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Bücherfreundin

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Insgesamt 265 Bewertungen
Bewertung vom 13.09.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


gut

Unterhaltsame Lebenserinnerungen
Der List Verlag hat mit "Kerl aus Koks" die Lebenserinnerungen des Schauspielers Michael Brandner veröffentlicht. Ich kenne den Autor nicht, aber das schwarz-weiße Cover mit dem kleinen blonden Jungen, der verschmitzt in die Kamera lächelt, hat mich sofort angesprochen und neugierig gemacht. 

Der fast vierjährige Paul fühlt sich wie im Schlaraffenland bei seiner Tante Hannah und Onkel Hans. Er liebt das leckere Essen, mit dem die Tante die Familie verwöhnt und hat sich gut eingelebt. Das behütete Leben in Bayern findet jedoch für ihn ein jähes Ende, als seine Mutter Helga, die für ihn eine fremde Frau ist, unangemeldet vor der Tür steht, um Paul abzuholen. In Dortmund wartet ein vollkommen neues Leben in beengten Verhältnissen auf ihn. Das Geld ist knapp, doch Helmut, der neue Mann an Helgas Seite, bringt Paul sehr viel Verständnis und Zuneigung entgegen und wünscht sich nur, dass Paul glücklich ist. Das Verhältnis zur Mutter, die Paul bedrängt, mit dem nötigen Ehrgeiz ein Studium anzustreben, wird mit den Jahren zunehmend schwierig.
 
Der in weiten Teilen unterhaltsame Roman mit biografischen Zügen ist in 5 Staffeln unterteilt und liest sich sehr flüssig. Mit viel Sprachwitz erzählt der Autor aus seinem Leben während eines Zeitraums von über 40 Jahren. Die Schilderung seiner Kindheit und Jugend ist dem Autor hervorragend und eindrucksvoll gelungen, auch seine Zeit beim Grenzschutz ist sehr kurzweilig geschildert. Danach empfand ich die Handlung als etwas zäh. Die Jahre in der Hausbesetzerszene haben mich nicht fesseln können. Pauls ausschweifendes Leben mit Alkohol und Drogen und die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme, die selbstgefällige Schilderung seiner zahlreichen Liebesbeziehungen, die Unbeständigkeit im Arbeitsleben, das alles war mir dann irgendwann zu viel und hat bei mir eher Kopfschütteln ausgelöst. 
Dagegen war es für mich interessant, Pauls Werdegang als Schauspieler zu verfolgen.
 
Die Schilderung der Kindheit und Jugend des Autors hat mich sehr berührt und gefesselt. Was die späteren Jahre angeht, so hätte ich mir gewünscht, dass der Autor etwas Selbstkritik in seine "fast wahre" Geschichte hätte einfließen lassen. 

Bewertung vom 26.08.2022
#buch4you: Dein Mädchenbuch: Sei kreativ
Busch, Nikki

#buch4you: Dein Mädchenbuch: Sei kreativ


ausgezeichnet

Wunderschönes Bastel- und Beschäftigungsbuch für kreative Mädchen
Der Carlsen Verlag hat ein neues Bastel- und beschäftigungsbuch von Nikki Busch veröffentlicht. "Dein Mädchenbuch - sei kreativ" richtet sich mit seinen vielfältigen Ideen und Vorschlägen an Mädchen ab ca. 10 Jahren. Die zauberhaften Illustrationen in wunderschönen Farben stammen von Christiane Hahn. 

Das inspirierende Buch ist bereits auf den ersten Blick zum Verlieben. Das phantasievoll in vielen Farben designte Cover glitzert, die Buchdeckel werden durch ein elastisches Band, das auch als Lesezeichen geeignet ist, zusammengehalten - und auf stolzen 240 Seiten gibt es zahlreiche Vorschläge, um der Kreativität freien Lauf zu lassen. Im einleitenden Kapitel wird erklärt, dass die Bastelanleitungen in drei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade unterteilt sind. Danach wird die Faltkunst Origami vorgestellt, und es folgen zahlreiche Anleitungen für das Basteln aus unterschiedlichsten Materialien. Es warten auch viele kleine Rätsel zum Lösen, es gibt Seiten zum Malen, Ausschneiden und Einkleben.
Die Bastelanleitungen und -techniken sind klar und gut verständlich erklärt. Jede Projektseite zeigt eine genaue Übersicht der benötigten Dinge. Die letzten 15 Seiten des sehr hochwertig und liebevoll gestalteten Buches enthalten bunte Papierbögen zur freien Verwendung. Sehr hilfreich finde ich das zweiseitige Stichwortverzeichnis, das sich am Ende des Buches vor den Papierbögen befindet.

