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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 02.12.2020
Lügenpfad (eBook, ePUB)
Pons, Brigitte

Lügenpfad (eBook, ePUB)


gut

Frank Liebknecht fühlt sich recht wohl in seiner kleiner Polizeiwache in Vielbrunn im Odenwald. Er hat ein Haus gekauft und will sich dort richtig niederlassen. Eher aus Zufall stößt er auf ein Ereignis aus den 80iger. Damals geriet der Ort im Zuge der RAF Fahndung kurz ins Blickfeld der Polizei. Seit dieser Zeit ist auch eine junge Frau spurlos verschwunden. Er hört sich ein wenig bei den älteren Dorfbewohnern um ahnt nicht, welche Lawine er damit lostritt und wie sehr er persönlich betroffen wird.

Schon im Klappentext erfährt man vom geschichtlichen Hintergrund des Krimis. Es war der „Deutsche Herbst“ – die RAF war aktiv und der Odenwald durch die Nähe zum amerikanischen Militär und ganz besonders zu einem Munitionsdepot interessant. Ich lese sehr gerne Kriminalromane, die einen zeitgeschichtlichen Hintergrund haben. Auch hier wechseln sie die Handlungsstränge ab und allmählich werden die damaligen Ereignisse im Ort deutlicher.

Der Erzählstrang der Gegenwart (hier 2013) ist ebenfalls sehr spannend, aber hier merkte ich, dass mir als Einsteigerin in die Serie etwas fehlte. Die Mitarbeiter des nächstgrößeren Kommissariats, die wohl mit Frank schon lange zusammenarbeiten, blieben mir fremd. Wie war die Vorgeschichte zur Freundschaft mit Marcel? Natürlich konnte ich mir einiges zusammenreimen und für den aktuellen Fall war es auch kein Manko, aber trotzdem fiel mir der Einstieg deshalb ein wenig schwer.

Auch brauchte ich einige Zeit bis ich mich mit dem Erzählton der Autorin anfreunden konnte. Viele Andeutungen, viel zwischen den Zeilen und alles ein wenig stockend erzählt, das ergab für mich gefühlte Längen im Text. Da das Thema mich sehr interessierte und auf mich auch einen sehr gut recherchierten Eindruck machte, konnte mich der Krimi im Großen und Ganzen doch überzeugen.

Bewertung vom 30.11.2020
Mission: Weisse Weihnachten
Benz, Andreas

Mission: Weisse Weihnachten


sehr gut

Das Seniorenheim „Abendrot“ ist längst nicht so idyllisch, wie der Name suggeriert. Es ist keine edle Residenz für betuchte Silberköpfe, sondern ein kommunales Haus für Menschen deren Rente nicht ganz so üppig ausfällt.

Hans, Inge, Frida und Luky wollen ihrer todkranken Freundin Maria den letzten Wunsch erfüllen. Noch einmal Weihnachten in den verschneiten Bergen feiern, wie früher, als es noch Familie gab. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht, auch ein Überfall bei einem Juwelier um das nötige Geld zu bekommen.
Natürlich geht alles schief, was schiefgehen kann, aber dafür gelingt etwas viel Wichtigeres: Zusammenhalt und Freundschaft zu zeigen und Maria noch ein wenig Glück schenken.

Diese kleine Geschichte von Andreas Benz hat alles, was in die Weihnachtszeit passt: stille, besinnliche Augenblicke, verschmitztes Schmunzeln und hin und wieder ein befreites Lachen. Ich habe diesen Roman um die „Seniorengang“ mit großes Vergnügen gelesen und beim Schluss – ich gebe es gern zu – auch einige Tränen wegwischen müssen. Aber es ist nicht nur eine Weihnachtsgeschichte der besonderen Art, sondern auch ein Denkanstoß für mich. Sprechen wir alten Menschen nicht zu schnell ihre Mündigkeit ab? Bestimmen ihr Leben mit der Begründung, dass alles nur zur ihrem Wohl ist? Darüber sollten wir uns auch Gedanken machen.

