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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
rewa
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wien

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Insgesamt 348 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2021
Der Brucho
Aikaterini Maria Schlösser

Der Brucho


ausgezeichnet

Der als Zahnarzt und Zahntechniker arbeitende Dr. Martim Ferraz könnte eigentlich mit seinem Leben zufrieden sein. Er hat eine gutgehende Gemeinschaftspraxis, seine Lebensgefährtin Ines ist mit ihrem ersten gemeinsamen Kind schwanger und trotzdem verspürt er eine innere Unruhe in sich, die ob seines Kontrollzwanges noch verstärkt wird. Mit Grauen denkt er immer öfter an seine Kindheit mit seiner portugiesischen Großmutter Avo zurück, die ihm mit blutigen und grausamen Ritualen sein zukünftiges Leben als Brucho, einem Hexer, näher bringen wollte. Als eines Tages ein ungepflegter und unheimlich wirkender Mann in seine Praxis kommt ahnt Martim noch nicht, dass dieses Zusammentreffen sein weiteres Leben von Grund auf verändern wird. Die Geschichte von Raik, dass er eine Wolfsseele besitzt, die in einem menschlichen Körper gefangen ist, lässt ihn zu einem gefährlichen Pakt hinreißen, wo er nicht nur unter der Beobachtung des ungeschickt wirkenden Kommissar Nanz steht, sondern wo er auch Ines immer öfter belügt und die Stimme seiner Großmutter ihn in den Wahnsinn zu treiben scheint. Bald weiß Martim selbst nicht mehr, wer der Verrückte in dem ganzen Geschehen ist.
,, Der Brucho“ ein Mystery- Thriller von Aikaterini Maria Schlösser, ist ein Roman ganz nach meinem Geschmack. Er bietet alles, was man sich von einem unheimlichen Thriller wünschen kann. Spannung von Beginn weg, wo man gleich in den wirren Kopf von Martim eintauchen kann und man als Leser Zeuge wird, wie seine innere Stimme und der seiner Großmutter ständig und eindringlich auf ihn einreden. Man kann selbst nicht mehr erkennen, was Wirklichkeit und was Einbildung ist. Die Autorin lässt ihren Protagonisten leiden, verzweifeln und hoffen, dass der Brucho in ihm, den er mit Gewalt versucht hat zurück zu halten, nicht doch noch ausbricht und etwas tut, das ihm später leid tun könnte. Man ist als Leser gefangen in der Geschichte, weil man nie weiß, wie sie sich weiterentwickelt. Mit Martims Gegenspieler Raik, hat die Autorin einen kongenialen Gegenspieler geschaffen, den man zu Beginn nicht wirklich einschätzen konnte. Seine berührende Lebensgeschichte mit seinen seelischen Qualen haben es schlussendlich geschafft, dass ich ihm sogar ein paar Tränen zu verdanken hatte. Die besondere Beziehung zwischen den beiden hat sie wunderbar dargestellt, es ist sogar eine eigene Art des Respekts entstanden, wo jeder für den anderen ein Rettungsanker geworden ist. Auf ihrer Suche nach Erlösung ihrer innerer Pein haben sie sich unterstützt und sind sogar ein Stück ihres beschwerlichen Weges gemeinsam gegangen. Auch die beiden anderen Protagonisten, Kommissar Nanz und Ines, haben sich wunderbar in die Geschichte eingefügt. Düstere Zeichnungen und passende Aphorismen dazu haben dem Roman einen mystischen Kick gegeben und die Geschichte dadurch noch lebendiger wirken lassen. Trotz immer wieder kehrenden Gruselfaktor hat es die Autorin geschafft mit kurzen pointentierten Einlagen, den Roman aufzuheitern, ohne dass es gestört hätte. Die Geschichte lässt jedem Leser die Möglichkeit selbst zu entscheiden, ob oder woran er glauben möchte. Es ist ein Eintauchen in die geheimnisvolle Welt des Bruchos, der Dinge sieht und tut wo er selbst oft nicht gewusst hat, ob er sie nun geträumt oder wirklich erlebt hat. Ich weiß, dass der Roman ein besonderes Leseerlebnis war in dem mich Aikaterini Maria Schlösser entführt hat und ich hoffe, dass ihr noch weiterhin solch unheimliche und schöne Geschichten einfallen werden.

