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Ingrid von buchsichten.de
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Erkelenz

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Insgesamt 329 Bewertungen
Bewertung vom 22.09.2021
Der Mauersegler
Schreiber, Jasmin

Der Mauersegler


ausgezeichnet

Dr. Marvin Prometheus Grabow ist ein junger aufstrebender Arzt und der Protagonist des Romans „Der Mauersegler“ von Jasmin Schreiber. Er wird bei seinem Zweitnamen gerufen, den ihm seine Mutter aufgrund der bekannten griechischen Sage gegeben hat, denn ihr gefällt der Held, der Gutes für die Menschheit tut und Strafe nicht scheut. Auch die Hauptfigur hat Gutes im Sinne. Jakob, bester Freund von Kindertagen an hat Krebs und Prometheus verspricht ihm, sein Bestes zu tun, damit er wieder gesund wird. Doch dann überrollt Jakob die Krankheit und stirbt, zurück bleibt der trauernde Freund, der mit Gewissensbissen kämpft. Er flieht vor der Familie, den Freunden und den Konsequenzen mit dem Auto von seinem Wohnort an der Ostsee nach Dänemark und fühlt sich wie ein Mauersegler, der nicht mehr allein vom Grund wegfliegen kann, wenn er geschwächt gelandet ist.

Die Autorin beschreibt einfühlsam die Gefühlswelt von Prometheus, der sich die Schuld am Tod seines Freunds gibt. Voller Verzweiflung kämpft er gegen das mächtige Verlangen an, Jakob ins Jenseits zu folgen. Die Schuld drückt ihn nieder, seine Gedanken wandern in die Vergangenheit, nicht nur zu schönen gemeinsamen Zeiten, sondern auch zu Abenteuern, die mit körperlichen Verletzungen endeten, bei denen sie aber immer füreinander da waren.

Erst im Laufe der Zeit erfuhr ich als Leserin, warum Prometheus sich selbst anklagt. Durch Zufall trifft er am Strand in Dänemark auf zwei ältere Frauen, die eine Pferdezucht betreiben und einige Gästezimmer anbieten. Die beiden begegnen ihm aufgeschlossen und geben ihm den nötigen Freiraum sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen, während sie unaufdringlich für ihn da sind. Bei ihnen begegnet er einer naturverbundenen Lebensweise mit Kenntnissen, welche alt und bewährt sind und manchmal mystisch.

Die Autorin kennt sich in der Sterbe- und Trauerbegleitung aus und daher sind ihre Beschreibung der Auseinandersetzung von Prometheus mit dem Tod des Freundes authentisch. Ihr Schreibstil berührt tief und dennoch gelingt es ihr in bestimmten Situationen einen heiteren Tonfall anzuschlagen und damit die ergreifende Stimmung des Romans aufzulockern. Als studierte Biologin spürte ich Jasmin Schreibers Zuneigung für Flora und Fauna, denn sie bindet Wissenswertes und Unterhaltsames beispielsweise über Pferde und Mauersegler in ihre Geschichte ein. Wer den Roman „Marianengraben“ der Autorin gelesen hat, erlebt eine kurze Erinnerung an eine der Figuren in der Erzählung.

Mit ihrem Roman „Der Mauersegler“ schafft Jasmin Schreiber es erneut, mich emotional zu berühren durch die Auseinandersetzung des Protagonisten mit einer abrupt endenden langjährigen Freundschaft und seine Mitverantwortung daran. Gerne empfehle ich den bewegenden Roman weiter.

Bewertung vom 17.09.2021
Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich
Randau, Tessa

Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich


ausgezeichnet

In ihrem Buch „Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich“ schreibt Tessa Randau über eine Begegnung, die das Herz wieder öffnete, wie es auch im Untertitel heißt. Der Ratgeber in Romanform bietet wertvolle Ratschläge für Beziehungen, vor allem für Paare.

Tessa Randaus Protagonistin ist unbenannt. Sie ist seit längerem verheiratet und mittleren Alters. Das Ehepaar scheint einander zugeneigt, aber ohne, dass sie derzeit gemeinsam besonders schöne Erlebnisse teilen. Daher schenkt die Hauptfigur ihrem Mann Chris ein Wochenende in den Bergen. Gedanklich stellt sie sich vor, wie sie bei Wanderungen die Zeit zu zweit genießen werden und dabei gemeinsame Erinnerungen schaffen können.

Dann wird sie damit konfrontiert, dass Chris sich stattdessen auf den dortigen Bike-Park freut, um seinem Hobby zu frönen. Es kommt zum Streit und sie begibt sich allein auf die Wanderung zu einem Gipfel. Bei einer Rast wird sie von einem älteren Mann angesprochen, der sie auf ihrem weiteren Weg begleitet. Die offene und direkte Art in der beide von Beginn an miteinander reden, erstaunt sie. Die Gespräche auf der Tour führen dazu, dass sie einen neuen Blick für ihre Beziehung zu Chris gewinnt.

