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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 470 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2023
Flucht ins Feenland
Mirrlees, Hope

Flucht ins Feenland


sehr gut

Dorimare liegt an der Grenze zum Feenreich, doch alles, was damit zu tun hat, wird von Dorimares Bewohnern totgeschwiegen, regelrecht tabuisiert – bis eines Tages ihr Land von Feenfrüchten überschwemmt wird.

„Der berühmteste Feenroman aller Zeiten“ steht über dem Klappentext auf dem Rücken meines Exemplares. Hmm, so ganz stimmt das wohl nicht, denn ich hatte vorher noch nie etwas von ihm und seiner Autorin gehört. Hope Mirrlees ist eine britische Autorin, die von 1887 bis 1978 gelebt hat, und diesen Roman bereits 1926 geschrieben hat, was den Roman zum Klassiker macht. Womöglich war er zu seiner Zeit, oder auch in Großbritannien selbst, berühmt? Mittlerweile gibt es aber wahrscheinlich berühmtere oder besser gesagt bekanntere Feenromane.

Das macht den Roman aber nicht zu einem schlechten. Ich mag die Phantasie der Autorin und den Humor, den sie hier zeigt. Alleine, wenn ich mir die Namen anschaue, die – hoffentlich – nicht nur der Übersetzung zuzuschreiben sind. Die Charakterisierungen sind oft sehr überzogen, aber auch sehr treffend. Für heutige Verhältnisse ist der Roman wahrscheinlich manchen etwas zu langatmig, ich finde aber, es hat sich gelohnt, ihn zu lesen.

Die Autorin hat sich an der Mythen- und Sagenwelt bedient, und vieles, das hier erwähnt wird, findet man auch in anderen Werken über die Feen und ihr Reich, auch die Feenfrüchte tauchen da immer wieder auf. Mein Exemplar hat ein Vorwort von Neil Gaiman, in dem er den Roman einordnet, sowie ein (sehr umfangreiches) Nachwort von Michael Swanwick, das sich mit der Autorin beschäftigt, im Grunde ist es eine Biografie Hope Mirrlees'. Insgesamt ist daher diese Ausgabe des Piper-Verlages aus dem Jahr 2003 etwas Besonderes, und hat mir als Ganzes gut gefallen.

Ein klassischer Feenroman, mit Humor erzählt, abgerundet mit einem Vorwort von Neil Gaiman und einem biografischen Nachwort über die Autorin – insgesamt ist dieses Buch ein rundes Leseerlebnis.

Bewertung vom 08.06.2023
Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Ironmonger, John

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen


ausgezeichnet

In einem Pub treffen der Student Tom Horsmith und der Politiker Monty Causley aufeinander. Ein Streit führt zu einer Wette, die 50 Jahre später eingelöst werden soll.

Wer „Der Wal und das Ende der Welt“ gelesen hat, kennt den kleinen Ort St. Piran an der Küste Cornwalls schon, damals war Tom noch ein kleiner Junge, jetzt ist er gerade 20 Jahre alt geworden – das ist im Grunde die einzige zeitliche Einordnung, die der Roman uns an die Hand gibt. Wir befinden uns also in einer Zeit nach dem Wal. Dass die Zeit ungefähr die unsere ist, wird aber schnell klar. Im Roman vergehen zudem mehrere Jahrzehnte, jedoch wird nur wenig „Zukünftiges“ betrachtet, es geht hier nicht um Science Fiction, sondern um ganz aktuelle Probleme (wie auch schon im „Wal“).

