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Benutzername: 
hasirasi2
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1115 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2023
Fine und die Zeit der Veränderung / Die große Berlin-Familiensaga Bd.4
Renk, Ulrike

Fine und die Zeit der Veränderung / Die große Berlin-Familiensaga Bd.4


sehr gut

Ullas Leben aus Sicht ihrer Tochter Fine
 
Ulla Dehmels älteste Tochter Fine muss schon früh Verantwortung übernehmen. Bereits vor ihrer Schuleinführung passt sie auf ihre beiden jüngeren Schwestern auf, weil Ulla mehr Künstlerin als Hausfrau und Mutter ist. Sie versucht zwischen ihren Eltern zu vermitteln, deren Ehe nicht gut läuft, und ihrem Vater klarzumachen, dass er noch zwei weitere Töchter hat, die um seine Liebe und Aufmerksamkeit buhlen. Vor allem Neli, die mittlere, leidet sehr unter der Situation.
 
Ich gebe zu, dass ich mich mit dem 4. Band der Reihe von Ulrike Renk etwas schwer getan habe. Da ist zum einen der Klappentext, der nicht ganz zum Inhalt passt. Erst im letzten Drittel des Buches geht es nämlich um den erwähnten Aufenthalt der Mädchen in der Pflegefamilie und erst im letzten Kapitel darum, wie sehr sich die Situation der Viertel-Jüdinnen unter den Nationalsozialisten ändert. Da ist Fine ca. 14 und geht noch zur Schule, ihr Traum, Abitur zu machen und zu studieren, wird nur erwähnt. Zum anderen ist mir das Buch zu sehr auf die Ullas politisches Engagement für die KPD fixiert, für deren Ziele sie Fine zugegebenermaßen schon früh begeistert.
 
Ich würde es darum eher als Weitererzählung von Ullas Leben aus Fines Sicht bezeichnen. Fine wirkt schon als Kind sehr reif. Sie nimmt immer auf alle Rücksicht und hat ein sehr ausgleichendes Temperament, kümmert sich um ihre Schwestern und nimmt ihrer Mutter Hausarbeit ab.
Nach dem Scheitern der Ehe hat Ulla große Probleme, mit den Kindern über die Runden zu kommen, da Heinrich sie kaum unterstützt. Stattdessen stürzt er sich in seine Forschung und eine private Arztpraxis, die leider keinen Gewinn abwirft. Als dann auch noch die Weltwirtschaftskrise kommt, hat Ulla bald keine Wahl mehr und muss ihre Töchter in eine Pflegefamilie geben.
 
Wie sehr sich ihr Leben von einer „normalen“ Kindheit unterscheidet, verstehen die Mädchen erst dort. Natürlich vermissen sie ihre Mutter sehr, aber endlich haben sie einen geregelten Tagesablauf, immer genügend Essen und jemanden, der für sie da ist. Ulla liebt ihre Kinder zwar sehr, aber ihre Freiheit anscheinend noch mehr. Mit der Begründung, ihnen eine bessere Welt hinterlassen und die Nazis zurückdrängen zu wollen, stürzt sie sich in die politische Arbeit. Dass das gefährlich ist, wird Fine schnell klar, trotzdem kann sie ihre Mutter verstehen und teilt deren Ansichten, geht gern zu den Pionieren. Zudem hat sie die Angewohnheiten, die Gespräche der Erwachsenen zu belauschen und sich eine eigene Meinung zu bilden – das hat mir sehr imponiert. „Die Welt verändert sich, und ich will wissen, was sie darüber denken.“ (S. 253)
 
Ulrike Renk zeichnet wieder ein sehr lebendiges Bild dieser schwierigen Zeit voller politischer Umbrüche. Zur Weltwirtschafts- kommen die privaten Krisen der Dehmels. Ulla will (künstlerisch) arbeiten und hatte gehofft, dass sich Heinrich mit ihr in die Erziehung der Kinder und Hausarbeit teilt – ein Unding zur damaligen Zeit. Das Scheitern der Ehe wirkt sich sehr auf die Kinder aus. Die Mädchen taten mir oft leid. Sie sehnen sich nach der Liebe und Anerkennung ihres Vaters und oft auch der Aufmerksamkeit ihrer Mutter. Aber Ulla führt ein sehr unstetes Leben, versucht ihren Traum von einer kommunistischen Welt zu verwirklichen und lässt sich von ihren Partnern auch für Projekte im Ausland gewinnen, hinter denen das Familienleben dann zurücksteht.