Dieses Beschäftigungsbuch für Mädchen ist einfach wunderschön - große Kaufempfehlung von mir und wohlverdiente 5 Sterne!

Bewertung vom 25.08.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


gut

Phantasievolle Geschichte über Trauerarbeit
Nach Stefanie vor Schultes erfolgreichem Debütroman "Junge mit schwarzem Hahn" im Jahr 2021 erscheint nun im Diogenes Verlag ihr zweiter Roman "Schlangen im Garten".

In der phantasievollen Geschichte steht Familie Mohn im Mittelpunkt, genauer gesagt Adam, der Vater, und seine drei Kinder Linne, Steve und Micha. Die Mutter Johanne ist kürzlich verstorben, und Adam und die Kinder möchten viele Erinnerungen an die Verstorbene bewahren. So verzehren die Zurückgebliebenen die in kleine Stücke zerrissenen Seiten aus Johannes Tagebüchern. Der Vater hat seinen Beruf aufgegeben, der älteste Sohn Steve sein Studium auf Eis gelegt. Linne, die Zornige, ist stets bereit, sich zu prügeln, und Micha, der Sensible, hat sich zurückgezogen. Jeder trauert auf seine außergewöhnliche Weise, was der Nachbarschaft nicht gefällt und Herrn Ginster vom Traueramt auf den Plan ruft.

Die Autorin schildert in einzigartiger, sehr gewöhnungsbedürftiger Sprache den Umgang der einzelnen Familienmitglieder mit der Trauer. Es gibt eindrucksvolle Begegnungen mit Nebenfiguren, die durch kleine, märchenhafte Geschichten in Verbindung mit der Verstorbenen standen. Was ist Realität, was ist Fiktion? Der Leser ist mit der Lektüre gefordert und muss sich sein eigenes Bild machen.

Durch die sehr spezielle Ausdrucksweise ist der Roman nicht einfach zu lesen. Man muss sich auf den Stil der Autorin einlassen. Ich konnte das nur bedingt. Die kleinen Geschichten rund um Bassert, die tragische Figur Ginster, Marlene und die Obdachlose Bille fand ich sehr berührend, während mir zu anderen Teilen des Buches einfach der Zugang und das Verständnis fehlte. So fand ich den letzten Abschnitt mit dem umgedrehten Tisch doch sehr abstrus. 

Ich war sehr neugierig auf das Buch mit der interessanten Thematik, aber begeistern konnte es mich letztlich leider nicht.

Bewertung vom 23.08.2022
Intimitäten
Kitamura, Katie

Intimitäten


sehr gut

Leiser und beeindruckender Roman mit Tiefgang
In "Intimitäten", dem aktuellen Buch der amerikanischen Autorin Katie Kitamura, das im Hanser Verlag erschienen ist, wird die Geschichte einer Dolmetscherin erzählt.

Die namenlose Ich-Erzählerin zieht von New York nach Den Haag, nachdem ihr Vater gestorben ist und ihre Mutter zurück in ihre Heimat Singapur gegangen ist. In Den Haag hat die kluge und mehrsprachige Protagonistin einen Vertrag für die Dauer eines Jahres als Dolmetscherin beim Internationalen Gerichtshof unterschrieben. Sie lernt Jana kennen, die Kuratorin einer Galerie, und freundet sich mit ihr an. Sie verliebt sich in den Niederländer Adriaan, dessen Frau ihn ein Jahr zuvor wegen eines anderen Mannes verlassen hat und mit diesem in Lissabon lebt. Adriaan begibt sich zur Klärung wichtiger Fragen nach Lissabon und bittet die Ich-Erzählerin, in der Zeit seiner Abwesenheit in seiner Wohnung zu leben. Aus der angekündigten Woche werden Monate ....