Erzählt wird die Geschichte in Zeitsprüngen, jeweils soundsoviele Jahre nach der Wette, bis schließlich mehr als 50 Jahre vergangen sind. Tom und Monty treffen immer einmal wieder aufeinander, ihre Leben sind auf gewisse Weise miteinander verbunden, nämlich durch die Wette, die Monty als Politiker letztlich sogar etwas mehr trifft als Tom. Dazwischen findet für beide das normale Leben statt, das der Roman oft nur in Zusammenfassungen erzählt, was aber im Kontext vollkommen ausreicht. Das „normale Leben“ beider ist zwar wichtig, aber das wahre Thema des Romans ist die Wette. Eine Wette, die sich mit dem Thema „Klimawandel“ befasst, Monty ist ein bekannter Klimaleugner, Tom setzt sich dafür ein, dem entgegenzusteuern. So findet man ihn schon bald in Grönland, wo er u. a. das Schmelzen der Gletscher untersucht.

Tom und Monty sind ganz klar die Protagonisten des Romans, andere Charaktere nur Nebenfiguren, die aber trotzdem auch wichtige Rollen haben. Ein paar kennt man übrigens bereits aus dem „Wal“, was mir gut gefällt. Trotz der Zeitsprünge kann man die beiden gut greifen, sie sind nicht nur die Vertreter zweier gegensätzlicher Denkweisen, sondern durchaus mehr. Und teilweise machen sie ganz schön miteinander durch, vor allem in der zweiten Hälfte wird es ziemlich spannend, nicht nur, wenn der Eisbär – endlich – auftaucht.

John Ironmonger hat sich wieder eines aktuellen Themas angenommen, und bleibt seinem besonderen Erzählstil auch hier treu, er erzählt mit viel Herz und einer schönen Sprache, sehr fesselnd, sehr eindringlich und sehr treffend. Der Roman steckt voller Emotionen, vermittelt zudem, gut verpackt, einiges an Wissen und lässt einen schwer wieder los. Ich hoffe sehr, dass ihn sehr viele Menschen lesen, und erkennen, wie wichtig das Thema ist. Für mich ist der Autor spätestens jetzt zu einem meiner Lieblingsautoren geworden, dessen Romane ich unbedingt lesen muss.

Nach dem „Wal“ nimmt sich auch der „Eisbär“ eines aktuellen Themas an, das der Autor wieder mit viel Wissen, Emotionen und einer interessanten Geschichte verpackt. Auch hier wird man zum Nachdenken angeregt, so dass ich auch diesem Roman viele Leser:innen wünsche, weswegen ich ihn unbedingt empfehle.

Bewertung vom 07.06.2023
City of Dreams / City on Fire Bd.2
Winslow, Don

City of Dreams / City on Fire Bd.2


ausgezeichnet

1988: Danny Murphy ist mit seiner Mannschaft und Familie auf der Flucht, taucht in Kalifornien unter, versucht sich dort ein neues Leben aufzubauen, und gleichzeitig unter dem Radar zu bleiben, denn einige sind hinter ihm her.

Der zweite Band um die beiden Mafia-Familien aus Providence setzt direkt am Vorgängerband an, und erzählt wieder aus verschiedenen Perspektiven die Schicksale verschiedener Menschen, und auch dieses Mal wird man sich von dem einen oder anderen verabschieden müssen. Auch Danny kommt nicht ohne Schicksalsschläge davon

Dan Winslow hat einen sehr süffigen Erzählstil, und kann dadurch seine Leserschaft sofort packen, sowie ihr auch Charaktere sympathisch machen, die das eigentlich nicht unbedingt verdienen. Der Hauptcharakter auch in diesem Band ist Danny, und Danny ist Mafioso, hat Menschen bedroht, verletzt und getötet – und dennoch mag ich ihn, fühle mit und um ihn. Dan Winslow zeichnet ihn vor allem als Mensch, ein Mensch, der seiner Ehefrau treu war, und nun, nach ihrem Tod, um sie trauert, der sich um seinen Sohn kümmert und ihm ein guter Vater sein will, der loyal ist und Verantwortung für seine Männer trägt, und sich viele Gedanken macht, auch, ob seine Handlungen richtig sind – aber auch Fehler macht. Man kommt ihm auf diese Weise sehr nahe.