Für ihre Geschichte hat die Autorin bewusst einen Charakter gewählt der namenlos bleibt und an dem manche Leserin sich in bestimmten Eigenschaften selbst wiederfindet. Aber das Buch richtet sich nicht nur an Frauen, denn auch Männer werden mal mehr, mal weniger die Situationen wiedererkennen, die das Paar in ihrer Ehe erlebt. Im Laufe der Zeit hat sich Routine eingeschlichen, die Kinder binden Zeit, die das Paar nun nicht mehr für sich allein hat. Tessa von Randau schaut auf die Wünsche der Frau genauso wie auf die des Mannes in der aktuellen Situation, die zum Konflikt geführt haben.

Nicht nur im wörtlichen Sinne lichtet sich der Nebel in der Geschichte „Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich“ von Tessa Randau für den Leser und die Leserin, denn sie macht auf nicht bewusste Gefühle aufmerksam. Die Autorin hat sich von Konzepten von Schulze von Thun, Chapman und Bradshaw inspirieren lassen, die sie in ihre Geschichte einbindet, verständlich ausmalt und damit eine fundierte Grundlage für ihre Ratschläge bietet. Neben Anregungen zur Kommunikation richtet sie ihren Blick auf die Kindheit der Figuren. Daraus ergibt sich eine Erzählung mit einigen Denkansätzen für das Miteinander, nicht nur von Paaren, denn gewisse Punkte lassen sich auf weiteres menschliches Miteinander anwenden.

Das Buch „Die Berge, der Nebel, die Liebe und ich“ ist ein empfehlenswerter Ratgeber für Beziehungen von Tessa Randau. In einer ansprechenden, anregenden Geschichte hat die Autorin manchen Ratschlag, basierend auf bewährten Konzepten, für das gegenseitige Verständnis der Kommunizierenden eingebunden. Eine Identifikation mit den Figuren der Erzählung ist leicht möglich. Erwähnenswert sind auch die schönen und passenden Illustrationen von Ruth Botzenhardt, wodurch das Buch optisch für Aufmerksamkeit sorgt.

Bewertung vom 12.09.2021
Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3
Schuster, Stephanie

Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Mit dem Roman „Die Wunderfrauen - Freiheit im Angebot“ findet die Trilogie von Stefanie Schuster rund um die in Starnberg lebenden Freundinnen Luise, Marie, Helga und Annabel ihren Abschluss. Inzwischen sind die 1970er Jahre angebrochen, die Frauen sind jetzt vom Alter her in ihren 40er Jahren beziehungsweise Anfang 50. In Bezug auf die Partnerschaft hat sich bei den Vieren seit den in Band zwei beschriebenen Begebenheiten einiges ereignet und auch im vorliegenden Teil gibt es Veränderungen. Die Autorin hat die Geschichte an geeigneten Stellen mit kleinen Rückblenden versehen, so dass keine Kenntnisse der ersten Bände zum Verständnis notwendig sind.

Der Prolog gibt Ausschau auf eine gemeinsame Reise der Freundinnen im Jahr 1973 nach Paris, die turbulenter als geplant verläuft. Doch bis es soweit ist erleben sie viele Höhen und Tiefen. Im Sommer 1972 besitzt Luise immer noch ihr Lebensmittelgeschäft. Obwohl sie über die Jahre hinweg die Gestaltung und das Angebot des Ladens den aktuellen Erfordernissen immer wieder angepasst hat, nimmt ihre Kundschaft beständig ab. Ihre Schwägerin Marie leitet derweil einen Reiterhof. Helga wünscht sich trotz eines tollen Jobangebots die Selbständigkeit und Annabel geht durch die sich ihr bietenden Gelegenheiten ihrem detektivischen Spürsinn nach. Jede der vier Freundinnen schaut zunehmend selbstbewusster auf eine Zukunft in der sie ihre Träume verwirklichen möchte.

Stephanie Schuster zeigt in ihrem Roman, dass es für eine Frau auch zu Beginn der 1970er Jahre noch nicht selbstverständlich war, einen Beruf auszuüben. Ebenso verdeutlicht sie die Schattenseiten der selbständigen wie auch der angestellten Tätigkeit am Beispiel von Luise und Marie sowie Helga. Aktuelle Musik und Literatur begleiten die vier Frauen auf ihrem Weg und mit den Olympischen Spielen in München steht ihnen sogar in unmittelbarer Nähe ein Weltereignis bevor. Doch leider bieten die Spiele bekanntermaßen nicht nur das erhoffte freudige Geschehen und Annabel bangt in diesem Rahmen um eine ihr liebe Person.