Ein Schwerpunkt des Buches liegt auf einem wichtigen Prozess, in dem die Ich-Erzählerin die Aussagen eines westafrikanischen ehemaligen Präsidenten zu übersetzen hat. Der Prozess ist eine gewaltige Herausforderung für sie, und die Übersetzungsarbeit für den angeklagten Kriegsverbrecher bringt sie an ihre Grenzen. 

Das Buch ist ein ruhiges, ein unaufgeregtes Buch, in dem nicht sehr viel passiert. Dennoch hat es mich in seinen Bann gezogen und gefesselt. Es geht um Lüge und Wahrheit, um Recht und Gerechtigkeit. Die Autorin hat mir mit ihrem intelligenten und klaren Sprachstil einen Einblick in die Tätigkeit der Dolmetscher und speziell in die Gedankenwelt der Ich-Erzählerin vermittelt. Es war für mich faszinierend zu lesen, welche Verantwortung mit der Tätigkeit verbunden ist und wie belastend die Arbeit am Internationalen Gerichtshof ist, der sich in erster Linie mit Genoziden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschäftigt.

Obwohl ich die Handlung als eher distanzierte Beschreibung empfunden habe, konnte ich mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen. Die Charaktere sind sehr schön gezeichnet und authentisch. Auch die Begegnungen mit den Nebenfiguren sind fesselnd beschrieben.

Das Buch hat mir nicht nur viel Lesefreude bereitet, sondern auch sehr viel Wissenswertes aus der Welt der Dolmetscher und ihrer Tätigkeit vor Gericht vermittelt.
Leseempfehlung von mir und 4 Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


ausgezeichnet

Literarisches Highlight
Wie all ihre Werke hat der Suhrkamp Verlag auch "Violeta" veröffentlicht, den aktuellen Roman von Isabel Allende, der anlässlich ihres 80. Geburtstags erschienen ist. Ich hatte hohe Erwartungen an das Buch - und ich wurde nicht enttäuscht!

Die Autorin beschreibt in ihrem mitreißenden Buch das Leben von Violeta del Valle, das 100 Jahre währte.
Violeta wird als sechstes Kind des wohlhabenden Sägewerkbesitzers Arsenio del Valle und seiner Frau Maria Gracia geboren. Der Vater ist glücklich, nach fünf Söhnen endlich die ersehnte Tochter bekommen zu haben. Nach dem Ausbruch der Spanischen Grippe lebt die Großfamilie, zu der auch zwei Tanten gehören, auf Veranlassung des Vaters isoliert mit den Bediensteten in ihrem hochherrschaftlichen Haus. Als der Vater während der Großen Depression sein gesamtes Vermögen verliert, trifft er eine folgenschwere Entscheidung. Nun ist die Familie gezwungen, in einen abgelegenen Landesteil umzuziehen und ein einfaches Leben zu führen.

Violeta erzählt während der Corona-Pandemie ihre Lebensgeschichte in Form eines Briefes an ihren geliebten Enkel Camilo. Sie schildert ihm darin mit beeindruckender Offenheit ihr Leben und berichtet von ihrer Kindheit, ihren Liebesbeziehungen, vom Kämpfen für die Rechte der Frauen, aber auch von Wohlstand und Armut, Erfolgen, Verlusten und Trauer. Auch ihre Fehler und Schwächen verschweigt sie nicht. Ein großer Teil des Buches widmet sich den politischen Ereignissen in ihrem namenlosen Land, den Kriegen sowie dem Aufstieg und Fall von Diktatoren.

Isabel Allende hat einen großartigen und intensiven Roman geschrieben, der mich tief bewegt hat. Ihr kluger Sprachstil fesselte mich bis zur letzten Seite. Sie hat das lange Leben von Violeta, ihre Beziehungen zu den zahlreichen Familienmitgliedern, Partnern und Freunden ganz wunderbar beschrieben. Die Charaktere sind meisterhaft und authentisch dargestellt. Ich habe die willensstarke Violeta, die mich tief in ihre Gefühlswelt blicken ließ, sofort in mein Herz geschlossen und mit ihr die Höhen und Tiefen ihres Lebens durchlebt. Aber auch viele Nebenfiguren faszinierten mich, wie ihr Bruder José Antonio und ganz besonders ihr irisches Kindermädchen Josephine Taylor.  

