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Benutzername: 
sabisteb
Wohnort: 
Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 05.07.2012
The Man in the High Castle
Dick, Philip K.

The Man in the High Castle


gut

Was wäre, wenn Roosevelt 1933 nicht erschossen worden wäre? Hätte der Zweite Weltkrieg dann vor 1947 geendet und hätten vielleicht die Achsenmächte und nicht Deutschland und Japan den Krieg gewonnen und die Welt unter sich aufgeteilt? Diese Frage stellt sich der Autor Hawthorne Abendsen in seinem Roman „The grasshopper lies heay“, der in Festung Europa natürlich verboten ist, in den japanisch besetzten Gebieten und in der neutralen, kleinen, amerikanischen Pufferzone zwischen dem deutschen und japanischen Besatzungsgebiet jedoch ein Bestseller ist.

Großteils ist dieser Roman von Philipp K. Dick ein klassischer alternate history Roman, der natürlich das, besonders in den 1960er Jahren noch heiße Thema Nazideutschland behandelt. Dabei werden leider sämtliche damals herrschende Vorurteile und Klischees über Deutsche bedient: Zyniker, Perfektionisten, seelenlos, überheblich, blond …
Nebenbei scheint Philipp K. Dick auch ein Fan von James Joyce gewesen zu sein und versucht verzweifelt seinen Ulysses zu imitieren. Er beschreibt wenige Tage in dieser Welt aus verschiedenen Blickwinkeln an verschiedenen Orten. Ihre Handlungen beeinflussen einander, auch wenn sie sich nie begegnen. Die Handlungen sind dabei teilweise einfach nur trivial.
Mr. Frink, Jude, geschieden, verliert seinen Job und macht mit einem ehemaligen Kollegen ein Schmuckatelier auf.
Frinks Ex-Frau Juliana Frink, Judolehrerin in der Pufferzone, lernt einen attraktiven Italiener kennen und geht mit ihm auf Reisen
Rudolf Wegener, deutscher Agent, nimmt Kontakt zur japanischen Seite auf.
Robert Childan, 38 Jahre alt, Kunsthändler echter amerikanischer Vorkriegskunst, entdeckt in seinem Sortiment Fälschungen.
Mr. Tagomi und seine Frau, Kunden von Robert Childan.

Dafür bedient sich der Autor umso mehr des inneren Monologs und schreibt zum Großteil auch den Text in dieser Sprunghaften, abgehackten Weise:
„Only way is this, he decided. He felt grim, even desperate. Go to Ray Calvin. Confront him. Insist that he pursue matter back to source. Maybe he is innocent, too. Maybe not.“
Die Protagonisten scheinen insgesamt alle eher gebrochen englisch zu sprechen.
Hinzu kommt, dass Philpp K. Dick immer wieder deutsche Sätze einstreut. Es war damals aber wohl unter der Würde des Autors, einen Muttersprachler die Grammatik und Rechtschreibung kontrollieren zu lassen. Die Deutschen Passagen sind fast alle auf die eine oder andere Art fehlerhaft, sei es grammatikalisch sinnentstellend (wie die Gute, statt das Gute), Formulierungen, die man so nie nutzen würde und Umlaute sind ohnehin eher Glückssache.

Warum nur, ist dieses Buch dann ein visionärer Klassiker der Science Fiction? Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die Grundidee dieses Romans: Das I Ging.
Es geht nicht nur um einen alternativen Geschichtsverlauf. Es geht darum, dass Philipp K. Dick in diese Roman das Prinzip, die Idee der Parallelwelten entwirft, lange bevor Quantenphysiker auf diese Idee kommen sollten und sie wissenschaftlich untermauern würden. Mittels des I Ging kann der Prophet vom Berg Hawthorne Abendsen Informationen aus diesem parallelen Universum herausfinden und sie als Roman veröffentlichen, diese Welt existiert irgendwo. Philipp K. Dick selber schrieb diesen Roman auch mit Hilfe des I Ging und lässt auch seine Protagonisten regelmäßig das Orakel befragen, Philipp K. Dick selbst ist also der Abendsen Hawthorne, unserer Welt.
Die Macher von Matrix setzten daher Philipp K. Dick mit der Figur ihres Orakels in der Matrix Trilogie ein Denkmal, denn auch dort vermittelt das Oracle zwischen den beiden Realitäten, der Welt da draußen und der Matrix.