Bewertung vom 03.02.2021
Epiphanie (eBook, ePUB)
Siemer, Nicole

Epiphanie (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eddie Quinn, wegen mehrfacher Morde verhaftet, lernt im Gefängnis den forensischen Psychiater Philip Meiners kennen. Dieser soll nun herausfinden, ob oder wie weit Eddie für seine Taten zur Verantwortung gezogen werden kann. In vielen Sitzungen passiert das, was für eine professionelle Arbeit nicht gerade förderlich ist. Beide spüren nämlich, dass es zwischen ihnen ein unsichtbares Band gibt, das sie anscheinend verbindet. Es entsteht fast schon eine Art Freundschaft, die aber darin getrübt wird, dass Eddie immer wieder von einem Unheimlichen Mann spricht, der für die Morde verantwortlich ist und vor dem sich Meiners in Acht nehmen soll. Da sich Meiners selbst gerade in einer schwierigen Situation befindet und sich immer mehr Parallelen aus seinem und Eddies Leben erkennen lassen, dauert es nicht lange, bis er selbst nicht mehr weiß, was er glauben soll und was nicht.
In dem Psycho- Horror ,, Epiphanie“ nimmt die Autorin Nicole Siemer den Leser wieder einmal auf eine unheimliche und nervenaufreibende Reise in die menschliche Seele mit, wo man froh ist, dass man geschützt und sicher die furchtbaren Erlebnisse von Eddie Quinn und Philip Meiners miterleben kann. Es ist ein Eintauchen in eine gruselige Welt, wo man als Leser selbst nicht so genau weiß, was der Wahrheit und was der Fiktion entspringt. Eddie ist ein sympathischer Mann, der viele schlimme Kindheitserinnerungen in sich trägt und bis ins Erwachsenenalter mit seinen Ängsten und Sorgen behaftet ist. Man leidet als Leser mit, man hofft, dass ihn die dunklen Schatten, die ihn begleiten nicht übermannen und man ist einfach in seiner Lebensgeschichte gefangen. Ihm gegenüber hat die Autorin einen kongenialen Partner in der Gestalt des Psychiaters Philip Meiners gegenüber gestellt, wo Nicole Siemer selbst den Profi auf seinem Gebiet mit Wahnvorstellungen und teils unprofessionellen Verhalten gegenüber seinem Patienten ausgestattet hat. Ihr Schreibstil ist wie immer flüssig und lässt bei vielen Szenen ein herrliches Kopfkino entstehen, sodass man von Beginn weg in der Geschichte gefangen ist. Sie hat gekonnt den Spannungsbogen bis zum Ende durchgehalten und ich habe mitgelitten und gehofft, dass alles gut ausgeht. Dass sie natürlich anders denkt als ich, ist klar und so war das Ende wieder einmal eine Überraschung. Wer also in eine unheimliche und auch emotionale Geschichte eintauchen möchte ist bei Nicole Siemer, wie immer, gut aufgehoben.