Aber auch die anderen Charaktere weiß der Autor tiefgehend zu zeichnen, sie zu echten Menschen zu machen, auch wenn sie fast alle aus einem zweifelhaften Milieu kommen, und auch diejenigen, die eigentlich auf der „guten“ Seite stehen, nicht immer ehrenhaft sind. Den meisten würde man im wahren Leben lieber nicht begegnen. Keiner davon kommt einem allerdings so nahe wie Danny, was auch gut ist.

Die Geschichte hat es in sich, da gibt es einige Szenen, die man nicht erwartet hat, und einiges, was klar scheint, läuft dann doch ganz anders. Das ist spannend, und macht den Roman zum Pageturner.

Auch der Settingwechsel ist gelungen, in Kalifornien, wie kann es anders sein, kommt die Filmwelt mit ins Spiel. Daneben spielt auch Las Vegas eine Rolle, wo Dannys Mutter lebt, die natürlich auch wieder dabei ist. Aber auch Providence bleibt weiterhin Schauplatz, denn auch die Morettis sind weiter mit im Spiel, und auch ihre Geschichte wird weiter erzählt.

Der mittlere Band der Trilogie um Danny Murphy, dessen Leben sich ungewollt auf den Kopf stellt, steht dem ersten Band nicht nach, gefällt mir sogar ein bisschen besser, packt von Anfang an und bringt einen gelungenen Settingwechsel mit. Ich empfehle dringend zuerst Band 1 zu lesen.

Bewertung vom 03.06.2023
Der Siegelarmreif
Hagen, Marlene von

Der Siegelarmreif


sehr gut

Tristorien verleibt sich immer mehr Länder ein und blutet sie aus. Doch es gibt auch Widerstand, und so macht sich eine Gruppe Verbündeter auf den Weg, den Erben des Siegelarmbandes zu finden, der sich erfolgreich gegen Tristorien stellen könnte.

Ganz unterschiedliche Charaktere kommen hier zusammen, darunter ein Heiler, eine Bogenschützin, die von einem Einhorn begleitet wird, ein Prinz, manche von ihnen mit besonderen Fähigkeiten. Nicht jeder schließt sich zunächst freiwillig an, doch letztlich halten alle zusammen, immerhin geht es gegen einen gemeinsamen Feind.

Sowohl die sieben Protagonist:innen als auch die beiden Antagonist:innen erhalten ihre eigenen Perspektiven, wodurch man sie besser kennenlernt und mehr über ihre Hinter- und Beweggründe erfährt. Manches wird aber noch nur angedeutet, wie etwa die Herkunft Norells, der sich der Gruppe auf Grund eines Orakelspruches angeschlossen hat.

Die Charaktere sind durchweg gut gezeichnet, und fast jeder bringt sein eigenes mehr oder weniger großes Geheimnis mit. Im Anhang erklärt die Autorin dass die neun Hauptcharaktere auf den Persönlichkeitstypen des Enneagramms beruhen. Auch wenn das für mich ein Touch zu esoterisch ist, haben mich die Charaktere alle auf ihre Weise berührt. Besonders Nathal, den Heiler, und Alsha die Bogenschützin, die von einem Einhorn begleitet wird, mochte ich schnell. Nur Nashiri, Nathals Schwester, ist mir nicht so nahe gekommen, obwohl sie eine wichtige Rolle einnimmt. Möglicherweise wird sich das in den beiden Folgebänden noch ändern.

Auch die Antagonistenseite ist gut besetzt, wobei sich vor allem Idoria, die Prinzessin von Tristorien, hervortut, die nicht nur böse, sondern regelrecht gruselig ist. Auf die Entwicklung ihres Generals Kreyn im weiteren Verlauf bin ich schon gespannt.

Die Welt, die Marlene von Hagen erschaffen hat, gefällt mir ebenfalls gut, es gibt manches magische, nicht nur Wesen wie das Einhorn, auch Fähigkeiten wie die Nathals, der mehr als ein „normaler“ Heiler ist. Insgesamt wirkt es wie aus einem Guss, auch hier kann man gespannt sein, was man noch erfahren wird.

