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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
gagamaus
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 510 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2021
Unheimlich nah
Scheerer, Johann

Unheimlich nah


ausgezeichnet

Nachdem der Unternehmer Jan Philipp Reemtsma im Jahr 1996 lebend als Entführungsopfer zurückgekehrt ist, mag man denken, er hätte Glück gehabt und könnte nun sein Leben einfach so fortsetzen. Aber falsch gedacht. Der Autor, sein Sohn Johann Scheerer, beschreibt in seinem Roman „Unglaublich nah“, wie eine Familie, ein Teenager und auch wie der Vater mit diesen schrecklichen Erlebnissen umgehen, wie die Entführung alles verändert, wie Ängste und psychische Fluchten das Familienleben schwierig und schmerzhaft machen.

Man kommt dem Vater und dem Sohn wirklich unglaublich nah in diesem Buch. Es schnürt einem oft die Kehle zu oder man möchte schreien und zum Befreiungsschlag des jungen Mannes auffordern. Es ist sicherlich ein Coming-of-age Roman aber es ist sehr viel mehr, denn was diese Menschen erlebt haben, multipliziert viele Gefühle. Den Wunsch nach Sicherheit aber auch die Sehnsucht nach Freiheit und Normalität ringen in der Brust des Sohnes miteinander.

Ein intensives Leseerlebnis mit einer Sprache, die Aufmerksamkeit fordert und mit Tiefe belohnt.

Bewertung vom 17.03.2021
Gemeinsam stark in Virgin River / Virgin River Bd.8
Carr, Robyn

Gemeinsam stark in Virgin River / Virgin River Bd.8


ausgezeichnet

Statement eines Fans für diese Reihe:
Wer schlecht drauf ist, Stress im Privateleben hat, genervt ist vom Real-life, wer mal keine schwere Kost, keinen Mord und Totschlag, keine schwierigen Themen will, der ist mit den Büchern von Virgin River auf der sicheren Seite. Egal ob man hier mit den 9.ten Teil oder dem ersten Band beginnt. Man bekommt ganz einfach und ohne viel Trara einfach gute Laune.

Mit viel Gefühl und Humor beschreibt Robyn Carr ihre Darsteller. Das Leben in der amerikanischen Kleinstadt ist meist unaufgeregt, gemütlich, harmonisch und auch etwas zuckrig. Herz und Gefühl werden kräftig angesprochen, man darf schmunzeln und nimmt auch etwas kitschig-naive Sachen klaglos hin. Weil man einfach gut unterhalten wird und sich nichts dabei denken muss, wenn man mal seufzt oder lacht. Die Autorin hat es einfach drauf, dass ich eine Liebesgeschichte nach der anderen aus Virgin River weglese und mich jedes Mal wieder auf eine neue freue. Dafür volle Punktzahl.

Bewertung vom 17.03.2021
Meine ferne Schwester
Lennox, Judith

Meine ferne Schwester


sehr gut

Judith Lennox schreibt über das komplizierte Verhältnis zweiter sehr unterschiedlicher Schwestern, die ein Schicksalstag in der Vergangenheit immer mehr von einander entfernt hat. Erst die Schrecken und Ängste des zweiten Weltkrieges bringen sie einander wieder näher.
Lennox erzählt routiniert aus dieser Zeit. Man merkt, dass die meisten ihrer Bücher dort angesiedelt sind. Auch ihre Themen ähneln sich. Wobei hier nicht unbedingt Liebesbeziehungen zwischen Mann und Frau sondern zwischen Geschwistern im Fokus stehen. Man weiß ja, wie schwierig Familie sein kann und so findet man durchaus Gefühle in diesem Buch, die man selber schon mal so oder so ähnlich erlebt hat.
Die Story ist realistisch und mit Bedachtsamkeit erzählt. Man sollte keinen starken Spannungsbogen erwarten sondern einen ruhigen Erzählfluss.