Sehr gern und mit viel Lesefreude habe ich Violeta durch ihre 100 intensiven Lebensjahre begleitet. Ich habe sie als verzogenes Kind erlebt, als eigenwillige Partnerin, liebende Mutter, erfolgreiche Geschäftsfrau und leidenschaftliche Kämpferin für die Rechte der Frauen. Die Geschichte ist packend und authentisch erzählt, ich habe mich keine Minute gelangweilt.

Unbedingte Leseempfehlung von mir für diesen hervorragenden Roman und 5 Sterne!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


gut

Geschichte über zwei Frauen und einen Fischerteppich
Der Droemer Knaur Verlag hat "Fischers Frau" veröffentlicht, den neuen Roman von Karin Kalisa.
 
Die Kuratorin Mia Sund ist Faserarchäologin in Greifswald und analysiert alte Gewebespuren. Als ihr Kollege Holger Berends ihr einen Wandteppich mit den Worten "Nicht, dass es eine Fälschung ist" auf den Tisch legt, ist sie zunächst wenig begeistert. Bei näherer Betrachtung des Teppichs ist sie jedoch fasziniert von den unterschiedlichen Grüntönen, die sie in diesen Changierungen auf einem Teppich nie zuvor gesehen hat. Nach intensiver Prüfung und Recherche erkennt sie, dass es sich um einen Fischerteppich aus Pommern handeln muss. Ende der Zwanziger Jahre des vorigen Jahrtausends wurde wegen Überfischung der südlichen Ostsee ein dreijähriges Fangverbot verhängt. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, begannen die Fischer, Teppiche mit maritimen Motiven zu knüpfen, die sich sehr gut verkauften.
 
Mia glaubt, in der Bordüre des Teppichs den Frauennamen "Nina" zu erkennen. Obwohl sie durch ihre Vergangenheit sehr belastet ist und ein zurückgezogenes Leben führt, verlässt sie ihre gewohnte Umgebung und begibt sich auf Spurensuche. Diese führt sie nach Zagreb, wo sie hofft, das Rätsel um Nina zu entschlüsseln. Sie ahnt nicht, dass diese Reise ihr Leben verändern wird.
 
Die Geschichte ist in sehr kunstvoller Sprache geschrieben, die ich recht gewöhnungsbedürftig fand. Am besten hat mit der Teil gefallen, der in Zagreb spielt. In diese Handlung konnte ich sehr gut eintauchen und Mias Begeisterung nachempfinden. Hochinteressant und faszinierend fand ich die Historie der pommerschen Fischerteppiche und die Schilderung diverser Knüpf- und Färbetechniken. Der Roman spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen und enthüllt nach und nach Ninas, aber auch Mias Geschichte.

Das Buch begann recht zäh, und es brauchte etliche Seiten, bis ich mich an den eher ungewöhnlichen Schreibstil mit den langen Sätzen gewöhnt hatte. Der zweite Teil - die Reise nach Zagreb - las sich angenehm flüssig. Im dritten und letzten Teil finden sich dann wieder vermehrt diese verschachtelten Sätze, die für mich nicht immer einen Sinn ergaben.
Ich fand den Roman leider stellenweise etwas langatmig und wenig fesselnd. Mir fehlten die Emotionen, dadurch sind mir die Figuren fremd geblieben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.08.2022
Die Köchinnen von Fenley
Ryan, Jennifer

Die Köchinnen von Fenley


gut

Warmherziger Roman mit Schwächen
Die englische Autorin Jennifer Ryan war mir bislang kein Begriff, aber der Klappentext ihres neuen Buches "Die Köchinnen von Fenley" machte mich sehr neugierig. Es geht in dem Roman um vier englische Köchinnen, die zwei Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs an einem Kochwettbewerb des Radiosenders BBC teilnehmen, um ihre persönlichen Lebensumstände zu verbessern. Ich hoffte auf gute und interessante Unterhaltung, aber ich wurde leider nicht glücklich mit dem Buch.
 
