- auch nach dem Lesen bin ich noch nicht sicher, ob sich das gelohnt hat…

Aber nun von Beginn an. Der Einstieg ist mir recht gut gelungen, obwohl ich nur einen Teil der Fabian Risk –Reihe vor gefühlten Ewigkeiten gelesen habe und somit fast ohne Kenntnisse in die „Mini-Reihe“ um den Würfelmörder in der „großen“ Risk-Reihe eingestiegen bin. Es gibt dann gewisse Lücken, die man sich selbst erschließen muss, um eine Privatermittlung von Risk zu verstehen, aber das gibt sich überraschend schnell. Es handelt sich dabei auch um eine spannende Sequenz, denn die Brisanz ist nicht von der Hand zu weisen. Gleiches gilt in anderen Fällen. Nationalismus und sexuelle Neigungen sind andere Themenschwerpunkte und dazwischen gibt es noch das eine oder andere…und natürlich den Würfelmörder, der sein „Können“ zeigt, aber bei weitem nicht so viel Raum einnimmt, wie ich das erwartet hätte.

Der Schreibstil war recht gut zu lesen, flüssig und gut verständlich, aber irgendwie hatte ich mich immer und immer wieder aufraffen müssen, um das Buch zu Hand zu nehmen. Es gab fast zu viele Baustellen und Puzzleteile, den roten Faden zu finden fand ich etwas schwierig und trotzdem hat mich das Buch eine ganze Weile recht gut unterhalten. Das lag teilweise an den Themen, aber auch an den Ermittlern – wobei ich bei manchen einfach nur entsetzt war (leider kann ich nicht so ins Detail gehen). Achtung, es wird schon etwas brutal und auch Kinder sind betroffen – also nichts für Zartbesaitete.

Und das Ende ist einfach nur unbefriedigend. Eigentlich müsste man direkt den nächsten Teil lesen, aber ich brauche erst einmal mindestens ein anderes Buch zwischendurch. Ich hoffe sehr, dass diese Rückkehr des Würfelmörders auch tatsächlich alles auflöst, denn das Interesse ist an sich schon geweckt. Aber wenn der Leser dann in nächsten Teil nochmal so hingehalten wird…dann hat der Autor bei mir keine Chance mehr.

Bewertung vom 25.06.2020
Ich bleibe hier
Balzano, Marco

Ich bleibe hier


sehr gut

Trina stammt aus einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Alles könnte so schön sein. Sie hat gute Freundinnen, kann sich den Traum vom Lehrerinnendasein erfüllen, doch dann kommt alles anders. Die Faschisten verbieten ihr das Unterrichten, die Anwohner werden gezwungen sich zu entscheiden, ob sie nach Deutschland auswandern oder in Südtirol als Menschen zweiter Klasse verbleiben. Ihr Mann muss Kriegsdienst verrichten, die Kinder machen Kummer, die Nazis sorgen auch für große Probleme und ein Stausee soll gebaut werden, der das Dorf gefährdet.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend, sehr klar, ohne Klitsch und ziemlich eindringlich. Authentische Charaktere, die teilweise über sich hinaus wachsen und diese Geschichte, die auf wahren geschichtlichen Begebenheiten beruht, haben mich gefesselt. Es ist schier unglaublich was die Menschen in Südtirol damals erleiden mussten - und wie ich finde weiß man eigentlich viel zu wenig darüber bzw. ist es viel zu selten Thema. Wie schlimm tatsächlich alles war, hatte so nicht auf dem Schirm, denn es verblasst ein wenig im Vergleich zu DEN Gräueltaten der Nazis - das macht das Geschehen aber nicht besser. Das heute so beliebte Urlaubsziel birgt so viel Geschichte, die Menschen zermürbt hat, das möchte man kaum glauben: Umso wichtiger finde ich dieses Buch. Es zeigt, was tatsächlich hinter diesem interessant anzusehenden Kirchturm mitten im See steckt - alles andere als eine schöne Sache.
Auch zeigt die Geschichte beeindruckende Menschen, die über sich hinaus wuchsen, Widerstand leisteten, ihre Heimat schätzten und (versuchten zu) schützten. Sie haben alles verloren, ihre Sprache, ihre Identität und nun sollen sie auch noch ihres Lebensraumes beraubt werden...

