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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 16.11.2020
Die Tote in der Gracht / Tödliches Vlieland Bd.2
Jacobs, Jan

Die Tote in der Gracht / Tödliches Vlieland Bd.2


ausgezeichnet

Die Elfstedentocht – das berühmte Schlittschuhrennen auf den zugefrorenen Grachten gehört zur nationalen Identität Frieslands. Endlich scheint es nahezu 20 Jahre nach dem letzten Rennen 1997 wieder genügend Eis und Kälte zu geben. Mitten in den Vorbereitungen stürzt eine junge Journalistin von der Brücke in eine Gracht und ertrinkt. Auch die beiden hinzugeeilten Retter können nichts mehr ausrichten.

Griet Gerritsen und Pieter de Vries nehmen den Unfall auf und bald schwant den erfahrenen Beamten, dass es nicht so eindeutig ist, wie der erste Anschein glauben machen möchte. Die Journalistin arbeitete an Story, mit der sie sich Feinde machte und die beiden Retter waren auch nicht unbedingt zufällig am Ort.

Die Niederlande sind nicht allzu oft Schauplatz eines Kriminalromans und das reizte mich wieder am neuen Krimi von Jan Jacobs. Er mischt auf so unterhaltsame Weise niederländische Eigenheiten und Spracheinsprengsel in seine Geschichte, dass der Krimi auch auf dieser Ebene sehr gelungen ist. Von der Elfstedentocht hatte ich schon mal gehört, was für eine wichtige Rolle sie einnimmt war mir neu. Außerdem bietet das eisige Rennen auch einen aufregenden Hintergrund für die Ermittler, die statt einem zweideutigen Unfall nun noch Hinweise über ein altes, nie aufgeklärtes Verbrechen finden. Mir gefällt es, wenn ich im Buch auch ein gewisses Maß an privaten Verwicklungen und Empfindlichkeiten der Hauptfiguren erfahre, die die Protagonisten lebendig und konturiert erscheinen lässt, ohne dass das der Kriminalfall dabei in den Hintergrund gerät. Das gelingt dem Autor sehr gut. Dabei sind seine Ermittler keine tadellosen Helden, Menschliches ist ihnen nicht fremd und dazu gehören auch Versagen oder persönliche Defizite. Eben richtige Figuren mit Ecken und Kanten an denen man sich auch reiben kann.

Ganz toll fand ich die Atmosphäre des winterlichen Hollands eingefangen, eisig draußen und doch mit holländischer Behaglichkeit drinnen, die sie auch einstellt, wenn Griet in ihrem Hausboot den Feierabend verbringt.

Ein wirklich spannender Krimi und eine lohnenswerte Entdeckung, wenn man Jan Jacobs noch nicht kennt.

Bewertung vom 13.11.2020
Die Wahrheit über Metting
Liehr, Tom

Die Wahrheit über Metting


ausgezeichnet

Tomás Lebesanft wächst in einem kleinen Provinzstädtchen auf. Seine Eltern betreiben ein Altenheim und so denkt der kleine Tom lange, dass es nur alte Menschen gibt. Es sind die bleiernen 60/70iger Jahre, die Schule geprägt von reaktionären Lehrern, deren Ausbildung noch von vergangenen Zeiten überschattet wurde. Er ist Legastheniker, was damals als „zurückgeblieben“ interpretiert wird. Eine weiterführende Schule wird ihm verwehrt. Sein bester Freund ist ebenso Außenseiter, Filip, der als Zigeunerjunge bezeichnet wird. Vermisst irgendjemand in der Schule ein Teil, wird sofort Filips Schultasche durchsucht. Vorurteile, die von den Lehrern sogar noch befeuert wurden.

Die Ehe der Eltern ist seltsam unterkühlt, genau wie sein Verhältnis zu ihnen. Es gibt nur eine Person, die Tom wichtig ist, Marieluise die ins Altersheim der Eltern zieht. Eine alte Dame, aber jung in ihren Ansichten und Toms Bezugsperson und seine erste Liebe.