Das Ladenkundebuch darf natürlich auch im dritten Band nicht fehlen und auch diesmal hält Luise hierin Fakten, Tipps und alles fest, was für sie nicht in Vergessenheit geraten darf wie beispielweise Gesetzesänderungen, die die Stellung der Frau in der Gesellschaft verbessern. Schließlich wird aus dem Ladenkundebuch ein Reisetagebuch.

Der Autorin schreibt über die Behinderungen von Annabels Tochter und Maries Schwager einfühlsam. Annabel beschäftigt immer noch die Vergangenheit der angeheirateten Familie, denn über die Zeit des Nationalsozialismus hat diese den Mantel des Schweigens gehüllt genauso wie die Eltern von Helga. Aber Alter und Tod geben ihr jetzt die Möglichkeit die Wahrheit aufzudecken, die nicht nur sie bewegt, sondern auch mich als Leser.

Ich empfand den dritten Teil der „Wunderfrauen“-Serie eigentlich noch nicht als abschließend, denn ich könnte mir eine weitere Fortsetzung sehr gut vorstellen. Jede der Frauen kann stolz auf ihre Kinder und damit auf ihre erzieherischen Fähigkeiten sein. Es wäre schön, wenn es einen weiteren Band geben würde, denn ich möchte gerne erfahren, was die älter werdenden Freundinnen und ihre Söhne und Töchter erleben. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung für den Roman.

Bewertung vom 11.09.2021
FRAUEN LITERATUR
Seifert, Nicole

FRAUEN LITERATUR


ausgezeichnet

Der Untertitel „Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“ des Buchs „(Frauen)Literatur“ sagt aus, was der Autorin Nicole Seifert am Herzen liegt, denn sie plädiert dafür, dass Jeder mehr Werke von Frauen lesen sollte. Sie geht der Frage nach, ob die von Autorinnen verfasste Literatur herabgewürdigt wird, ob Autorinnen von Verlagen anders als Autoren behandelt und ob sie in den Medien anders besprochen werden. Außerdem versucht Nicole Seifert zu klären, ob es tatsächlich grundsätzliche Unterschiede im Schreiben der beiden Geschlechter gibt.

Der Begriff Frauenliteratur hat sich in der Öffentlichkeit eingeprägt für Literatur von, über und für Frauen, obwohl damit nicht alle Facetten erfasst sind. Als Unterkategorie der Literatur verweist die Autorin allerdings darauf, dass es erstaunlicherweise das Pendant „Männerliteratur“ nicht gibt. Eine Begriffssuche von mir auf Instagram führt denn auch zu ganzen 27 unspezifischen Ergebnissen für Männerliteratur, beim Äquivalent sind es weniger als 1.000, die ich nicht genau gezählt habe. Bücher von, über und für Männer werden schlicht Literatur genannt. Die Autorin sieht daher den Begriff Frauenliteratur als überflüssig an, diese Meinung teile ich gerne.

Nicole Seifert nähert sich einer Klärung ihrer Fragen aus unterschiedlichen Sichten. Sie vergleicht Kritiken zu von Männern und Frauen geschriebenen Büchern, sie betrachtet verschiedene aufgestellte Kanons der Literatur und blickt auf ihre eigene Schullektüre zurück. Erschreckend ist, dass sie in der Schule fast ausschließlich von Männern geschriebene Literatur gelesen hat, bei mir war es genauso. In den bekanntesten Kanons werden überwiegend männliche Autoren aufgeführt. Die Autorin versucht zu klären, wie es dazu gekommen ist und wie sich die Umstände in Zukunft ändern lassen.

„FrauenLiteratur – abgewertet, vergessen, wiederentdeckt“ von Nicole Seifert ist ein wichtiges Buch für alle Lesenden. Auf Fakten beruhend setzt die Autorin sich kritisch mit einem langzeitigen Phänomen auseinander und wirkt durch ihre Aussagen augenöffnend. In der Hoffnung darauf, dass ihre Anregungen auf fruchtbaren Boden fallen, empfehle ich das Buch sehr gerne weiter.

Bewertung vom 07.09.2021
Glaube mir
Feeney, Alice

Glaube mir


ausgezeichnet

Der Thriller „Glaube mir“ von Alice Feeney beginnt mit einem rätselhaften Prolog, der in kursiv gesetzt ist. Die Autorin stellte mir darin Jemanden vor, der einen Monolog hält und etwas getan hat, zu dem er sich Verständnis von anderen wünscht. Über Alter und Geschlecht derjenigen Person ließ sie mich bewusst im Unklaren. Es wird nur bekannt, dass der oder die Erzählende die eigenen wirklichen Gedanken und Gefühle öffentlich nicht gerne preisgibt und sich oft neu erfunden hat. Ich fühlte mich herausgefordert aufzudecken, wer diese Persönlichkeit ist, als ich mich mit dem Lesen der Geschichte begann.