Bewertung vom 02.02.2021
Hingabe
Belpois, Bénédicte

Hingabe


sehr gut

Als eines Tages in einem kleinen spanischen Dorf eine junge Frau namens Suiza auftaucht, wird das Leben von dem eigenbrötlerischen Großbauern Tomás gehörig auf den Kopf gestellt. Suiza, die kein Wort Spanisch spricht löst in ihm eine Wildheit aus wo er unbedingt dieses zarte Wesen besitzen möchte. Mit brutaler Gewalt nimmt er sie auf seinen Hof mit und Suiza fügt sich scheinbar willenlos. Für ihn ist Suiza ein Geschenk, denn nicht nur körperlich erfüllt sie ihm jeden Wunsch, sondern sie beginnt auch Haus und Hof nach ihren Vorstellungen zu verändern. Das erste Mal in seinem Leben spürt Tomás, so etwas wie Liebe und Hingabe und auch Suiza beginnt sich langsam zu verändern. Aus dem scheinbar einfältigen Mädchen wird eine junge Frau die ihre eigenen kleinen Wünsche beginnt umzusetzen. Immer öfters wird Tomás bewusst, dass Suiza das Beste ist, das ihm passieren konnte, doch er weiß, dass ihr Glück nicht von Dauer ist und so nimmt das Schicksal ihren gnadenlosen Lauf.
Die Autorin Bénédicte Belpois zeigt in ihrem Debütroman ,,Hingabe“ ein Bild zweier Menschen, die sowohl vom Stand her als auch von ihrem Intellekt her grundverschieden sind und trotzdem auf eine besondere Art und Weise zusammen finden. In dem Roman wird man als Leser zum Nachdenken angeregt, wenn es um den Begriff Hingabe geht. Man findet in der Beziehung zwischen Tomás und Suiza kaum ein liebevolles Wort oder zärtliche Streicheleinheiten. Was man findet ist mitunter eine brutale Art der sexuellen Handlungen, die manchmal schon einer Vergewaltigung gleich kommen. Trotzdem ist es überraschend, wie Suiza mit einer besonderen Hingabe sich auf Tomás einlässt und man als Leser das Gefühl hat, dass sie ihm immer das gibt, was er möchte. Es ist eine interessante Geschichte, da man nie so genau weiß, wie man zu Tomás stehen soll, da er nie wirklich zu lieben gelernt hat und nach einem schweren Schicksalsschlag, sich sein Leben von einem Moment ändert. Die Autorin beschönigt kaum etwas in ihrer Geschichte und so wird Suiza, die ein herzensguter, aber kindlich naiver Mensch ist, als dumm und einfältig bezeichnet und selbst Tomás sieht sie als seinen persönlichen Besitz an, den er wie einen Hund sprichwörtlich an der Kette hält. Im Laufe der Geschichte ,,erblüht“ Suiza und plötzlich ist das Leben von Tomás nicht mehr trostlos und er erkennt, dass dieses Geschöpf ein Geschenk des Himmels ist. Es gibt einige sympathische Protagonisten, die in ihrer Nebenrolle gut hineingepasst haben und den Roman bereichert haben. Es ist eine sehr aufwühlende Geschichte, wo man sich als Leser entweder gut darin zurecht findet, oder sie abstoßend und brutal findet. Die Gewaltszenen, waren mir persönlich stellenweise schon etwas zu heftig und es ist interessant, dass die Autorin, die als Hebamme arbeitet, diese urtümliche Gewalt immer wieder hervor gebracht hat. Die Hingabe von Suiza ist eine besondere, die man als Leser sicher nicht leicht verstehen kann. Trotzdem war die Geschichte auf ihre eigene Art interessant und auch sehr emotional.

