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Benutzername: 
marakkaram
Wohnort: 
Lingen

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 04.04.2019
Die schwarze Frau
St. James, Simone

Die schwarze Frau


ausgezeichnet

!Während sie auf die Worte schaute, überkam Katie ein mulmiges Gefühl, ein kurzer Impuls der Angst, den sie vor den anderen verbergen wollte. Jeder wusste von Mary Hand, aber irgendwie wurde sie durch diese gekritzelten Buchstaben realer.!

1950: Jedes Internat hat seine Legende, da bildet auch das abgelegene Idlewild Hall keine Ausnahme. Man erzählt sich, dass hier Mary Hand, die schwarze Frau umgeht.... Katie, Roberta, Cece und Sonia teilen sich ein Zimmer und sind beste Freundinnen. Sie stehen einander bei, denn während die meisten von ihnen einfach nur von den Eltern abgeschoben wurden, verbirgt die introvertierte Sonia ein düsteres Geheimnis.

2014: Es ist wie ein innerer Zwang. Immer wieder zieht es die Journalistin Fiona zum verfallenen Internat, auf dessen Grundstück vor 20 Jahren ihre ermordete Schwester gefunden wurde. Der Mörder ist längst verurteilt und doch gibt es eine Menge offene Fragen. Nachdem das Gebäude Jahrzehnte leer gestanden hat, beginnen plötzlich Renovierungsarbeiten. Scheinbar will jemand Idlewild Hall wieder instand setzen. Fiona sieht ihre Chance gekommen eine Reportage über den Umbau zu schreiben um weitere Nachforschungen anstellen zu können. Da wird plötzlich eine weitere Leiche gefunden....

"Die schwarze Frau" ist düstere, dichte Atmosphäre und Spannung pur.

Eine Schauergeschichte, Legende oder Wahrheit, bildet den perfekten Hintergrund für das wahre Grauen, die Monster in Menschengestalt.
Es ist kein blutiger Krimi, kein nervenzerreißender Thrill, es ist eine sehr leise Geschichte und dafür umso verstörender.
Je näher man dem Ende kommt, je mehr ans Licht kommt, desto stärker kriecht einem das Grauen den Rücken hinauf.

Simone St. James versteht es ganz geschickt, die Legende um Mary Hand, in beide Zeitebenen einzuweben und schafft damit eine einmalig dichte und düstere Atmosphäre für die tatsächliche Geschichte.

Mich hat das Buch sehr bewegt. Die Kapitel erzählen abwechselnd aus der Sicht der vier Mädels um 1950 und Fionas in der Gegenwart. Das macht es sehr spannend. Denn sowohl die Vergangenheit wie auch das hier und jetzt entwickeln eine verstörende, fast schon hypnotische Sogwirkung, der man sich nicht mehr entziehen kann. Man liest Seite um Seite und dann erwischt einen Sonias Schicksal eiskalt.

Fazit: "Die schwarze Frau" ist mein absolutes Lesehighlight 2019 und zählt zu meinen Lieblingsbüchern. Solche atmosphärisch dicht erzählten Geschichten sind selten.
Ich hätte am Liebsten sofort das nächste Buch von Simone St. James gelesen, doch leider ist noch kein weiterer ihrer vielen Romane übersetzt. Doch ich hoffe, sehr bald mehr von ihr lesen zu können.

Bewertung vom 02.04.2019
Die Wildrosentöchter
Cebeni, Valentina

Die Wildrosentöchter


ausgezeichnet

>> Die Erinnerung konnte ein perfider Feind sein, der einen von hinten überfiel, sich in die Stille des Schmerzes schlich und ihn verstärkte, wenn man am empfindlichsten war, dachte ich. >>

Ein Jahr ist es jetzt her, seit ihr Mann verstorben und sie und ihre kleine Tochter Aurelia zurückgelassen hat. Cassandra glaubt diesen Verlust nie überwinden zu können, denn Lorenzo war ihre große Liebe. Dennoch beginnt sie langsam nach vorn zu schauen, schon allein für Aurelia. Als Erstes versucht sie den uralten Weinstock und die Rose, die Lorenzo sehr viel bedeutet haben, wiederzubeleben. Und stösst dabei auf eine vergrabene Box mit alten Flucht-Unterlagen und einem Liebesbrief aus dem Jahr 1944. Aber wer war diese junge Frau und was ist damals geschehen....