So gesehen legt die Grundidee des Romans einen wichtigen Science Fiction Grundstein, entwirft eine visionäre Grundidee. Die Umsetzung jedoch, kann nicht überzeugen.

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Bewertung vom 29.06.2012
The Martian Chronicles
Bradbury, Ray

The Martian Chronicles


sehr gut

Die Mars-Chroniken von Ray Bradbury sind weniger ein Roman, als eine Science-Fiktion Kurzgeschichtensammlung zum Thema Kolonisierung des Mars. Die Erschließung des Planeten geht in Wellen von 1999 bis 2026 vor sich. Die ersten Geschichten behandeln die ersten vier Erkundungsmissionen durch Raumfahrer 1999-2001. Anschließend (bis 2005) kommen verschiedene Siedlungswellen, die aus unterschiedlichen Gründen den Mars besiedeln wollen. Ökonomische Gründe, wie Erschließung von Rohstoffen, dann Siedler, dann ältere Menschen, die einen Altersruhesitz suchen oder einfach nur Menschen, die vor den Kriegswirren auf der Erde fliehen wollen. Die letzte Phase beschreibt, wie die Menschen den Mars wieder verlassen, um im Krieg auf der Erde ihren Mann zu stehen, wie einige Menschen vergessen werden und allein zurückbleiben und letztendlich einige wenige Überlebende wiederum Zuflucht auf dem Mars suchen (2026).

Die Kurzgeschichten sind sehr unterschiedlich. Teilweise sind sie abgedreht witzig und ziehen auch heute noch aktuelle Themen durch den Kakao, wie in August 1999: THE EARTH MEN, als die Marsianer die Menschen einfach nur für Halluzinationen halten und ihnen erst einmal Papierkram in die Hand drücken und sie in eine Psychiatrie sperren.
Streckenweise sind die Geschichten, vor allen die kurzen Einschübe, sehr poetisch und machen nachdenklich. Besonders die Poesie des Verfalls und Niedergangs in August 2026: THERE WILL COME SOFT RAINS ist meisterlich.
Es gibt Anklänge an spätere Werke von Bradbury, wie ihn April 2005: USHER II in dem Edgar Allen Poe, Mars und Fahrenheit 451 aufeinandertreffen. Eine der besten Geschichten dieses Buches.
Die Geschichten überschneiden sich, ergänzen sich, beleuchten einige Abschnitte aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Es gibt noch weitere Marsgeschichten, die ich aus Bradbury 13 kenne, die mir hier fehlten, die jedoch wohl deutlich später erschienen, als dieses Buch und schöne Ergänzungen sind.
So wunderbar und poetisch, so gelungen und meisterlich viele der Geschichten auch sind, so haben sie doch auch ihre Probleme. Es gibt sehr viele Referenzen auf die damalige amerikanische Kultur, vor allem auf damals populäre Musik, die man hier in Deutschland gar nicht kennt. Aber zum Glück gibt es ja youtube, wo die Lieder alle auzufinden sind. Generell scheint Bradbury jedoch einen Hass oder sagen wir Abneigung gegen Wissenschaftler zu haben. Für ihn sind sie eine "Society for the Prevention of Fantasy". Permanent hackt er auf der Wissenschaft und den Wissenschftlern herum, die für ihn wohl phantasielose, emotionslose Roboter sind und übersieht dabei, dass einige der größten Science Fiction Autoren, wie H.G. Wells, selber Wissenschaftler waren. Diese Abwehrhaltung führt teils zu sehr kuriosen Schlüssen, die der Autor zieht.