Aber vor allem kann man sich mit dieser warmherzigen und turbulenten Geschichte so richtig wohlfühlen.

Bewertung vom 28.11.2020
Sturm über der Eifel
Kleiber, Katja

Sturm über der Eifel


sehr gut

Am Goloring, auch Eifel-Stonehenge genannt, lehnt ein Toter am Stamm einer Eiche, er ist barfuß und in Fellkleidung. Kein Ötzi, sondern Leonhard Schmidt, Naturkundler, Esoteriker und selbsternannter Schamane. Ein seltsamer Fall für Kommissarin Tanja Marx, zur Unterstützung holt sich sie sich Dorfsheriff Peter Claes. Der ist zwar behäbig – um es nett auszudrücken – und meist in Gedanken an eine nächste Eroberung, aber kennt sich aus mit dem Dorfgefüge und den Eiflern.

Die beiden offiziellen Ermittler können wenig Sympathiepunkte verbuchen. Tanja ist einfach kein Landmensch, bei ihr muss es schnell gehen und genauso schnell bildet sie sich ihre Meinung. Dabei ist sie im Augenblick auch privat sehr abgelenkt, ihr Bruder, ein BW-Soldat, kehrte schwerverwundet aus Afghanistan zurück und Claes hat meist eh nur sein nächstes Date im Kopf.

Für Ella Danz scheint der Mordfall in ihrem Dorf wie ein Déjà vu. Sie ist nach einem Burnout in die Eifel gekommen um wieder zu sich selbst zu finden hat sich inzwischen als „Kräuterhexe“ schon einen Namen in der Umgebung gemacht. Sie kannte Leonhard von einer kurzen Begegnung und fühlte sich von ihm angezogen, eine verwandte Seele, wie ihr schien. Nun beginnt sie, wie schon beim letzten Fall, in den sie involviert war, auf eigene Faust zu ermitteln. Denn der harschen, kurz angebunden Tanja Marx und dem bequemen Claes traut sie nicht. Die Spuren sind weit verzweigt, war Leonhard als engagierter Naturschützer dem neuen Energieriesen im Weg?

Auch in ihrem zweiten Fall lässt Katja Kleiber der Eifel und ihren Bewohnern breiten Raum. Sie schildert die Landschaft, die Menschen und ihre Befindlichkeiten. Das lässt die Umgebung ihres Krimis sehr deutlich werden und gibt einen schönen Rahmen. Ella Danz ist eine Sympathieträgerin, wie sie ihr neues Leben eingerichtet hat, gefällt mir. Sie wirkt zwar immer noch ein wenig angeschlagen, aber man spürt, dass sie in der Eifel geerdet ist. So gelingt es ihr so manche Spur zu finden, die die Polizei nicht verfolgte. Allerdings bringt sie sich auch in Gefahr, wie ein Überfall auf sie bestätigt.

Ein wenig mehr Tempo hätte dem Krimi zwar nicht geschadet, trotzdem habe ich das Buch ganz genussvoll gelesen. Katja Kleiber schreibt unterhaltsam und flüssig, verliert sich dann doch manchmal ein längeren Beschreibungen oder Nebensächlichkeiten. Das trägt aber durchaus zum Lokalkolorit bei. Ich würde den Krimi fast gemütlich nennen, ohne einen negativen Eindruck erwecken zu wollen.

Der Plot wurde sehr schlüssig und in manchen Teilen auch sehr überraschend aufgeklärt, ein stimmiges Ende für diesen Eifelkrimi.

Bewertung vom 26.11.2020
Brennende Liebe / Jensen und Grete Bd.1
Klahn, Jürgen

Brennende Liebe / Jensen und Grete Bd.1


weniger gut

Manchmal halten Bücher was die Titel versprechen. Jürgen Klahn hat seinem Dänemark Krimi „Brennende Liebe“ den Untertitel Hygge Krimi gegeben. Und hyggelig war es, viel zu hyggelig.