Bewertung vom 30.01.2021
Das perfekte Grau
Jamal, Salih

Das perfekte Grau


ausgezeichnet

Die Geschichte beginnt in einem Hotel, in dem sich vier Menschen treffen von verschiedener Herkunft, Alter und Geschlecht. Obwohl sie scheinbar nichts gemeinsam haben, verbindet Ante, Mimi, Rofu und Novelle doch etwas, nämlich der Wunsch nach einer langen Reise endlich an einem Ort anzukommen, wo man zu Hause ist. Die vier müssen plötzlich verschwinden, als die Polizei auftaucht und Mimi befürchtet verhaftet zu werden. Es wird eine abenteuerliche Reise, bei der alle vier viel über sich, aber auch über ihre Mitreisenden erfahren werden. Was sie zu erzählen haben ist nicht immer schön, aber sie spüren, dass sie es gemeinsam schaffen können.
,, Das perfekte Grau“ von Salih Jamal lässt den Leser eintauchen in eine Welt, in der Hass, Verzweiflung, Selbstzerstörung und Angst auf der Suche nach Glück, Hoffnung, Freundschaft und Zuversicht sind. Jeder der vier Protagonisten hat einen mehr oder weniger schweren Weg hinter sich, den er nun verlassen möchte. Der ICH Erzähler Dante ist im Grunde der einzige, der mit seinem Leben zufrieden sein könnte, was er aber leider nicht ist. Im Laufe der Geschichte wird ihm das aber klar. Hierbei wird schön beschrieben, wie der Mensch immer nach etwas neuem und besseren streben möchte und gar nicht erkennt, dass er das was er bereits hat, wertvoll ist. Und man oft etwas verlieren muss, um das zu begreifen. Mit Rofu hat der Autor einen herzensguten und lebensbejahenden Menschen gezeichnet, der trotz schwerer Schicksalsschläge immer ein Licht am Ende des Tunnels sieht. Mimi, die mütterlich wirkende und zu Beginn recht schweigsame Protagonistin hat ein schweres Verbrechen begangen, das sie seit Jahren fliehen lässt. Dabei schildert der Autor in ergreifenden Worten ihre Qual, wenn sie stets Angst hat entdeckt zu werden und nie zur Ruhe kommt. Die jüngste im Bunde ist Novelle, eine junge Frau, die von ihren Schatten der Vergangenheit grausam verfolgt wird und mit Alkohol versucht sie zu vertreiben. Ihre Stimmung schwankt stets von Himmelhoch jauchzend, bis Tode betrübt, was es für ihre drei Freunde nicht immer leicht macht, mit ihr zurecht zu kommen. Jede Figur ist charakterlich gut dargestellt und man leidet und hofft, dass sie das finden, was sie suchen. Der Roman ist ein Schatzkästchen, wenn man es öffnet, findet man wunderbare Dinge darin. Berührende Menschenschicksale, emotionale Momente, feinen Humor, echte Freundschaft und eine geschliffene Sprache, wo der Autor schöne und auch schon philosophische Sätze so zu Papier bringt, dass man als Leser darin eintauchen möchte. Das Leben und die Umwelt sind voller Farben, aber manche sehen in einem perfekten Grau all das, was für sie Glück und Zufriedenheit bedeutet. Dem Autor ist ein wunderschöner Roman gelungen, wo vier Suchende, jeder auf seine eigene Art und Weise ein Ziel erreicht haben. Dass man dabei nicht immer einen geraden und einfachen Weg gehen kann, sondern auch einmal über Steine steigen muss, haben alle am Ende ihrer Reise erkannt.

Bewertung vom 23.01.2021
Verschenkte Tage 128
Konrad Krumbacher 128

Verschenkte Tage 128


ausgezeichnet

Es ist das Jahr 1945,als in Niederbayern ein alter Mann und eine Mutter mit Baby brutal ermordet werden. Da das Kriegsende kurz bevor steht, gibt es auch keine Polizei mehr, die sich um den Fall kümmern könnte. Da kommt dem Bürgermeister aus Gräfhausen der junge Leutnant Simon Trepper gerade recht, der eigentlich mit seiner kleinen Einheit die Amerikaner so gut als möglich aufhalten soll. Dass er aber nun Mordfälle aufklären soll, damit hätte er nicht gerechnet. Aber Trepper ist ehrgeizig und so setzt er sich selber zwei Ziele. Er möchte den Mörder fassen und gleichzeitig versuchen seine Einheit ohne Blutvergießen in Richtung Freiheit zu führen, da er weiß, dass für sie der Krieg schon lange verloren ist.
,,Verschenkte Tage“ ist der erste Kriminalfall von Simon Trepper, wo der Autor Konrad Krumbachner seinen künftigen Protagonisten dem Leser in einer Art Prolog vorstellt. Es ist ein harter Einstieg in die Geschichte, da man gleich mit brutalen Morden konfrontiert wird. Aber auch für Trepper ist es eine harte Zeit, da er weiß, dass der Krieg verloren ist und er gar nicht mehr kämpfen möchte. Er ist ein sympathischer Protagonist, der zwar noch sehr jung ist, aber viel an Empathie besitzt und nie an sich selber, sondern immer nur an die anderen denkt. Schön beschrieben ist hierbei wie er sehr menschlich mit anderen umgeht und er nie seine höhere Stellung hervorhebt. Der Autor hat einen sehr emotionalen Roman geschrieben, wo auch das damalige Dorfleben mit seinen Vorurteilen Fremden gegenüber gut zur Geltung kommt. Hass, Eifersucht und Minderwertigkeitsgefühle führen letztendlich zu einer Katastrophe, wo Trepper langsam, aber sicher den Mörder überführen kann. Auch wenn er sein Bestes gibt, fühlt er sich immer schuldig, nicht genug getan zu haben. Es ist ein schöner Auftakt zu der Krimireihe ,,Deutschland im Schatten“ wo zum Glück noch viele Romane folgen und der Leser Simon Trepper viele Jahre begleiten darf.