Geschichtlich wichtig, emotional ansprechend kann ich das Buch nur empfehlen.

Bewertung vom 15.06.2020
Unter den Linden 6
Kaiser, Ann-Sophie

Unter den Linden 6


sehr gut

Lise Meitner, eine promovierte Physikerin, ist auf dem Weg von Wien nach Berlin, um sich dort bei Max Plank weiterzubilden. Noch im Zug trifft sie auf das Dienstmädchen Anni, welches unglücklich scheint und ängstlich ist, denn sie weiß nicht, was sie in der Stadt erwarten wird. In Berlin angekommen stolpern sie über die recht gut situierte Hedwig, die sich um ein Studium bemühen will. Das ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts alles andere als leicht, denn nur Männer sind zu einem ordentlichen Studium zugelassen und selbst eine Gasthörerschaft ist zu dem Zeitpunkt für Frauen fast unmöglich. Aber die Frauen sind hartnäckig und dabei entsteht unter den ungleichen Frauen eine tiefe Freundschaft.

Der historische Roman ist an Fakten angelehnt, so gab es Lise Meitner tatsächlich und ihre Forschung u.a. mit Otto Hahn hat Bestand. Frauen wie Anni und Hedwig gab es sicher auch, nur gibt es für die beiden keine echten historischen Vorbilder – authentisch wirken sie dennoch und so tut das der Sache keinen Abbruch, denn wie Frauen kleingehalten werden sollten und wie schwierig die Zeit war, wird sehr deutlich. Selbst als erfolgreiche Physikerin und fleißige Mitarbeiterin erhält Lise zunächst kein Gehalt, später nur 60 Prozent für die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen – und trotzdem ist das für die Frauen schon eine echte Errungenschaft.

Die Einblicke in den universitären Betrieb, die Forschung mit Radioaktivität ohne jeglichen Schutz vor der Strahlung, die Bemühungen der Frauen auf eine echte Chance auf Bildung und wie sich manche Männer (Professoren wie Studenten) querstellten sind sehr unterhaltsam. Das Geschehen dehnt sich bis zum ersten Weltkrieg aus und wird aus den Perspektiven der drei Frauen, die Freundinnen werden, geschildert. Spannend ist hier besonders, dass die Frauen unterschiedlichen sozialen Schichten entspringen und entsprechend andere Sichtweisen und Möglichkeiten haben.

Eine gelungene Geschichte, die mich recht gut unterhalten hat, aber nicht in Gänze überzeugen konnte. Immer wieder mal sprachliche Schnitzer drin, die im Lektorat hätten auffallen müssen. „Mich düngt…“ war diesbezüglich eines meiner Highlights – wer düngt da die forsche und dickköpfige Hedwig? Gegen Ende fand ich das Buch zudem relativ schwach und der „Bildungskampf“ verlor zu sehr an Fahrt. Das Buch dümpelte irgendwann mehr oder weniger vor sich hin, war mir zu sentimental und ganz nett, aber eben auch nicht mehr - 3,5 Sterne.

Bewertung vom 09.06.2020
Schwarzer August / Leander Lost Bd.4
Ribeiro, Gil

Schwarzer August / Leander Lost Bd.4


sehr gut

Lost ist mit der Schwester seiner Chefin auf Wolke 7. Die beiden genießen ihre Zeit in vollen Zügen, bis ein Bombenattentäter die Region aufsucht und Angst verbreitet. Zwar verursacht der Bombenleger nur Sachschaden – doch eine Eskalation ist nicht ausgeschlossen und selbst für das Team um Lost wird die Situation brenzlig. Was ist das Motiv des Täters?