Wow, Valentina Cebeni hat eine unheimlich emotionale Art ihre Geschichte zu erzählen, die irgendwie ganz tief unter die Haut kriecht, ohne das man es mitbekommt und dabei so völlig authentisch bleibt. Da mag gleich jeder kitschig denken, aber weit gefehlt, absolut kitschfrei.

Cassandra, Enea und Aurelia sind toll ausgearbeitete Charaktere. Sympathisch, sehr menschlich, mit Macken und mal schlechter Laune, schlichtweg aus dem Leben gegriffen und keine Stereotypen. Man hat Zugang zu ihnen, kann ihr Denken und ihre Handlungen nachvollziehen. Und man sieht, wie grade Cassandra und ihre Tochter sich weiterentwickeln und zwar in einem sehr realistischen Maße. Das hat mir gut gefallen. Auch die Nebenfiguren, hier nicht immer alle sympathisch, sind klasse und glaubwürdig

Der Roman bleibt komplett auf einer Zeitebene und ist in Ich-Form geschrieben. Es geht zwar auch um Anita und Hendriks Geschichte, doch die wird durch Cassandra (und Enea) aufgedeckt und erzählt.
Und das in einem Schreibstil, der nicht nur emotional, sondern auch unheimlich lebendig und bildhaft ist. Valentina Cebeni hat einen traumhaften Schauplatz gewählt und zieht den Leser buchstäblich hinein in die Toskana, auf das malerische Weingut und tief in die Gewölbe... Man kann die Frostfeuer riechen und die Verzweiflung spüren. Es geht um Geheimnisse der Vergangenheit, Liebe, Hass, Verlust, Vergebung und Neubeginn.

Fazit: Mich haben die Wildrosentöchter begeistert. Ein wunderschöner Familienroman, der einen in die Toskanischen Weinberge entführt.
Mein Lesehighlight und ganz klare Leseempfehlung!
"Das Blütenmädchen" von Valentina Cebeni liegt schon bereit und wartet nur darauf genauso verschlungen zu werden.

>> Es sind die kleinen Dinge, die Gewohnheiten, die einem absurderweise am Meisten fehlen. >>

Bewertung vom 02.04.2019
Vom Himmel zum Meer
Marcks, Lisa

Vom Himmel zum Meer


gut

>> Mit einem Seufzer blickte Agnes zum Herd, der mit seinen zwei Kochstellen eher kärglich war. Wie sie damit dreizehn Menschen bekochen sollte, war ihr noch schleierhaft. Aber bis heute Mittag würde ihr schon etwas einfallen, irgendeine Idee war bisher schließlich immer aus ihrem Kopf gepurzelt. >>

Kochen und Backen, das sind die großen Leidenschaften von Agnes, die mit 5 Jahren in dem Waisenhaus von Pfarrer Wieland, in Straßburg ein neues Zuhause gefunden hat. Doch nun ist sie volljährig und tritt ihren Job als Gesellschafterin einer Pfarrerswitwe in Hamburg an. Tilly Bevenkamp arbeitet in einem Waisenhaus und so fällt Agnes der Abschied aus Straßburg nicht ganz allzu schwer. Aber Tilly scheint sie gar nicht zu erwarten und ist nicht nur wenig begeistert von ihrem Auftauchen, sie ignoriert Agnes vollständig. Doch dann bricht die Cholera in der Stadt aus und sie flüchten mit einem Großteil der Kinder an die Ostsee, wo Tilly´s Elternhaus, eine kleine Kate an der Küste, steht.

Kochen, Backen, ein altes Herrenhaus an der Ostseeküste und das alles in der Zeit um 1892... Traumzutaten! Ich habe mich unheimlich auf den Roman von Lisa Marcks gefreut. Doch so ganz konnte er meine Erwartungen nicht erfüllen - es wurde vieles nur oberflächlich abgehandelt und hatte dadurch wenig Tiefgang.

