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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 961 Bewertungen
Bewertung vom 18.06.2024
Kofler-Bettschart, Birgit

"Ich habe getötet, aber ein Mörder bin ich nicht"


ausgezeichnet

Dieses Sachbuch behandelt ein Verbrechen, das bis heute nicht aufgearbeitet worden ist, sondern in kleinerem Ausmaß nach wie vor geschieht: den Genozid an den Armeniern und seinen Folgen. Dieser Völkermord, der sich in den Jahren 1915-1917 ereignet hat, wird von den Armeniern selbst als Aghet (= Katastrophe) bezeichnet und ist gut dokumentiert. Die Opferzahlen schwanken, je nachdem welche Quellen herangezogen werden und betragen bis zu 1,5 Millionen Menschen.

Autorin Dr. Birgit Kofler-Bettschart betrachtet in ihrem Buch, das keine leichte Kost ist, die Vergeltungsaktionen der einer Gruppe überlebender Armenier in den Jahren 1919-1922, die als „Operation Nemesis“ bekannt sind. Aus der Diaspora heraus wollen die Mitglieder der Gruppe die Drahtzieher des Völkermordes zur Rechenschaft ziehen, die Weltöffentlichkeit auf dieses Verbrechen aufmerksam machen und Anerkennung desselben. Denn in der Türkei, dem Nachfolgerstaat des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg werden die Verantwortlichen auf Betreiben der Alliierten zwar vor Gericht gestellt und auf Grund der Beweislage in Abwesenheit verurteilt. Da sich die Angeklagten durch Flucht ihrer Verantwortung entzogen haben, können die (Todes)Urteile nicht vollstreckt werden, zumal sich Deutschland, wie auch andere Länder weigert, die Drahtzieher auszuliefern.

Wenig später ist außer den Armeniern niemand mehr an einer Sühne des Genozids interessiert. Hier greifen nun die Mitglieder der Geheimorganisation ein und beginnen den Aufenthalt der rund 100 Schuldigen auszuforschen. Die gefährliche Reise führt die Attentäter und deren Helfer durch zahlreiche Länder Europas bis hin in den Kaukasus. Akribisch werden acht Männer auf der Liste ausgeforscht und am helllichten Tag getötet.

Soghomon Tehlirjan (1897-1960) erschießt am 15. März 1921 den in Berlin lebenden ehemaligen Innenminister Talaat Pascha. Im anschließendem Prozess, aus dem das Titel gebende Zitat stammt, wird Tehlirjan freigesprochen. Grund: Auf Grund der erlittenen Traumata, Tehlirjan hat 85 Familienmitglieder in den Massakern verloren, wird ihm Unzurechnungsfähigkeit bescheinigt. Denn für Tehlirjan ist es kein Verbrechen, einen verurteilten Massenmörder zu töten.

Meine Meinung:

Die Autorin hat akribisch recherchiert und neben amtlichen Quellen auch die Biografien der Mitglieder der „Operatin Nemesis“ herangezogen. Das Buch belegt, dass der Massenmord während des Ersten Weltkriegs an den Armeniern durch die Osmanen systematisch organisiert worden ist. Die Weltöffentlichkeit, allen voran die mit dem Osmanischen Reich verbündeten Achsenmächte, also das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn, haben weggeschaut und sich mit dem Hinweis auf „innere Angelegenheiten eines Reiches“ abspeisen lassen. Das Wissen um Deportationen, Todesmärsche, Massaker und andere Gräueltaten wirken wie eine Blaupause für den Genozid an den Juden im NS-Staat und anderen Völkermorden in der Zukunft.

„Es soll ein Verbrechen sein, dass Tehlirjan einen Menschen ermordet hat, aber kein Verbrechen, mehr als eine Million Menschen zu töten? Das passt nicht zusammen.“ (Raphael Lemkin/ „Vater“ der Genozid-Konvention).

Es ist dem Juristen und Friedensforscher Rapahel Lemkin (1900-1959) zu verdanken, dass die Genozid-Konvention ins Leben gerufen worden ist.