30 Jahre später kehrt Tom in sein Heimatstädtchen zurück….

Für mich war dieser Roman eine Zeitreise in meine eigene Vergangenheit, Schulzeit in der gleichen Zeit mit ähnlichen Erfahrungen. Da wurden Erinnerungen wach, die mich schmerzlich berührten. Es sind vor allem die kleinen Beobachtungen die Tom Liehr so wunderbar schildern kann und die einprägsame Bilder hervorrufen. Die selbstherrlichen Charaktere der braven Bürger - man ist ja schließlich wieder wer – die zu üblen Vorurteilen gegenüber Fremden führen. Ein dunkler Teint, ein fremd klingender Name reicht zur Ausgrenzung schon aus. Das alles ist mir aus der Erinnerung nur allzu vertraut.

Der Autor schreibt sehr einfühlsam, für mich auch mit Emotionen verbunden. Das liegt sicher an meiner Generation, ich bin nicht sicher, ob jüngere Leser das ebenso spüren. Aber für alle Leser gleich interessant ist die Menschlichkeit des Romans. Es ist ein Loblied auf die Freundschaft, ein Geschichte über das oft schmerzhafte Erwachsenwerden und ein Zeitbild aus der Provinz gleichermaßen.

Bewertung vom 12.11.2020
Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück
Bernstein, Lilly

Trümmermädchen - Annas Traum vom Glück


sehr gut

Seit ihre Tante den Bäcker Matthias geheiratet hat, fand die kleine Anna ein liebevolles und im wahrsten Wortsinn ein warmes Zuhause. Sie verbringt glückliche Kinderjahre, auch wenn die Zeiten nicht einfach sind. Auch als ihre beste Freundin Ruth plötzlich verschwindet und die Wohnung der Kohns nur noch ein Trümmerfeld ist, fühlt sie sich in ihrem Zuhause sicher. Doch dann wird der Onkel doch noch eingezogen und sie und die Mutter müssen das Haus und die Bäckerei verlassen, das Haus ist ausgebombt.

Harte Trümmerjahre und der alltägliche Kampf um ein wenig Essen und ein bisschen Wärme prägt Annas Jugendzeit. Aber die Menschlichkeit und Liebe, die sie erfahren hat, lässt sie Unrecht und Not ertragen und offen für das Leid der Mitmenschen zu bleiben.

Ich habe einen Roman gelesen, der sich auch als Zeitbeschreibung lesen lässt. Die Autorin hat die die Kriegs- und Nachkriegsjahre sehr realistisch eingefangen und alles hätte sich auch so in Köln oder anderen Städten ereignen können. Eine sehr warmherzige und anrührende Geschichte, die mich so richtig gepackt hat. Anna ist die prägende Figur in diesem Roman, aber auch die anderen Protagonisten, besonders die Tante, haben mir sehr gut gefallen. Die Hunger- und Kältejahre nach Kriegsende sind realistisch erzählt, beim täglichen Kampf um das Notwendigste kann man nicht unberührt bleiben. Hier merkt man deutlich, dass die Autorin auf Familienerinnerungen zurückgreifen kann, denn sie und die Mutter stammen ebenfalls aus einer Bäckerfamilie. Diese Nähe spürte man in diesem Buch, ganz besonders bei kleinen alltäglichen Begebenheiten.

Die farbige Erzählweise macht den Roman zu einem richtigen Pageturner, der Überlebenswille und Kampfgeist Annas haben mir so gut gefallen, dass ich auch über einige Längen im letzten Drittel sehr gut hinweglesen konnte. Natürlich darf es ein glückliches Ende geben, das hat ein Roman dem echten Leben manchmal voraus.

Mir hat dieser Roman mit zeitgeschichtlichem Hintergrund sehr gut gefallen.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.11.2020
Mord beim Diamantendinner / Ein Fall für Jackie Dupont Bd.2
Lambert, Eve

Mord beim Diamantendinner / Ein Fall für Jackie Dupont Bd.2


sehr gut

Mondän, stylish und mit allen Wassern gewaschen – das ist Jackie Dupont, die amerikanische Privatermittlerin, die sich auf Juwelenraub spezialisiert hat.

So trifft sie in 1920 in London ein, bei einer exklusiven Party des Kronprinzen wurde eine wertvolle Krone der Königinmutter gestohlen und ihr Auftrag ist es, diskret und erfolgreich den Juwelenraub aufzuklären. Kurzerhand lädt Jackie alle Gäste noch einmal für ein Wochenende auf einen feudalen Landsitz ein. Das ideale Umfeld für sie, um den Gästen aus Adel und Society auf den Zahn zu fühlen. Doch ein Gast überlebt das Wochenende nicht und auch Jackie ist in Gefahr. Gut, dass sie nicht allein ermitteln muss. Denn der Duke of Surrey ist sich sicher, in Jackie seine vermisste Frau Diana wiederzuerkennen, die seit dem Untergang der Titanic vermisst wird. Deshalb ist es ihm nur mehr als recht, an ihrer Seite zu ermitteln.