Bewertung vom 23.01.2021
Der Himmel über den Menschen
Imre, Thomas

Der Himmel über den Menschen


gut

Der Astrophysiker Steven Thaillor ist schon von Kindheit an interessiert an allem, was sich im Universum befindet und für ihn ist es fast schon ein Wunder, dass ausgerechnet er es ist, der ein neues Weltraumteleskop als erster ausrichten darf. Dass er dabei ein unbekanntes und mysteriöses Objekt entdeckt, dass sich scheinbar Richtung Erde bewegt, wird sein bisheriges Leben völlig auf den Kopf stellen. Gemeinsam mit seinen Freunden Andrew und Matthew ist es gelungen eine neue Technik zu entwickeln, mit der man sich in eine computersimulierten Wirklichkeit begeben kann. Schon bald merkt Steven, dass es ihn immer mehr fasziniert, diese besonderen Reisen zu unternehmen und er das Gefühl hat, dem unbekannten Objekt dadurch immer näher zu kommen und vielleicht sogar herausfindet, welche Absichten dieses hat. Bald schon fällt es ihm immer schwerer zu unterscheiden, ob er sich nun in der realen oder der virtuellen Welt befindet und das geheimnisvolle Objekt rast immer schneller Richtung Erde.
,, Der Himmel über den Menschen“ ist ein fast schon philosophischer Roman von Thomas Imre, in dem er Themen aufgreift, über die der Mensch leider immer weniger nachdenken. Egal ob es der Klimawandel ist, die Massentierhaltung oder die sogenannte Konsumgesellschaft, all diese Bereiche greift der Autor auf und baut sie in eine interessante Geschichte ein. Gerade zu Beginn werden viele astronomische und astrologische Erläuterungen eingefügt, wo ich mir mit der Zeit etwas schwer getan habe diesen wirklich folgen zu können. Ein wenig hatte ich dabei das Gefühl einer wissenschaftlichen Abhandlung zu folgen. Der weitere Verlauf der Geschichte war interessant zu lesen, wobei auch hier die Einblicke in die technischen Belange der virtuellen Welt für einen Außenstehenden nicht immer ganz durchschaubar war. Der Autor legt in seinem Roman viel Wert auf gefühlvolle Dialoge und Gedanken. Mir persönlich war dabei der Schreibstil etwas zu einfach gehalten. Fast schon ein wenig auf der spirituellen Ebene wo es um Frieden, Glück und dem Einklang mit der Natur geht. Der Autor lässt den Leser in eine virtuelle Welt eintauchen, wo man sich selbst fragt, ob es nicht doch in den unendlichen Weiten des Weltalls eine Form von Leben gibt, ob es eine Zivilisation gibt, die vielleicht einmal wirklich mit uns Menschen Kontakt aufnimmt. Auf alle Fälle ist es ein Roman der zum Nachdenken anregt und immer wieder unsere Handlungen hinterfragt. Ob oder wie wir im Einklang mit der Natur und unserer Umwelt leben können und sollen wird von Thomas Imre in ,,Der Himmel über den Menschen“ auf eine besondere Art erklärt und beschrieben.