Anna Andrews ist 36 Jahre alt, lebt in London und arbeitet schon lange bei der BBC, seit zwei Jahren als Moderatorin der Mittagssendung. Eines Tages sieht sie sich damit konfrontiert, dass ihre Vorgängerin für sie unerwartet aus der Elternzeit zurückkehrt und wieder ihren Platz einnehmen wird. Daher soll sie wieder als Nachrichtenkorrespondentin arbeiten. Ihr erster Auftrag führt sie nach Blackwood, dem Ort an dem sie aufgewachsen ist. Dort soll sie von dem Fund einer Frauenleiche in einem Waldstück berichten. Der für den Fall zuständige Ermittler ist DCI Jack Harper, der Leiter der Abteilung für schwere Verbrechen in Blackwood und bis vor einigen Monaten der Ehemann von Anna Andrews. Prekär ist es, dass beide die Tote kennen, Anna aus Schulzeiten und Jack hatte aktuell ein Verhältnis mit ihr, was natürlich fast zwangsläufig zu Spekulationen in Bezug auf die Täterschaft führt.

Der Titel richtete sich auch an mich als Leserin, denn sowohl Anna wie auch Jack erzählen im Wechsel in der Ich-Form und ihre jeweilige Schilderung wollte von mir geglaubt werden. Alice Feeney bedient sich sehr geschickt der Auslassung einiger Fakten und Namen, um Querverbindungen zwischen Gegenwart und Vergangenheit sowie der Bekanntheit der Protagonisten mit weiteren Personen zunächst zu verhindern oder zu verschleiern. Erst nach und nach erfuhr ich mehr über die Ehe von Anna mit Jack und den Ereignissen während ihrer Kindheit, die dazu führten, dass sie ihr Elternhaus mit 16 Jahren verlassen hat.

Der Thriller forderte mich als Leserin von Beginn an dazu auf mitzurätseln, wer die Verbrechen begangen hat, denn bald schon bleibt es nicht bei einem Mord. Neben Anna und Jack werden schnell weitere Personen durch ihr Agieren zu Verdächtigen. Alice Feeney hat selbst viele Jahre bei BBC News gearbeitet, so dass sie den beruflichen Hintergrund von Anna glaubhaft gestaltet. Aufgrund der Erzählperspektive konnte ich die Gefühle der beiden Protagonisten in allen Facetten nachvollziehen: der Hass, der nach der gescheiterten Ehe geblieben ist, die Verzweiflung aufgrund der aktuellen Situation und das ungewöhnliche Verhältnis zu Annas Mutter.

Zahlreiche unerwartete Wendungen und neue Tatsachen führten im Thriller „Glaube mir“ von Alice Feeney zu durchgehender Spannung. Der Schluss überraschte mich schließlich nach einem packenden Mitraten um die Identität des oder der Täter. Gerne empfehle ich das Buch an Leser des Genres weiter.

Bewertung vom 04.09.2021
Eis. Kalt. Tot.
Nordby, Anne

Eis. Kalt. Tot.


ausgezeichnet

Anne Nordby ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die in Dänemark lebt. Das von ihr geschriebene Buch „Eis.Kalt.Tot.“ ist der Beginn einer Serie, die in Kopenhagen spielt. Genremäßig ist die Geschichte als Nordic Noir Thriller einzuordnen. Anne Nordby nutzt die Möglichkeit in ihrer Erzählung auf kritische Themen aufmerksam zu machen. Der Titel erklärt sich davon, dass die Handlung in einem eiskalten Februar spielt und gleich zu Beginn treibt zwischen den Eisschollen im Hafenbecken ein kopfloser Toter.

Die Autorin baut direkt im ersten Kapitel Spannung auf, denn Bente, eine Frau mittleren Alters, die zu einer Geo-Konferenz reist, bemerkt sehr schnell, dass etwas mit dem Taxifahrer nicht stimmt, der sie zum Bahnhof fahren soll. Inwieweit Bente in die kommenden Ereignisse involviert ist, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehen, aber dadurch wurde meine Neugier auf das weitere Geschehen geweckt.

Als nächstes lernte ich Jesper Baek kennen, der erst seit vier Wochen als Vizekriminalkommissar bei der Kopenhagener Mordkommission arbeitet. Bisher lebte und arbeitete er auf dem Land. Nicht nur seine Kollegen, sondern auch ich fragte mich, aus welchem Grund er seine Arbeitsstelle gewechselt hat. Seiner Kollegin Kirsten Vinther, die für die aktuellen Ermittlungen verantwortlich ist, fehlt noch die benötigte Vertrauensbasis zu ihm für eine enge Zusammenarbeit. Dadurch gibt es über die gesamte Erzählung hinweg eine gewisse hintergründige Anspannung zwischen den beiden, vor allem als sich herausstellt, dass kritische Informationen an die Presse gelangt sind. Während ich von Kirsten einen Eindruck als taffe und durchsetzungsfähige Frau erhielt, die gerne sarkastische Worte findet, empfand ich Jesper trotz seiner allgemeinen Unsicherheit als aufmerksamen Beobachter.