Die Frage ist sie’s oder ist sie’s nicht zieht sich sehr vergnüglich durch das Buch, dieses Geplänkel amüsierte mich köstlich. Ebenfalls mit spitzer Feder sind die anderen Charaktere gezeichnete, der gesetzte Butler des Dukes oder die liederliche Kronprinz, die gesetzten Sekretäre – egal welche Figur ich auch nehme, sie allesamt der Autorin sehr gut gelungen.

Ich habe erst beim Lesen realisiert, dass das zweite Buch um Jackie Dupont ist, aber ich hatte keine Schwierigkeiten in die Geschichte zu finden.

Der Krimi hat nicht nur einen interessanten Plot, ist durchweg sehr spannend und was mir besonders gefiel, eine sehr spritzig-elegante Erzählweise. Genau wie es zu den Roaring Twenties und zur englischen High Society passt. Ein wenig erinnerte mich die Figur der Jackie Dupont an die australische TV Serie um Miss Fisher.

Ein rundum gelungener Krimi, der mir sehr viel Lesevergnügen beschert hat.

Bewertung vom 06.11.2020
Ein neuer Anfang / Palais Heiligendamm Bd.1
Grünig, Michaela

Ein neuer Anfang / Palais Heiligendamm Bd.1


gut

1912 gelingt es dem Berliner Hotelier Kuhlmann sich den Traum eines eigenen Luxushotels zu erfüllen. Das Palais Heiligendamm wird in Doberan eröffnet und steht in harter Konkurrenz zum ersten Haus, dem Grand Hotel Heiligendamm. Stammhalter Paul beugt sich nur widerwillig den Plänen seines Vaters ihn zum Nachfolger aufzubauen. Seine Interessen liegen in der Musik und der Hotelalltag langweilt ihn. Ganz im Gegensatz dazu die Schwester Elisabeth. Sie hat alle Eigenschaften, die eine Geschäftsfrau braucht, das Auge für Details und Personal und die Durchsetzungskraft. Aber die Konventionen sprechen gegen sie. Eine gute Partie, das ist das Einzige was den Eltern Kuhlmann für ihre Töchter vorschwebt.

Doch das junge Jahrhundert ist turbulent und die Zeiten gefährlich…

Dieser Familienroman ist als umfassende Saga angelegt. Unbestritten ist Elisabeth die Hauptfigur in diesem ersten Band. Vom jungen Mädchen, das zwar weiß, was es will, aber nicht immer durchsetzen kann bis zur jungen Frau, die viele Schicksalsschläge zu meistern muss, begleitet sie das Buch. Die Autorin hat als geschichtlichen Hintergrund die Jahre vom dem Ersten Weltkrieg bis kurz danach gewählt. Eine interessante Zeit, in der es große gesellschaftliche Umbrüche gab. So sind die Eltern Kuhlmann noch ganz im 19. Jahrhundert verwurzelt, Standesdünkel steht über allem. Die Kinder rebellieren jedoch und versuchen ihre eigenen Wege zu gehen.

Es gelingt der Autorin auch ein sehr farbiges und lebendiges Zeitbild. Die Kriegsjahre werden meist aus der Sicht Elisabeths erzählt, die ihren Platz an der Spitze des Hotels eingenommen hat. Das war nicht einfach, viel zu oft wurde sie von Schicksalsschlägen gebeutelt und mit ihrer große Liebe Julius Falkenhayn ist ihr kein gemeinsames Leben gegönnt.

Überhaupt die Schicksalsschläge: auf die Familie und vor allem auf Elisabeth stürzt alles ein, was man sich ausdenken kann und alle Handlungsstränge sind so angelegt, dass die Auflösung erst im nächsten Band dieses Romans gelingen kann. Mir persönlich war das ein wenig viel, es wäre auch mit weniger Dramatik spannend gewesen. Besonders im ersten Drittel des Buches hatte ich das Gefühl, dass schon zu sehr auf die Fortsetzung hin erzählt wurde und sich manche Episode in zu vielen Details erging. Historisch war das Buch immer sehr gut recherchiert, zum Beispiel die Kriegsfreude der kaisertreuen Schichten oder der Stolz auf die Kolonie Südwest in Afrika.