Bewertung vom 05.03.2021
Mordsand / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.4
Fölck, Romy

Mordsand / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.4


ausgezeichnet

Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn ermitteln wieder. Diesmal stellt sich der Polizei die Frage, ob ein 20 Jahre altes Skelett und ein gerade eben in der Nordsee Ermordeter etwas miteinander zu tun haben könnten. Dabei stoßen die Ermittler auf Hinweise, die zu einer ehemaligen Jugendumerziehungsanstalt der DDR führt. Stückchen für Stückchen wird wieder ein Beweispuzzle für den Leser aufbereitet. Dabei spielt sowohl die nordische Landschaft, das Meer und ein Leuchtturm eine große Rolle, aber auch Fridas Familie und Freunde sind sehr wichtig für das Feeling in diesem Roman.
Ich bin ein bekennender Fan der Reihe, und das will bei mir als Südbayerisches Urgestein, die kaum Regio-Krimis liest schon etwas heißen. Die Geschichte ist phasenweise gemütlich, ruhig und intensiv auf dem familiären Fokus von Haverkorn und seiner Tochter, der wachsenden Liebesbeziehung von Frida mit ihrem Pathologenfreund, den Veränderungen auf dem Hof von Fridas Eltern. Dennoch ist es ein solider Krimi, der diesmal weniger spektakulär dafür am Ende um so überraschender Fahrt aufnimmt und einen richtigen Showdown zu bieten hat.
Besonders hervorheben möchte ich die Art, wie Romy Fölck sehr liebevoll und aufmerksam auf ihre Darsteller schaut und es kein schwarz-weiß gibt aber dennoch dem Verbrechen auch eine harmonische Familie gegenübersteht, so dass man das Buch wunderbar zufrieden schließt und hofft, dass es bald weitergeht mit einem neuen Band dieser Reihe.

Bewertung vom 04.03.2021
Das Geheimnis der Themse
Goga, Susanne

Das Geheimnis der Themse


ausgezeichnet

Ich bin ein Fan von Susanne Gogas Histo-Romanen. Auch, weil ich gerne mal neben langen Reihen stand-alones lese und immer wieder neue sympathische Darsteller kennenlerne und ein Ende ohne Cliffhanger bekomme. Deshalb wurde ich beim Goga-Buch „Der verbotene Fluss“ vortrefflich unterhalten. Aber schon damals hatte ich den Wunsch, Charlotte und Tom wieder zu treffen, weil ich sie so liebgewonnen hatte. Und es scheint, dass die Autorin entweder dem Wunsch vieler begeisterter Leserstimmen nachgekommen ist oder dieses Pärchen ihr selber immer wieder im Kopf rumgespukte und es deshalb eine lose Fortsetzung unter dem Titel „Das Geheimnis der Themse“ gibt.


Charlotte und Tom sind inzwischen seit zwei Jahren verheiratet und beziehen ein kleines Häuschen. Zu ihrem Glück fehlt eigentlich nur noch ein Kind, aber das klappt irgendwie nicht so recht und die beiden hadern ein wenig mit sich und ihrem Schicksal. Bald tritt dies aber in den Hintergrund. Tom erhält einen neuen Buchauftrag und recherchiert in diesem Zusammenhang im Londoner Stadtgebiet, wo es mystische und magische Plätze gibt. Charlotte, gerade ohne richtigen Job, stolpert über eine sehr alte Münze und eine tote junge Frau, die beide am Strand der Themse gefunden werden. Die unterschiedlichen Ermittlungen der beiden führen zu immer neuen Puzzleteilen. Schlaue Ideen und glückliche Zufälle gehen Hand in Hand und bald ist klar, dass in London der seltsame Isiskult praktiziert wird und der Tod der Frau damit zusammenhängen könnte. Und wie sollte es anders sein, langsam wird die Sache für die beiden auch ganz persönlich immer gefährlicher.

Das Buch liest sich von der ersten Seite an wundervoll. Das liegt zum einen an den beiden bekannten und herzerwärmenden Hauptakteuren. Zum anderen am Londonsetting welches toll rüberkommt, allein schon durch die vielen Ausflüge von Charlotte und Tom zu interessanten magischen Plätzen. Bekannte Theaterstücke, berühmte Persönlichkeiten und auch neue Infos gehen Hand in Hand. Das Ensemble wird durch einen schlauen Teenager und interessante Nebenfiguren belebt.

Mehr möchte ich nicht verraten, aber wer leicht historische Romane mit einer Spur Krimi-Handlung mag, der muss hier unbedingt zugreifen. Das Lesen hat mir großen Spaß gemacht und am Ende bin ich wieder da, wo ich schon im ersten Buch mit Charlotte und Tom war. Ich hätte nichts dagegen, sie und auch Alfie nochmal wieder zu treffen.