Erzählt wird bildhaft, flüssig und spannend, so dass man den Roman kaum aus der Hand legen mag. Mein Kopfkino bekam viel zu tun. Der Roman endet – bis auf eine Sache – ohne allzu schlimmen Cliffhanger, doch die Weichen für den nächsten Band sind schon gestellt, ich bin gespannt darauf.

Der Auftaktband der Trilogie macht Lust auf mehr, bietet interessante Charaktere, eine gut durchdachte Welt und eine spannende Geschichte. Sehr gerne empfehle ich ihn weiter.

Bewertung vom 01.06.2023
The Atlas Paradox / Atlas Serie Bd.2
Blake, Olivie

The Atlas Paradox / Atlas Serie Bd.2


ausgezeichnet

Im zweiten Jahr müssen die Auserwählten der Alexandrinischen Gesellschaft sich eigenen Forschungsprojekten widmen, während Libby Rhodes immer noch verschwunden ist.

Der zweite Band knüpft direkt am ersten an. Im Gegensatz zu den anderen Auserwählten weiß man als Leser:in nicht nur wer hinter Libbys Verschwinden steckt, sondern auch, wo sie ist. Letzteres muss auch Libby selbst erst noch herausfinden. Besonders Nico ist die Antwort auf Libbys Verbleib wichtig, so dass auch sein Freund Gideon, der nicht nur ein besonders Talent hat, sondern auch selbst besonders ist, seine Fähigkeiten zur Suche nutzt. Auch wenn Gideon hier mehr Raum erhält, bleiben in Bezug auf ihn immer noch viele Fragen offen, die hoffentlich zum Ende der Trilogie geklärt sind.

Wie gehabt, wird die Geschichte aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonist:innen erzählt, wobei ich es immer wieder interessant finde, was man aus den jeweiligen Perspektiven erfährt. In diesem Band ist besonders die Sicht Libbys interessant, denn als Leser:in erfährt man weiterhin mehr als die Charaktere über das, was mit ihr geschieht. Auch auf Dalton Ellery bezogen gibt es interessante neue Erkenntnisse, und ein bisschen mehr erfährt man auch über die Gegner der Alexandriner, aber auch hier bleibt noch viel offen.

Der erste Band hat bei mir vor allem durch die interessante Welt, die sehr verschiedenen Charaktere und den gelungenen Erzählstil gepunktet. Im zweiten Band gibt es in dieser Hinsicht naturgemäß wenig Neues, weswegen er mich nicht ganz so packen konnte – allerdings hat auch er viel Interessantes zu bieten, und vor allem, dass Gideon mehr Raum erhält, hat mir sehr gut gefallen. Und wer Band 1 spannend fand, wird dies auch diesem Band zuerkennen.

Am Ende haben die Auserwählten das Herrenhaus der Alexandrinischen Gesellschaft verlassen, und müssen sich nun auf viele Feinde und Gefahren einstellen, man darf auf den nächsten Band gespannt sein, der zudem das Finale der Trilogie ist. Ich hoffe sehr, dass dann alle meine Fragen beantwortet werden.

Der mittlere Band der Atlas-Trilogie konnte mich wieder überzeugen, ich hatte spannende und interessante Lesestunden und bin nun sehr gespannt darauf, wie es enden wird. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wo nötig, aufrunde.

Bewertung vom 31.05.2023
Buch der Entscheidung (eBook, ePUB)
Huber, Patrick

Buch der Entscheidung (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Sohn des Zwergenkönigs wird von Elfen entführt, Borengar erhält denn Auftrag eine Truppe zusammenzustellen und den Prinzen zu befreien.