Das Hauptthema, das sich durch das Buch zieht, ist "starke, unabhängige Frauen", das hat mir sehr gefallen, nur die Umsetzung fand ich oftmals weniger gelungen. Mir fehlte die tiefere Auseinandersetzung mit der Thematik. Tilly ist traumatisiert, Agnes baut sich als Strandverkäuferin eine Grundlage auf; quasi aus dem Nichts, in einer klitzekleinen alten Kate und 11 Kindern, die auch versorgt werden wollen. Das lief mir, wie alles weitere, viel zu smooth. Es war alles vorhanden, von Gewürzen bis hin zum Nähgarn, niemand litt je Hunger, es wurde sogar noch ständig gereist - selbst ein Waisenhaus incl. Kinder, was ich mir in der Zeit schwerlich vorstellen kann und dann noch just for fun....
Ja, es sind Kleinigkeiten, aber sie haben sich summiert und irgendwann hat es mich dann einfach gestört. Vieles war schlicht zu konstruiert.

Auch gab es wenige Gespräche zwischen Agnes und Tilly oder tiefergehende Gedankengänge von Agnes, so dass ich emotional die meiste Zeit gefühlt außen vor blieb.
Die Nebencharaktere waren großartig, die teils verschrobene Dorfgemeinschaft, die durch dick und dünn geht, Agnes Verhandlungspartner auf dem Lübecker Markt... alles Charakterköpfe. Das sind die Hauptprotagonisten auch, nur fehlte mir da die Tiefe, die ein Nebenprota nicht unbedingt braucht.

Die Geschichte an sich gefällt und auch der Schreibstil von Lisa Marcks; sehr bildhaft und lebendig. Man hatte Agnes Backverführungen direkt in der Nase und es lief mir so manches Mal das Wasser im Mund zusammen. Schade, dass es keine Rezepte im Anhang gibt.

Fazit: Ein netter Roman über starke Frauen, die ihren Weg gehen - der aber durch seine Oberflächlichkeit recht durchschnittlich bleibt und mir deswegen auch wohl nicht sehr lange im Gedächtnis.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.04.2019
Kalte See / Theo Krumme Bd.5
Berg, Hendrik

Kalte See / Theo Krumme Bd.5


ausgezeichnet

>>Fernes Meeresrauschen. Die warme, nach Salz schmeckende Luft. Kinderlachen. Musik. In einer Nachbarwohnung spielte jemand Gitarre. Alles wirkte so friedlich, und doch.... >>

Auf der Insel Föhr wird eine Frauenleiche in den Dünen gefunden, daneben eine schwer verletzte Urlauberin, die seitdem im Koma liegt. Es ist nicht nur Hochsaison, sondern es steht auch das große Inselfest "Föhr on Fire" vor der Tür. Deswegen werden Krumme und seine Kollegin als Verstärkung vom Festland angefordert, um den Mörder schnell und vor allem diskret dingfest zu machen. Doch schon bald gibt es noch ein Problem, der Täter scheint ein Serienmörder zu sein. Die Zeit rennt und die einzige Zeugin ist nicht vernehmungsfähig....

"Kalte See" ist bereits der fünfte Fall, in dem Nordsee-Kommissar Krumme ermittelt. Für mich war es der Erste, aber da jeder Band in sich abgeschlossen ist und man alle Privat-Infos an die Hand bekommt, geht das problemlos.

Ich weiß gar nicht, wieso diese Serie bislang an mir vorbeigegangen ist! Hendrik Berg hat mich mit seinem leicht grummeligen, gebürtigen Berliner Kommissar, der das Herz am rechten Fleck und einen großartigen Humor hat, absolut begeistert. Die Mischung aus privatem Stress und Mordermittlungen ist sehr gelungen, d.h. letzteres überwiegt und privates bildet die sehr unterhaltsame Rahmenhandlung.

Trotzdem beziehen sich die Kapitel nicht allein auf Krumme, es gibt abwechselnd auch immer wieder Kapitel aus Sicht des Mörders. So erfährt der Leser stückchenweise ein bisschen mehr von ihm und bekommt tiefe Einblicke in seine kranke Seele. Verlieren die Ermittlungen dadurch an Spannung? Keineswegs, eher im Gegenteil, diese Kapitel faszinieren und ich habe mich bis zum Schluss gefragt, wie es gelingt ihn zu stellen. Und das hat Hendrik Berg sehr intelligent und gänzlich bodenständig gelöst.

Aber es gibt sie, diese kleinen mystischen Elemente, die durch eine Person, die sich -glaub ich- durch alle Bände zieht, immer wieder einfließen. Es ist nicht viel und auch nicht störend, wenn man sowas nicht mag, aber für mich war es ein kleines Highlight. Mir gefällt`s und es passt hervorragend zum Insel- und Nordsee Flair.