Mit der selbständigen Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen, die von der Kriminalpolizei zu bestimmten Fällen hinzugezogen wird, hat Anne Nordby eine besonders interessante Person einbezogen. Jede ihrer Figuren ist eigenwillig, mit Ecken und Kanten. Auch durfte ich als Leserin am Privatleben ihrer Charaktere teilnehmen, das nochmals für weitere Konflikte der betreffenden Person im Berufsleben sorgte.

Der Thriller ist komplex gestaltet, denn bald schon bleibt es nicht nur bei einem Mord. Zu zahlreichen Problemen bietet die Autorin Lösungen, die nicht alle Leser gleich gut finden werden. Die Beschreibungen der aufgefundenen Leichen sind nichts für schwache Nerven. Die ungemütliche Atmosphäre mit Eis und Kälte zieht sich durch die gesamten Begebenheiten. Während noch die Ermittler nach einem Serientäter suchen, dessen Morde eng mit der grönländischen Sagenwelt zusammenzuhängen scheinen, flechtet Anne Nordby klimarelevante heikle Sachverhalte in ihren Thriller ein. Man spürt bei diesem Thema ihre Kompetenz, denn sie hat einige Semester Geologie und Paläontologie studiert. Die Darstellung der Kriminalfälle wirkt glaubhaft, obwohl ich von solch brutalen Morden in der Realität niemals hören möchte.

„Eis.Kalt.Tot.“ von Anne Nordby ist ein sehr gut gelungener Nordic-Noir-Thriller, bei der die Autorin kreativ grausame Morde in Szene setzt und nebenher mythische Elemente und ein aktuelles Umweltthema gekonnt einbindet. Zahlreiche unerwartete Wendungen machen die Erzählung durchgehend spannend, daher empfehle ich das Buch gerne an Leser und Leserinnen des Genres weiter.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.09.2021
Die Leuchtturmwärter
Stonex, Emma

Die Leuchtturmwärter


ausgezeichnet

Die Leuchtturmwärter Arthur, Bill und Vince und ihre Lebensgefährtinnen sind die Protagonisten im nach ihrem Beruf benannten Roman von Emma Stonex. Hohe Wellen umtoben den auf dem Cover abgebildeten Leuchtturm, hohe Wellen im übertragenen Sinne schlägt auch das unerwartete spurlose Verschwinden der Wärter. Die Autorin wurde zu ihrer Erzählung von einer wahren Geschichte inspiriert.

Ein Leuchtturm wird immer von drei gleichzeitig anwesenden Wärtern bedient. Im Winter 1972 ist das der Oberwärter Arthur, der schon viele Jahre im Dienst ist, der erfahrene Bill sowie Vince, der erst seit Kurzem dem Beruf nachgeht. Am Silvestertag wird der Turm von Mitarbeitern der Betreibergesellschaft angesteuert, doch sie finden den Turm ohne Wärter vor, die Zugangstür ist verschlossen, der Tisch für zwei Personen gedeckt und zwei Uhren sind zur gleichen Zeit stehen geblieben. Im letzten Logbucheintrag ist von einem Sturm zu lesen, doch zu Silvester war es windstill. Die Frage, was geschehen ist, verlangt nach einer Klärung.

Die Autorin erzählt auf zwei Handlungsebenen. Einerseits schaut sie auf die drei Männer bei ihrer Arbeit im Leuchtturm in den Tagen und Wochen vor dem Verschwinden. Andererseits nimmt sie die drei Lebenspartnerinnen der Wärter zwanzig Jahre später in den Fokus, denn ein Journalist greift die Geschichte erneut auf und möchte dabei Licht ins Dunkel des ungeklärten Falls bringen. Schrittweise blickt Emma Stonex auf Szenen im Leben jeder einzelnen Figur und deckt dabei deren kleine Geheimnisse auf, so dass sich für den Leser und die Leserin schrittweise ein Bild der Charaktere ergibt, geprägt durch die von den jeweils Handelnden erzählten Passagen und den Aussagen Dritter. Unterschwellig ist stets eine gewisse Spannung vorhanden.

Emma Stonex wechselt häufig die Perspektive, wobei es immer klar bleibt, wer gerade im Mittelpunkt steht. Teile lässt schreibt sie in der Ich-Form, andere übernimmt sie als allwissender Erzähler, ergänzt um fiktive Berichte. Im Laufe der Geschichte bietet sie verschiedene Erklärungen für das Verschwinden an, mal rational gedacht, aber auch mystisch. Als Leserin erhielt ich ein immer tieferes Verständnis für die Handlung, ohne dass sie mir je wirklich greifbar wurde, sondern immer mehr zum Nachdenken brachte über die Frage, was Wahrheit und was Lüge ist.