Bewertung vom 15.02.2023
Glanz einer Familie / Das Savoy Bd.5
Wahl, Maxim

Glanz einer Familie / Das Savoy Bd.5


ausgezeichnet

Nur 48 Stunden

„Gary Stewart, der Mann, den es nie lange in einem Ort hielt, dessen Beständigkeit im Aufbruch lag – weshalb hatte sie sich ausgerechnet in so einen Menschen verliebt?“ (S. 8) Violet Mason, die Erbin des berühmten Luxushotels Savoy, hat große private und berufliche Sorgen. Ihr Freund ist monatelang unterwegs und das Hotel, dessen Kriegsschäden nur behelfsmäßig repariert wurden, verfällt immer mehr. Der Keller schimmelt, die Elektrik ist unsicher, das Dach undicht, der Putz bröckelt und es gibt Wasserflecken. Ihre Hausbank gibt ihr nur einen lächerlich kleinen Kredit für die Sanierung, weil auch die Übernachtungszahlen rückläufig sind. Da setzt ihr ein Finanzhai die Pistole auf die Brust. Er hat ihre ganzen Schuldscheine aufgekauft und wird sie auch einsetzen, wenn sie ihm das Savoy nicht innerhalb 48 Stunden billig verkauft. Auf Garys Rat hin erreicht Violet, dass Greta Garbo ihr Comeback im Savoy inszeniert – kann der Starrummel das Hotel retten?

Violets muss sich entscheiden, ob sie ihre Kraft weiter in das Savoy steckt oder einen Neunanfang z.B. als Journalistin wagt. „Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, über das Savoy hinauszudenken.“ (S. 155) Gary lockt sie nämlich damit, dass sie dann auch mehr Zeit für ihn und gemeinsame Reisen hätte. Doch Violet ist eine Kämpfernatur und fühlt sich dem Familienerbe verpflichtet. So leicht lässt sie sich das Hotel nicht wegnehmen. Sie versucht, ihren Kontrahenten näher kennenzulernen und herauszubekommen, was er wirklich will – und entdeckt dabei ein lange gehütetes Geheimnis. „Wir alle spielen im Leben das eine oder andere Versteckspiel. Ich bin ein Meister darin.“ (S. 300)

Auch Greta Garbo weiß nicht, wie sie ihr Leben in Zukunft führen will. Einerseits liebt sie die Abgeschiedenheit und Ruhe, die sie als Privatperson hat, und sie müsste auch nicht mehr arbeiten, da sie ihr Geld gut angelegt hat, aber manchmal fehlen ihr die Dreharbeiten, die Bewunderung ihrer Fans und der Trubel eben doch.

Mit „Glanz einer Familie“ geht eine Ära zu Ende, denn leider ist das der letzte Band der Savoy-Reihe von Maxim Wahl, aber es ist ein wirklich würdiger Abschluss. Es kommen noch mal alle wichtigen Protagonisten zu Wort und man erfährt, wie es mit ihnen weitergegangen ist bzw. weitergeht. Besonders gefreut habe ich mich über das Wiederlesen mit Sir Tyrone und der Juwelendiebin July Gilbert sowie Onkel Henry und seiner Ehefrau Judy.

Maxim Wahl erzählt von Violets extrem spannenden Kampf um das Hotel, in das ein verrücktes Handwerkerteam involviert ist, bei dem man sich nie sicher ist, ob es wirklich für oder gegen Violet arbeiten, und ihrer berührenden Freundschaft zu Greta, die ihr zur Freundin und Ratgeber in Geschäfts- und Liebesdingen wird. Ein rundum gelungenes Buch, das wieder ausgezeichnete Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 14.02.2023
Das kleine Bücherdorf: Frühlingsfunkeln / Das schottische Bücherdorf Bd.2
Herzog, Katharina

Das kleine Bücherdorf: Frühlingsfunkeln / Das schottische Bücherdorf Bd.2


ausgezeichnet

Wo die Liebe wohnt

„Mit seinem Tod hatte Alfie sich unsterblich gemacht. Für sie. Aber auch für ihn. Ob er auch noch so viel Platz in seinen Gedanken einnehmen würde, wenn er noch am Leben wäre?“ (S. 243) Als Kinder hatten sich Shona, Alfie und Nate ewige Freundschaft geschworen, aus der bei Shona und Alfie dann Liebe geworden war. Aber 18 Jahre später ist Alfie tot und Shona und Nate haben sich aus den Augen verloren.

Seit Shonas Café „Sweet Little Things” einen Instagram-Account hat, kommt sie mit der Arbeit kaum hinterher. Außerdem betreibt sie anonym den Blog „What I wanted to tell you“, an den Menschen ihre Briefe senden können, die sie sich nicht trauen abzuschicken. Der allererste Brief war von ihr und für Alfie bestimmt. Jetzt bekommt sie plötzlich eine Antwort darauf. Wer ist der Absender, der sie so gut kennt?