“They blended religion and art and science because, at base, science is no more than an investigation of a miracle we can never explain, and art is an interpretation of that miracle. They never let science crush the aesthetic and the beautiful. “
Er bedient erst einmal das übliche Klischee vieler Geisteswissenschaftler, wenn sie mit der naturwissenschaftlichen Sichtweise konfrontiert werde. Ein Sonnenuntergang ist doch immer noch wunderschön, auch wenn man versteht, wie und warum die Farben entstehen. Kann etwas nur schön sein, wenn man nicht weiß wie es entsteht? Um dann das: “Life was the propagation of more life and the living of as good a life is possible. “ Bradbury ergeht sich also erst in der Preisung von Kunst und Religion, um dann das egoistische Gen als höchstes Ideal anzupreisen?! DAS nenne ich mal inkonsequent.


Fazit: Ein Sci-Fi Klassiker voller Witz, Poesie und Fantasie, aber mit einigen Schwächen. Kein Meisterwerk, aber immer noch wunderbar zu lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.06.2012
Fische aus heimischen Seen & Flüssen
Swoboda, Ingo;Vogt, Jacqueline

Fische aus heimischen Seen & Flüssen


sehr gut

Die Überfischung der Meere ist ein bekanntes Thema. Zuchtfische sind eine Alternative. Was man jedoch aus Zuchtfarmen aus der ganzen Welt so hört, vor allem vom Antibiotikaeinsatz in asiatischen Fischfarmen, lässt einen doch wieder am Sinn und Zweck von Fischfarmen zweifeln. Es wird Zeit sich neu zu orientieren und wie bei Obst und Gemüse oder auch Fleisch beim Fisch auf die regionalen Produkte zurückzugreifen. Die Deutsche Fluss und Seenlandschaft bietet mehr als Forelle und Karpfen. Genau darum geht es in diesem Buch. Dieses Buch stellt die deutschen Speisefische und ihre Zubereitung vor. Zu den einheimischen Speisefischen gehören: Bachsaibling, Felchen, Aal, Flussbarsch, Forellen, Hecht, Karpfen, Brasse, Wels, Rotauge, Schleie und Zander. Dazu gibt es noch den Flusskrebs. Die Autoren geben bei jedem Fisch eine kurze Einführung wo und wie er lebt, Fangzeit und was man beachten muss. Dabei lassen einen einige Formulierungen doch schon mal schmunzeln wie "Brassen […] lieben aber auch kräftig gewürzte Soßen."
Besonders beim filetieren der einzelnen Fische hätte ich mir anatomische Schautafeln für das perfekte filetieren gewünscht. Wie verlaufen die Gräten bei den Fischen, in welchen Winkeln setzt man die Klinge am besten ein. Auch hätte ich mir gewünscht, dass in den Kapiteln, in denen mehrere ähnlich aussehende Fische behandelt werden, diese beschriftet werden und die unterscheidenden Merkmale an Bildern hervorgehoben werden.
Wichtig ist, dass bei allen Fischen die jeweilige Fangsaison verzeichnet ist, denn noch immer gibt es viele Menschen, die nach der R-Regel kochen, d.h. Fisch wird nur in Monaten mit r gegessen, als nicht von Mai bis August. Das war früher sicherlich in den Kriegsjahren sinnvoll, als es keine Kühlmöglichkeiten gab, heutzutage ist diese Regel hinfällig.

Was den Flusskrebs angeht, so vergessen die Autoren leider zwischen dem fast ausgestorbenen einheimischen Flusskrebs und dem eingeschleppten amerikanischen Verwandten zu unterscheiden, der sich wie wild vermehrt. Den vom Aussterben bedrohten einheimischen Flusskrebs sollte man nicht essen, aber seinen Konkurrenten, den Kamberkrebs (sieht genauso aus wie unser Astacus astacus, den man lieber in Ruhe lassen sollte), den Überträger der Krebspest, gegen die er selber immun ist, den darf man ohne Gewissenbisse verspeisen. Leider vergisst man hier auch zu beschreiben, wie man die beiden Krebsarten voneinander unterscheidet, damit man nicht den fast ausgestorbenen Edelkrebs noch mehr dezimiert. Dafür muss ich leider einen Punkt abziehen.