Es beginnt beschaulich und schön und der glückliche Lost hat mich wieder so oft schmunzeln lassen. Er ist einfach ein netter Geselle und durch sein Asperger so besonders. Er kann nicht lügen, Berührungen sind ihm in der Regel nicht recht und so manches andere ist auch speziell, aber es hat auch seine Vorteile, denn er geht streng logisch vor (nicht selten vergeben sich an diesen Stellen lustige Momente) und hat ein schier unglaubliches Wissen. Erwähnt werden sollte an der Stelle vielleicht noch, dass die Beeinträchtigung nie ins Lächerliche gezogen wird. Doch er ist nicht der einzige, der für Lacher sorgt, denn auch der Spanier Duarte versucht wieder besonders unverzichtbar zu sein und seinem Vater zu gefallen…

Die Spannung baut sich eher langsam auf, denn es geht hier immer um mehr als „nur“ den Fall, der vielleicht in Summe nicht ganz so spannend war, wie andere Fälle, aber trotzdem überzeugen konnte. Das Motiv des Täters war mir ein wenig zu schnell abgehandelt, aber in sich war es stimmig und auch up to date (hier kann ich selbstredend nicht ins Detail gehen).
Blut und Brutalität sind hier kaum vorhanden und das gefällt mir sehr, denn hier wäre es einfach unpassend. Das Team – so individuell und authentisch die Charaktere auch sind -, ergänzt sich perfekt und das Setting ist einfach toll. Es fühlt sich beim Lesen an, als wäre man tatsächlich in Portugal. Das beinhaltet auch kleine Kitschanteile, aber der Autor fängt sich schnell wieder.

Es ist der vierte Teil der Reihe. Ich würde nicht unbedingt empfehlen mit diesem Teil zu starten, aber möglich ist es, da die Fälle in sich geschlossen sind. Hier ist jedoch die Entwicklung der Charaktere auch nicht unwesentlich, sodass es doch schade wäre, würde man nicht von Beginn an die Geschichte verfolgen.

Genau das richtige Buch, um Urlaubsfeeling auch auf Balkonien zu haben.

Bewertung vom 31.05.2020
Kostbare Tage
Haruf, Kent

Kostbare Tage


ausgezeichnet

Erneut entführt Kent Haruf seine Leserschaft in die fiktive amerikanischer Kleinstadt Holt. Dad Lewis ist schwer an Lungenkrebs erkrankt und wird den Sommer nicht mehr überleben. Doch nicht nur seine Geschichte, sondern auch die der Bewohner in der Nachbarschaft werden in diesem ruhigen Buch geschildert.

Wer einmal einen sterbenden Menschen begleitet hat, wird sich besonders gut in die Geschichte einfühlen können. Dad hat seine liebende Frau Mary und Tochter Lorraine um sich und man bekommt Gelegenheit den Geschäftsmann, Vater und Mann mit seiner ruhigen, aber auch bestimmenden und konservativen Art heute und in der Vergangenheit kennenzulernen. Dieses Zeitsprünge sind sehr gelungen und zwischendurch erfährt man auch von anderen Bewohnern Holts, sodass ich das Buch kaum mehr weglegen wollte.

Überhaupt sind in der Kleinstadt gewisse Dinge, wie in jeder Kleinstadt. Wer sich nicht an die Regeln hält, bekommt es zu spüren. Pfarrer Lyle spürt dies am Leib und auch in seiner Familie hat er einige Probleme zu bewältigen. Doch das Leben in einer solchen Gemeinschaft hat auch seine positiven Seiten, wie die achtjährige Alice bemerkt, die nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrer Großmutter lebt und von vielen Einwohnern unterstützt wird.

Ich kann nicht mal wirklich sagen, wie Haruf es schaffte mich so zu fesseln, aber es ist ihm auf ganzer Linie gelungen. Vielleicht liegt es daran, dass ich die Stadt quasi vor meinen Augen hatte und die Charaktere – so unterschiedlich sie auch waren- nahbar und facettenreich geschildert wurden. Dazu sind die meisten auch sehr sympathisch und stehen füreinander ein. Der ruhige Schreibstil ist anrührend ohne kitschig zu sein und warmherzig, aber nie anbiedern. Echte Überraschungen gibt es nur selten und trotzdem werden sehr viele gesellschaftlichen Themen angeschnitten, von prekären Familienverhältnissen, über Suizid und Diebstahl. Hier hat jeder sein Päckchen zu tragen…

Ich kann das ruhige und einfühlsame Buch nur empfehlen. Man muss auch die anderen Bücher nicht kennen, um dieses hier zu mögen.