„Es stellt jede Handlung, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“ unter Strafe. Verbrechen gegen sozial oder politisch definierte Gruppen fallen - mit Rücksicht auf die Sowjetunion - nicht darunter.

Leider kommt die nunmehrige Republik Armenien, die nach dem Zerfall der UdSSR ihre Unabhängigkeit erklärt hat, nach wie vor nicht zur Ruhe. Umgeben von Autokraturen, die mehrheitlich muslimisch sind, wie Türkei, Aserbeidschan und dem Iran sowie von Georgien, liegt es im Zentrum von einer äußerst instabilen Umgebung und wird nach wie vor Opfer von Massakern und Vertreibungen - Stichwort Berg Karabach. Der Massenexodus der Armenier hält bis heute an.

Das Buch liest sich trotz der Schilderung der brutalen Wirklichkeit sehr gut. Die Autorin hat bis ins kleinste Detail recherchiert und so lernt man die einzelnen Akteure kennen. Sehr gut hat mir gefallen, dass sie das weitere Schicksal der Mitglieder der Operation Nemesis dargestellt hat. Am Ende des Buches kann man noch das Interview mit der Armenien- und Genozid-Expertin Dr. Tessa Hofmann lesen.

Die Autorin stellt die komplexen Zusammenhänge in der langen Leidensgeschichte des armenischen Volkes sehr sachlich und anschaulich dar.

Fazit:

Diesem hervorragend recherchierten und verfassten Buch, wider das Vergessen gegen den Völkermord an den Armeniern durch die Türkei, der von ihr nach wie nicht nicht als Verbrechen anerkannt wird, 5 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.06.2024
Die Vermisste von Holnis
Johannsen, Anna

Die Vermisste von Holnis


ausgezeichnet

Ihr 11. Fall führt Inselkommissarin Lena Lorenzen auf die Halbinsel Holnis in der Flensburger Förde. Dort stellt sie Ermittlungen zu einem komplexen Fall. Zunächst ist nur bekannt, dass in Dänemark, nahe der Grenze zu Deutschland die Leiche einer jungen Frau gefunden worden ist, deren dänischer Pass gefälscht ist und deren richtiger Name Sophia Jepsen ist. Sophias Namen hat vor vier Jahren bereits für Aufregung gesorgt, ist doch die damals 16-Jährige spurlos verschwunden. Getötet wurde sie erst vor Kurzem. Zudem stellt sich heraus, dass Sophia ein Kind geboren haben muss. Für Lena Lorenzen und ihr Team stellen sich nun die wichtigen Fragen: Wo ist das Kind und wo hat sich Sophia die vergangenen vier Jahre versteckt?

Je tiefer sie in Sophias Vergangenheit eindringen, desto mehr Abgründe tauchen auf. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Fall eigentlich um zwei Fälle handelt, die getrennt behandelt werden sollen. Doch aktuell ist das Wichtigste, das Kind zu finden, denn es könnte in Gefahr sein.

Meine Meinung:

Mit diesem Krimi ist Anna Johannsen wieder ein sehr spannendes Buch gelungen. Ich mag komplexe Kriminalroman. Hier werden wieder alle Register gezogen.

Gut gefällt mir, dass penible Polizeiarbeit beschrieben wird, obwohl ich mir vorstellen kann, dass Lenas Team in Wirklichkeit vergrößert werden müsste. Aber, die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft ist eine auf Augenhöhe.

Der Spannungsbogen ist sehr hoch und wird durch mehrere unerwartete Wendungen sowie falsche Spuren erhöht.

Daneben zeigt der Krimi Lena Lorenzens Spagat zwischen Familie und Beruf auf, der sie und ihren Ehemann Erck belastet.

Fazit:

Ein komplexer Krimi, der bis zur letzten Seite fesselt, und dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 17.06.2024
Die Großstadtdetektive
Lezzi, Eva

Die Großstadtdetektive


ausgezeichnet

Der zehnjährige Jona ist mit Eltern und Bruder vor Kurzem von eher beschaulichen Lübeck in das multikulturelle laute Berlin umgezogen. Der Neuanfang in der neuen Schule fällt ihm nicht leicht. Als er gemeinsam mit seinem deutsch-türkische Banknachbarn Deniz und dessen Freund Max, die ihn beide scheel ansehen, des Handy-Diebstahls bezichtigt wird, ist zunächst guter Rat teuer. Die drei raufen sich buchstäblich zusammen und machen sich auf die Suche nach dem wahren Dieb.