Band 20 der Kurzgeschichtenreihe hat mich schon alleine deshalb entzückt, weil fast alle bisherigen Protagonist:innen (nämlich jede:r Zwerg, dem bisher ein „Buch“ - manchmal auch mehrere – gewidmet war) eine Rolle spielen, ja, auch Ivar! Patrick Huber gönnt zudem jedem seine eigene Perspektive, wodurch die Geschichte zunächst etwas zerrissen wirkt, was diesen Band aber auch besonders macht, vor allem, da man private Szenen zu lesen bekommt, wie etwa Kalins Wiedersehensfreude, weil sein Freund Waräger von seinem Abenteuer zurück ist, oder Hrolf und Ida als kleine Familie mit ihrer Tochter. So werden sie noch ein wenig nahbarer und man „darf“ noch ein bisschen mehr um sie bangen.

Leider bangt man zurecht, nicht alle kommen heil wieder. Überhaupt hat sich am Ende das Leben der Zwerge, und nicht nur ihres, stark verändert. Die Kurzgeschichtenreihe ist aber noch nicht zu Ende, und so kann man weiter gespannt sein.

Band 20 ist ein Höhepunkt der Kurzgeschichtenreihe, der fast alle bisherigen Protagonist:innen zurück- und zusammenbringt und nicht nur die Zwerge neue Wege einschlagen lässt. Weiterhin kann ich diese Reihe sehr empfehlen.

Bewertung vom 27.05.2023
Tochter einer leuchtenden Stadt
Suman, Defne

Tochter einer leuchtenden Stadt


sehr gut

Im September 1905 wird in Smyrna ein Mädchen geboren. Dieser Roman erzählt ihre nicht alltägliche Geschichte – und lässt das Smyrna jener Zeit lebendig werden.

Smyrna ist 1905 ein bunter, kosmopolitischer Ort, deren „Untergang“ mit dem Weltkrieg beginnt. Als Leser:in trifft man im Roman viele unterschiedliche Charaktere, die verschiedenen Kulturkreisen angehören, so dass es auch eine ganze Reihe Perspektivewechsel gibt, nur eine davon, lange namenlos, ist in Ich-Form geschrieben. Wie die Perspektiven letztlich zusammenhängen, lässt sich recht früh erahnen, wird aber erst nach und nach gewiss.

Die Autorin erzählt atmosphärisch, poetisch und bildhaft, und hat mir die verschiedenen Charaktere schnell nahegebracht, auch wenn mir natürlich nicht alle gleich sympathisch waren. Besonders gegen Ende wird sehr eindringlich und bedrückend erzählt, und macht den Verlust auch für die/den Leser:in spürbar.

Anspruchsvoll wird der Roman auch dadurch, dass es nicht nur Perspektivewechsel, sondern auch Zeitsprünge gibt, und diese nicht chronologisch sind. Das Hin und Her der Zeiten fordert ein aufmerksames Lesen, ist in meinen Augen aber nicht unpassend. Mir persönlich hat es jedenfalls das Lesevergnügen nicht vermiest und auch meinen Lesefluss nicht gestört.

Sehr interessant ist auch der historische Hintergrund, der mir nur marginal bekannt war und mich daher auch immer wieder zum Googeln gebracht hat. Ein Personenverzeichnis und ein Glossar am Ende machen die Geschichte für manche sicher etwas zugänglicher.

„Tochter einer leuchtenden Stadt“ ist ein atmosphärischer, aber auch anspruchsvoller Roman, der berührt und nachhallen wird.

Bewertung vom 20.05.2023
Zwerg und Überzwerg / Die große Erzferkelprophezeiung Bd.1
Aster, Christian von

Zwerg und Überzwerg / Die große Erzferkelprophezeiung Bd.1


ausgezeichnet

Im Ehernen Imperium herrscht Aufruhr, die Erdferkelprophezeihund, die das Ende von allem, jedem und dem Rest vorhersagt, scheint in Erfüllung zu gehen. Was für ein Glück, dass es den Schicksalszwerg gibt …

Mein erster Roman des Autors, und ich habe mich köstlich amüsiert, als großer Fan Terry Pratchetts habe ich tatsächlich Ähnlichkeiten festgestellt, nicht nur wegen der Fußnoten, sondern auch wegen des Humors (auch dem der Fußnoten). Band 2 ist bereits geordert.