Julius Falkenhayn, der an der Seite von Elisabeth auch eine große Rolle in diesem Familiendrama spielt, blieb mir bisher in seiner Handlungsweise ein wenig zu vage und konnte mich – im Gegensatz zu den anderen Figuren – nicht ganz überzeugen.

Es war ein richtiger Historien-Schmöker, dem eine straffere Handlungsführung ganz gut getan hätte, der sich aber gut und unterhaltsam liest.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.11.2020
Den letzten Gang serviert der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.13
Maurer, Jörg

Den letzten Gang serviert der Tod / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.13


ausgezeichnet

Am Ruhetag des Sternerestaurants Hubschmidts treffen sich die Mitglieder des Kochclubs „Les Treize Plats“ zum regelmäßig zelebrierten gemeinsamen Kochen und Dinieren. Doch dieses Mal geht es einiges schief. So treffen Kommissar Jennerwein und sein Team auf drei Leichen inmitten der brodelnden Töpfe.

Ein mehr als komplexer Fall und die Zeugenaussagen bringen kein Licht ins Dunkel. Auch die Spuren in der Küche sind eher verwirrend, als erhellend.

Das ist wieder einmal ein ganz typischer „Maurer“, witzig, ironisch und skurril. Wenn Situationen mit Spitzweg-Bildern verglichen werden und auch gleich die passenden Titel bekommen, wie „Der Saucenschlecker – Öl auf Leinwand 1856“ habe ich sofort die passenden Bilder vor Augen. Eine große Rolle spielen heimische Pilze, eines der Opfer scheint über einem Pilzgericht zusammengebrochen zu sein. Der berühmte Pilzmaler Siegfried Schlatt ist daher auch in diesem Drama involviert, allerdings durch den Genuss diverser Zubereitungen berauschender Schwammerl kein zuverlässiger Zeuge.

In diesem Krimi wartet der Autor mit derart ausgefallenen Wendungen auf, dass es mich fast schwindlig machte. Dabei sitzen die Dialoge und die aberwitzigen Szenen sind auf den Punkt gebracht. Hier spürt man Maurers Profession als Kabarettist. Der Krimi blieb bis zum furiosen Schluss spannend und bis fast zum letzten Kapitel hatte ich keine Ahnung, wer der Täter sein konnte. Dabei steht schon ziemlich früh fest, dass er nur im Kreis des Kochclubs zu finden ist.

Ich bin immer wieder erstaunt, was für einen Kosmos an Figuren sich Jörg Maurer ausdenken kann. Die einzelnen Protagonisten sind dabei ebenso abgedreht wie die Geschichte, wirken aber erstaunlich real und lebensecht. Außerdem gefiel mir, dass auch alte Bekannte aus der Serie, wie Ursel Grasegger, die ehemalige Bestatterin, ihren Auftritt bekommt.

Jennerwein muss zur Hochform auflaufen und wird sogar zwangsweise zum Actionheld bis er endlich den Fall abschließen kann.

Ein ganz besonders witziger Einfall sind die regelmäßig eingestreuten Internet Bewertungen des Lokals, die sich als Running Gag durch die Geschichte ziehen. Es gab wirklich keine Seite, die mich nicht zum schmunzeln oder zum hell auflachen brachte.

Auch im 13. Band hat die Krimireihe nichts von ihrer Frische verloren und bekommt eine ausgesprochene Empfehlung.

Bewertung vom 03.11.2020
Englein, Mord und Christbaumkugel
Baumann, Manfred

Englein, Mord und Christbaumkugel


ausgezeichnet

In „Englein, Mord und Christbaumkugeln“ lässt Manfred Baumann seinen Kommissar Merana in der Vorweihnachtszeit im Salzburger Land ermitteln.

Die drei Kurzkrimis sind sehr stimmungsvoll in die Adventszeit eingebettet. Alte Salzburger Weihnachtsbräuche bieten den Hintergrund und selbst bei romantischen Weihnachtsmärkten und Bläsermusik schläft das Böse nicht. Diese Erfahrung muss auch Kommissar Merana machen, als er mit seiner Oma über den Adventsmarkt bummelt und ein Mord die Besucher erschüttert.