Dass sie dabei den jeweils anderen ein wenig besser kennenlernen, versteht sich von selbst.

Meine Meinung:

Dieses Kinderbuch ist sehr gut gelungen. Es vermittelt ganz unterschwellig und subtil verschiedene Botschaften. Die 4C ist ein kleines Abbild der Großstadt Berlin. Kinder unterschiedlicher Herkunft und Religion müssen ihren Alltag miteinander teilen. Ressentiments, die die Kinder zum Teil von Eltern übernommen haben, müssen überwunden werden. So teilen der jüdische Jona und der deutsch-türkische Deniz die Schulbank. Jonas Eltern sind ein wenig übervorsichtig, weshalb er sich selbst auch wenig zutraut und seinem alten Leben in Lübeck nachtrauert. Erst der Verdacht, Lauras Handy gestohlen zu haben, lässt die drei Jungs zunächst zu einer Zweckgemeinschaft zusammenwachsen aus der sich dann eine Freundschaft entwickelt.

Der Schreibstil ist locker und flüssig, die Kapitel von ansprechender Länge, sodass das Buch auch vorgelesen werden kann. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Wahrscheinlich kann jeder/jede (Jung)Leser/Leserin die eine oder andere Charaktereigenschaft an sich selbst erkennen. Die Leser lernen gemeinsam mit dem Trio Berlin kennen.

Fazit:

Ich gehe davon aus, dass dieses Buch der Auftakt einer neuen Kinderbuch-Reihe sein wird. Daher gebe ich hier gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Bretonisch mit Flammen
Kasperski, Gabriela

Bretonisch mit Flammen


ausgezeichnet

Als das Reetdach eines alten Ferienhauses im malerischen Ferienort Camaret-sur-Mer in Flammen aufgeht, weiß noch niemand, dass man ausgerechnet den mit der Renovierung des Hauses beauftragte Handwerke Isidore dort seinen Tod finden wird. Zunächst sieht alles nach einem Unfall aus, denn Isidore scheint vom Gerüst gestürzt zu sein. Ein Fußabdruck auf dessen Rücken lässt die Buchhändlerin und Hobby-Ermittlerin Tereza Berger, die auch zu Isidores Kunden zählt, an der Unfalltheorie zweifeln.

Wie schon in den vier Vorgängern beginnt sie, sehr zum Leidwesen von ihrem Freund, dem Polizisten Gabriel Mahon, Nachforschungen anzustellen. Dabei stößt sie nicht nur auf eine Vermittlungsagentur, die nahezu jedes (Ferien)Haus in ihrem Katalog hat, sondern auch auf Machenschaften des örtlichen Bauamtes, das - so scheint es - bei der Erteilung von Genehmigungen für Um- oder Zubauten eine eigenwillige Kreativität an den Tag legt sowie Gesetze und Vorschriften nach Gutdünken (und Geldbörse der Antragsteller) interpretiert.

Als dann Gabriel Mahon suspendiert wird, weil er gegen die Anordnung des Präfekten, den Tod von Isidore als Unfall zu den Akten zu legen. Auch die in diesem Zusammenhang aufgetauchten Malversationen sollen unter den Teppich gekehrt werden. Doch der Präfekt rechnet nicht mit dem kongenialen Ermittler-Duo Tereza und Gabriel.

Meine Meinung:

Auch dieser 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon liest sich flott und flüssig. Gabriela Kasperki erzeugt durch zahlreiche unerwartete Wendungen eine spannungsgeladen Atmosphäre. In diesem Geflecht von Amtsmissbrauch, Korruption und Gier wird ohne Rücksicht gemordet. Eine Straftat zieht die nächste (zur Vertuschung) nach sich, wie es die alten Römer schon ausgedrückt haben: Crimen ciminem invocat.

