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Benutzername: 
TochterAlice
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 1401 Bewertungen
Bewertung vom 18.05.2023
Knochensuppe (Band 1)
Kim, Youngtak

Knochensuppe (Band 1)


gut

Ein Roman für Reisefreudige

Wenngleich diese sicher abschließend froh sein werden, dass sie nicht dem Protagonisten, einem jungen Mann, der ohne Familie aufgewachsen ist, folgen müssten. Denn es geht in die Vergangenheit, und zwar genau 40 Jahre - von 2064 nach 2024. Für Lee Uhwan, so heißt unser einsamer und unglücklicher junger Mann, ist es ein Arbeitsauftrag: er soll für seinen Chef ein ganz besonderes Rezept finden, das einer schmackhaften Knochensuppe - und es natürlich zurückbringen.

Diese Zeitreisen sind nicht ohne, es sterben mehr Menschen, als dass sie diese überleben und zurückkehren. Doch Lee Uhwan hat so wenig Freude am Leben, dass ihm diese Gefahr nichts ausmacht.

Er kommt auch tatsächlich an in der zurückliegenden Zeit und lernt so einiges über seine Vergangenheit.

Ein interessantes, ungewöhnliches Buch, das ich nicht unbedingt unter Science Fiction einordnen würde, es könnte auch eher unter eine psychologische oder soziale Richtung eingeordnet werden. Allerdings fand ich keinen rechten Zugang, mir blieben Stil wie auch Protagonist überaus fremd, wenngleich ich mir der Qualität des Textes durchaus bewusst bin. Ein Buch, dem ich zahlreiche Leser wünsche!

Bewertung vom 12.05.2023
Zwischen Himmel und Erde
Rodrigues Fowler, Yara

Zwischen Himmel und Erde


weniger gut

Die drei P's vereint in einem Roman: nämlich Poesie, Politik und (Frauen)Power, das ich aber fast - wenig schmeichelhaft - durch Phlegma ersetzt hätte. Wäre durchaus eine Option, die sicht aber nicht auf die mutmaßlichen Zielsetzungen der Autorin Yara Rodrigues Fowler, sondern auf meine Empfindungen als Leserin bezieht.

Der Roman ist ganz klar ein London-Roman - diese Stadt, in der sich Melissa und Catarina als Teile einer willkürlich zusammengewürfelten WG kennenlernen, ist eindeutig Dreh-und Angelpunkt aller Handlungen, auch wenn andere Länder, vor allem Brasilien. eine nicht unwichtige Rolle spielen.

Melissa und Catarina haben einerseits vollkommen unterschiedliche Hintergründe, andererseits auch wieder nicht. Jedenfalls finden sie auf eine quasi magnetische Art zueinander, die ich gerne als kraftvoll bezeichnen würde. Passt aber nicht zu diesem Roman, auch wenn die Autorin es sicher so sieht und sich über ein entsprechendes Feedback freuen würde. Aber da ist es dann wieder, dieses Phlegma, das ich, eine gute Generation älter als die beiden Protagonistinnen und mit Bezug zu London, nicht aber zu Brasilien, immer wieder wahrnehme.

Die Autorin versteht es aus meiner Sicht nicht, einen Spannungsbogen zu entwickeln, die Faszination ihrer Leserschaft zu gewinnen. Schade, weil ich durchaus bereit dazu war. Leider beende ich dieses Buch eher enttäuscht mit dem Fazit, dass die Autorin zwar schreiben kann, in diesem Roman ihre Talente aber nicht so zu bündeln vermag, dass etwas Besonderes, Lesenswertes entstehen würde. Auch wenn viele wichtige Themen angesprochen wurden, verloren sie sich wieder irgendwie. Letztendlich war es mir leider zu langweilig.

Bewertung vom 12.05.2023
Northern Spy - Die Jagd
Berry, Flynn

Northern Spy - Die Jagd


sehr gut

Extrem leben: Das tut man - wenn man der Handlung dieses Thrillers Glauben schenken mag - in Nordirland ununterbrochen, quasi automatisch und von Geburt an.

Redakteurin Tessa, Mutter eines kleinen Jungen, sieht während einer Fernsehsendung, an der sie mitarbeitet, auf einmal ihre Schwester Marian, die gerade dabei ist, sich zu vermummen. In ihrer Gesellschaft: zwei Typen von der IRA.

Kann das sein? Denn Marian ist wie Tessa selbst eine Verfechterin des Friedens.

Neben einer mehr oder weniger spannenden Story gibt Autorin Flynn Beryy - selbst Amerikanerin - einen Einblick in die politische, soziale und gesellschaftliche Situation in Nordirland, die angespannter nicht sein könnte.

Mir war der Band ein wenig zu krass, um es mir beim Lesen damit so richtig gemütlich zu machen, aber ich erkenne auf jeden Fall die Schaffung einer ausgesprochen besonderen und einzigartigen Atmosphäre bzw. Stimmung an, die direkt auf den Leser übergeht. Ein Thriller, der nicht näher am Schauplatz sein könnte!