„Während die Worte früher nur so aus ihm herausgeströmt waren und er kaum mit dem Tippen hinterherkam, fühlte sich das Schreiben heute genauso mühsam an wie der Versuch, Wasser aus einem trockenen Schwamm zu pressen.“ (S. 44) Nate ist nach Alfies Tod nach Edinburgh gegangen und Schrift-steller geworden, schon sein Debütroman war ein Bestseller. Seitdem warten alle auf sein nächstes Buch. Doch der Druck des Verlages und die Erwartungen der Presse und Leser sind groß für ihn. Er kommt mit dem Schreiben nicht voran. Also kehrt er heimlich nach Swinton-on-Sea zurück. Doch „… früher oder später kamen in Swinton alle Geheimnisse zu Tage.“ (S. 130)

„Alleine! Weißt du, dass das eines deiner allerersten Worte war?“ (S. 340) Shona ist eine taffe Powerfrau, die in ihrem Café ihre Erfüllung gefunden hat. Nach der unglücklichen Liebe zu Alfie ist sie nie wieder eine Beziehung eingegangen. Zum Kuscheln hat sie ihre treue Hündin Bonnie und ihre knappe Freizeit verbringt sie mit Familie und Freunden. Doch als sie erfährt, dass das Cottage zum Verkauf steht, in dem Alfie früher gewohnt hat, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Das Häuschen hat ihr schon immer gefallen und sie würde es gern erwerben, aber ihr Eigenkapital reicht nicht. Wenn sie allerdings den Tortenwettbewerb gewinnt, von dem ihr ein Freund erzählt hat, könnte es gehen. Nur leider fällt ihr zum Motto „Wo die Liebe wohnt“, so gar nichts ein ...

Nate ist an seinem Erfolg und dem Leben danach zerbrochen. Alles ging viel zu schnell, wurde viel zu groß. Er weiß nicht, wie er da wieder rauskommt, ohne sein Gesicht zu verlieren. Außerdem zerfrisst ihn das Geheimnis, dass er seit 10 Jahren hütet und endlich mit Shona teilen will.

Wie schon der erste Band „Winterglitzern“ ist auch „Frühlingsfunkeln“ eine zauberhafte Geschichte über Freundschaft, Liebe und Neuanfänge, mit der man sich in das Schottische Bücherdorf träumen kann und Appetit auf Shonas süße Köstlichkeiten bekommt. Shonas und Nates Geschichte regt dazu an, hinter die Fassade unseres Gegenübers zu schauen, zu verzeihen und für unsere eigenen Wünsche und Träume zu kämpfen.

Bewertung vom 13.02.2023
Inselhochzeit im kleinen Friesencafé / Das kleine Friesencafé Bd.3
Mommsen, Janne

Inselhochzeit im kleinen Friesencafé / Das kleine Friesencafé Bd.3


sehr gut

Hochzeitsstress

„So schrecklich es gewesen ist, so schrecklich schön hat es geendet!“ (S. 262)
In wenigen Wochen werden Anita und Hark endlich heiraten und erwarten Freunde, Verwandte und Bekannte aus aller Welt. Selbst Harks fast gleichaltriger Neffe Henry, den er vor 50 Jahren in New York besucht hat will extra anreisen.
Damit sie genügend Zeit für alle haben, soll die Feier eine Woche dauern, auch wenn Hark eine intime Zeremonie zu zweit lieber wäre. Doch drei Wochen vor dem Fest stehen plötzlich Anitas Freunde Ramona, Renate und Willy aus Gelsenkirchen im Friesencafé – schließlich hat sie geschrieben, dass sie im neuen Gästehaus logieren können. Dumm nur, dass das noch gar nicht eingerichtet ist. Zum üblichen Hochzeitsstress kommt jetzt noch das Problem der fehlenden Möbel, um die sich Julia kümmern muss.
In der Zwischenzeit mischen die Gelsenkirchener das Café auf, sorgen für „ordentlich Stimmung“ und sind kurz davor, Julias Stammgäste zu vertreiben. Zum Glück reist auch Henry eher an und kann sie etwas bremsen.

Ich fühle mich in Julias Café schon richtig heimisch und habe mich sehr über das Wiederlesen mit den Insulanern gefreut. Es ist ein bisschen wie nach Hause kommen, wenn man ein Buch von Janne Mommsen aufschlägt und in seinen Beschreibungen von Land und Leuten versinkt.