Kurz zum Inhalt: Jens Peter Jensen ist Kommissar, seit einigen Monaten verwitwet und noch tief in seiner Trauer. Da erreicht ihn eine Einladung zur Hochzeit seiner ehemaligen Mitschüler Gregers und Inge. Natürlich reist er an, doch Gregers ist just am Vortag der Hochzeit in seinem Bett verbrannt, ein Kurzschluss wie es scheint. Aber Jens nicht umsonst seit Jahrzehnten Kriminalist, er traut dem Braten nicht, vor allem als er Otto, Gregers Neffen kennenlernt. Denn hätte die Hochzeit stattgefunden, hätte Inge das beträchtliche Vermögen geerbt.

So tapst Jens durch das dörfliche Rinkenæs um einen Täter zu finden. Das amüsiert weder die Polizei, noch den Neffen, noch Inge. Überhaupt Inge, damals hatte er seinen ersten Kuss mit ihr erlebt und es scheint, dass Inge sich noch genau so lebhaft daran erinnert, wie er. So knistert es bald zwischen dem Witwer und der Beinahe-Witwe.

Das Buch plätschert sehr geruhsam vor sich hin, ein wenig Landschaft, ein wenig Dänisch und ansonsten seltsame Dialoge und Einfälle. Wenn sich Inge mit ihrer Angestellten in einer Art Kindersprache unterhält, frage ich mich wirklich, was der Autor mit dieser Idee ausdrücken wollte.Dänischen Humor, Lebenslust ?

Die Geschichte ist wirklich schnell gelesen, allzu hoch wird die Spannung nicht, es gibt nur den einfach geradeaus erzählten Plot mit einer Handvoll Protagonisten und einem schnell erratenen Ende.

Bewertung vom 25.11.2020
Wittgensteiner Schatten
Halbe, Sandra

Wittgensteiner Schatten


ausgezeichnet

Die Rückkehr ins Elternhaus ist für Caroline König ein Scheitern. Nach einer indiskutablen Fehleinschätzung von ihrer Dienststelle, dem BKA einstweilen beurlaubt, bezieht sie ihr ehemaliges Mädchenzimmer. Bad Laasphe hat sie nach dem Tod des Vaters überstürzt verlassen, genau so überstürzt wie sie ihre Beziehung zu Alex beendete.

Der letzte Fall des Vaters war die Überführung des Serienmörders Robert Hellmar, allerdings wies der Fall viele Fragen auf und nur den letzten Mord an Hellmars Frau konnte im Caros Vater nachweisen. Nun will der totkranke Häftling mit Caro sprechen und sie steigt in den alten Fall ihres Vaters ein.

Der Krimi ist sehr interessant aufgebaut und rollt Motiv und Fall von hinten auf. Denn Caro kann sich auf ausführliche Notizen und Akten stützen, doch allmählich schleicht sich ein Zweifel ein. War das wirklich alles so glasklar, wie ihr Vater es beschrieb oder könnte er womöglich Spuren übersehen haben? Zudem findet sie die Person Hellmar trotz anfänglicher Abscheu interessant und sie geht auf ihn ein. Für jedes Detail, das er ihr erzählt, gibt sie ein wenig von sich preis. Das wird zu einem fesselnden Katz und Maus Spiel.

Ich fand diesen Plot sehr spannend aufgebaut und merkte, dass es mir wie Caro ging. Allmählich wuchs in mir die Sympathie für den Täter und es kamen Zweifel an der Ermittlung auf.

Die Figuren – allen voran – Caro, haben mir sehr gut gefallen. Ihre Persönlichkeiten wurden vielschichtig angelegt und wirkten sehr authentisch auf mich. Oft finde ich Ermittler, deren Privatleben den Fall überlagern, nervig. Aber hier gehörten die privaten Ereignisse um Caro und vor allem die Ermittlungen ihres Vaters ganz unmittelbar zur Geschichte und das fand ich sehr reizvoll.