Bewertung vom 29.05.2020
DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1 (eBook, ePUB)
Jónasson, Ragnar

DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Kommissarin Hulda Hermannsdóttir zählt bereits 64 Lenze, hat keine Familie mehr und muss bald in den Ruhestand. Zu ihrer Überraschung kann ihr Chef sie scheinbar nicht schnell genug durch einen jüngeren Kollegen ersetzen und setzt ihr ein Ultimatum. Einen letzten Fall, einen der vielleicht keiner ist, hat sie ihm auch den Rippen geleiert. Vor über einem Jahr wurde eine russische Asylbewerberin tot aufgefunden und die Ermittlungen waren bestenfalls halbherzig geführt worden…

Ein interessante Ermittlerin, die in den Ruhestand soll; ein Fall, der vielleicht gar keiner ist und recht aussichtslos erscheint, dunkle Geheimnisse und eine besondere Idee machen das Buch unterhaltsam, auch wenn die ersten Seiten nicht ganz so überzeugend waren, hat sich dann einiges getan.

Der Schreibstil ist recht rund und man liest sich vor allem in den Abschnitten mit kurzen Kapiteln schnell fest, sodass das Buch schnell gelesen ist. Die drei Zeitebenen, die die aktuellen Ermittlungen, aber auch Ereignisse in der Vergangenheit beleuchten lassen sich erst nach und nach in Einklang bringen, aber das machte es für mich nur interessanter. Was hat es mit der jungen, unverheirateten Mutter auf sich? Und wer macht im kursiv gedruckten Abschnitt einen Ausflug in eine unwirtliche Gegend Islands?

Protagonistin Hulda hat mich einerseits beeindruckt, da sie gegen alle Widerstände – und derer gab es viele - eine ordentliche Karriere hingelegt hat und auch die menschliche Komponente nicht zu kurz kommt. Daher beschäftigt sie sich auch mit dem Cold case, denn die junge Russin hat sonst keinen Fürsprecher. Obwohl es zahlreiche Hürden zu nehmen gilt, arbeitet sie unbeirrt an dem Fall weiter, für die Gerechtigkeit. Andererseits hat sie dunkle Seiten und bis zum Ende des Buches war ich zwiegespalten zwischen Bewunderung und Verwunderung…kurz: Ein sehr facettenreicher Charakter! Vor allem eine Sache hat mich tief getroffen. Schade, dass manche wirklich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.

Sowohl Hulda Porträt, als auch der Fall werden häppchenweise vorangetrieben und manche Enthüllung hat es wirklich in sich. Es sind dabei eher die persönlichen Aspekte, denn der Fall ist wenig spektakulär, sondern eher gewöhnlicher und realistischer Natur – wenn ich auch lange im Dunklen getappt bin.

Die Idee hinter der Reihe ist mal was anderes und ich finde das recht überzeugend. Leider kann ich hier nicht näher darauf eingehen, aber ich empfehle Freunden von Krimis und Thrillern die Lektüre, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Mich hat die Geschichte, bei der vieles nicht so ist, wie es scheint, sozialkritische Themen angeschnitten werden und viele Überraschungen auf den Leser warten, weitgehend überzeugt und ich werde die Reihe daher auch fortsetzen.

Bewertung vom 27.05.2020
Weil jeder Tag besonders ist
Kattilathu, Biyon

Weil jeder Tag besonders ist


sehr gut

Ein motivierendes Tagebuch – ist das was für mich? Ich habe beschlossen die Zeit zu nutzen und es einfach mal, trotz einer gewissen Skepsis, zu versuchen. Biyon Kattilathus erklärt zunächst, wie das Motivationstagebuch funktioniert und wirken soll und dann geht es auch schon los. Insgesamt wirkt der Einstieg sehr positiv und der Autor sympathisch – wenn das auch kein Bewertungskriterium ist, so macht es das Ganze doch direkt ansprechender.