Auch wenn das Verbrechen überall lauert und Eifersucht, Gier oder Rache auch vor Weihnachten nicht Halt machen, gelingt es dem Autor in seinen Kurzkrimis eine wohlige Stimmung zu verbreiten und den Leser in verschneite Landschaften zu entführen, wie bei „Wer klopfet an“. Für mich der beste der Kurzkrimis in diesem Band. Die Kurzgeschichten bieten auch wieder einige Einblicke ins Privatleben von Merana und seiner Mitarbeiter und sind ideal für wohliges Rätseln unterm Tannenbaum.

Bewertung vom 02.11.2020
Unter Wölfen - Der verborgene Feind / Isaak Rubinstein Bd.2
Beer, Alex

Unter Wölfen - Der verborgene Feind / Isaak Rubinstein Bd.2


sehr gut

Nürnberg 1942 – inmitten des Nazi-Terrors sieht sich Isaac Rubinstein immer noch in großer Gefahr. Er hatte die Identität des Sonderermittlers Adolf Weissmann angenommen, um eine Aktion des Widerstands zu unterstützen. Seine große Ähnlichkeit mit dem Nationalsozialisten machte das möglich. Die Aktion ist gelungen, aber nicht Rubinsteins Flucht. Er soll die Untersuchungen zum Mord an einer jungen Frau, Tochter einflussreicher Nazis, übernehmen. Nun hat er nur 4 Tage Zeit, denn dann hat er die letzte Möglichkeit außer Landes gebracht zu werden.
Er spürt, dass die Aufdeckung seiner falschen Identität immer wahrscheinlicher wird. Seine Tarnung ist löchrig, von Polizeiarbeit versteht er zu wenig – und immer mal ein Spruch aus Conan Doyles Feder reicht nicht. Er ließ sich außerdem auf eine Liaison mit Nazigröße Ursula von Rahn ein, um an Informationen zu kommen, damit zieht er aber auch die Aufmerksamkeit eines Nebenbuhlers an.
Bald wird im klar, dass der Tod der jungen Frau keine Einzeltat ist, es gibt deutliche Hinweise, dass es sich um einen Serienmörder handelt, der schon mehrfach zugeschlagen hat.
Der feingeistige Antiquar Isaac fühlt sich in seiner Rolle als Nazi-Ermittler äußerst unwohl, immer muss er die Enttarnung fürchten und unter Hochdruck ermitteln. Diese Anspannung verleiht dem Krimi ein hohes Tempo, als Leser bange ich auf jeder Seite mit Isaac. Der historische Kriminalroman fängt die Atmosphäre der Nazi-Zeit gut ein. Besonders die Begeisterung der Nürnberger Bevölkerung ist gut beschrieben, die Stadt ein Fahnenmeer in Rot-Weiß-Schwarz. Die Figur des Isaac Rubinstein ist idealisiert. Ein Mann, der innerhalb weniger Tage vom Bücherwurm zum harten Ermittler wird, furchtlos in Arbeitszimmern schnüffelt, den Nazi-Jargon verinnerlicht und als Kriminalist durchgeht, ist nicht unbedingt realistisch, aber in jedem Fall für Spannung gut. Die anderen Protagonisten sind eindimensionaler beschrieben, stramme Nazi meist, die austauschbar sind. Bei Kriminalist Köhler, widerwilliger „Kollege“ von Isaac, meine ich eine innere Abwehr zu spüren, die die Figur interessanter macht.
Dass Isaac sich immer wieder in allerletzte Minute durch geschicktes Taktieren oder durch Zufall aus der Schlinge ziehen kann und unentdeckt bleibt, wiederholt sich dabei immer wieder, schließlich muss er noch in einem weiteren Fall ermitteln. Aber da sehe ich die Gefahr, dass sich das Motiv nach zwei Bänden abnutzt hat.
Mein Fazit: Ein spannender, düsterer Kriminalroman, der mich gut unterhalten hat.