Und das fängt Hendrik Berg gekonnt ein. Sein Schreibstil ist unheimlich bildhaft und lebendig und obwohl es ein ganz unblutiger Krimi ist, der ohne explizite Gewaltorgien auskommt, baut sich langsam und kontinuierlich ein Spannungsbogen auf, der sich bis zur Schluss hält.

Fazit: Ein starker Nordsee-Krimi mit einem liebenswerten Grummelfussen als Kommissar, tollen Nebenfiguren und ganz viel Insel-Flair. Mich hat es regelrecht gepackt und habe mir sofort den ersten Band "Deichmörder" besorgt. Und ich freue mich schon auf viele weitere Wiedersehen mit Krumme!

Absolute Leseempfehlung für alle, die Nord- und Ostsee Krimis lieben!

Bewertung vom 31.03.2019
Eine Samtpfote zum Verlieben / Samtpfoten Bd.1
Metz, Melinda

Eine Samtpfote zum Verlieben / Samtpfoten Bd.1


ausgezeichnet

Ein herrlich romantischer Wohlfühlroman über einen Kater und seine Mission die Menschen in seinem Umfeld zusammenzubringen und glücklich zu machen.

Letzteres ist Melinda Metz mit MacGyver und Co. bei mir vollends gelungen. Ich habe seine Streifzüge und Gedankengänge genossen. Die Autorin lässt ihre Geschichte zwar größtenteils von Jamie erzählen, aber der pfiffige Kater kommt auch immer wieder in kurzen eigenen Kapiteln zu Wort und das ist sehr amüsant - ohne drüber oder kitschig zu sein.

Die Charaktere sind sympathisch und sehr authentisch, Jamie und David sind wie aus dem Leben gegriffen und die Nachbarn herrlich kleinstadtmässig eigenbrötlerisch, neugierig und ein wenig skurril und auch hier erkennt man die Eigenschaften seiner Nächsten (vielleicht etwas überzogen) wieder.

Von diesem Charme lebt der Roman.
Melinda Metz beschreibt Menschen und auch die Umgebung sehr bildhaft und lebendig. Man hat das Gefühl Storybook Court genau zu kennen.
Die romantische Liebesgeschichte hat am Ende mehr Tiefe als erwartet und bleibt trotzdem immer federleicht und sehr unterhaltsam. Die richtig tiefen Emotionen bleiben dadurch zwar aus, aber es muss ja auch nicht immer Drama sein.

Fazit: Ein wunderschöner Roman für ein paar entspannte Lesestunden, der sich leicht liest und dessen Hauptakteur sich auch nicht Katzenliebhabern ins Herz schleichen wird.

Bewertung vom 29.03.2019
Sommer bei Gesomina
Beckerhoff, Florian

Sommer bei Gesomina


ausgezeichnet

"Jona, das Leben geht weiter", sagte sie leise. "Man muss da einmal durch, aber nicht immer wieder, verstehst du?"

Man kennt sich, in der kleinen Berliner Straße, in der Gesomina jetzt seit vier Jahrzehnten wohnt, aber doch eher oberflächlich. Und wenn es nach Gesomina ginge, würde das auch so bleiben. Doch dann kommt Jona, ein Zwölfjähriger, der den Sommer lieber bei seinem ehemaligen Kindermädchen verbringt, als mit seiner vielbeschäftigten Mutter in die USA zu reisen.
Für Gesomina gar keine Frage, sie räumt ihr Schlafzimmer in der kleinen Wohnung, verwöhnt ihn mit italienischen Köstlichkeiten und beginnt ein wenig aus ihrer Kindheit in Mogadischu zu erzählen.
Und Jona; der bringt nicht nur Gesominas Leben durcheinander, alss er anfängt nach ihrem Sohn zu suchen, sondern mit seiner Art neuen Schwung in die komplette Nachbarschaft.

Nach Herrn Haiduk ("Herr Haiduks Laden der Wünsche") konnte ich es kaum erwarten Gesomina kennenzulernen und hatte dementsprechend hohe Erwartungen.

Florian Beckerhoff ist auch hier wieder ein tiefsinniger Großstadt-Wohlfühlroman gelungen, der von seinen tollen Charakteren und den kleinen, besonderen Augenblicken lebt.