Den Schreibstil der Autorin fand ich lebendig und flüssig zu lesen. Ihr gelingt es, den Spannungsbogen gleichmäßig hochzuhalten und damit hat sich mich von der ersten Seite an gepackt. Caro König hat auch in Bad Laasphe Potential für weitere Fälle.

Auch dieses Mal ist dem Emons Verlag mit dem Titelfoto ein stimmiges Cover gelungen. Mit den erleuchteten Fenstern wirken die Fachwerkfassaden geheimnisvoll, das passt zum Thema, denn auch im Roman lauern hinter schönen Fassaden Geheimnisse.

Bewertung vom 23.11.2020
Der Petticoat-Mörder / Fred Lemke Bd.1
Bell, Leonard

Der Petticoat-Mörder / Fred Lemke Bd.1


sehr gut

1958 kommt der junge Fred Lemke zur Berliner Kriminalpolizei. Obwohl er den Lehrgang sehr schlecht abgeschlossen hat, ist der Personalmangel so groß, dass er eine Stelle als Assistent im Morddezernat bekommt. Eine zweite Quereinsteigerin fängt gleichzeitig mit ihm an. Die geheimnisvolle Ellen von Stain, für die besondere Regeln zu gelten scheinen. Offensichtlich hält jemand mit Einfluss seine schützende Hand über sie.

Fred bekommt es in den ersten Tagen sofort mit einem Tötungsdelikt zu tun, ein Mann wurde erschossen am Ufer eines Sees aufgefunden. Sein Chef findet die Deklaration als Raubmord sehr schlüssig und weil es vage Verdächtigen gibt, möchte er den Fall schnell abschließen. So hat man es vor anderthalb Jahrzehnten auch gemacht und ist nach seiner Meinung nicht schlecht dabei gefahren. Aber das kann Fred nicht hinnehmen, sein Ehrgeiz ist geweckt und mit einem Fundstück, aus Tatortnähe, einem befleckten Petticoat, macht er sich auf eigene Spurensuche. Die Ehefrau des Opfers, genau wie die Geliebte, scheinen nicht allzu betrübt über den Tod und als Lemke auch noch von dessen NS-Vergangenheit erfährt, ergeben sich ganz neue Ansätze.

Mit diesem ersten Roman um den jungen, nicht angepassten Fred Lemke, möchte der Autor eine Reihe etablieren. Die späten 50iger und frühen 60iger sind ja auch ein interessanter Hintergrund, bereits historisch, aber noch nicht allzu fern in unserem Gedächtnis. Der Kriminalroman ist in Berlin angesiedelt und das ist sehr farbig und detailreich erzählt. Die Stadt zeigt noch deutliche Trümmerwunden, aber auch das Wirtschaftswunder ist schon zu spüren. Immer mehr Automobile bevölkern die Stadt und jede Menge Leute mit Vermögen machen ihre Geschäfte. Das wirkt sehr gut recherchiert und das Buch bekommt dadurch viel Authentizität. Auch das Opfer gehörte zu den Gewinnern der Nachkriegszeit. An vielen Schaltstellen der Behörden und der Wirtschaft, ja auch bei der Polizei sitzen noch genügend Ewiggestrige, für die der verlorene Krieg nur ein Unfall war. In diese Kategorie gehört auch Freds Chef.

Ich fand die Story spannend erzählt, es verführte zwar nicht zum Nägelknabbern, hatte aber eine eigene Dynamik. Als Reihenauftakt geplant, ist natürlich der Hintergrund von Fred Lemke und Ellen von Stain besonders ausgeleuchtet worden, was dem Krimi ein wenig Tempo nahm. Der Kriminalfall selbst entwickelte sich eher langsam, aber immer sehr schlüssig. Als Leser war ich immer auf Wissens- und Augenhöhe von Fred Lemke.