Leider ist das Leben auf Föhr diesmal nicht ganz so entspannt. Julia sehnt sich nach Finn-Ole, der immer noch auf Amrum arbeiten muss. Die abendlichen Morsezeichen via Taschenlampe von Insel zu Insel sind zwar sehr romantisch, ersetzen aber keine Kuschelstunden zu zweit.
Anita und Hark befürchten, dass ihre Freunde wohl doch nicht so gut zusammen passen und haben Angst, dass sie die Feier stören könnten. Außerdem ist Willy überzeugt, dass Henry mit falschen Karten spielt und stänkert gegen ihn, nur weil der sich so gut mit Ramona und Renate versteht. Eine unruhige Zeit auf der sonst so ruhigen Insel beginnt.

„Inselhochzeit im kleinen Friesencafé“ ist eine unterhaltsame, spannende und bewegende Geschichte voller Überraschungen, Liebe und zauberhaften Begegnungen, mit viel friesischer Kultur und Traditionen, bei der man bis zu Ende mitfiebern kann, ob und wie die Hochzeit von Anita und Hark stattfindet.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2023
Miss Bly und die Wette gegen Jules Verne
Bast, Eva-Maria

Miss Bly und die Wette gegen Jules Verne


sehr gut

75 Tage und 4 Stunden

… plant die Journalistin Nellie Bly für ihre Reise um die Welt auf den Spuren von Jules Verne ein, denn sie will schneller sein als dessen Protagonist Phileas Fogg. Zwei Jahre hat sie dafür hart bei der New York World gearbeitet, sich für ihre Reportagen und Erlebnisberichte selbst in Gefahr begeben und bewiesen, dass eine Frau genau so viel kann wie ein Mann.
Ihre abenteuerliche Reise beginnt am 14.11.1889 mit dem Schiff nach Southampton und genau wie „In 80 Tagen um die Welt“ muss auch sie allerlei Widrigkeiten überstehen. Aber sie lernt auch viele tolle Menschen und die Liebe kennen und erfährt immer dann Hilfe, wenn sie es am wenigsten erwartet. Außerdem macht sie Bekanntschaft mit verschiedenen Religionen und erkennt „…, dass diese Reise viel mehr ist als nur ein Wettlauf gegen eine literarische Figur. Vielleicht muss man reisen, um sich selbst zu verstehen.“ (S. 202)

Seit ich vor einem Jahr im Podcast „Frauenleben“ von Nellie Bly, die eigentlich Elizabeth Cochrane hieß, gehört habe, bin ich fasziniert von dieser Frau. Sie hat in ihrem Leben sehr viel erlebt und einige Schicksalsschläge erlitten. Darum war ich auch sehr gespannt auf das Buch, das sich um ihre berühmte Reise dreht.
Wer allerdings ein Abenteuer im Stil von Jules Verne erwartet, eine gehetzte Reise bzw. Nellie, die sich einen Wettlauf mit der Zeit liefert, wird vielleicht etwas enttäuscht. Trotz aller Probleme läuft die nämlich ziemlich ruhig und gesittet ab. Selbst als Nellie auf der Hälfte der Strecke erfährt, dass sie eine Konkurrentin hat, regt sie sich nicht besonders auf. Erst ab der letzten Etappe spürt man die drängende Eile, die ich erwartet hatte.
Statt mit Dramen punktet Eva-Maria Bast in ihrem Roman mit anschaulichen Beschreibungen und witzigen Anekdoten und vermittelt viel geschichtliches und kulturelles Hintergrundwissen über die bereisten Länder und Regionen.
Sie zeichnet ein interessantes Bild einer spannenden Frau, die viel für die Frauenrechtsbewegung getan hat. „Niemand hat je zuvor, so schnell die Welt umrundet. Die amerikanische Frau wird nun nicht mehr länger falsch eingeschätzt werden. Sie wird fortan als draufgängerisch, willensstark, unabhängig und als befähigt, auf all ihren Wegen auf sich selbst aufzupassen, anerkannt sein.“ (S. 394)

Mein Fazit: Kein atemloses Abenteuer im Stil von Jules Verne, sondern eine unterhaltsame Reise in die Vergangenheit und um die Welt und ein interessantes Bild einer spannenden Frau, die viel für die Frauenrechtsbewegung getan hat.

Bewertung vom 04.02.2023
Soraya / Ikonen ihrer Zeit Bd.9
Janson, Brigitte

Soraya / Ikonen ihrer Zeit Bd.9


sehr gut

Was kommt nach der Märchenhochzeit?