Die Zwerge Christian von Asters sind ein bisschen anders, als man sie üblicherweise kennt, sie schlüpfen zum Beispiel aus Eiern, und, weil bereits vor Jahrhunderten alle Zwergenfrauen gestorben sind, ist der Nachschub begrenzt. Gut, dass so ein Zwerg viele Jahrhunderte leben kann, gut konserviert mit Alkohol, obwohl natürlich gewisse Streitigkeiten auch schon einmal Opfer fordern. Doch der Verwalter sowie der Hohepriester sorgen im Allgemeinen schon gut dafür, dass das Leben im Ehernen Reich seinen normalen Gang geht.

Doch nun ist es, wie schon gesagt, nicht mehr so ruhig, und die beiden müssen sich etwas einfallen lassen. Was sie dann auch tun.

Einige Zwerge, nicht nur die beiden bereits genannten, lernt man ganz gut kennen. Ich hatte schnell ein paar, die ich besonders mochte, so dass ich ihre Abenteuer gespannt verfolgt habe. Der Hohepriester hat übrigens so viele Titel, dass das Rezitieren aller zwei Tage dauert. Der Autor lässt uns natürlich einige davon wissen. Von Anfang an hatte ich auch einen bestimmten Verdacht, der sich aber nicht erfüllt hat, schade eigentlich, aber die Romanversion ist auch okay.

Gut gefällt mir die Welt, die der Autor sich ausgedacht hat, sie ist stimmig, und man kann sie sich gut vorstellen, auch, weil Christian von Aster sehr bildhaft erzählt. Dieser Roman könnte auch für sich alleine stehen, aber es sind schon ein paar Fährten gelegt und die Welt noch ausbaufähig, so dass ich gespannt bin auf die weiteren Bände der Trilogie.

Ich habe mich sehr amüsiert, mochte die Welt und die Charaktere und freue mich auf weitere Bände des Autors. Wer Terry Pratchett mag, könnte sich hier wohlfühlen.

Bewertung vom 17.05.2023
Babel
Kuang, R. F.

Babel


ausgezeichnet

In England wird magisches Silber vielfältig eingesetzt. Die Magie entsteht durch die Kombination des Silbers mit verschiedenen Sprachen. Vielfältige Sprachen sind daher sehr wichtig, in Oxford gibt es eine eigene Fakultät dafür: Im Turm „Babel“ werden Übersetzer und Silberwerker ausgebildet.

Robin Swift stammt aus China und gehört 1836 zum neuen Jahrgang in Babel. Als kleiner Junge wurde er von Professor Lovell nach England geholt, der, selbst Dozent in Babel, ihm eine Ausbildung und schließlich das Studium ermöglichte. Nur wenige Studenten sprechen so gut Chinesisch, dass sie für das Silberwerken geeignet sind – Robin aber schon.

Mehr will ich zur Geschichte gar nicht sagen, Hauptthema, man kann es sich denken, ist Sprache bzw. Linguistik (der Turm heißt nicht ohne Grund „Babel“), also u. a. Entwicklung von Sprache, Probleme des Übertragens eines Textes in einen anderen, Abstammung von Wörtern und vieles mehr. Dies findet sich auch sehr ausführlich im Roman wieder, oft auch in Fußnoten. Ich fand es beim Lesen sehr interessant, auch die Fußnoten hatten zum großen Teil für mich einen Mehrwert.

Nicht nur Robin, auch einige seiner Mitstudenten, die nicht aus England stammen, bekommen es zudem mit Problemen zu tun, die die englischen Studenten, so lange sie männlich sind, nicht haben. (Alltags)Rassismus, Kolonialismus, der Umgang mit Frauen und der Arbeiterbevölkerung, Ausbeutung und Diskriminierung sind daher ebenfalls große Themen in diesem Roman. Vieles basiert dabei auf realen Ereignissen, wie z. B. den Opiumkriegen oder auch der industriellen Revolution, hier eben nur leicht verändert durch die Prämisse des magischen Silbers.