Bewertung vom 06.01.2021
Todessamen (eBook, ePUB)
Siemer, Nicole

Todessamen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jessie, die schon sehr früh ihre Eltern verloren hat und in einem Kinderheim aufgewachsen ist, lebt nun als junge Frau alleine und desillusioniert in ihrer ersten eigenen Wohnung. Grubingen, ein Ort, den man auf keiner Karte findet, ist schon seit jeher ihre Heimat gewesen, wo sich Jessie nie so richtig wohl gefühlt hat, weil hier und im Grubinger Forst stets eine unheilvolle Stimmung herrscht. Dass Jessie immer wieder Stimmen im Kopf hört und seltsame Geräusche wahrnimmt, verwundert sie nicht wirklichen, denn bereits als Kind hatte sie einen unsichtbaren Freund. Sam hatte sie durch die schwere Zeit im Heim begleitet, bis sie ihn eines Tages wütend fortgeschickt hat.Doch plötzlich trifft sie ihn nach vielen Jahren im Wald wieder und nun ist es er, der sie um Hilfe bietet. Jessie weiß nicht worauf sie sich einlässt, als sie ihn in seine geheimnisvolle Welt begleitet. Dass es hier ein Wunderland gibt, anders als in ihrem geliebten Buch ,,Alice im Wunderland“ muss sie schon bald auf erschütternde Art und Weise erkennen.
,,Todessamen“ ist ein spannender und sehr emotionaler Fantasyroman von Nicole Siemer. Es hat zu Beginn ein wenig gedauert, bis ich mich voll und ganz auf den Roman einlassen konnte. Als Leser wird man ziemlich schnell in die besondere Welt von Jessie hineingezogen, in der sie immer wieder Stimmen im Kopf hört, die mit ihr reden, ihr Vorwürfe machen oder ihr versuchen Kraft zu geben, damit sie mit ihrem bisherigen eher frustrierenden Leben endlich abschließen kann um einen neuen Weg einschlagen zu können. Man weiß nie so genau, ob sie sich das ganze nur einbildet, oder ob nicht doch etwas um sie herum passiert, das diese besondere Stimmung und geheimnisvolle Atmosphäre auslöst. Spannend sind dabei auch die Rückblendungen nicht nur aus ihrem früheren Leben mit ihren Eltern, zu denen sie eine tiefe Beziehung hatte, sondern auch die Zeit im Kinderheim als sie ihren unsichtbaren Freund kennen lernte. Es ist wunderbar beschrieben, wie sich die beiden gegenseitig helfen, aber auch traurig, wie grausam dabei die anderen Kinder zu Jessie sind. Die Autorin lässt dabei viele Gefühle aufkommen die von Verzweiflung bis zu abgrundtiefen Hass reichen. Es ist eine spannende Geschichte die sich um wichtige Themen dreht wie Mobbing, Einsamkeit, aber auch um falsch verstandener Rache, die einen Menschen in den Abgrund stürzen kann. Es ist im Grunde eine schöne fantasievolle Geschichte mit einem traurigen Hintergrund. Wenn man einmal in die Welt von Jessie und dem geheimnisvollen Wald mit seinen seltsamen Gestalten eingetaucht ist, dann möchte man nicht mehr aufhören zum Lesen, weil es immer wieder zu unerwarteten Ereignissen kommt und man hofft, dass Jessie und Sam heil ihr Abenteuer überstehen.