Wie immer spielt die Landschaft, das Meer und die Mentalität der Bretonen eine große Rolle. Der Prolog hat mich sehr neugierig macht. Hier bin ich persönlich ein wenig enttäuscht worden, dass die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in weiterer Folge kaum mehr eine Rolle gespielt haben. Da hätte sich noch ein fesselnder Nebenstrang ergeben können.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Vegan - Vegetarisch - Vergara
Vergara, Josué

Vegan - Vegetarisch - Vergara


ausgezeichnet

„Die beste Motivation und Inspiration für eine gesunde Ernährung sind schnell und mühelos nachzukochende Gerichte!“

Mit diesen Worten leitet der aus Ecuador stammende und durch die Welt gereiste Koch und Autor Josué Vergara dieses Kochbuch ein. Wobei „mühelos“, „schnell“ und „einfach“ wohl im Auge des Betrachters liegen. Nicht alles, was ein Profikoch aus dem Handgelenk schüttelt, ist für (Hobby)Köche leicht zuzubereiten.

Sehr gut gefällt mir die Tabelle auf S. 11 in der die Möglichkeiten vegetarische Zutaten durch vegane zu ersetzen, aufgeführt sind. Das ist vor allem für Anfänger hilfreich.

Die Rezepte sind wie folgt zusammengefasst:

Aufstriche & kalte Saucen
Vorspeisen
Suppen
Salate
Hauptspeisen
Desserts, Smoothies & Shakes

Manches ist hinlänglich bekannt, manches ist neu. Die Fotos der Speisen machen Appetite und laden zum Nachkochen ein. Mir gefällt die Doppelseite 100/101 am besten. Hier sind drei Sorten von Risotto in den Farben rot, gelb und grün abgebildet: Einfach, nahrhaft und hübsch anzusehen.

Schmunzeln musste ich über das Wortspiel im Titel der Buches. „Vegan - Vegetarisch - Vergara“. So manche(r) wird sich vielleicht denken „Vergara“ welche Art von Gerichten ist das?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Kochbuch 5 Sterne.

Bewertung vom 15.06.2024
Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)
Louis, Saskia

Mordsmäßig durchgebrannt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Endlich ist es soweit! Die Vorbereitungen zur Hochzeit von Louisa Manu und Joshua Rispo laufen auf Hochtouren. Nicht immer ganz nach den Wünschen des Brautpaares, mischen doch viel zu viele andere Personen mit: Louisas Mutter, die erstmals auftretende Großmutter, Trudi, Louisas höchstschwangere Schwester Emiliy sowie die Rispo-Brüder und natürlich eine Leiche.

Doch der Reihe nach: Es beginnt damit, dass die Hochzeitsanzeige der beiden im „Rheinischen Boten“ (Whats App sei Dank) fehlerhaft ist, was Louisa erheitert, aber ihre Mutter zu Weißglut treibt. Um des lieben Friedens (oder ist es doch nur eine Waffenruhe?) willen, fährt Louisa in die Redaktion der Zeitung, trifft auf einen aufgelösten Redakteur und - erraten - eine Leiche. Der Schock ist umso größer, als sich herausstellt, dass es sich bei dem Toten ausgerechnet um jenen Mann handelt, der die Mutter der Rispo-Brüder vor 17 Jahren ermordet hat ...

Fällt nun die Hochzeit aus, weil Joshua endlich mit dem Mord an seiner Mutter abschließen will?

Meine Meinung:

Der 10. und leider letzte Teil der Reihe rund um die Blumenladeninhaberin (Oh-Ton und Selbstbeschreibung) Louisa Manu und den charismatischen Kriminalbeamten Joshua Rispo ist ein wahres Feuerwerk an komischen Situationen, die mich immer wieder laut auflachen lassen. Sei es, dass Emily glaubt, dass sie nach der Geburt des Kindes „ausruhen“ kann (haha, mordsmäßig irre und völlig daneben) oder sei es, dass die anderen Rispo-Brüder, trotz Kenntnis der Humorlosigkeit von Joshua einen Polterabend veranstalten, der nicht ganz so abläuft wie geplant.