In meinen Augen ist der Roman daher ein Genremix aus historischem Roman und Phantastik. Das magische Silber steckt zwar nahezu überall drin, Magie selbst ist jedoch als Thema eher nebensächlich, wie das magische Silber selbstverständlich da, aber eher als magischer Background.

R. F. Kuang kannte ich bisher noch nicht, doch ganz sicher werde ich mich nach weiteren Romanen von ihr umsehen. „Babel“ ist eine anspruchsvolle Lektüre, manchmal etwas langatmig, doch nie langweilig – zwischendurch hat zwar meine anfänglich hohe Begeisterung etwas nachgelassen, war am Ende aber wieder komplett da.

Robin kam mir als Charakter sehr nahe, auch andere Charaktere lernt man recht gut kennen, viele haben mich emotional berührt. Auch wenn der Roman vor 200 Jahren spielt, manches ist durchaus noch aktuell, so dass man auch zum Nachdenken angeregt wird. Vor allem das Ende hat es in sich, für mich passt es aber gut. Es bietet zwar die Möglichkeit eines Folgebandes, kann aber auch für sich stehen.

„Babel“ ist ein anspruchsvoller Roman, ein Genremix aus historischen und phantastischen Elementen, auf den man sich einlassen sollte. Mich hat er begeistert und berührt, er ist interessant und hallt nach. Die Autorin werde ich mir merken.

Bewertung vom 11.05.2023
KoboldKroniken. Mission Glühelfe
Bleckmann, Daniel

KoboldKroniken. Mission Glühelfe


ausgezeichnet

Claudia-mit-C ist, nach dem sie sich von Dario und Rumpel getrennt hat, alleine in der Koboldstadt unterwegs. Dieses „Kwest-Abenteuer“ erzählt ihre Geschichte in Form eines Escape-Adventure-Survival-Rätselbuches.

Der/die Leser:in begleitet Clara-mit-C auf ihrem Abenteuer, das regelmäßig Entscheidungen fordert, diese trifft der/die Leser:in, führt das Abenteuer so auf eigene Weise fort, und kann sich, je nachdem ob die Entscheidung gut oder weniger gut war, Heldenpunkte gutschreiben. Man kann auf diese Weise das Abenteuer mehrmals auf unterschiedliche Weise erleben, und sollte man einmal nicht weiter kommen, erhält man am Ende des Buches natürlich auch Lösungen.

Die Geschichte basiert auf „Koboldkroniken 1: Sie sind unter uns“, das kein Kwest-Abenteuer wie hier ist, sondern eine fortlaufende Geschichte, die man nicht unbedingt vorher gelesen haben muss, aber schöner wäre es schon. „Mission Glühelfe“ wird ebenfalls im Nachhinein von Dario geschrieben und illustriert. Beide Bücher machen nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen Spaß, man kann sie gut gemeinsam lesen. Die Rätsel sind teilweise recht herausfordernd, da muss auch schon mal nachdenken, sich Bilder richtig anschauen oder sich in einem Labyrinth zurechtfinden. Humor gibt es natürlich auch wieder reichlich.

Mir gefällt gut, dass Daniel Bleckmann, der die Texte, und Thomas Hussung, der die Illustrationen beisteuert, sich verschiedene Dinge ausgedacht haben, um ihr Kobolduniversum zu beleben, da gibt es z. B. eine eigene App, verschiedene Buchformen oder auch ein Kartenspiel. Alles steht für sich allein, jedes macht das Universum aber auch etwas runder.

Ich mag es, wenn Kinder und Erwachsene gemeinsam Spaß haben können. Das ist hier ganz sicher der Fall, so dass ich wieder volle Punktzahl vergebe und eine Empfehlung ausspreche.