Die Süßwasserfischzucht ist ein regionales Gewerbe. Daher ist dieses Buch natürlich auch nicht für alle Gegenden Deutschlands gleich gut geeignet. Der Bodenseeraum hat wohl die meisten dieser Fische tatsächlich zu bieten, auch in den Seen Ostdeutschlands dürfte es viele verschiedene Fische geben. Die meisten Leser jedoch werden wohl mit dem Kapiteln Forelle und Karpfen vorlieb nehmen müssen. Vor dem Kauf des Buches sollte man daher schauen, ob es diese Fische in der eigenen Regio überhaupt gibt. Hier wäre ein Anhang mit einigen Adressen regionaler Zuchtbetriebe sinnvoll gewesen.

Bewertung vom 22.06.2012
Beim Leben Meiner Schwester
Cameron Diaz,Abigail Breslin,Alec Baldwin

Beim Leben Meiner Schwester


sehr gut

Sara und Brian Fitzgerald sind glückliche Eltern zweier kleiner Kinder Kate und Jesse. Als Sara eines Tages seltsame Blutergüsse auf Kates Rücken bemerkt geht sie zum Arzt. Dieser diagnostiziert Leukämie. Weder Kates Bruder Jesse noch Sara oder ihr Mann kommen als passender Knochenmarksspender in Frage. Daher bekommen Sara und Brian eine weitere Tochter, Anna, eine perfekte Spenderin, ein Designerbaby als Ersatzteillager für Kate. Kates Kindheit ist von da an durch gefährliche medizinische Eingriffe zur Rettung ihrer Schwester Kate geprägt, bis Kate eines Tages mit Nierenversagen zusammenbricht. Hier zieht Anna einen Schlussstrich. Sie ist auch wichtig. Sie ist mehr als Ersatzteile für Kate. Sie verklagt ihre Eltern darauf, dass sie von nun an selber über ihren Körper und medizinische Behandlungen bestimmen möchte.

Ein wichtiges und auch sehr anspruchsvolles Thema, das hier angesprochen wird. Anne lebt nur, weil Kate schwer krank ist. Aber Anna lebt und zwar ein eigenes Leben. Sie hat Wünsche und Träume und ist mehr als nur ein Ersatzteillager für Kate, als das ihre Mutter sie wohl ansieht. Leider rückt diese wirklich spannende und kontroverse Frage sehr schnell in den Hintergrund der Geschichte. Man driftet schnell in eine rührselige Darstellung der letzten Tage eines krebskranken Mädchens ab. Erste Liebe, neue Behandlungen, langsamer Verfall. Es werden alle Register gezogen, um auf die Tränendrüse zu drücken und letztendlich hat man auch nicht den Mut, die oben genannte Fragestellung und die dadurch entstandenen Verwicklungen wirklich bis zum bitteren Ende durchzuziehen und entwindet sich mit einem sehr vorhersehbaren Kniff. Ich habe mich da schon sehr betrogen gefühlt, weil der Film dadurch wieder nur zu einem typisch amerikanischen Rührstück wurde. Im gleichnamigen Buch von Jodi Picoult beweist die Autorin deutlich mehr Mut, der jedoch fehlte den Produzenten des Films oder sie hatten Angst, das Publikum zu sehr zu schockieren. Die im Film gewählte Auflösung empfinge ich als feige aber massentauglicher.

Dennoch ein gut gemachter Film, wenn man mal wieder so richtig heulen will oder ohnehin deprimiert ist.