„Viele glaubten, dass Joshua Rispo seine Mundwinkel nicht oft benutzte und seine Fähigkeiten sich darauf beschränkten, Mörder zu fangen, Liegestütz und seine vier Brüder zur Sau zu machen. Ach ja, außerdem brillierte er natürlich noch darin, mich mit düsterem Blick und einer Menge Fantasie daran zu hindern ihm dabei zu ... ähem nannten wir es mal - zu helfen, Kriminelle hinter Gitter zu bringen. Doch die meisten seiner Bekannten würden behaupten, dass er nicht gut darin war, zu lachen Spaß im Leben zu haben und den Moment zu genießen. Und sie hatten absolut recht. Außer, er war mit mir zusammen.“

Auch Trudi mit ihren Keksen sowie Louisas erstmals auftretende Großmutter, vor der vor allem Gitti Manu einen Heidenrespekt hat, kann mit ihren humorvollen Einlagen wieder voll Punkten.

Dieser Band kann problemlos ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Dennoch empfehle ich die Reihe von Beginn an zu lesen, da man sich sonst um herrliches Lesevergnügen brächte.

Mordsmäßig schade, dass die Reihe nun zu Ende ist.

Fazit:

Mordsmäßig grandios wie immer, weshalb es natürlich mordsmäßige 5 Sterne und eine mordsmäßige Leseempfehlung gibt.

Bewertung vom 14.06.2024
Der Traum vom Tor (eBook, ePUB)
Weinberg, Juliana

Der Traum vom Tor (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wenn sich in den Wochen vom 14. Juni 2024 bis 14. Juli 2024 das Leben (fast) ausschließlich um den Männerfußball dreht, darf nicht vergessen werden, dass es zahlreiche Frauen gibt, die den Männern in nichts nachstehen, wenn sie dem runden Leder nachjagen. Dass es heute Meisterschaften und Turniere für Fußballerinnen gibt, davon kann Luise, die Hauptperson in diesem historischen Roman, der im Nachkriegsdeutschland von 1954 spielt, nur träumen.

Luise wächst mit ihren drei sportbegeisterten Bruder ohne Vater auf in einfachen Verhältnissen auf. Georg, der älteste Bruder nimmt sich die Rolle des Familienoberhauptes selbstherrlich heraus und tyrannisiert nicht nur Luise sondern auch die Mutter, die nach wie vor mit der Trauer um den gefallenen Ehemann kämpft. Um den Lebensunterhalt zu bestreiten geht sie putzen und strickt auf der Strickmaschine Pullover und Westen. Auch Luise muss ihren Lohn, den sie im Schneideratelier verdient abgeben.

Nun freut sich die ganze Familie über den Weltmeistertitel der deutschen Nationalelf, zumal fünf der Spieler aus der Heimatstadt Kaiserslautern stammen.

Als in Kaiserslautern eine Frauenfußballmannschaft, der FC Petticoat“ unter dem engagierten Trainer Max entsteht, ist Luise mit Feuereifer beim Training dabei. Sie kann ihre Leidenschaft nur heimlich ausleben, denn es wird behauptet, dass Fußball die Weiblichkeit und die Fruchtbarkeit der Frauen beeinträchtigt. Frauen sind zum Kochen, Waschen, Putzen und zum Kinderkriegen da. Die Indoktrination der NS-Zeit ist nach wie vor in den Köpfen der Menschen vorhanden.

Als der Deutsche Fußballverband den Frauenfußball verbietet und für jene Vereine, die Frauen ein Training ermöglichen, Strafen verhängt, muss Max recht kreativ sein, um Trainingsmöglichkeiten zu suchen.

Meine Meinung:

Mir hat dieser historische Roman sehr gut gefallen, obwohl ich ob der Präpotenz von Georg mehrmals die Fäuste geballt und vor Wut tief Luft holen musste, um weiterlesen zu können.