„Es ist alles so schnell gegangen. Ich habe das Gefühl, ich sitze auf einem Kettenkarussell, das nicht mehr anhalten kann.“ (S. 89)
Die meisten Märchen enden mit dem Happy End, Sorayas beginnt damit. Sie ist erst 18, als sie 1950 Mohammad Reza, dem Schah von Persien (heutiges Iran) vorgestellt wird. Der braucht dringend eine Frau, die ihm einen männlichen Erben schenkt, von seiner ersten Frau hat er sich deswegen schon scheiden lassen. Zum Glück funkt es sofort zwischen ihnen und er bittet ihren Vater direkt nach dem Kennenlernen um ihre Hand. Eine märchenhafte Hochzeit wird gefeiert, der ein traumhaftes Leben voller Liebe folgen soll, aber die politischen Unruhen und Sorayas anscheinende Unfruchtbarkeit trüben das Glück …

Brigitte Janson erzählt vom Leben einer jungen Frau, die zu ihrer Zeit von vielen zuerst bewundert und beneidet, später bemitleidet und von der Presse gejagt wurde. Soraya ist noch sehr jung und leicht naiv, als sie den Schah kennenlernt. Ihre Mutter ist Deutsche und ihr Vater ein persischer Fürst, darum ist sie in verschiedenen Kulturen aufgewachsen und entsprechend privilegiert erzogen worden, erscheint seinen Beratern perfekt. Schließlich soll sich der Iran in der Welt behaupten und eine teilweise europäische Frau ist dem Ganzen sehr dienlich.

Die Autorin erzählt sehr flüssig, bildlich und mitreißend von Sorayas Leben mit dem Schah, dabei stehen ihre tiefe Liebesbeziehung und karitative Arbeit im Vordergrund. Sie beschreibt aber auch, wie sehr beide unter der Kinderlosigkeit leiden, schließlich braucht das Land einen Thronfolger.
Leider wurden mir die politischen Entwicklungen im Iran etwas zu kurz abgehandelt, die ja einen großen Einfluss auf ihre Ehe hatten, und wie die Familie ihrer Mutter nach Russland und zu ihrem nicht unbeträchtlichen Vermögen gekommen ist.
Dafür fand ich es sehr interessant, dass die Kaiserinmutter und ihr weiblichen Verwandten die Frau des Schahs (vor)aussuchten, also Soraya, ihre Vorgängerin und ihre Nachfolgerin, und nicht der Schah selber – er konnte also anscheinend nicht selber über sein Schicksal entscheiden.

Mein Fazit: Die bewegende Geschichte einer großen Liebe und ihr trauriges Ende.

Bewertung vom 02.02.2023
Die Unannehmlichkeiten von Liebe - Die deutsche Ausgabe von
Hazelwood, Ali

Die Unannehmlichkeiten von Liebe - Die deutsche Ausgabe von "Loathe to Love You"


sehr gut

Liebe ist keine Wissenschaft

Mara arbeitet als Ingenieurin bei der Umweltbehörde und teilt sich ein geerbtes Haus mit Liam, der als Anwalt für einen Ölkonzern arbeitet. Da ist Stress vorprogrammiert, zumal er ihr unbedingt ihre Haushälfte abkaufen will. Aber je leidenschaftlicher sie sich streiten, um so mehr fühlen sie sich auch zueinander hingezogen.

Sadie setzt für eine kleine Firma nachhaltige Bauprojekte um. Eines Tages lernt sie im Café Erik kennen, der für ein großes Ingenieurbüro arbeitet. Sie verbringen einen Abend und eine Nacht zusammen und reden dabei auch über Sadies nächstes geplantes Projekt. Doch dann bekommt Eriks Firma den Zuschlag dafür. Hat er ihre Ideen geklaut?

Hannah trifft an ihrem ersten Arbeitstag bei der NASA ausgerechnet Ian wieder, den sie vor Jahren im Promotionsstudium für eine Hausarbeit interviewt und dabei verführt hat. Als wäre das nicht schon peinlich genug, rettet er sie Monate später aus einer Gletscherspalte in der Arktis, in die sie beim Testen eines Mars-Rovers gestürzt ist.

Ali Hazelwood vereint in ihrem Buch drei Kurzgeschichten und ein Bonuskapitel, die sich um die Freundinnen Mara, Hannah und Sadie drehen. Sie haben ihr Studium endlich abgeschlossen und sind erfolgreich ins Berufsleben gestartet, aber mit Männern haben einfach sie kein Glück.

