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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1899 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2023
Freundliche junge Damen / rororo Entdeckungen Bd.2
Renault, Mary

Freundliche junge Damen / rororo Entdeckungen Bd.2


sehr gut

Ein Hausboot auf der Themse

Freundliche junge Damen von Mary Renault ist der zweite Band aus der Reihe Entdeckungen und es ist entsprechend alt, schon 1944 geschrieben.
Aber eigentlich liest es sich frisch und amüsant. Keinen Moment denkt man beim Lesen an einen altmodischen Roman.

Die sensible 17jährige Elsie hält den Dauerstreit der Eltern nicht mehr aus und entflieht zum Hausboot der älteren Schwester Leo, die die Familie schon vor Jahren verlassen hatte.
Leo lebt ein freies, eigenständiges Leben als Westernschriftstellerin und in einer langjährigen, aber offenen Beziehung mit Helen.
Elsie ist naiv und schätzt die Situation nicht richtig ein.
Dann kommt auch noch der junge Arzt Peter dazu, in den Elise sich verliebt hat, der aber Interesse für Leo und Helen entwickelt. Das Ganze hat Screwball-Elemente, bis man schließlich nicht mehr weiß, wer mit wem.

Bis zur Mitte dominiert Eliese Perspektive, später ist es mehr die von Leo.
Mary Renault schreibt völlig entspannt und das verleiht dem Buch den Ton.

Bewertung vom 10.09.2023
Hinter der Hecke die Welt
Molinari, Gianna

Hinter der Hecke die Welt


gut

Veränderungen

Es ist ein Buch über Veränderungen, dem möglichen Untergang, dem Verschwinden.
Zentral wird die Geschichte eines Dorfes erzählt, indem eine große, wachsende Hecke steht.
Über diese Hecke gehen verschiedene Mythen, die im Buch aufgeführt werden.
Das Dorf setzt auf den Tourismus, um zu überleben.
Es gibt außer der Hecke auch weitere Merkwürdigkeiten, zum Beispiel, dass die Kinder des Dorfes aufgehört haben zu wachsen.
Zu diesen Kindern gehört Pina, die eine Zuneigung zur Hecke hat.
Dora, die Forscherin in der Antarktis, ist die abwesende Mutter von Pina. Sie sieht die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen.

Die Schweizer Schriftstellerin Gianna Molinari hat einen eigentümlichen Stil, der streckenweise eine ganz eigene Poetik enthält. Einige Passagen sind sprachlich bemerkenswert.
Was das Buch jetzt weniger stark bietet sind ein direkter Spannungsfaden oder hohe Identifikation mit den Figuren. Aber Leser, die anspruchsvolle Literatur suchen, und zu denen zähle ich mich, sind hier richtig.
Dennoch würde ich den Roman als deutlich schwächer als das erste Buch der Autorin einstufen.
Meine Wertung: 6 von 10 Punkte.

Bewertung vom 09.09.2023
Young God (eBook, ePUB)
Faw, Katherine

Young God (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Young God ist kein gewöhnlicher Thriller, wenn es denn überhaupt einer ist.
Das liegt an der sprachlichen Ausführung, die in knapper Form mit kurzen Absätzen gehalten ist. So stehen manchmal nur wenige Sätze auf einer Seite.

Die Mutter der 13 Jahre jungen Nikki ist tödlich verunglückt. Sie macht sich daher auf zu ihrem Vater Coy Hawkins, der gerade erst aus dem Knast gekommen ist. Jetzt hält er sich als Zuhälter über Wasser. Er ist ein kalter, gefährlicher Hund, der mit Brutalität voegeht.
Nikki taucht da in eine dunkle Welt ein, versucht aber, sich zu behaupten. Sie will kein Opfer sein und fängt an, Drogen zu nehmen und auch zu verkaufen.

Manche Sätze erschienen mir manchmal nicht ganz stimmig. Da habe ich die Befürchtung, dass nicht alles ganz einfach zu übersetzen war und im Deutschen vielleicht sprachlich nicht so gut funktioniert.