Bewertung vom 11.05.2023
22 Bahnen
Wahl, Caroline

22 Bahnen


ausgezeichnet

Tildas Leben unterscheidet sich sehr von dem anderer Gleichaltriger: die Studentin - sie ist ein wahres Mathegenie und genießt es, sich ihrer Neigung widmen zu dürfen - eilt nach den Vorlesungen schnell zum Arbeitsplatz, einer Supermarktkasse und bereitet danach das Essen für die deutlich jüngere, erst zehnjährige Schwester Ida.

Dann versucht sie, dieser so etwas wie ein Zuhause zu bieten: denn die Mutter ist seit Jahren Alkoholikerin und nimmt nur sehr selten - und dann auch eher passiv oder sogar aggressiv - am Familienleben teil.

Tilda empfindet ihrer Schwester gegenüber große Verantwortung und sieht sich daher gezwungen, ein super Angebot ihres Professors für eine Promotionsstelle in Berlin abzulehnen, obwohl sie nichts lieber als das tun würde. Aber nicht ohne Ida, zumal sich ihre Mutter wieder einmal einer kritischen Phase nähert - und diese werden immer heftiger.

Außerdem wird sie getriggert - der schöne Viktor ist nämlich aufgetaucht, der Bruder eines verstorbenen Freundes, DES Freundes, sollte man sagen - und schwimmt im Schwimmbad jeden Abend neben ihr her, alle 22 Bahnen, die sie täglich durchpflügt. Nähe oder stumme Kritik? Was soll das bedeuten. Schrittweise wird Viktor zu einer entscheidenden Schlüsselfigur in Tildas Leben.

Ein Roman über Ferne, Ungeliebtheit, Verlassenheit. Aber auch über Nähe, Wärme, Zuversicht und Rückhalt. Den eine junge Frau - nämlich Caroline Wahl - geschrieben hat, die dazu eine ganze Menge zu sagen hat. In einer Art und Weise, die mich meistenteils zutiefst berührt hat. Abgesehen von den Stellen mit dem Jugendsprech - aber das wird eher an mir liegen, das ist einfach sehr weit weg von mir.

Bewertung vom 07.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

It's the end of the world as we know it and I feel fine.

Das sang die us-amerikanische Gruppe REM vor ganz schön vielen Jahren, nämlich 1987 - also ganz zum Schluss des sogenannten Kalten Krieges. Eigentlich war uns gar nicht klar, was für ruhige Zeiten diesem erst einmal für Jahrzehnte folgen sollten - bis wir uns in den blutigen Wirren unserer Gegenwart und der ihr vorauseilenden Jahre wiederfanden.

In T.C. Boyles neuestem Roman finden wir eine derart dramatische Situation konzentriert auf eine einzige amerikanische Familie; Mutter Ottilie, Vater Frank und die beiden erwachsenen Kinder Cat und Cooper, die in Kalifornien bzw. Florida leben, wo eine Naturkatastrophe der nächsten folgt.

Während Cooper sozusagen aus beruflichen Gründen zum Invaliden wird, endet Cats Versuch, eine Familie zu gründen, auf die tragischste vorstellbare Weise. Hier fühlt sich wirklich niemand mehr "fine", weder in der Familie, noch um sie herum - es ist eine Art Harmageddon, das - möglicherweise als eine Art Vorbote für den Rest der Welt oder zumindest des Landes - über diese eine Familie einbricht.

Der große Schriftsteller T.C. Boyle hat für seinen aktuellen Roman ein großes Thema gewählt, das Ängste mit realen und befürchteten Bedrohungen zusammentreffen lässt. Als Ironie ist dies nicht mehr zu bezeichnen, es ist tiefschwarzer Sarkasmus, mit dem er auf seine Leser zielt. Auf eine dermaßen wuchtige Art, dass sich meine Mundwinkel nicht mehr verziehen können, weder nach oben noch nach unten.

Nein, mein Mund bleibt weit offen stehen, mein Herz schlägt erfreulicherweise weiter. Gott sei Dank, muss ich sagen, denn jedes Wort, jeder Gedanke des Autors, trifft mitten hinein. Und lässt micht zunächst entsetzt, dann betroffen und nachdenklich zurück.

Danke, Mr. Boyle, dass Sie mich vorgewarnt haben!

Bewertung vom 03.05.2023
Wenn ein neuer Tag anbricht
Turansky, Carrie

Wenn ein neuer Tag anbricht


sehr gut

Maggies Welt

Nordengland im Jahr 1903: Man könnte meinen, es ist eine glückliche Familie: Maggie arbeitet im Hutgeschäft ihrer Großmutter und zusammen erziehen sie die kleine Violet. Doch leider ist ihr Leben voller Trauer: Vor einigen Jahren ertranken Maggies Eltern und ihre Schwester auf einem See, weil das Boot undicht war. Maggie konnte sich mit Violet - damals noch ein Baby - so gerade noch retten.