Wie schon in ihren Romanen beschreibt Ali Hazelwood die Probleme von Frauen in der Forschung bzw. wissenschaftlichen Berufen, ihre Schwierigkeiten, wahr- und ernstgenommen zu werden und sich durchzusetzen. Das Hauptaugenmerkt liegt hier aber auf dem Zwischenmenschlichen, dem Prickeln zwischen den auf den ersten Blick so unpassenden Partnern – und es geht heiß her zwischen ihnen.
Die Liebesgeschichten sind sehr charmant geschrieben und auch wenn sich die Protagonisten auf den ersten Blick äußerlich ähnlich sind (die Frauen alle klein und zart und die Männer Marke Wikinger bzw. schottische Highlander), so haben sie doch unterschiedliche Charaktere. Ich mochte auch die freundschaftlichen Beziehungen der Drei untereinander sehr und habe mich über Facetime Anrufe köstlich amüsiert.

Wer bei den kalten Temperaturen draußen auf heiße Gedanken kommen und sich gut unterhalten lassen will, liegt mit „Die Unannehmlichkeiten von Liebe“ genau richtig 😉.

Bewertung vom 02.02.2023
Mein Leben in deinem
Moyes, Jojo

Mein Leben in deinem


ausgezeichnet

Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück

„Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück
Guten Tag, ich gebe zu ich war am Anfang entzückt
Aber euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht
Wenn man sich bückt“

Wer von Euch kann sich noch an das Lied von „Wir sind Helden“ erinnern? Ich kann es immer noch auswendig und es ist mir beim Lesen von Jojo Moyes‘ „Mein Leben in Deinem“ nicht aus dem Kopf gegangen, weil es die Situation von Sam und Nisha meisterhaft beschreibt.

„Es ist, als würde ich mit einem Geist leben. Ich weiß nicht mal genau, ob er überhaupt nicht wahrnimmt, dass ich da bin.“ (S. 229) Sams Mann Phil hat erst seinen Vater und dann seinen Job verloren, Depressionen, die er nicht behandeln lässt, und liegt den ganzen Tag im Bett oder auf der Couch. Seitdem hängt alles an ihr. Sie muss das Geld verdienen, einkaufen, putzen, den Hund Gassi führen und sich um ihre in den 60ern festgesteckt gebliebenen Eltern kümmern – also auch bei ihnen einkaufen, putzen und sich sagen lassen, dass sie eine schlechte Ehefrau ist und ihren Mann entmannt, weil sie die Hauptverdienerin ist. Doch ihr Leben ändert sich, als sie im Fitnessstudio die falsche Tasche erwischt und ihre beruflichen Termine in fremden Designer High Heels und einer teuren Jacke erledigen muss …

„Ich habe keinen Ort, an den ich gehen kann.“ (S. 48) Nisha hat ihren Mann Carl auf eine Geschäftsreise nach London begleitet, als im Fitnessstudio ihre Tasche mit den maßgefertigten Louboutins und der Chanel-Jacke verschwindet und sie von Carls Security nicht mehr in das gemietete Penthouse des Hotels gelassen wird. Sie strandet in Flipflops und Bademantel in der Lobby, ohne Ausweis, Geld oder Kleidung, in der Hand die Scheidungsvereinbarung, die ihr Mann aber nur im Tausch gegen die gestohlenen Schuhe unterschreiben will. Was ist passiert? Bis vor wenigen Stunden war ihr Leben doch noch ein Jetset-Traum?!

Jojo Moyes lässt ihre Protagonistinnen erst ins fast Bodenlose stürzen, bis sie sich wieder aufrappeln und die Veränderungen als zweite Chance begreifen.
„Gehe hundert Schritte in den Schuhen eines anderen, wenn Du ihn verstehen willst“, rät ein indianisches Sprichwort, und tatsächlich haben Sam und Nisha sofort Bilder vor Augen, wer bzw. wie die andere Frau ist, deren Kleidung und Schuhe sie jetzt tragen. Doch schon Sams erste Schritte in den Louboutins machen ihr klar, dass Nishas Leben auch unbequeme Seiten haben muss („Ich komme mir vor, als würde ich auf Essstäbchen laufen.“ (S. 17)). Und Nisha wollte nie wieder in die Situation kommen, solche hässlichen, bequemen, unauffälligen Schuhe zu tragen, wie die von Sam – sie kann sich nur zu gut an das Gefühl erinnern und hatte gehofft, es für immer hinter sich zu haben.