Für das Buch spricht das enorme erzählerische Tempo, die Dichte und Konzentration des Stils und der einzelnen Abschnitte. Bemerkenswert für einen Debütroman, der offensichtlich sehr gründlich durchgearbeitet wurde.

Bewertung vom 09.09.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


sehr gut

kraftvolle Prosa

Es gibt in der deutschsprachigen Weltliteratur schon einige bedeutende Mütterbücher (Handke, Meckel). Mit Eigentum kommt jetzt ein aktuelles dazu, dass sich durch eine wütende Ironie auszeichnet.
Wolf Haas betractet die 2 letzten Tage sener 95jährigen Mutter, erlebt aber auch das ganze Leben mit ihr mit.
Sein Großvater war Wagnermeister. Ein Beruf, den es heute nicht mehr gibt. Haas bringt mehrfach den Kontrast Vergangenheit und Gegenwart ins Spiel.
Er zeigt verschiedene Lebenszeiten der Mutter, auch gerade die schweren der Kriegs- und Nachkriegszeit und damit ihre geschichte und was sie prägte. Das lässt mich als Leser nicht kalt, ebenso wie die Beziehung zwischen Mutter und Sohn.
Ich denke, das Buch ist besonders für Leser der ungefähren Altersklasse des Autors interessant. Ich jedenfalls habe das Buc stilistisch genossen und würde es nicht gering einschätzen.

Bewertung vom 07.09.2023
Männer töten
Reisinger, Eva

Männer töten


sehr gut

Männer töten. Ein provokanter Titel, aber hier geht es in erster Linie um feministische Anklänge. Der Autorin Eva Reisinger gelingt es, dem Leser nahe an der Protagonistin Anna Maria zu führen. Man versteht ihre emotionale und gedankliche Lage. Sie hatte zuletzt Pech. Ein Fahrradunfall, eine Entlassung und es gab Gewalt, die sie erfuhr.
Dann führt die Autorin die Vision einer matriarchalischen Gemeinschaft in einem Dorf ein. Für Anna Maria vielleicht ein Möglichkeit, sich ihren Erfahrungen entgegenzustellen. Opfer- und Täterschaft können sich auch drehen.
Als Gedankenspiel gut, ob es irgendwohin führt, bleibt offen.
Der Roman ist gut geschrieben und dürfte seine Leserschaft finden und die Nominierung für den Shortlist-Debütpreis es Österreichischen Buchpreises dürfte erfreulicherweise Aufmerksamkeit sichern.

Bewertung vom 07.09.2023
Begabte Bäume (eBook, ePUB)
Hell, Bodo

Begabte Bäume (eBook, ePUB)


sehr gut

eigentümlich-verschmitzt

Ein schön gestaltetes Buch mit 23 Zeichnnungen von Linda Wolfsgruber
Ein Buch über Bäume, das keine weitere Handung im herkömmlichen Sinne benötigt. Und doch ist da viel an Themen versteckt.

Der 80jährige Bodo Hell ist eine Ikone der Avantgarde und ein Sprachkünstler. Und daher sopllte man sich die Texte vorgelesen vorstellen. Dann entfalten sich die oftmals erstaunlichen Details, von denen es viele gibt.
Verschachtelte Sätze gibt es viele. Auch mal ein Gedicht.
Dann kommt auch mal zu den Bäumen etwas hinzu, wie z.B. der Text über Ilse Aichinger.
In vielen Texte blitzt immer wieder ein eigentümlicher Witz auf!

Begabte Bäume ist kein Buch, das man am Stück durchliest. Besser wirkt es in kleinen Portionen. Daher denke ich auch nicht, mit dem Buch schon fertig zu sein.