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Bewertung vom 19.06.2012
Reise zum Mittelpunkt der Erde, 2 Audio-CDs
Verne, Jules

Reise zum Mittelpunkt der Erde, 2 Audio-CDs


ausgezeichnet

Hamburg, Sonntag, 24. Mai 1863. Otto Lidenbrock, Professor für Mineralogie am Johanneum, ist ein klassisches Exemplar eines Wissenschaftlers: Genial, was sein Fachgebiet und die Wissenschaft angeht, im täglichen Leben eher ein wenig verpeilt und geizig. Nebenbei ist Professor Lidenbrock ein Wunder von einem Sprachenkenner. Mit ihm leben sein siebzehnjähriges Patenkind Gretchen und sein zur Waise gewordener Neffe und Erzähler der Geschichte, Axel. Axel ist Lidenbrocks unentbehrlicher Assistent ob er nun will oder nicht (und er will teilweise eher nicht). Dabei liebt Axel das Gretchen und Gretchen liebt ihn und beide wissen nicht, wie er es dem Onkel beibringen sollen.
Eines Abends schleppt Otto Lidenbrock ein altes, abgewetztes Buch an. Eigentlich nichts Besonderes, er schleppt andauernd irgendwelche alte Schinken (Scharteken) an. Diesmal ist es die Heimskringla von Snorro Sturleson, dem berühmten isländischen Chronisten des zwölften Jahrhunderts. Leider hat der letzte Besitzer, ein obskurer Alchemist in diesem Buch auch noch ein geheimes Dokument versteckt, das den Weg zum Mittelpunkt der Erde bezeichnet. Sofort ist Lidenbrook Feuer und Flamme. Er packt alles für eine Expedition zusammen und der Arme Axel muss hinterdrein, ob er will oder nicht.
Wird Axel sein Gretchen je wiedersehen?

2005 nahm sich Leonhard Koppelmann die anonyme Übersetzung des Jules Verne Klassikers von 1874 vor (die mittlerweile gemeinfrei ist) und machte daraus ein fünfteiliges, 162 minütiges Hörspiel für den MDR/RBB. Für echtes Höhlengefühl sorgte man, indem die Aufnahmen, die unter der Erde spielen, in den Saalfelder Feengrotten aufgenommen wurden.
Natürlich musste die Geschichte für das Hörspiel ein wenig gekürzt werden, diese Kürzungen sind jedoch recht dezent. Es wurde vor allem am Anfang gespart. Martha die Haushälterin wurde gestrichen, man hat die Entschlüsselung, Szenen mit Gretchen und die Reisevorbereitungen zusammengestrichen. Auf der Reise zum Snäfields Yokul wurden die Aufenthalte bei den Bauern und den schmiedenden Pfarrer weggekürzt. Unter der Erde fiel die Axelinsel den Kürzungen zum Opfer und die Entdeckung, dass der Sturm sie zurückgetrieben hat, war im Buch anders begründet. Des Weiteren fiel mir die seltsame Änderungen, dass im Vulkanschlot der Ruhmkorffsche Apparate statt einer Fackel verwendet wurde, obwohl er beim Sturm verloren ging. Insgesamt jedoch nichts wirklich Entstellendes.
Besonders gut hat mir gefallen, dass Hans mit einem echten Dänen besetzt wurde (Bjarne Henriksen) und genau wie im Buch Dänisch spricht und nicht Deutsch, wie im stark gekürzten BR Hörspiel von 1980. Auch die anderen Sprecher sind ausgezeichnet, gut voneinander zu unterscheiden und wirklich lebensecht agierende Sprecher.

Fazit. Sehr nahe an der literarischen Vorlage von 1874

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Bewertung vom 12.06.2012
Welt am Draht