Mir hat dieser gut geschriebene Krimi sehr gefallen und auf eine Fortsetzung bin ich schon gespannt. Die Epoche bietet noch viel Stoff für weitere Fälle des sympathischen jungen Ermittlers, denn er hat – genau wie die geplante Serie – eine Menge Potential.

Bewertung vom 22.11.2020
Ist die Avocado regional? Skurrile Geschichten aus dem Restaurant (eBook, PDF)
Riek, Olli "Gastronomicus"

Ist die Avocado regional? Skurrile Geschichten aus dem Restaurant (eBook, PDF)


weniger gut

Ollie Riek ist ein Gastronom mit Leib und Seele. Er kennt auch die Schattenseiten im Gastronomiebetrieb aus langjähriger Erfahrung: schlechte Bezahlung, familien-und gesundheitsunfreundliche Arbeitszeiten und Dauerstress. Dass es dazwischen auch immer wieder zu lustigen, peinlichen und auch anrührenden Begegnungen mit dem Gast kommt, war ein Grund für ihn, seine Erlebnisse aufzuschreiben.

Nun liegt schon sein zweiter Band mit dem Titel „Ist die Avocado regional“ vor und der Titel verrät schon, welche Anekdoten wir erwarten können.

Manchmal musste ich schallend lachen, denn es bestätigt sich immer wieder, dass gegen Dummheit kein Kraut gewachsen ist und eine dicke Börse nicht alles richten kann. Dann wieder konnte ich nur den Kopf schütteln über das Benehmen mancher Mitmenschen Servicepersonal gegenüber. Es wirkt oft so, als ob Ollie Riek seine Anekdoten bereits für Comedy aufbereitet und zuspitzt. Außerdem scheint er den Hang zu haben, seine Gäste zu erziehen und das kommt doch manchmal ein wenig besserwisserisch rüber.

Der Autor schreibt frei Schnauze und die ist ziemlich vulgär. Auch musste ich mich an seine Wortschöpfungen gewöhnen, die er durchgehend verwendet. Der Service ist der Sörwis und das Restaurant immer nur das Restaurang, es gibt Gastiaten und ähnliches. Muss es aber so oft „bumsvoll“ oder „rotzevoll“ sein?

Was ich gut finde: Er setzt sich für Nachwuchs und für den korrekten Umgang mit Azubis im Service und der Küche ein. Auch eine gerechte Bezahlung gehört für ihn dazu und wenn das manche Leser zum Nachdenken bringt, bevor er ein knappes Trinkgeld hinterlässt oder sich über die Preise im Restaurant mokiert, dann ist das schon mal gut.

Mein Eindruck: Die Sprache war mir zu gewollt prollig und im Endeffekt wiederholen sich die Anekdoten.

2,5 Sterne wäre gerecht, aber auf 3 möchte ich nicht aufrunden.

Bewertung vom 19.11.2020
Winzerfluch / Elwenfels Bd.2
Habekost, Britta;Habekost, Christian

Winzerfluch / Elwenfels Bd.2


ausgezeichnet

Britta Habekost nimmt uns Leser mit ihrem zweiten Pfalz-Krimi „Winzerfluch“ wieder mit in das kleine Weindörfchen Elwenfels. Wer sich gern von Büchern zu neuen Urlaubsorten inspirieren lässt, wird hier allerdings nicht auf der Landkarte fündig. Und das ist auch gut so! Elwenfels soll ein gut gehütetes Geheimnis für Eingeweihte bleiben.