Bewertung vom 07.09.2023
Sinkende Sterne
Hettche, Thomas

Sinkende Sterne


ausgezeichnet

Ich bin eine Kraft der Vergangenheit

Was im Klappentext beschrieben ist, wird auf leicht poetische und reflektierende Art erzählt.
Der Erzähler reist in  die Schweiz in das Ferienhaus seiner Eltern, das seiner Jugend. Dss erweckt natürlich Erinnerungen. Und sie führen ihn weiter durch Stationen seines Lebens.
Hettches Blick auf die Vergangenheit ist teils wehmütig verklärend, teils bereuend und desilludioniert, doch die Gegenwart ist erschreckend.

Beeindruckend auch die vielen Zitate aus Film und Literatur sowie Philosophie. Dennoch behindert dass das handlungsorientierte.

Es tat gut, mal wieder ein Buch von einem Autor zu lesen, dem die Sprache wichtig ist und die er sorgfältig einsetzt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2023
Baise-moi - Fick mich
Despentes, Virginie

Baise-moi - Fick mich


sehr gut

derb und rasant

Virginie Despentes Baise-moi ist nicht nur aufgrund der gleichnamigen Verfilmung berüchtigt. Das Buch hat eine derbe Sprache, die aber effektiv eingesetzt wird. Hinzu kommen Beschreibungen expliziter Art.
Es entsteht ein hohes Tempo, das durchaus bemerkenswert ist.
Das 1994 erstmals erschienene Buch wollte und sollte provozieren und legte einen Maßstab. Heutzutage vermag das Buch aber nicht mehr so stark zu schockieren, da es seitdem im Zuge einer gesellschaftlichen Verrohung schon viel Vergleichbares gibt.
Virginie Despentes ist inzwischen eine sehr anerkannte Autorin geworden mit einer Reihe erfolgreicher Romane. Eine Empfehlung für Baise-moi möchte ich nicht geben. Vielleicht liest man besser die neueren Bücher. Wer sich aber sehr für Virginie Despentes interessiert, kann auch ihren Debütroman ohne Verluste lesen.

Bewertung vom 07.09.2023
DRAMA
Dabiri, Arad

DRAMA


sehr gut

Ein Drama, welches ich mein Leben nenne
 
Drama heißt der Debütroman des Wiener Schriftstellers Arad Dabiri, der beim Septime-Verlag erschienen ist. Und das Buch befindet sich aktuell auf der Shortlist Debüt 2023 des Österreichischen Buchpreises.
Es ist ein originelles Werk, bei dem der Bewusstseinszustand des Erzählers im Vordergrund steht. Es beginnt mit einem Flug Richtung Wien und seine Nerven liegen blank.

Arad Dabiri schreibt Dialoge, die Wortwitz haben, z.B. die Auseinandersetzung des Protagonisten mit der Stewardess oder später mit einer Psychiologiestudentin. Sonst gibt es auch viele Selbstgespräche des jungen Mannes.
Ihn beherrscht ein Skeptizismus, ein Weltschmerz.Rätselhaftes begleitet das Buch.
Mir persönlich ist der Protagonist fremd geblieben, aber ich habe das Buch dennoch ganz gerne gelesen.

Bewertung vom 04.09.2023
A Haunting in Venice
Christie, Agatha

A Haunting in Venice


gut

Poirot und Mrs.Oliver

Aufgrund der kommenden Verfilmung ist dieser Agatha Christie-Roman, den  ich bisher nicht kannte, wieder veröffentlicht wurden.
Schon zu Beginn trifft man auf eine alte Bekannte: Ariadne Oliver, die Autorin von Kriminalromanen, die sehr gut mit Hercule Poirot bekannt ist.
Ariadne Oliver ist ein ironisches Selbstporträt von Agatha Christie und man spürt, wievielt Spaß es ihr gemacht hat, diese Figur auftreten zu lassen. Ariadne Oliver hat von einem Mord gehört und schaltet Hercule Poirot ein. Der kommende Handlungsablauf ist typisch für Agatha Christies Poirot-Romane. Man sollte auch nicht zu viel erwarten. Das Buch gehört nicht zu Christies großen Romanen. Lesenswert ist es dennoch.

Ich persönlich habe Hercule Poirot den Miss Marple-Romane immer bevorzugt, denn da ist mehr ironischer Humor spürbar.