Abschließend könnte zum theoretisch erst nach einem halben Jahr bewertet werden, denn so lange begleitet das Buch den Leser, doch ich denke, dass ich schon einen guten Eindruck gewonnen habe. Die ersten Tage war ich nicht wirklich von dem Buch überzeugt und hatte gewisse Zweifel, ob es wirklich etwas bewirken kann. Zwei Minuten am Morgen zu finden, fiel mir anfangs schwer oder ich habe es ganz vergessen und auch abends musste ich nicht nur einmal nochmal aus dem Bett, um die drei Fragen zu beantworten. Mit der Zeit hat sich das aber überraschend gut eingependelt und ich greife schon quasi automatisch nach dem Buch. Trotz der Skepsis hat es sich also nachhaltig in meinen Alltag eingeschlichen (mal sehen, ob das so bleiben wird), einen echten Motivationsschub habe ich jedoch noch nicht festgestellt. Über die Monate beschäftigt man sich mit diversen Überthemen, wie Mut, Umfeld, Entscheidungen der auch Dankbarkeit- die drei Fragen bleiben aber von Montag bis Freitag quasi die gleichen.

Die Motivationssprüche die immer wieder zwischendurch auftauchen finde ich mal gut, mal dermaßen abgedroschen, dass es sich in etwa die Waage hält. Dieses Herzchen ausmalen am Tagesbeginn ist nicht meins. Schön dagegen sind mehrheitlich die Kurzgeschichten für die Samstage (ich habe einfach mal vorgelesen…) und die Mandalas zum Ausmalen finde ich auch toll. Die Wochenaufgaben geben einen gewissen Kick auch mal was anderes, neues zu machen.

Ich habe keine Vergleichsmöglichkeit, da es das erste Buch dieser Art für mich war, aber ich finde den Aufbau sehr gelungen und für Einsteiger ist das Buch auf jeden Fall geeignet. Ob viel Neues dabei ist, wage ich zu bezweifeln. Auf den ersten Blick hatte ich den Eindruck, dass das Buch zu minimalistisch ist, aber beim Nutzen zeigte sich, dass gerade diese Schlichtheit für mich positiv war, denn so wurde ich bei der Suche nach dem Positiven nicht von außen beeinflusst, sondern nur aufgefordert das Positive auch mal wirklich wahrzunehmen.

Das Buch ist hochwertig und optisch ansprechend gestaltet. Das Angebot mittels App auf Videos zuzugreifen habe ich nicht genutzt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2020
Die Henkerstochter und der Fluch der Pest / Die Henkerstochter-Saga Bd.8
Pötzsch, Oliver

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest / Die Henkerstochter-Saga Bd.8


ausgezeichnet

1679 geht die Pest in Wien um und sie breitet sich rasant aus. Bayern ist bald schon betroffen und die Henkerfamilie Kuisl ist mittendrin. Jakob Kuisl wird von einem Pestkranken aufgesucht, Enkel Peter ist mehr oder weniger verschollen, weil er dem bayrischen Kronprinzen einen „kleinen“ Gefallen tun soll, und darum machen sich der Schongauer Henker, seine resolute Tochter und deren Mann auf nach Kaufbeuren, denn dort scheinen sich seltsame Dinge im Zuge der Pest zu zutragen…

Die Geschichte ist von Beginn an recht spannend und unterhaltsam – zumindest wenn man sich gerne in das Setting versetzt. Der Autor schafft es auch hier wieder Bilder vor Augen entstehen zu lassen, die nicht immer sehr schön sind (an einem Pesttod gibt es eben nicht schönes und die stinkenden, rattenverseuchten Gassen sind sicher auch nicht jedermanns Sache), aber authentisch wirken. Der Schreibstil ist für einen historischen Roman genau richtig, es wird vieles sehr detailliert beschrieben, aber es hat auch alles seinen tieferen Sinn. Ich flog förmlich durch die 700 Seiten dank des runden Schreibstils und der Geschichte, die es in sich hat. Dazu erscheint das Buch sehr gut recherchiert; mir sind zumindest keinerlei historische Schnitzer aufgefallen.