Das Setting schafft eine eigenwillige Stimmung durch das schicksalergebene Warten der Angehörigen auf die Rückkehr der Wärter in einer eigens für sie geschaffenen Kolonie mit Blick auf den Turm und das angespannte Miteinander der Hüter des Leuchtturms umgeben von der unberechenbaren Kraft des Meers. Sie sind aufeinander angewiesen, ihr Wechsel und ihre Versorgung sind vom Wetter abhängig. Unterdessen führen ihre Frauen ihr Leben zwar in eigenen Wohnungen, die aber nah zueinander liegen, in einem Umfeld, dass ihnen wenig Freizeitaktivität bietet. Das beruflich erworbene Ansehen der Männer ist auch in ihrem Verhältnis untereinander zu spüren, sowie einige Rivalitäten.

Mit ihrem Roman „Die Leuchtturmwärter“ hat Emma Stonex mir Einblicke in den gleichlautenden Beruf verschafft, der heute allerdings meist durch entsprechende Technik im Turm ersetzt wird. Basierend auf einer wahren Begebenheit, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts geschehen ist, bietet sie in ihrer Erzählung mögliche Erklärungen für das spurlose Verschwinden der drei Wärter vom Turm, die genügend offene Enden für eigene Überlegungen lassen. Den besonderen Lesegenuss bringt die Kombination aus den Fakten, die das Leben eines Wärters des Leuchtfeuers mit sich bringt und den fiktiven Gedanken und Gefühlen ihrer Figuren, in die Emma Stonex tief eindringt und sie dem und der Lesenden vermittelt. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung dafür.

Bewertung vom 25.08.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


ausgezeichnet

Der Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ ist das Debüt von Stefanie vor Schulte. Sie entführte mich als Leserin damit in eine dunkle Zeit mit mittelalterlichem Charakter. In eine raue Welt voller Misstrauen, Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit setzt sie ihren Protagonisten, den elfjährigen Martin, ein vom Gemüt her freundliches und aufgeschlossenes Kind. Er ist die titelgebende Figur, der Junge mit dem schwarzen Hahn. Dem Titel entsprechend ist immer ein Hahn an seiner Seite oder genauer gesagt, meist unter seinem verdreckten Hemd versteckt.

Am Rand des kleinen Dorfs lebt Martin für sich allein. Sein Vater hat vor langer Zeit seine Familie mit dem Beil erschlagen, nur er hat unbeschadet überlebt. Den Dorfbewohnern bietet er kleine Dienstleistungen an und wird meist mit etwas Essen dafür belohnt, ohne dass er darum betteln muss. Ein Maler, der zu einem Auftrag ins Dorf kommt, erkennt die Besonderheit des Jungen, die darin besteht, dass er über eine sehr gute Beobachtungsgabe verfügt und Zusammenhänge schnell erkennen kann. Inzwischen wurde Martin Zeuge, wie ein Reiter die junge Tochter einer Bekannten bei einem Gang zum Markt entführt.
Weil er überzeugt ist, dass er im Ort keine lebenswerte Zukunft haben wird, kommt es ihm gelegen, den Maler auf seinem weiteren Weg nach Beendigung dessen Auftrags zu begleiten. Und ganz nebenher schafft er es auch sich seine eigenen Herzensangelegenheiten zu erfüllen, die unter anderem darin bestehen, das Rätsel der Kindesentführung zu lösen und den Grund für das Massaker in seiner Familie zu finden. Seine Wünsche bilden den roten Faden in der Geschichte.

Martin spiegelt das Gute im Menschen wider und bringt einen Lichtblick in eine düstere Welt. Stefanie von Schulte beschreibt das Dorf und seine Bewohner als arm und dadurch um ihr eigenes tägliches Wohl besorgt, angepasst, schicksalsergeben, aber auch eitel, gemein und ausbeuterisch. Daneben strahlt der Junge Besonnenheit, Mut und Wärme aus. Obwohl er schon Entsetzliches erleben musste, schaut er nach vorn und verzweifelt nicht. Durch seine Eigenschaften ragt er aus der Gesellschaft hervor und wird durch seine Andersartigkeit an den Rand gedrängt. Das Einflechten von mystischen Elementen gibt dem Roman etwas Fabelhaftes. Die Rolle des Hahns in Bezug zu Martin ist den Einwohnern des Orts suspekt. Doch für Martin ist er die Verknüpfung zu seiner Vergangenheit und an heitere Kindertage. Er bietet ihm Wärme und Geborgenheit und führt ihn auf seine Weise auf dem für ihn vorgesehenen Weg, ihm vertraut er blind.