Die Geschichte spielt im dritten Jahr des Zweiten Weltkriegs in Fenley, einem kleinen englischen Dorf in der Nähe von London. Vier Frauen stehen im Mittelpunkt:
Zu Beginn lernen wir Audrey Landon kennen. Die 40jährige zieht ihre 3 Söhne allein groß, da ihr Ehemann Matthew kurz nach Kriegsbeginn gefallen ist. Trotz ihrer Witwenrente ist sie auf ein Zubrot angewiesen, das sie sich mit dem Verkauf ihrer selbstgebackenen Kuchen verdient. 
Lady Gwendoline Strickland, Audreys 38jährige ehrgeizige Schwester, hat einen wohlhabenden Ehemann. Sie zeigt Hausfrauen in Kochvorführungen, wie sie aus den wenigen rationierten Lebensmitteln schmackhafte und gesunde Gerichte kochen können. Gwendoline ist nicht glücklich in ihrer Ehe, und das Verhältnis zu Audrey ist zerrüttet.
Die schüchterne und ängstliche Nell Brown ist 19 Jahre alt und arbeitet als Küchenmädchen bei Lady Strickland. Sie unterstützt dort die Köchin, Mrs. Quince. Nell hofft auf ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit.
Die vierte im Bunde ist die 32jährige Zelda Dupont, die kriegsbedingt als Küchenchefin in der Betriebskantine der Fenley Pie Factory arbeitet. Sie war zuvor Restaurantchefin in London und ist schwanger.
 
Die Radiosendung "The Kitchen Front" des BBC veranstaltet einen Kochwettbewerb, um den britischen Hausfrauen beim Kochen mit rationierten Lebensmitteln Tipps zu geben. Die Siegerin wird die erste Co-Moderatorin neben Ambrose Hart. Die vier Köchinnen stellen nun jeden Monat ihre Vor-, Haupt- und Nachspeisen vor. Jede Teilnehmerin gibt alles, um zu gewinnen.
 
Der Roman ist in sehr schlichtem Sprachstil erzählt, er liest sich flüssig. 
Sehr interessant fand ich die Beschreibung der Vorbereitungen des Wettbewerbs, des Ausprobierens und des Vorstellens der endgültigen Speisen vor Publikum. Hier lief mir manches Mal das Wasser im Mund zusammen, vor allem bei den Desserts. Auch die Schilderung der damaligen Lebensumstände hat mir gefallen. Die Autorin hat sehr gut beschrieben, welche Probleme die Frauen während des Kriegs hatten, mit den rationierten Lebensmitteln klarzukommen.
An fast jedes Kapitel schließt sich ein Rezept für eine Speise an, die vorgestellt wurde - eine schöne Idee.
 
Die Handlung des Romans erstreckt sich über einen Zeitraum von nur wenigen Monaten. In diesen wenigen Monaten passiert sehr viel, zu viel, wie ich finde. Es geht nicht nur um den Kochwettbewerb, sondern auch um Liebe und Freundschaft, Familie, Tod und Trauer, um Rivalität und Kriminalität. Die Charaktere, anfangs teilweise noch mit Ecken und Kanten, werden immer flacher. Im Verlaufe des Buches werden die Handlungsstränge zunehmend unglaubwürdiger und vorhersehbarer. Schon sehr früh wird jeder sich denken können, wer den Wettbewerb gewinnen wird. Das Ende habe ich als recht kitschig empfunden.

Es gab sachliche Fehler, die mich gestört haben. An einer Stelle ist vom Kauf eines Fernsehers die Rede - Anfang der vierziger Jahre gab es in England noch keine Fernseher, sie hielten dort erst in den fünfziger Jahren Einzug. Dass Audrey ein Telefon besitzt, ist für mich nicht glaubwürdig. In der Zivilbevölkerung gab es damals mit Sicherheit kaum Telefone, eher in privilegierten Haushalten, öffentlichen Einrichtungen und Geschäften.

Schade, dass die wirklich interessante Grundidee nicht authentisch umgesetzt wurde!

Bewertung vom 01.08.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


ausgezeichnet

Aufwühlende Familiengeschichte
In ihrem neuen Roman schildert Daniela Dröscher die Geschichte ihrer Familie in den achtziger Jahren.