Allem voran, Gesomina, die kleine resolute Frau aus Mogadischu, die ihr großes, vernarbtes Herz auf dem rechten Fleck trägt und Jona, der sich mit seiner unheimlich offenen, sympathischen und entspannten Art in alle Herzen schleicht.

Aber Florian Beckerhoff, wäre nicht Florian Beckerhoff, wenn nicht auch in seinen Nebenfiguren sehr viel Authentizität, Humor und Liebe zum Detail stecken würde. Er ist einfach ein Menschenkenner und guter Beobachter.
Jede Person hat ihre Geschichte und wo vorher Lethargie und fast schon Resignation herrschte, kommt langsam aber sicher Bewegung. Nicht die Lösung aller Probleme, aber ein Anfang die Dinge anzugehen. Das macht diesen verregneten Sommer in Berlin so herrlich authentisch.

Ich mag den unverkennbaren, federleichten und sehr warmherzigen Schreibstil einfach, mit dem der Autor seine Geschichten erzählt. Und auch "Sommer bei Gesomina" hat mich wieder gefangengenommen.

Bewertung vom 28.03.2019
Der Wal und das Ende der Welt
Ironmonger, John

Der Wal und das Ende der Welt


gut

>>Als die Helfer am Strand von St. Piran eintrafen, bestand für kurze Zeit die Gefahr, dass die Veranstaltung sich in ein Volksfest verwandeln könnte. Wie durch ein Wunder setzte der Regen aus. Niemand hatte je zuvor einen Wal gesehen - zumindest nicht aus solcher Nähe -, und niemand wusste so recht, was man tun sollte, genaugenommen nicht einmal, was man versuchen sollte zu tun.>>

Alles beginnt damit, dass ein nackter junger Mann an den Strand des abgelegenen Fischerdorfes St. Piran gespült wird und kurz darauf ein Wal strandet. Mit vereinten Kräften schafft die eingeschworene Dorfgemeinschaft den Wal ins Meer zurück. Doch der angespülte Fremde hat eine Mission. Joe kommt aus der City, aus London, wo er einen Kollaps vorhergesehen hat. Ist die Welt noch zu retten?

Wow, was für ein spannendes und hochbrisantes Thema, dem John Ironmonger sich da annimmt. Nach der Leseprobe hatte ich große Erwartungen an das Buch, eine Geschichte, die man so schnell nicht wieder vergisst.

Die Story an sich ist großartig und macht Mut, dass die Menschheit doch nicht so schlecht ist, wie man immer denkt. Auf weniger Seiten hätte sie mich wahrscheinlich vollständig begeistert. Doch John Ironmonger verliert sich ein wenig in seinem Helden Joe und da wird es langatmig. Ich habe mich den kompletten Mittelteil über gefragt, wo wir jetzt hindriften und ob die Länge und Wiederholungen sein müssen.
Denn obwohl St. Piran ein wundervoll idyllischer Schauplatz ist und die Bewohner großartig, leicht skurril und dennoch sehr authentisch angelegt sind, hat mich das leider ein wenig ausgebremst.
Zum Glück hat der Autor einen schönen flüssigen und bildhaften Schreibstil, so dass die Längen zwar recht angenehm zu lesen waren, mich aber emotional verloren haben.

Das Ende ist Geschmackssache. Mir persönlich vielleicht ein wenig too much und zu viel des Pathos. Denn die Aussage, die John Ironmonger dem Leser vermitteln möchte, wäre auch im Kleinen sehr gut rübergekommen. Dennoch ein sehr schönes Ende, das Mut macht unsere Gesellschaft einmal wieder mit anderen Augen zu betrachten.

Fazit: Im Kern eine großartige Geschichte, die man so schnell nicht vergisst. Schade, dass sie sich manchmal ein wenig verliert und dadurch verwässert.

Bewertung vom 25.03.2019
Kaffee mit Käuzchen / Sehnsuchtsorte Bd.6
Jebens, Franziska

Kaffee mit Käuzchen / Sehnsuchtsorte Bd.6


ausgezeichnet

>> Mein Auge schmerzt tierisch, und ich schwöre mir, dass mir das eine Lehre sein wird, die Balance zwischen Tun und Sein in meinem Leben wiederherzustellen.>>

Eigentlich waren Carsten und Franziska ja nur auf der Suche nach einem eigenen Heim. Doch dann verlieben sie sich in ein kleines Forsthäuschen mitten im Wald, ohne fließend Wasser, vernünftigen Stromleitungen und Heizung.
Und das Abenteuer "Traumhaus im Wald" beginnt....