Stefanie von Schulte schreibt in ihrem Roman „Junge mit schwarzem Hahn“ auf den Punkt und macht mit Eindringlichkeit klar, dass sich in einer solch dunklen Umgebung Hoffnung entwickeln kann entgegen der auf den Gegebenheiten beruhenden Vermutungen. Für mich ist die Geschichte ein überraschend reifes Debüt und daher empfehle ich das Buch gerne weiter.

Bewertung vom 17.08.2021
Das Nest / Kørner & Werner Bd.4
Engberg, Katrine

Das Nest / Kørner & Werner Bd.4


ausgezeichnet

Das Buch „Das Nest“ der Dänin Katrine Engberg ist der vierte Band der Reihe, in der das Team der Ermittler Jeppe Körner und Anette Werner von der Kopenhagener Polizei im Mittelpunkt steht. Es kann problemlos ohne Vorkenntnisse der ersten Teile gelesen werden. Entsprechend dem Titel thematisiert die Autorin die Beziehung von Eltern zu ihren Kindern und ihre Art und Weise ihnen nach eigener Vorstellung eine schöne Kindheit zu bereiten. Die abgebildeten Kapseln eines Medikaments auf dem Cover spielen nur eine untergeordnete Rolle bei den Ermittlungen, aber ihre planlose Anordnung verrät, dass die Aufklärung des aktuell vorliegenden Falls nicht einfach ist und die zusammengetragenen Erkenntnisse in eine Ordnung und einen Zusammenhang gebracht werden müssen.

Anette arbeitet nach ihrer Erziehungszeit wieder im Polizeidienst. Inzwischen spielt Körner mit dem Gedanken zu seiner Freundin und Kollegin Sara Saidani und ihren beiden Kindern zu ziehen. Das Team der beiden wird damit beauftragt, den 15 Jahre alten Oscar zu suchen. Vielleicht ist er nur von zu Hause verschwunden, aber seine Eltern, die in Kopenhagen zu den bekannteren Bewohnern gehören, haben einen kryptischen Brief vorgefunden. Einige Jahre vorher sind sie schon einmal bedroht worden und daher glauben sie an ein Verbrechen. Doch es trifft keine Lösegeldforderung oder sonst eine weitere Information ein. Zwei Tage später wird in der modernen Müllverbrennungsanlage von Kopenhagen eine Leiche gefunden, die eventuell Oscar sein könnte.

Die Zusammenarbeit von Anette und Jeppe funktioniert wieder reibungslos wie vor Anettes Erziehungszeit. Beide wissen um die Stärken und Schwächen des anderen. Es bedarf kaum einer Überlegung ob es angebracht ist, gemeinsam einen Einsatz zu fahren oder ob es besser ist, dass jeder ein loses Ende der Ergebnisse allein nachverfolgen sollte. Auch Esther de Laurenti, eine alte Freundin Jeppes, trägt wieder einen Teil zu den Ermittlungen bei. Bei allen diesen inzwischen liebgewonnenen Figuren konnte ich wieder an deren Privatleben teilhaben, welches einen größeren Anteil des Romans ausmacht. Jeder Protagonist hat seine ganz eigenen Sorgen, zu denen es nicht immer eine gefühlt positive Lösung gibt. Anette hat erfreulicherweise ihre gesundheitlichen Probleme in den Griff bekommen und überzeugt durch ihr agiles Handeln.

Der vorliegende Fall und die Ermittlungen verlaufen ruhiger als in den ersten drei Teilen der Serie, weswegen das Buch nicht als Thriller, sondern als Spannungsroman bezeichnet ist. Katrine Engberg setzt manche falsche Fährte und unerwartete Wendungen. Trotz der ungewöhnlichen Positionierung einer Leiche in der Müllverbrennungsanlage bleiben die Handlungen der einzelnen Personen jederzeit nachvollziehbar und realistisch. Aufgedeckte Details führen zu einer zunehmenden Verästelung der losen Fäden, was das Team der Polizeistation vor Rätsel stellt, welche Spuren mit dem Verschwinden Oscars zusammenhängen. Die Autorin brachte mich als Leserin zu ungewöhnlichen Orten in Kopenhagen und der Umgebung. Das Thema der zeitgemäßen Erziehung von Kindern bildet den Hintergrund der Erzählung, das feinfühlig und mit Respekt beschrieben wird. In diesem Zusammenhang scheut Katrine Engberg sich nicht auch krankhafte Neigungen mit einzubauen.