Jojo Moyes trifft die traurig-trostlose Grundstimmung perfekt, in der sich die beiden Frauen befinden.
Sam reibt sich zwischen der Sorge um ihren Mann und ihrem unverschämten Chef, der sie mobbt, auf. Sie duckt und schlängelt sich so unauffällig wie möglich durchs Leben. Ihre fast erwachsene Tochter versucht ihr immer wieder klarzumachen, dass Frauen heute nicht mehr die „Sklaven“ ihre Eltern, Chefs und Ehemänner sind, aber sie fühlt sich für alles verantwortlich und zuständig. Nur wenn sie die Louboutins trägt, bekommt sie eine Ahnung, wie ihr Leben auch sein könnte. „Sie geben mir das Gefühl, eine andere Version von mir selbst zu sein, glaube ich. Wenn ich könnte, würde ich sie jeden Tag tragen.“ (S. 226)
Nisha war es gewöhnt, (an)gesehen und bewundert zu werden. Sie hat Carl 18 Jahre lang den Rücken frei gehalten und ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen, während er ihr ein scheinbar sorgenfreies Luxusleben ermöglicht hat. Jetzt hat sie nichts mehr und wird von der Ungläubigkeit über Carls perfiden Plan, ihrem Rachedurst und der Sorge um ihren Sohn im New Yorker Internat gleichzeitig fast aufgefressen und angetrieben. Durch Zufall findet sie einen Job und Frauen, die zu Freundinnen werden und ihr helfen wollen, ihr altes Leben zurückzubekommen.

Jojo Moyes hat sich mit ihrem Plot wieder mal selbst übertroffen. Sie zeigt, dass uns Fremde manchmal mehr Empathie entgegenbringen als Familie oder angeblich gute Bekannte, was Freundschaft bedeutet und was man zusammen erreichen kann.
Ich habe mit den Frauen mitgelitten und mitgefiebert und Carl leidenschaftlich gehasst. Das Buch ist sehr spannend geschrieben und das furiose Ende, das ich zwar erahnt, aber anders erwartet hatte, hat mich sehr überrascht. Ein echtes Lesehighlight.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2023
Cosmopolitan - Die Zeit der Frauen
Rosen, Renée

Cosmopolitan - Die Zeit der Frauen


ausgezeichnet

Sex sells

„Ich war vor etwa einer Woche in New York angekommen, und genau wie die Stadt war auch ich lebendig, erfüllt von Möglichkeiten, vom Abenteuer. Alles konnte passieren. Mein Leben fing gerade erst an.“ (S. 10)
1965 kommt Alice Weiss aus Ohio nach New York, um Fotografin zu werden. Sie wird dabei von einer alten Freundin ihrer Mutter unterstützt, die ihr einen Job bei der Cosmopolitan verschafft – allerdings nicht als Fotografin, sondern als Sekretärin der neuen Chefredakteurin Helen Gurley Brown.
Eigentlich soll die Cosmo eingestellt werden, da die Verkaufszahlen rückläufig sind. Aber Helen will aus dem Hausfrauenmagazin ein modernes Heft machen, das „ihre Mädchen“ über Sex aufklärt, wie sie sich Männern und Vorgesetzten gegenüber verhalten sollen und wie man im Beruf weiterkommt. „Die neue Cosmo-Leserin ist eine junge, dynamische ledige Frau. Sie ist karriereorientiert und ehrgeizig. Sie sexy, fröhlich und temperamentvoll. Sogar ein bisschen unartig. Und ich kenne sie besser als irgendjemand sonst, weil ich dieses Mädchen war.“ (S. 109) Damit stößt sie beim Management nicht gerade auf Gegenliebe und immer mehr (männliche) Mitarbeiter verlassen das sinkende Schiff …

„Cosmopolitan – Die Zeit der Frauen“ hat mich extrem fasziniert. Es ist sehr unterhaltsam geschrieben und legt ein hohes Tempo vor. Man spürt in jeder Zeile die Aufregung und den Druck, unter dem alle in der Redaktion stehen.
Helen Gurley Brown hat mich beeindruckt. Sie ist eine kleine, zierliche Person, ständig auf Diät und am Rande des Nervenzusammenbruchs, wenn ihr wieder Steine in den Weg gelegt werden, aber sie stampft ihre männlichen Gegner einfach mit einem zuckersüßen Lächeln in den Boden und setzt sich (fast) immer durch. „Helen … ist knallhart. Eine eiserne Faust in einem Samthandschuh.“ (S. 75) Sie ist sehr innovativ und geht völlig neue Wege, bindet z.B. die Werbung in redaktionelle Beiträge ein, so dass sie auf den ersten Blick nicht als Anzeige erkennbar ist. Außerdem fördert sie neue Autoren und Fotografen und lässt die Artikel verständlicher formulieren. Und sie stellt die Cosmo unter das Motto: „Sex sells“.
Aber Helens Ansichten sind auch bei den Frauen umstritten. Sie fordert zwar mehr Freiheit, Karrieren und selbstbestimmten Sex für die Frauen, aber die sollen das letztendlich nutzen, um sich einen Ehemann zu angeln.