Bewertung vom 18.02.2021
Die Katzen von Shinjuku
Sukegawa, Durian

Die Katzen von Shinjuku


sehr gut

Wir befinden uns mitten in Tokio in einem eher etwas heruntergekommenen Viertel namens Shinjuku. Ein mehr oder weniger erfolgloser Fernsehautor möchte eigentlich nur mal einen Abend seinen Frust ertränken. Dabei landet er in der Bar Karinka wo eine handvoll einsamer Gestalten täglich hier abhängen und dabei ein seltsames Wettspiel begonnen haben, bei dem sie tippen, wann welche Straßenkatze an der kleinen Fensterluke über der Bar vorbei tigert.

Die Geschichte ist so fremd und ungewöhnlich, dass ich leichte Schwierigkeiten hatte, mich in das Leben von Yama dem Autor und Yume jungen Frau, die die Bar am Laufen hält, einfinden konnte. Ich schwankte zwischen Faszination und Unverständnis. Die eher pflegmatische Grundeinstellung des Hauptdarstellers fand ich anfangs anstrengend. Erst nach und nach taut der junge Mann auf, reflektiert sein Leben gründlicher und erkennt, dass er etwas ändern muss und möchte. Die zarte Annäherung zu Yume ist sehr schön beschrieben auch wenn man die beiden bald schütteln möchte, weil sie so zögerlich und scheu sind. Im letzten Viertel nimmt die Geschichte dann an Fahrt auf und wird richtig spannend.

Ich fand das Buch nicht ganz so gut, wie das erste "Kirschblüten und rote Bohnen" aber immer noch ein gehaltvolles Leseerlebnis.

Bewertung vom 09.02.2021
Glückskinder
Simon, Teresa

Glückskinder


ausgezeichnet

Glückskinder sind sie alle. Die Holländerin Griet, die als Zwangsarbeiterin unter unmenschlich harten Bedingungen versucht zu überleben, ihre Freundin Leni, die zur Prostitution gezwungen wurde und hochschwanger schwer erkrankt ist, die Münchnerin Toni, die mitten in der zerbombten Stadt auf engstem Raum mit den überlebenden Mitgliedern ihrer Familie zusammenlebt, die allesamt hungern und frieren in dieser schweren Zeit nach dem verlorenen Krieg, der geheimnisvolle Louis, der aus allem das Beste zu machen scheint, obwohl ihn eine traurige Vergangenheit plagt, ja sogar der amerikanische Soldat Dan, der so viele Meilen weg von zuhause als Kriegsgewinner in die bayerische Hauptstadt einzieht und der versucht all jene vor Gericht zu bringen, die Nazis waren oder den Nazis hinterherliefen.

Anfangs wissen sie nicht, wie viel Glück sie gehabt haben, diesen Krieg zu überleben und wie viel Glück das Leben trotz all des Leides noch für sie bereit hält. Und obwohl die Ausgangssituation grau und traurig und düster scheint, so ist doch von Anfang an ein kleines zuversichtliches Licht in dieser Geschichte und nach und nach wird es immer heller und bunter und fröhlicher und schafft es, dass Wunden heilen, Feinde sich versöhnen, Menschen sich verlieben, Meinungen sich ändern und aus den Ruinen Münchens Stück für Stück wieder die wunderschöne Stadt mit all den föhlichen Menschen wird, die es immer sein wollte.

Mich hat vor allem der positive Ton in dieser Geschichte total berührt. Die Darsteller hatten es keineswegs leicht gehabt in diesem Krieg und konnten teilweise nur mit viel Mut und Erfindungsreichtum und auch der ein oder anderen Lüge überleben. Und die Nachkriegszeit ist geprägt von eisigen Wintern und einem Sommer, der die Felder verbrennt, so dass sehr lang Hunger und Mangel am Notwendigsten das Leben bestimmt. Und die Kriegserlebnisse sind natürlich noch lange nicht verarbeitet und bewältigt. Aber Griet und Toni sind jung und wollen mehr vom Leben. Und sie dürfen am Ende auch das Glück finden, das sie verdient haben.

Eine weitere Stärke des Buches ist das treffend geschilderte Lokalkolorit und die historischen Fakten, die wunderbar in die Story verwoben sind. Als waschechte Münchnerin fühlte ich mich hier von der ersten Seite an zuhause und war begeistert über die vielen kleinen Details, die Teresa Simon liebevoll verarbeitet hat. Man merkt ihr die versierte Autorin und Historikerin an und dass sie selbst ein münchner Gwächs ist, hat sicherlich auch nicht geschadet.