Obwohl die Handlung des Romans „Das Nest“ im Vergleich zu den ersten drei Bänden der Serie rund um das Ermittlungsteam von Jeppe Körner und Anette Werner beschaulicher ist, baut Katrine Engberg Spannung auf, die bis zum Schluss anhält. Die Geschichte fällt durch Details zu den mit Sorgfalt gestalteten Figuren und bekannten und eher unbekannten Orten Kopenhagens auf. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Bewertung vom 11.08.2021
Wildtriebe
Mank, Ute

Wildtriebe


sehr gut

Der Roman „Wildtriebe“ von Ute Mank gibt Einblicke in das Leben auf dem Land über mehrere Generationen hinweg. Dabei stehen drei Frauen im Fokus. Im Vergleich verhält sich deren Leben wie Wildtriebe, ihre Wege führen sie trotz bestehender Werte und Konventionen in eine andere als die von ihren Angehörigen vorgesehene Richtung. Das Cover nahm mich optisch mit in die Natur, die im Buch eine tragende Rolle spielt, denn sie lässt alles Wachsen und Gedeihen und bildet die Erwerbsgrundlage in der Landwirtschaft.

Die Geschichte spielt etwa um die Wende vom 20. ins 21. Jahrhundert. Lisbeth, inzwischen etwa Mitte 70, hat den in einem kleinen hessischen Dorf gelegenen elterlichen Hof übernommen, nachdem ihre beiden Brüder im Zweiten Weltkrieg gefallen waren. Kurze Zeit nach dem Tod ihrer Geschwister hat sie ihre Mutter verloren. Ihr einziges Kind, ihr Sohn Konrad hat zu Beginn der 1970er Jahre seine langjährige Freundin Marlies geheiratet, die in einem Kaufhaus in der Stadt arbeitet. Die beiden haben eine Tochter Joanna. Zu Beginn des Romans begibt die 19-jährige Joanna sich nach ihrem Abitur auf große Fahrt, um ein Jahr Freiwilligenarbeit in Afrika zu leisten. Schon auf den ersten Seiten ist zu erfahren, dass Konrad inzwischen nur noch im Nebenerwerb Landwirt ist.

Ute Mank blickt auf das bewegte Leben der Frauen, vor allem aber auf das von Lisbeth und Marlies und ihr Verhältnis zueinander. Lisbeth hat schon früh gelernt, eigene Entscheidungen zu treffen, immer zum Wohl des Hofs und seiner Bediensteten. Sie war immer diejenige, die das Sagen hatte. Es ist schwierig für sie nun mir ihrer Schwiegertochter eine Berufsfremde im Haus zu haben. Wie es damals üblich war, hat Marlies ihre Arbeitsstelle nach der Heirat aufgegeben. Marlies wurde der Weg aufs Gymnasium von ihren Eltern untersagt, stattdessen wurde sie auf Ehe und Haushalt vorbereitet. Sie hat gelernt, den Entscheidungen ihrer Eltern nicht zu widersprechen. Lisbeth begegnet sie mit Respekt, aber es ist und bleibt zu viel Schweigen in ihrer Beziehung, um Vertrauen aufzubauen. In ihrer Rolle als Bäuerin ist sie nie richtig angekommen, ihre beruflichen Erfolge werden von ihrem familiären Umfeld nicht anerkannt.

Die Autorin beschreibt ein Verhalten, dass früher auf dem Dorf normal war, Platz für Selbstverwirklichung war hier meist nicht. Marlies fügt sich in die Gegebenheiten, doch sie schafft sich immer wieder Genugtuung, indem sie sich durch ihr Handeln dem Willen von Lisbeth bei Kleinigkeiten widersetzt. Schließlich erringt sie die Zustimmung ihres Ehemanns zu einigen für sie wichtigen Freiheiten. Ihrer Tochter eröffnet sie durch ihre Erziehung weite Wege und ist erstaunt darüber, dass Joanna manche ihrer eigenen Entscheidungen früher ihrer Großmutter mitteilt als ihr. Die Autorin begründet Lisbeths Verhalten Joanna gegenüber mit einem Geheimnis, das eigentlich in der Dorfgemeinschaft, in der jeder alles von jedem weiß, nicht sein kann. Für Lisbeth und Marlies hat die vermutete, gefestigte Meinung der Verwandten und Ortsbewohner maßgeblich zu ihrem Tun beigetragen, Joanna setzt sich unkonventionell darüber hinweg. Lisbeth ist mit dem Alter gelassener geworden, bleibt aber hauptsächlich Marlies gegenüber fast trotzig bei ihren Ansichten.

Ute Mank schildert in ihrem Roman „Wildtriebe“ das unterschiedliche stille Streben einer Bäuerin, ihrer Schwiegertochter und ihrer Enkelin um mehr Selbstbestimmtheit und Anerkennung ihrer Persönlichkeit. Durch ihren Schreibstil drückt die Autorin die nie gesagten Worte zwischen ihren Protagonistinnen aus und beschreibt eine reale Version des Lebens auf dem Land in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Gerne empfehle ich das Buch weiter.