Bewertung vom 02.01.2021
Nano: Lüneburg
Borchers, Oliver

Nano: Lüneburg


gut

Im späten 21. Jahrhundert, nach etlichen Umweltkatastrophen, steht es um die Menschen schlecht. Ein Supervirus, der die Nanotechnologie vernichtet hat, hat sich im Land breit gemacht. Steam, das Schrottmädchen, deren alte Körperimplantate ständig Schmerzen bereiten und sie nur mehr mit Schmerzmitteln halbwegs über die Runde kommt, wird eines Tages von einer Künstlichen Intelligenz angegriffen, die sie offenbar vernichten möchte. Von einem Moment auf den anderen wird sie nicht nur zur Gejagten, sondern auch zu einer Jägerin, denn immer wieder kommen Erinnerungen und Träume von früher hoch, wo ihr Schicksal damals mit der großen Nano – Katastrophe verknüpft zu sein scheint. Steam weiß nun nicht mehr, ob oder wem sie überhaupt noch trauen kann und wer ist die geheimnisvolle Agentin Lena, die ständig ihren Weg kreuzt und die dabei auch eine blutige Spur, der Verwüstung hinterlässt.
,,Nano: Lüneburg“ ist der Cyberpunk Roman von Oliver Borchers. Es ist eine actionreiche und wilde Geschichte, die sich mit den Vor- und vor allem auch den Nachteilen der Nanotechnologie beschäftigt. Der Einstieg in den Roman ist mir nicht leicht gefallen, da es gleich rasant zur Sache geht und die Protagonisten ebenso schnell auftauchen, verschwinden und dann plötzlich wieder da sind. Die technischen Spielereien würden sich sicher gut in einem Film machen, da hierbei der Autor sich einiges einfallen hat lassen mit gefährlichen Messern, die aus dem Arm herausschießen oder Masken, die mit dem Gesicht des Trägers verschmelzen. Mir war es ehrlich gesagt manchmal zu viel an Verfolgungsjagden und schwer Verwundeten, die sich wieder regeneriert haben. In dem eher kurzen Roman hat der Autor sehr viel an Informationen hinein gepackt und ich habe dabei immer wieder den Überblick verloren, wer nun wen verfolgt und warum. Die Geschichte lässt sich vom Schreibstil her schnell lesen und technisch Begeisterte die sich für KI und Nanobots und deren gefährlichen und hinterhältigen Aktionen interessieren, werden hier sicher auf ihre Rechnung kommen.

Bewertung vom 26.12.2020
Seelen unter dem Eis
Korten, Astrid

Seelen unter dem Eis


sehr gut

Tom Döbbe, einst erfolgreich in der Werbebranche tätig, verbringt nun sein Leben im Gefängnis. Besser gesagt im Todestrakt von Huntsville/Texas, wo er wegen Mordes an seiner Geliebten Amal, auf seine Hinrichtung wartet.
Der Psychothriller ,, Seelen unter dem Eis“ von Astrid Korten, liefert dem Leser einen Einblick in das Leben von Tom vor seiner Inhaftierung und wie es ihm im Todestrakt ergeht. Es ist eine berührende Geschichte, wo man als Leser tief in die Seele der Protagonisten eindringt. Man erfährt in abwechselnden Kapiteln, wie es zu der schicksalhaften Begegnung zwischen Tom und Amal gekommen ist und die verheerenden Folgen. Mir wäre es dabei eine Hilfe gewesen, wenn die verschiedenen Handlungen z.b die in der Vergangenheit spielen, die Kapitelüberschrift durch eine kursive Schrift hervorgehoben wird, so wusste ich nicht gleich, ob Tom von der Vergangenheit oder der Gegenwart spricht.
Die Beziehung zwischen Tom und Amal wird von der Autorin gut dargestellt, wo man als Leser zu Beginn nie vermuten würde, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Es ist dabei traurig, wie ein Mensch Stück für Stück, ohne es zu merken, in die Abhängigkeit eines anderen schlittern kann. Amal ist eine Frau, die man als Leser sicher nicht ins Herz schließen wird, weil sie Tom in den seelischen Abgrund stößt. Ebenso ist es mir mit Toms Ehefrau Helen ergangen. Die Autorin lässt auch sie kalt und herzlos handeln, wo man mit Tom mitleidet. Astrid Korten schafft es dabei, dass man als Leser am liebsten in das Buch springen würde um ihn zu retten. Die Szenen im Gefängnis sind einer eigenen Betrachtungsweise wert, weil man sich einfach nicht vorstellen kann und auch nicht will, wie es Menschen ergeht, die vielleicht jahrelang auf ihre Hinrichtung warten. Die Autorin hat nach einem Besuch im US Staatsgefängnis Huntsville, wo sie mit Gefangenen und Wachleuten geredet hat, diesen Roman geschrieben. Es ist dabei zu erkennen, dass sie dabei viel an Einfühlungsvermögen besitzt, da unter anderem Toms ,, Freund“, der Wachmann, den er Goodman nennt, ihn wie einen Menschen behandelt und in ihn mehr sieht als einen Mörder. Das Thema der Todesstrafe ist dabei der Autorin ein großes Anliegen, da es laut der Aktivistengruppe Innocence Project gelungen ist, einigen zum Tode Verurteilten dank neuer DNA- Beweisen, zu einem Freispruch zu verhelfen. Toms Gedanken in seiner Zelle berühren den Leser, weil man spürt, welch seelischen Qualen er leidet, wie sich Hoffnungslosigkeit breit macht, wie seine Erinnerungen an schöne Zeiten, das einzige ist, das ihn noch bleibt und das Wissen, dass alles anders kommen hätte können. Es ist ein ruhiger Thriller, der den Leser zum Nachdenken anregt und wie immer bekommt man ein Ende präsentiert, mit dem man nicht gerechnet hat. Eben ein typischer Astrid Korten Roman, den man gerne liest.