Besonders gelungen fand ich das Timing des Erscheinungstermins, denn zahlreiche Parallelen zu Corona sind unverkennbar, beispielsweise das Isolieren oder Tragen des Mundschutzes, doch auch ohne diese Parallelen in die heutige Zeit wäre das Buch einfach toll gewesen. Im Übrigen kann man hier auch in die Reihe einsteigen, denn die Familie, ihre Verhältnisse und Besonderheiten werden so gut beschrieben, dass man glaubt sie alle zu kennen. Ich selbst habe zwar vor Jahren zwei, drei Teilen gelesen, aber auch ganz ohne Vorgänger könnte man in den achten Teil einsteigen – wenn man dann natürlich auch die Weiterentwicklung der Charaktere verpasst, die hier bestimmt ein weiteres Plus darstellt. Doch auch wer hier einsteigt bekommt es mit einer ganz besonderen Familie zu tun, deren Charaktere einfach überzeugen. Auch „Nebendarsteller“ sind schön gezeichnet und die Auflösung – wenn ich es in Teilen auch genauso vermutet habe – hat mir auch sehr gefallen.

Und das Beste an dem kurzweiligen Buch: Es geht weiter, wie das Nachwort versichert und das Ende auch schon angedeutet hat.

Bewertung vom 22.05.2020
Miezbert
Stütze, Annett;Vorbach, Britta

Miezbert


ausgezeichnet

Miezbert ist ein junger, netter Kater mit zahlreichen Freunden. An einem Morgen hat er noch nicht einmal sein Frühstück verspeist, als sein erster Freund – Vogel Piep- ihn zum Spielen abholt. Die kleine Katze kann nicht widerstehen und geht mit, doch irgendwann ist die Laune im Keller, ein ganz hässliches Gefühl macht sich in dem Kätzchen breit. Was ist los? Alle Freunde sind überrascht von Miezberts schlechter Laune. Mit einem lauten Magenkurren ist das Rätsel: Miezbert hat Hunger!

Kaum kam das Buch an, musste ich es auch schon einmal lesen. Die farbenfrohe Gestaltung macht einfach direkt Freude und auch das Thema finde ich gelungen. Hunger kennt jeder und nicht wenige werden etwas mürrisch, knurrt der Magen vor sich hin und irgendwie ist man nicht mehr der, der man sonst eigentlich ist. Gerade Kinder kennen das Problem auch, denn beim Spielen wird ja gerne mal das essen vergessen und von jetzt auf gleich hat man so ein komisches Gefühl – ganz genauso ergeht es dem jungen Kätzchen – und viele jüngere Kinder können wohl tatsächlich nicht direkt ihr Problem erkennen.

Mich hatte das Buch auch dank seiner wunderschönen, farbenfrohen Illustrationen begeistert, doch die Erzieherin, der ich das Buch für ihre KiTa-Gruppe geschenkt habe, war hin und weg. Kurze, kindgerechte Texte, die angenehme Länge des Buches, die Zeichnungen und natürlich der Inhalt haben sie überzeugt. Natürlich hat sie das Buch in der Notgruppe auch direkt ausgepackt und gleich mehrfach vorlesen müssen. Tiere mögen Kinder eben sehr und diese hier sind wohlbekannt, denn Bär, Vogel, Katze und Co erkennen alle Kinder. Dass sich die Geschichte auch beim reinen Ansehen der Bilder durch die Mimik und Handlungen der Tiere auch für Nichtleser erkennen lässt, ist ein weiteres Plus.

Die Kinder von drei bis sechs Jahren waren überzeugt und gerade die größeren machten Anspielungen beim Essen, dass sie ja nicht wie der hungrige Miezbert sein wollen. Doch auch die jüngeren Kinder hatte das Buch noch während des Vorlesens zum Reden animiert und nicht wenige haben erkannt, dass Hunger ein echtes Problem sein kann, aber eines, das sich (zumindest hier und heute) leicht beheben lässt. Und noch wichtiger: Man sollte seine Launen nicht an seinen Freunden auslassen, sondern über seine Probleme reden, denn vielleicht haben sie eine Lösung.

Das Buch hat ein angenehmes Format, groß genug um es (auch mehreren) Kindern vorzulesen, aber trotzdem leicht, sodass sie es auch schnell mal aus dem Schrank holen können. Die Seiten lassen sich sehr gut blättern und die nachhaltige Herstellung ohne Lösungsmittel finde ich lobenswert. Zum Vorlesen und für Erstleser gelungen!

Insgesamt eine kleine, feine wie auch lustige und gute Geschichte – denn sie kommt mitten aus der Lebenswelt der Kinder -, haptisch gelungen, optisch ein Hit. Daher bleibt nur eine klare Leseempfehlung auszusprechen.