Die Autorin zeichnet ein authentisches Bild der Nachkriegsjahre. Die Verdienste der Frauen in den Kriegsjahren sind schnell vergessen. Für die Söhne ist es selbstverständlich, in den Vordergrund zu drängen und die Schwester und Mütter hinter den Herd zu verbannen.

Mehrmals musste ich schmunzeln, wie Luise ihren Bruder austrickst, um ihrer Leidenschaft nachgehen zu können.

Jedem der 20 Kapitel Kapitel steht ein Zitat eines männlichen Fußballers voran, die bis in die 2010-er Jahre den Frauenfußball lächerlich machen oder ganz ablehnen. Selbst das Lob (?) von Lothar Matthäus von 2011 wird spätestens mit seinem letzten Satz abgewertet:

„Vor zwanzig Jahren sind die Frauen noch über den Ball gefallen und gestolpert. Das hatte mit Fußball wenig zu tun. Mittlerweile spielen die Spielerinnen einen technisch und taktisch sauberen Fußball. Einige finde ich auch sehr hübsch.“

Da gefällt mir das Statement von Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache 2006 anlässlich der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft der Männer vor dem Epilog gleich viel besser:

„Die Frauenfußball-Nationalmannschaft ist schon ja schon Fußballweltmeister, und ich sehe keinen Grund, warum Männer nicht das Gleiche leisten können wie Frauen.“

Man muss den Satz allerdings laut vorlesen, um die feine Ironie herauszuhören. Apropos, Weltmeister 2006 wurde Italien. Ob es der deutschen Männer-Elf 2024 gelingen, den Titel zu erringen?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der uns in die Anfänge des Frauenfußballes entführt, 5 Sterne.

Bewertung vom 13.06.2024
Georgine - Der lange Weg zu mir selbst
Kellermann , Georgine

Georgine - Der lange Weg zu mir selbst


gut

Der Klappentext liest sich interessant, doch leider hat mich diese Autobiografie anschließend nicht erreichen können.

Ich habe zu diesem Buch gegriffen, weil sich der Sohn meiner Freundin vor einigen Jahren entschlossen hat, eine Tochter zu sein. Daher wollte ich ein bisschen mehr zum Thema wissen.

Ich kannte den Journalisten Georg Kellermann bislang nicht, da ich nur wenig Deutsches Fernsehen konsumiere.

Die Schilderung von Georgs Kindheit kommt mit bekannt vor. Die Krankheit seiner Mutter ist die meines Vaters. Dieser Teil hat mir, weil ähnliche Lebensgeschichten verbinden, noch gefallen. Doch je länger die Biografie dauert, desto weniger konnte sie mich fesseln.

Es ist kaum zu glauben, dass Kellermann im Journalismus tätig war. Der Schreibstil ist für mein Empfinden einfach und manchmal holprig. Die eine oder andere Schilderung aus dem Berufsleben, in dem sie ja Georg ist, ist sehr detailliert beschrieben, hat aber mit Georgine wenig zu tun. Dieser Bereich hätte durchaus wenig gestrafft werden können.

Über vierzig Jahre so ein Doppelleben zu führen, muss sehr anstrengend gewesen sein. Allerdings kann ich gut verstehen, dass Georgine Angst vor beruflichen Konsequenzen gehabt hat und deshalb bis zu ihrem Pensionsantritt mit dem Outing gewartet hat.
Gut gefällt mir, dass Georgine in Schulen geht und Aufklärungsarbeit leistet. Allerdings hätte ich davon und wo Betroffene Hilfe erhalten können, mehr erwartet.

Ich habe zuvor schon Nora Dahms Biografie „Endlich Nora!“ gelesen, deren Schreibstil wesentlich mitreißender ist.

Fazit:

Leider hat mich Georgine Kellermanns Biografie nicht so wirklich mitreißen können, daher gibt es 3 Sterne. Einer davon ist für den Mut, nach vierzig Jahren mit dem Versteckspiel aufzuhören.