Ela ist zu Beginn des Buches 6 Jahre alt und lebt zusammen mit ihren Eltern und Großeltern in einem Haus im Hunsrück. Ihr Vater ist besessen von dem Gedanken, dass seine Frau zu dick ist. Ständig thematisiert er ihr angebliches Übergewicht und fordert sie zur Gewichtsreduzierung auf. Auf seinen Wunsch hin tritt Elas Mutter eine Kur an und kehrt zu seiner Freude sichtbar schlanker nach Hause zurück. Doch ihr Erfolg ist von kurzer Dauer, und die alte Problematik ist wieder da. Das schöne Gesicht seiner Frau genügt dem Vater nicht, Schönheit ist für ihn untrennbar verbunden mit Schlankheit. Auch in anderen Lebensbereichen ist ihm eine schöne Optik wichtig. Er fährt schöne Autos, baut ein schönes Haus. Er möchte eine schöne, schlanke Frau zum Vorzeigen an seiner Seite, und er schämt sich nicht nur für sie wegen ihres Übergewichts, sondern gibt ihr auch die Schuld an seinen beruflichen Misserfolgen. Es bleibt nicht aus, dass sich die Scham des Vaters auch auf Ela überträgt, die unter den häuslichen Problemen sehr leidet.

Die Mutter unternimmt immer wieder alles, um dem Schönheitsideal ihres Mannes zu entsprechen und nimmt dafür sogar einen operativen Eingriff auf sich. Auf der einen Seite kämpft sie für ihre Ziele, gibt aber auf der anderen Seite vieles auf, um allen gerecht zu werden. 

Es hat mich erschüttert, dass das Familienleben derart vom Thema Übergewicht bestimmt wurde. Elas Mutter hatte keinen leichten Stand in der Familie, da nicht nur ihr Ehemann, sondern auch ihre Schwiegermutter ihr das Leben schwer machte. 

Die Geschichte, die in der Ich-Form aus Elas Perspektive geschrieben ist, liest sich sehr flüssig, der intelligente Erzählstil hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin erzählt fesselnd aus ihrer Erinnerung, hinterfragt aber auch in den kurzen Zwischenkapiteln kritisch die Themen Abnehmen und Diäten. In diesen Zwischenkapiteln hat sie nicht nur ihre Gedanken aus heutiger Sicht festgehalten, sondern auch ihre Mutter im Hier und Heute befragt.

Das Buch hat mich gefesselt, wütend auf den egoistischen Vater, gleichzeitig aber auch sehr betroffen und nachdenklich gemacht. Ich habe mich oft gefragt, warum Elas Mutter nicht aus ihrer Ehe geflohen ist, zumal die Geschichte nicht in den fünfziger Jahren spielt, als die Frauen weniger Rechte und Möglichkeiten hatten als in den achtziger Jahren. Ich habe mitgelitten und ständig gehofft, dass diese starke und empathische Frau bald einen Weg in ein selbstbestimmtes Leben findet. 

Ich kann den Roman sehr empfehlen - 5 Sterne von mir!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2022
Dachs und Rakete. Ein Haus voller Freunde
Isermeyer, Jörg;Schüttler, Kai

Dachs und Rakete. Ein Haus voller Freunde


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung mit Herrn Dachs und der Schnecke Rakete
Wie schön, dass es weitergeht mit Herrn Dachs, dem Tüftler, und seiner Freundin, der süßen Schnecke Rakete! Jörg Isermeyer hat eine unterhaltsame Fortsetzung über die beiden liebenswerten Freunde geschrieben. 
 
Im ersten Band wurden Herr Dachs und Rakete aus ihrem Bau auf dem Land vertrieben, damit ein Freizeitpark mit Naturerlebnisqualität errichtet werden konnte. Die beiden mussten sich ein neues Zuhause in der Stadt suchen und haben sich nach anfänglichen Schwierigkeiten und Herausforderungen gut eingelebt.
 