Welt am Draht


schlecht

Deutschland (?) in den 1970er Jahren. Das "Institut für Kybernetik und Zukunftsforschung (IKZ)" hat eine Computersimulation namens Simulacron-1 entwickelt, die eine künstliche Kleinstadt mit einigen Tausend Bewohnern simulieren. Die simulierten Identitätseinheiten sind autark und halten sich für echte Lebewesen.
Nach dem mysteriösen Tod des Direktors Professor Henry Vollmer, der Andeutungen über eine ungeheure Entdeckung machte, wird Fred Stiller sein Nachfolger. Vollmer hatte einem Mitarbeiter namens Günther Lause einiges angedeutet, doch ehe Stiller dem nachgehen kann, verschwindet auch Lause spurlos. Zudem
scheint Stiller der einzige zu sein, der sich noch an Lause erinnern kann, für alle anderen hat er nie existiert. Als wäre das nicht seltsam genug, beginnen in Simulacron seltsame Dinge vorzugehen. Simulationseinheiten wollen Selbstmord begehen, andere versuchen das System zu verlassen und in die wirkliche Welt zu gelangen.

"Welt am Draht" ist die erste Verfilmung des Sci-Fi Romans Simulacron-3 von Daniel F. Galouye. Ich kannte bisher nur die Verfilmung von 1999, "The 13th Floor" und die fand ich extrem genial. Nun wollte ich mir mal die Originalverfilmung von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1973 ansehen.
Rainer Werner Fassbinder gilt ja als einer der wichtigsten Vertreter des Deutschen Films der 1970er- und 1980er. Der Film gilt als Klassiker und wurde von den Kritikern der damaligen Zeit wegen seiner "Ästhetik und seinem Spiel mit der Realität", seiner "Qualität des Ensembles und der Kameraführung" gelobt.
Wie enttäuscht war ich, als ich mir dieses hochgelobte Werk dann angetan habe. Vorsichtig ausgedrückt trifft das Werk wohl nicht mehr den heutigen Zeitgeist. Die Romanvorlage wurde als zweiteiliger Versehfilm umgesetzt mit einer Laufzeit von 204 Minuten, hat aber nicht wirklich mehr Handlung als "The 13th Floor", wodurch der Film EXTREM langatmig wirkt. Man führt viele, gekünstelte, teils Inhaltsfreie Gespräche, teils hochphilosophisches Gelaber. Herren am Tisch labern in diversen Konstellationen. Die Figuren sind allesamt unsympathisch und wirken stoned. Die Frauen sehen seltsam aus, ganz abgesehen von den krassen Frisuren der 70er und der damaligen Mode, sehen diese Frauen künstlich aus, wie leblose Puppen. Die Hinweise darüber, was wirklich vorgeht werden dermaßen mit dem Holzhammer präsentiert und immer wieder darauf hingewiesen, dass eigentlich nach der Hälfte der Laufzeit Alles klar ist. Die Kameraführung wirkt oft extrem gewollt, gekünstelt und fehl am Platz bis seltsam, als versuche man krampfhaft eine gewisse Ästhetik zu erzeugen, was leider so gar nicht funktioniert. Der zweite Teil ist zum Großteil komplett überflüssig und zieht die Handlung nur unnötig in die Länge und behandelt hauptsächlich das Philosophische Problem was real ist und was nicht. Ist unsere Umwelt real oder nicht? Ist Kaffee braun, weil er braun ist? Statt den Zuschauer selber Denken zu lassen, werden hier alle Fragen durchexerziert. In den 70er Jahren war man wohl nicht in der Lage die Implikationen der Geschichte selber zu erfassen, oder man hielt das Publikum für zu dumm es selber durchblicken zu können, was der Autor einem sagen will, daher wurde alles sehr detailliert durchgehechelt. Der Soundtrack ist das pure Grauen und wird zum Glück sehr sparsam eingesetzt, meist gibt es gar keine Hintergrundmusik und das ist gut so, denn meist laufen eher seltsame Volksmusikstücke und verhunzte Klassik.

Fazit: Der Film mag damals ein neues, spannendes Thema behandelt haben. Heutzutage jedoch ist das Thema eher Allgemeinwissen und recht ausgelutscht. Die expliziten, erklärenden Dialoge wirken aus heutiger Sicht langatmig und ermüdend. Kurzum, trifft den heutigen Zeitgeist nicht mehr und ist für den modernen Konsumenten teils richtiggehend qualvoll anzusehen.

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