Bewertung vom 29.10.2020
Wundervolle Weihnachtsbäckerei
Baumgärtner, Theresa

Wundervolle Weihnachtsbäckerei


ausgezeichnet

Dieses wunderschöne Buch aus dem Brandstätter Verlag ist die ideale Einstimmung für die Vorweihnachtszeit. Bevor man aber mit den Rezepten loslegt, sollte man sich die Zeit nehmen für die liebevolle Gestaltung des Buchs. Es fängt mit dem handlichen Format an, dann gefielen mir noch die wertige Halbleinenbindung und die feine Goldprägungen des Titels besonders.

Das Buch ist reich mit stimmungsvollen Fotos illustriert und kleine Vignetten schmücken fast jede Seite.

Aber nun zu den Rezepten. Es gibt eine fundierte Einführung zu wichtigen Backutensilien und bei den Tipps finden auch geübte Bäckerinnen noch Anregungen. Die Autorin bevorzugt Dinkelmehl, man kann aber Weizenmehl verwenden. Bei einem Rezept (Sablès) habe ich beide Varianten ausprobiert und kann Frau Baumgärtner beipflichten: Dinkelmehl verleiht den Plätzchen einen besonders nussigen Geschmack.

Viele Plätzchen sind auch außerhalb der Weihnachtsbäckerei eine Bereicherung für die Tee- oder Kaffeestunde und wie die Mokkaschiffchen oder die Zitronen-Cremetörtchen fast schon kleine Patisserie-Kunstwerke. Die Mokkaschiffchen und die Russian Tea Cakes haben übrigens bei meiner Familie großen Anklang gefunden und die kleinen Tea Cakes waren dazu noch sehr fix und einfach zubereitet.

Außer den Rezepten machen die kleinen Geschichten und Gedichte richtig Lust immer wieder im Buch zu blättern.

Ein stimmungsvoller Auftakt in die Vorweihnachtszeit und Schatzkästlein für Weihnachtsbäckerei, aber auch Anregungen für kleine Backkunstwerke für’s ganze Jahr habe ich in diesem Buch gefunden.

Absolut empfehlenswert und auch als besonderes Geschenk bestens geeignet.

Bewertung vom 27.10.2020
Das Buch eines Sommers
Kast, Bas

Das Buch eines Sommers


gut

Nicolas hat seinen Onkel immer bewundert. Er hat ihn und seine Probleme ernst genommen, gleichberechtigt behandelt, so ganz anders als sein Vater. Onkel Valentin war Schriftsteller, ein philosophischer Lebenskünstler und die Zeit, die Nicolas mit ihm verbrachte, hat ihn geprägt. Auch er wollte Schriftsteller werden, doch kam über einen ersten Versuch nicht hinaus. Sein Vater begann zu kränkeln und so schien es für Nicolas klar zu sein, dass er in seine beruflichen Fußstapfen tritt und das Pharmaunternehmen übernehmen wird.

Er wird erfolgreicher als es sein Vater je war und hat über all dem seinen Onkel vergessen, auch geht er völlig in seiner Firma auf, vernachlässigt seine Familie und merkt nicht, dass er das wurde, was er an seinem Vater ablehnte.

Doch dann stirbt Valentin und Nicolas fährt nur widerwillig mit seiner Familie zur Beisetzung und um seine Erbe anzutreten. Zu groß ist der augenblickliche Stress in der Firma, die an einem wirtschaftlichen Scheideweg steht um den Kopf frei zu bekommen.

Doch dann wird alles ganz anders.

Ein wunderschön gestaltetes Buch, fein im Format und in der Ausstattung. Edles Leinen kommt unter dem typischen Diogenes Umschlag zum Vorschein.

Die Geschichte ist leicht und angenehm geschrieben, Merksätze und Aussprüche erinnern zwar an typische Kalendersprüche, aber das ist per se ja nichts Schlechtes. Bas Kast hüllt den Leser in die wärmende Decke seines kleinen Romans und verbreitet Wohlfühlatmosphäre. Die Konflikte und Probleme lösen sich in Wohlgefallen auf, wenn nur die positive Einstellung stimmt. Als wachrüttelnde Lebensphilosophie (Klappentext), habe ich das allerdings nicht empfunden, dazu fehlt es an Tiefe und an Aussagen, die nachwirken. So bleiben auch die Charaktere ziemlich an der Oberfläche, ob Valentin oder Nicolas oder seine Frau, sie erschienen mir als Figuren zu blass.

Aber es ist für mich gute Unterhaltung für einige angenehme Lesestunden gewesen, nicht mehr und nicht weniger.