Bewertung vom 25.12.2020
Tiefenzone
Schulte, Andreas J.

Tiefenzone


gut

Die junge Wissenschaftsjournalistin Julia Kern bekommt eine einmalige Chance gemeinsam mit einer internationalen Journalistengruppe in der Antarktis die hochmoderne Forschungsstation Terra Nova II zu besuchen. Was genau erforscht wird, soll medienwirksam an die Öffentlichkeit gelangen.Es wird viel gerätselt und Bekanntschaften untereinander geschlossen, so wie Julia den zuerst nicht geraden sympathischen George kennenlernt, der aber im Laufe ihres Aufenthaltes eine wichtige Stütze für sie wird. Was keiner ahnt ist, dass Terroristen ebenfalls auf Terra Nova sind und schon bald beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn es dauert nicht lange, bis es erste Tote auf der Forschungsstation gibt und keiner weiß, welches Ziel die Terroristen wirklich verfolgen. Bei einem waghalsigen Manöver gelingt es Julia und George vor den Verbrechern zu fliehen, doch wie sollen sie in der Antarktis fern jeder Zivilisation Hilfe finden?
,, Tiefenzone“ von Andreas J. Schulte ist der interessante Thriller der den Leser in eine fiktive Geschichte rund um eine bahnbrechende Entdeckung unter dem Eis der Antarktis entführt. Der Autor hat dabei viele technische Spielereien und wissenschaftliche Elemente geliefert, wo man sich die Station in dieser ungemütlichen und kalten Gegend gut vorstellen kann. Da für mich ein Thriller schon früher noch spannender sein sollte, waren mir die ersten 100 Seiten mit den ganzen Ausführungen der Station und den Arbeiten und Aufgaben der Mitarbeiter etwas zu viel. Schön war, dass in der Geschichte besonders die Frauen, allen voran Julia selbstbewusst waren und engagiert agiert haben. Der Bösewicht, genannt Doc, hat ein wenig den Hauch eines Darstellers aus einem James Bond Filmes gehabt, der immer wieder einmal auftaucht und schnell wieder verschwindet. Der relativ kurze letzte Teil des Romans, der wieder in Köln spielt, war von Actionreichen Szenen vollgepackt, was fast schon ein wenig zu viel auf einmal war. Da hätte mir eine ausgewogene Mischung über den gesamten Roman besser gefallen. Der Autor hat einen ansprechenden Schreibstil der angenehm zu lesen ist. Manche seiner fiktiven Einfälle sind interessant und der Hauptgedanke in der Geschichte lässt hoffen, dass es im Namen der Wissenschaft doch noch Grenzen gibt, die hoffentlich nie überschritten werden.