Privatdetektiv Carlos Herb ist schon seit einigen Monaten wieder in Hamburg. Ein Auftrag hat ihn damals in das Örtchen gebracht und ihn zu seinem eigenen Erstaunen sehr verändert. Dass er nun drei Pfälzer zufällig im Hamburger Stadion trifft, ist schon ein großes Glück und noch mehr, als Karl, Willi und Otto, die drei Urgesteine ihn nach Elwenfels mitnehmen. Seine Ankunft steht unter keinem guten Stern, denn kaum angekommen, wird Charlotte unter Mordverdacht festgenommen. Alle Indizien sprechen dafür, dass sie ihren Ehemann um die Ecke brachte. Verdenken könnte man es ihr nicht, aber jeder Elwenfelser weiß, Charlotte ist unschuldig und Carlos soll es richten.

Unterstützt von allen Dorfbewohnern, die noch nie allzu viel von Obrigkeiten und der Polizei gehalten haben, versucht Carlos Charlottes Unschuld zu beweisen und den wahren Mörder zu präsentieren, auch wenn er sich mit amerikanischen GI’s und der Bundeswehr anlegen muss.

Was dann kommt ist wieder ganz große Klasse. Von der ersten Seite an funktioniert das Kopfkino, dass das Autorenpaar Habekost bei ihren Lesern entfachen. Die Mischung aus humorvollem Regionalkrimi, der nicht mit pfälzischen Dialektsprüchen spart, dazu ein wenig zauberhaftes Flair und Mystik und immer wieder spitzzüngige Anspielungen und Sprüche - es einfach ist wunderbar gelungen.

Die pfälzischen Regiokrimis haben meinen Nerv getroffen. Ich bin inzwischen mit den Dorfbewohnern vertraut und habe sie bildlich vor mir und immer mehr merke ich den Suchtfaktor den die Autoren bei mir ausgelöst haben. Man möchte nicht aufhören zu lesen und ist ärgerlich, wenn das Buch schon wieder durchgelesen ist. Vielleicht liegt es am Körnchen Sehnsucht nach der Heilen Welt, die Elwenfelser Geschichten in mir wecken. Denn wenn Erwin wieder mit dem Traktor durch das Dorf fährt, ist die Welt wieder in Ordnung.

Bewertung vom 19.11.2020
Teatime mit Lilibet
Holden, Wendy

Teatime mit Lilibet


sehr gut

In Schottland blickt eine alte Frau aus dem Fenster, als sie die Wagen der königlichen Familie nach Balmoral fahren sieht. Wieder wird der Wagen nicht anhalten und sie winkt vergebens.

Marion Crawford ist eine junge Frau, die ihre Ausbildung zur Lehrerin macht. Sie möchte gegen das Elend und die Unwissenheit in den Edinburgher Slums angehen. Als Berufsziel kommt für sie auch nur die Arbeit mit benachteiligten Kindern in Frage. Doch in ihrem letzten Studienjahr geht sie über die Sommerferien als Gouvernante zu einer adligen Familie und dort wird die Herzogin von York auf sie aufmerksam. 16 Jahre als Lehrerin für ihre Töchter Elizabeth und Margaret beginnen.

Sie wird eine Vertraute für die Kinder, kennt ihre Freuden, aber auch ihre Nöte. Entsetzt ist Marion von der Weltfremdheit der beiden Mädchen, die in einem Kokon aufwachsen. So fährt sie mit ihnen U Bahn oder geht in die Stadt ohne eine Gefolge um sich zu haben. Sie will, genau wie die Eltern, inzwischen König George und Königin Mary, den Mädchen ein verhältnismäßig normales Leben ermöglichen. Aber ein wenig verliert sie darüber ihr eigenes Leben aus den Augen.

Das Buch der Journalistin Wendy Holden ist ein Roman und keine Biografie, auch wenn sich die Autorin wohl von den Erinnerungen der Marion Crawford leiten ließ. Vieles wird also nahe an die Realität heranreichen. Mir ist es allerdings das ganze Buch über nicht gelungen, richtige Wärme oder Sympathie für Marion Crawford zu empfinden. Sie blieb mir einfach fremd.