Alice hat die Liebe zur Fotografie und die Sehnsucht nach New York von ihrer verstorbenen Mutter geerbt. Die ist damals mit ihrem Mann nach Ohio gegangen, obwohl sie ein gefragtes Fotomodell war. Dass hinter ihrem Weggang noch mehr steckt, erfährt Alice zufällig von der Freundin ihrer Mutter ...
Helen wird zu ihrer Mentorin, beruflich und privat, die viel fordert aber auch viel gibt. Sie traut ihr den schwierigen Job einfach zu und berät sie im Umgang mit Männern.

Renée Rosen verbindet geschickt die wahre Geschichte von Helen Gurley Brown mit der fiktiven von Alice, die ihren Beruf und Platz im Leben und in New York noch sucht und einem gut gehüteten Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Es macht großen Spaß, Alice Werdegang (und den der Cosmo) zu begleiten, zu sehen, wie sie sich immer mehr emanzipiert und über sich hinauswächst, wie aus dem Mädchen aus Ohio eine taffe New Yorkerin wird, die Sex wie ein Mann hat – ohne Liebe und Hintergedanken bzgl. ihrer Karriere.

Die perfekte Mischung aus „Der Teufel trägt Prada“ und „Down with Love – Zum Teufel mit der Liebe!“ – für mich ein Lesehighlight.

Bewertung vom 26.01.2023
Die Galerie in Valencia
Baumann, Margot S.

Die Galerie in Valencia


sehr gut

Die Jungen Wilden von Valencia

Elena Alvarez hat für ihren Berliner Chef das Konzept für die neue Zweigstelle seiner Galerie in Valencia erarbeitet. Jetzt überrascht er damit, dass sie diese auch aufbauen soll – schließlich ist sie Halbspanierin und dürfte keine Verständigungs-probleme haben. Dumm nur, dass ihr Vater Spanien als Jugendlicher verlassen und ihr seine Muttersprache nie beigebracht hat.
Zudem überwirft sie sich mit den spanischen Architekten Carlos und Arnau, weil ihr Chef deren Konzept nie wollte. „Ihre Firma hat den Zuschlag bekommen, weil Sie diese Location gefunden haben. Aber von jetzt an geht es nach unseren eigenen Plänen weiter.“ (S. 30) Doch je mehr sie sich in den Entwurf der beiden einarbeitet, desto besser findet sie deren Idee, auch junge spanische Straßenkünstler auszustellen. Traut sie sich, die Vorgaben ihres Chefs zu ignorieren? „… ich habe mein ganzes Leben immer auf der vorgegebenen Spur verbracht. Vielleicht ist es einfach mal an der Zeit, etwas zu wagen.“ (S. 95)
Doch das ist nicht ihr einziges Problem. Ihr Vater hat nie über seine Heimat oder Vergangenheit gesprochen – was ist damals passiert? Und nicht zuletzt findet sie Carlos ziemlich heiß und ihm scheint es mit ihr genauso zu gehen …

Elena hatte bisher nie richtiges Interesse an einer festen Beziehung, ihre berufliche Karriere war ihr stets wichtiger. Die Galerie ist ihre Chance für den Aufstieg – aber nur, wenn sie die Vorgaben ihres Chefs genau umsetzt. Jetzt grätschen Carlos Ideen und sein Charme dazwischen, es knistert zwischen ihnen. Aber da ist auch noch das Schweigen ihres Vaters und seine Angst vor seiner Heimat, denen sie gern auf den Grund gehen würde.

Carlos genießt das leichte Leben am Mittelmeer und versucht, bei seinen Projekten das Alte zu bewahren und Neues geschickt zu integrieren. Dazu zählt auch, dass er „jungen wilden“ Straßenkünstlern eine Plattform bieten will und Elenas Galerie ihm dafür perfekt erscheint. Was aber, wenn er sich zwischen seiner Idee und ihr entscheiden muss?

„Die Galerie in Valencia“ ist eine leichte, flüssig zu lesenden Liebesgeschichte ohne große Überraschungen, die durch die zweiten Zeitebene, in der Margot S. Baumann die Vergangenheit von Elenas Vaters und seiner Familie unter dem Franko-Regime erzählt, etwas mehr Tiefe erhält.
Mich persönlich stören allerdings 2 Schnitzer. Zum einen gibt es ein Wochenende, das 4 Tage dauert. Und zum anderen wird Elenas Vater als 18jähriger von seinen Eltern regelmäßig ermahnt, vor dem Fußballspielen die Hausaufgaben zu machen. Das kann ich mir beim besten Willen auch in den 1970ern nicht wirklich vorstellen.