Ein wundervoller Roman der auch in grauen Zeiten Optimismus versprüht und glücklich macht. Ganz ohne Kitsch, versteht sich.

Bewertung vom 05.02.2021
Kreuzberg Blues / Georg Dengler Bd.10
Schorlau, Wolfgang

Kreuzberg Blues / Georg Dengler Bd.10


sehr gut

Bisher habe ich die Dengler-Reihe lediglich im Fernsehen verfolgt und von Fall zu Fall ist meine Begeisterung über diese politischen Kriminalromane gewachsen. Kreuzberg Blues ist also mein erster gelesener Ausflug in die Schorlau-Welt.
Gefallen hat mir der präzise und sehr dynamische Schreibstil. Da ich Dengler und Olga ja schon etwas kenne, habe ich mich auch in ihrer Beziehung sofort zurecht gefunden. Schön fand ich auch den Ausflug ins Zentrum Berlins. Mit all seinen Facetten, all seinen Schattenseiten, die so eine Großstadt ja hat. Und ziemlich realistisch auch, dass Corona gerade beginnt in Europa anzukommen. Also ein Szenario, welches jeden Leser ja ganz persönlich auch betrifft.
Der Fall an sich war für mich vielleicht nicht ganz so interessant wie Vorgängerromane. Ich weiß aber, dass man einiges davon sicher auch auf die Verhältnisse in meiner Heimatstadt München runterbrechen kann. Also habe ich das Buch gerne und aufmerksam gelesen.
Man merkt der Geschichte die Recherche des Autors an. Hier soll nicht nur unterhalten sondern auch informiert werden. Auch das hat mir gut gefallen.

Bewertung vom 05.02.2021
Wisting und der Atem der Angst / William Wisting - Cold Cases Bd.3
Horst, Jørn Lier

Wisting und der Atem der Angst / William Wisting - Cold Cases Bd.3


ausgezeichnet

Wisting ermittelt wieder. Diesmal wird aus einem alten ganz unerwartet ein aktueller Fall, denn der eigentlich schon Verurteilte kann bei einer Tatortbegehung entfleuchen. Das kurz vorher ein Nachahmer angefangen hat zu morden, ist auch nicht wirklich hiflreich. Wisting und sein Team, inklusive der hochmotivierten Tochter, ermitteln fieberhaft und bald auch etwas neben den Gesetzmäßigkeiten.

Ein wirklich guter Krimi mit einer gehörigen Dosis Brutalität und Spannung, sehr viel solider Ermittlertätigkeit und erfreulich lange sehr verzwickt und undurchsichtig, so dass man bis zum Ende rätselt und überrascht wird. Ich wurde erst spät auf Jorn Lier Horst aufmerksam und suche nach seinen älteren Werken. Hochwertige Spannungsliteratur.

Bewertung vom 25.01.2021
Miss Bensons Reise
Joyce, Rachel

Miss Bensons Reise


gut

Eines dieser Bücher, die ich gerne mehr gemocht hätte. So was gibt es. Bei mir sogar relativ häufig, da ich eine bestimmte Vorstellung von einer Geschichte habe. Diese Vorstellung muss sich nicht zwangsläufig erfüllen. Ich mag es auch, wenn ich überrascht werde. Ich mag es, wenn ein Buch Genregrenzen überschreitet. Was ich nicht mag, ist es, wenn Geschichten vor sich hinplätschern und wenn die Handlung zwei albernen Frauen auf eine Reise folgt, die lang und langatmig erzählt ist. Die Reise ist das Ziel, das war mir klar. Aber ich hatte nicht mit den profanen und bemüht witzigen Szenen gerechnet, die sich hier aneinander reihen. Spannung soll eine Art Krimihandlung geben, und ja, es gibt auch Tote am Ende. Aber eigentlich gehört das gar nicht so recht zu dieser Reise dazu. Es ist ein Puzzleteil, welches nicht zu der humorigen Erzählart passt. Irgendwie wurde ich nicht warm mit all dem. Es war mir von allem zu viel und doch zu wenig. Zu viel Albernheiten und überspitzt humorig dargestellte Personen, zu viele Genre-Baustellen aber dann doch zu wenig von den historisch interssanten Elementen, die ich erhofft hatte.

Einfach nicht meines.