Der zweite Band der Reihe schildert ihre Erlebnisse mit der Hausgemeinschaft. Herr Dachs steht den Bewohnern mit Rat und Tat zur Seite und ist daher oft mit seinem Werkzeugkoffer im Haus unterwegs. Im ersten Kapitel werden sie von Oma Käthe zu einem Besuch auf dem Rummelplatz eingeladen. Es wird ein schwindelerregender Ausflug für die beiden Freunde. Am nächsten Tag repariert Herr Dachs in der Wohnung der Eichhörnchen eine durchlöcherte Wand. Dabei kommt ihm eine Idee: man könnte doch eine Murmelbahn quer durchs ganze Haus bauen. Gesagt, getan, das ist aber nicht das einzige Abenteuer der beiden. Beim Hüten der 8 Meerschweinchenkinder erleben alle einen gruseligen Abend, sie erhalten zum ersten Mal Post und erleben einen aufregenden Theaterabend.

Das sehr hochwertig gestaltete Buch ist auf 123 Seiten in 14 auch unabhängig voneinander zu lesende Kapitel unterteilt. Es richtet sich an Kinder ab etwa 5 Jahren. Die warmherzige und mit viel Humor geschriebene Geschichte eignet sich ganz wunderbar zum Vorlesen, aber auch Erstleser werden an dem schönen Buch ihre Freude haben. Der Schreibstil ist kindgerecht, die Schrift groß und sehr gut lesbar. Die zauberhaften und detaillierten Illustrationen von Kai Schüttler ergänzen die Kapitel. Herr Dachs und seine kleine Freundin Rakete sind einfach zum Verlieben und werden die kleinen Leser wieder total begeistern. Ich hoffe auf weitere Leseabenteuer von Herrn Dachs und Rakete!
 
Auch für den zweiten Band über Herrn Dachs und Rakete  gibt es von mir eine unbedingte Vorlese- und Leseempfehlung sowie 5 Sterne!

Bewertung vom 23.07.2022
Tiefes, dunkles Blau
Kobler, Seraina

Tiefes, dunkles Blau


sehr gut

Gelungener Auftakt einer neuen Krimireihe
Der Diogenes Verlag hat den ersten Band der neuen Zürich-Krimireihe von Seraina Kobler veröffentlicht.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht die 37jährige Seepolizistin Rosa Zambrano. Da sie sich von ihrem Freund Leo getrennt hat und bisher keine neue Partnerschaft eingegangen ist, lässt sie sich in der Kinderwunschpraxis von Dr. Moritz Jansen Eizellen entnehmen und einfrieren, um sicherzustellen, dass sich ein späterer Kinderwunsch erfüllen wird. Kurze Zeit nach dem Eingriff wird die Leiche des Arztes aus dem Zürichsee geborgen.

Der Tote führte nicht nur seine Kinderwunschpraxis, er war außerdem Teilhaber eines Biotech-Unternehmens mit dem Schwerpunkt Genforschung, dessen Chefin ein Motiv für die Tat zu haben scheint. Dr. Jansen lebte in Scheidung, seine Noch-Ehefrau gerät unter Verdacht, ebenso die neue Frau an seiner Seite. Darüber hinaus gab es regelmäßíge Kontakte zu Damen eines Escort-Services. Rosa wird beauftragt, gemeinsam mit dem Kriminalpolizisten Martin den Fall aufzuklären.

Der eigentliche Kriminalfall steht hier nicht im Vordergrund - das muss man mögen. Die Autorin, selbst in Zürich lebend und ihre Stadt liebend, nimmt uns mit auf eine interessante Stadtführung. Die Beschreibungen der Orte nehmen teilweise sehr viel Raum ein, auch das muss man mögen. Mir hat es gefallen, so viel über Zürich zu erfahren. Des weiteren erfährt der Leser viel über das Privatleben der äußerst sympathischen Rosa: ihre Familie und Freunde, ihre Vorliebe für den kleinen Garten und ganz besonders ihre Kochkünste.

Dass das Buch ganz ohne Gewaltbeschreibungen auskommt, hat mir sehr gut gefallen, da ich leise Krimis liebe. Leider blieb die eigentliche Krimihandlung etwas zu sehr im Hintergrund. Erst im letzten Drittel des Buches nimmt die Geschichte Fahrt auf. Dennoch hat mir der Roman von Seraina Kobler viel Lesefreude bereitet, und ich habe mich sehr gern in die schöne Stadt Zürich entführen lassen.

Der Auftakt der neuen Krimireihe ist unterhaltsam, den ruhigen und schönen Schreibstil der Autorin fand ich großartig. 

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.