Über manche Begebenheit musste ich sehr schmunzeln, Lilibeth Eltern schienen - zumindest vor der Krönung – sehr unkonventionell zu leben. Die Töchter führen ein ausgelassenes Leben, das aber von einer Blase umhüllt war. Allerdings ändert sich das, als Lilibeth Thronfolgerin wird. Für ihre Erziehung werden Spezialisten engagiert und „Crawfie“, so ihr Kosename bei den Royals wird immer verzichtbarer. Dann schreibt Crawfie ihre Biografie und die Konsequenzen begleiten sie bis zum Tod.

Erzählt ist diese fiktionale Biografie sehr flüssig und anregend, mit dem üblichen Blick hinter die Kulissen, die Neugierde befriedigt, auch wenn man kein Royals Fan ist. Das gelingt der Autorin sehr gut und unterhaltsam und mit liebenswertem Charme. Und es ist gleichsam ein Blick in eine vergangene Welt, zu viel hat sich auch für das britische Königshaus in den letzten Jahrzehnten verändert, aber mir bleibt nach dem Lesen die Erinnerung an die kleine Lilibeth mit den 5 Erbsen auf der Gabel.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.11.2020
Im Schatten der Kopfweiden
Wedershoven, Anja

Im Schatten der Kopfweiden


gut

Es ist wirklich kein guter Einstand für Kommissarin Johanna Brenner. Sie wurde von Berlin zurück an den Niederrhein versetzt, was in ihr keine unbedingt glücklichen Kindheits - und Jugenderinnerungen heraufbeschwört. Schon am ersten Tag wird in Geldern die Leiche einer jungen Kinderärztin gefunden und Johannas Art zu ermitteln, stößt auf Ablehnung und sie merkt, dass sie im Kollegenkreis nicht willkomen ist, aber unbeirrt hält sie an ihrer Arbeitsweise und ihren Alleingängen fest, auch wenn eine schwere Grippe sie zusätzlich ausbremst.
Der Fall ist nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheint, Feinde – außer ihrem Ex-Freund, der sie hartnäckig stalkt – scheint die junge Ärztin nicht gehabt zu haben. Oder ist der Vater eines kleinen Jungen, dem sie mit dem Jugendamt drohte, ausgerastet? Johanna ist jedenfalls keine Ermittlerin, die sich vom ersten Schein blenden lässt.
Der erste Krimi der Autorin überzeugt mit einem vielschichtigen und psychologisch ausgefeilten Plot. Sie lässt den Leser die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erfahren. Eine der starken Stimmen ist die junge Leonie, ein Teenager, der viel zu früh viel zu viel Verantwortung für die Familie übernehmen muss und in der sich Johanna in einigen Facetten wiederzuerkennen glaubt. Auch Johanna Brenner, die nicht ganz freiwillig Berlin verlassen hat, bringt mit ihrer etwas störrischen Persönlichkeit, hinter der sich auch Unsicherheit verbirgt eine weitere Erzählebene ein. Dann noch Kollege Axels Gedanken, die viel um sein chaotisches Privatleben zwischen Vaterpflichten und Musikerhobby kreisen. Oft genug ist er vom Fall abgelenkt. Für meinen Geschmack ist damit der Krimi mit den ganzen privaten Problemen der Ermittler überladen geraten. Sicher gehört Privates auch dazu, besonders wenn die Protagonisten eingeführt und ihre Charakter gezeichnet werden. Aber hier war es mir zu viel und zu dominant.
Ganz geschickt führt Anja Wedershoven ihre Leser durch die Geschichte, immer wieder gibt es eine Wendung, die den Fall in neuem Licht zeigt und dadurch die Spannung auch hoch hält. Die Auflösung fand ich gelungen, hatte aber schon eine Ahnung was Motiv und Täter betraf.
Der Schreibstil gefiel mir gut, das Buch liest sich flüssig, die Dialoge waren lebendig und wirkten echt. Wäre das Privatleben der Ermittler nicht ganz so problemüberladen gewesen, hätte mir der Krimi noch besser gefallen.