Bewertung vom 13.06.2024
Stammgäste

Stammgäste


ausgezeichnet

Wie reichhaltig das jüdische Leben einst am Semmering war

Dieses von Danielle Spera herausgegebene Sachbuch ist ein lesenswertes Buch über das reichhaltige kulturelle Leben der jüdischen Stammgäste auf Wiens Hausberg, dem Semmering. Dazu hat die promovierte Publizistin, Journalistin und ehemalige Direktorin des Jüdischen Museums in Wien, zahlreiche Prominente bzw. Nachfahren jüdischer Familien interviewt, um deren Erinnerungen an die (damals) unbeschwerten Tage der Sommerfrische am Semmering in diesem Buch wissenschaftlich aufzuarbeiten. Denn ohne das jüdische (Groß)Bürgertum Wiens hätte der Semmering niemals seine Bedeutung erhalten. Das Buch liest sich wie das Who-is-Who der damaligen jüdischen Wiener Gesellschaft.

So widmen sich einige Beiträge den „stummen Zeugen dieser prachtvollen Ära“ und beschreiben die großartige Architektur eines Hotel Panhans oder dem Südbahn-Hotel. Ebenso dürfen die Villen einiger Prominenter wie die Villa Farkas nicht fehlen.

Interessant ist, dass auch auf dem Semmering (wie in der Großstadt) die Trennung in säkular bzw. assimilierte und streng orthodoxe Juden gelebt worden ist. Der Semmering ist bis heute von der jüdischen Tradition geprägt und so wundert es nicht, dass, als Folge der Arisierung der jüdischen Liegenschaften, der Vertreibung und Ermordung der Juden während des NS-Unrechtsregimes, die Blütezeit des Semmerings längst vorbei ist. Die Region hat sich vom Fehlen seiner zahlungskräftigen Klientel nie wieder erholt. Zwar hat man in den 1960er-Jahren versucht, das jüdisch-kulturelle Leben wieder in Gang zu bringen, doch so wirklich gelungen ist das nicht.

Zahlreiche private, erstmals der Öffentlichkeit gezeigte Fotos sowie Erinnerungen an vertriebene und ermordete Stammgäste des Semmerings lassen dessen unwiederbringlich verlorene Blütezeit wieder auferstehen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem großformatigen, in gediegener Aufmachung im Amalthea-Verlag erschienenen Buch und sich perfekt als Geschenk eignet, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.06.2024
Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete / Räuber Hotzenplotz Bd.4 (eBook, ePUB)
Preußler, Otfried

Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete / Räuber Hotzenplotz Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

Dieses Hörspiel aus dem Nachlass des 2013 verstorbenen Autors Otfried Preußler habe ich gerne gehört. Ich bin, wie viele meiner Generation mit den Geschichten rund um den Räuber Hotzenplotz mit seinen sieben Messern und der Pfefferpistole aufgewachsen.

Wieder einmal ist Hotzenpoltz aus dem Gefängnis entwischt und hält die Welt und vor allem Oberwachtmeister Dimpfelmoser in Atem.

Kasperl und Seppel habe die glorreiche Idee, den Räuber einzufangen und ihn mittels Rakete auf den Mond zu schießen. Gesagt, getan - die beiden bauen eine Mondrakete aus Kartons, Kartoffelsack und ganz viel silberfarbenen Klebeband. Bleibt nur zu hoffen, dass der Räuber Hotzenpltz auf den Trick hereinfällt...

Meine Meinung:

Das Hörbuch ist die Aufzeichnung des auf ca. eine Stunde verkürzte Hörspiel. Die Sprecher wie Felix von Manteuffel, Hedi Kriegeskotte, Till Huster, Charly Hübner, Julian Greis, Tim Kreuer u.a. sind sehr gut ausgewählt. Besonders Charly Hübner als Hotzenplotz brilliert. Dazu gibt, wie für ein Hörspiel üblich, zahlreiche Soundeffekte.

Für Familien mit Kindern im Kindergartenalter eine nette Abwechslung zu den sonstigen Comic-Figuren.

Fazit:

Mir hat das Hörspiel sehr gut gefallen, war es doch recht kurzweilig und durch die verschiedenen Sprecher abwechslungsreich. Gerne gebe ich hier 4 Sterne