Und an diesem Abenteuer lässt Franziska Jebens uns teilhaben.
Erfrischend offen, ehrlich und auf eine sehr warmherzige Art, beschreibt sie den Weg von der verfallenen fast-Ruine bis zu ihrem Traumhaus.
Aus den geplanten Monaten der Renovierung wurden Jahre; Jahre des Pendelns, des Dauerstaubs und der Besinnung auf Notwendigkeiten. Mit allen Ups and Downs, großer Freude an Teilstücken und zwischendurch aber auch immer mal wieder das Gefühl jetzt endlich fertig werden zu wollen.

Die studierte Modejournalistin gibt tiefe Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt und scheut auch nicht ihre Zweifel zuzugeben.
Und das macht das Buch so interessant. Man bekommt hautnah mit, wie sich die Notwendigkeiten und Nice to haves unterteilen, aber vor allem auch die Veränderung der gesamten Lebenseinstellung.
Vom Städter-Ehepaar, das nicht mal einen Flieder erkennt, zu naturverbundenen Menschen, die das ruhige, abgeschiedene Leben und die Flora und Fauna lieben und zu schätzen wissen, die selbst ein Auge für den kleinsten Käfer haben und die die Natur achten und schützen.

Ein großartiges Buch!
Diese Einladung zum Kaffee mit Käuzchen und einem Ausflug in den Wald kann ich nur jedem empfehlen.

Leider findet man keine Fotos im Buch, aber eine tolle Homepage: www.amfeuerimwald.de, auf der man u.a. einmal die süsse Schmiddie sieht und auch ein Interview mit Franziska Jebens findet.

>>"Schau nach oben", lautet seine Aufforderung. Ich schaue, und ich sehe, und ich staune - und ich schweige. Denn so einen Sternenhimmel habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.>>

Bewertung vom 19.03.2019
Vampirnovelle
Hebben, Frank

Vampirnovelle


sehr gut

>>Das Wohnzimmer, strahlend weiß - eine Abwesenheit von Leben, das nachleuchtet: ein Negativ.>>

Vampirnovelle...? Für eine Novelle, lt. Theodor Storm "die Schwester des Dramas", fand ich sie mit 230 Seiten schon recht lang und auch sonst eher kurzgeschichtig.

Aber auf den Inhalt kommt es ja an....

In einer knappen, dennoch dichten und sehr bildhaften Sprache, führt uns Frank Hebben durch Martins recht unaufgeregtes Leben. Obwohl mit 60 Jahren der Jüngste unter seinen Freunden, weiß er nicht viel mit seiner fast Unsterblichkeit anzufangen. Er lässt sich treiben, versinkt in Melancholie und erst relativ zum Schluss erkennt man, was ihn tief im Inneren immer wieder umtreibt...

Selten ist mir eine Bewertung so schwer gefallen.

Tatsächlich hat mich die Vampirnovelle gut unterhalten.
Sie lebt von ihrer dichten Atmosphäre und einem intensiven, teils tiefsinnigen Schreibstil. Dabei geht es weniger um die Geschichte selber, die ist eher rasch vergessen, es sind kurze Momentaufnahmen innerhalb der Momentaufnahmen, die einen berühren und innehalten lassen. Aber reichen die, um das Ganze zu tragen? Yep, tun sie tatsächlich.

Dennoch habe ich mir die Geschichte, vor allem die Vampire etwas sperriger gewünscht - Martin, Ruth und Johannes leben ein fast schon spiessiges, allzu menschliches Leben. Dafür schießt dann das Ende für mich ein wenig übers Ziel hinaus.

Doch viel mehr als der Schluss hat mich das pseudo-psychologische Nachwort von Karla Schmidt gestört. Sorry, aber nach dem Lesen benötige ich eigentlich niemanden, der meint, mir die tiefere Bedeutung der Figuren näherbringen zu müssen. Und für einen Vampir im byronischen Stil fehlt Martin dann doch noch ein wenig Pathos.

Der Schreibstil und die Denke des Autors machen neugierig auf mehr.