Das alles geschah auf dem Grund des reichen Großindustriellen William Harcourt, bei dem ihr Vater angestellt war. Eigentlich hatten sie ein gutes Verhältnis, aber seine Familie konnte Maggie und deren Schwester nicht schnell genug vom eigenen Grund wegbekommen. Und das, obwohl Maggie mit seinem Sohn Nate befreundet war, den sie nun wieder trifft. Am liebsten würde sie ihn ignorieren, aber das lässt er nicht zu!

Ein Roman, der von starken christlichen Werten und Beweggründen geprägt ist, die dabei auf sehr angenehme, alles andere als dogmatische Weise präsentiert werden.

Auf der anderen Seite driften meine Vorstellungen von denen der Autorin in punkto Sozialverhalten doch sehr stark auseinander! Dennoch konnte ich den Roman über weite Strecken genießen!

Bewertung vom 03.05.2023
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


sehr gut

Takako, 25 Jahre alt, kann nicht mehr: ihr Freund, mit dem ihrer Meinung nach alles gut lief, heiratet. Und zwar eine andere, die Takako aber auch kennt: denn diese ist eine gemeinsame Kollegin. Und dazu findet er das alles weiterhin ganz normal und will sich weiter mit Takako treffen.

Nicht mit ihr! Sie sucht nach Alternativen und ihr fällt nur eine ein: die antiquarische Buchhandlung ihres Onkels, die ebenfalls in Tokio - ihr Lebensmittelpunkt seit einigen Jahren - angesiedelt ist. Obwohl Takako ihm in ihrer Kindheit durchaus nahe stand, hat sie ihn noch nie besucht.

Überraschenderweise jedoch nimmt ihr Onkel - Saturo heißt er - sie sehr gern gerne auf und gibt ihr ein Zimmer über dem Antiquariat. Und schenkt ihr seine Liebe und Aufmerksamkeit.

Takako, die bisher keinen Zugang zu Büchern hatte, nähert sich diesen langsam an. Zunächst nur durch deren Präsenz, bald jedoch auch lesenderweise.

Sie entdeckt Dimensionen, die sie bisher nicht kannte, die jedoch durchaus relevant für sie sind und - wie sie allmählich spürt - immer waren. Auch - bzw.vor allem - im emotionalen und zwischenmenschlichen Bereich. So findet Takako nicht nur zurück ins Leben, sondern erlangt eine Kraft, die ihr Zuversicht und Freude gibt.

Bewertung vom 02.05.2023
Die Sekunde zwischen dir und mir
Steele, Emma

Die Sekunde zwischen dir und mir


sehr gut

Geschichte eines Paares

Und seiner Vergangenheit. Vor allem der von Jenn, die teilweise auch von Robbie, dessen große Liebe sie ist, erzählt wird. Doch immer wieder gibt es gewisse Probleme, Blockaden könnte man sagen. Haben diese vor allem mit Jenns Vergangenheit bzw. den so unterschiedlichen Familien der beiden Liebenden zu tun?

Das hört sich bisher so ziemlich nach 08/15-Liebesgeschichte an, ist es aber nicht. Autorin Emma Steele versteht es, mit ihrer ungewöhnlichen Art sowohl Stil als auch Handlung betreffend ihre Leser*innen immer wieder zu überraschen. Ein Roman, der viel mehr Tiefe in sich birgt, als zunächst anzunehmen ist, der aber auch zwischendurch mal zweifeln lässt. Definitiv kein Roman für jedermann und jedefrau, doch sollten diejenigen, die normalerweile an Liebesromanen vorbeigreifen, durchaus einen Blick hineinwerfen.

Bewertung vom 02.05.2023
Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens
Berg, Mathias

Die Kriminalistinnen. Der Tod des Blumenmädchens


ausgezeichnet

Die Ausbildung der ersten weiblichen Kriminalbeamtinnen in Düsseldorf fällt genau in die Zeit von Vietnamkrieg, Studentenunruhen und der Hippiebewegung und so ist es nicht verwunderlich, dass eines dieser Themen im aktuellen Mordfall aufgegriffen wird. Ein junges Hippiemädchen wurde umgebracht und zwar in ihrer eigenen Wohnung.

Hat es mit ihrem unkonventionellen Umfeld von Lena Mahlberg - so ihr Name - zu tun? Oder mit ihrem Leben davor - da war sie nämlich als höhere Tochter und begnadete Pianistin mit besten Zukunftsaussichten unterwegs. Oder hängt ihr Tod in irgendeiner Form mit ihrem Philosophiestudium zusammen?

Autor Matthias Berg schreibt ebenso informativ wie atmosphärisch und anschaulich - in mir spulte während der gesamten Lektüre ein sehr atmosphärisches Kopfkino ab; dieses Buch schreit geradezu nach einer Verfilmung auf höchstem Niveau! Ein Buch, das Lust darauf macht, an diese Zeit zurückzudenken (wenn man wie ich bereits in einem gewissen Alter ist) und/oder sich in die Thematik einzulesen, zumal die Einstellung der ersten Frauen in diesem anspruchsvollen Beruf auf wahren Tatsachen beruht und vom Autor so einfühlsam präsentiert wird, wie es viele Frauen nicht könnten. Matthias Berg sensibilisiert uns Frauen hier auf unsere leidvolle Vergangenheit in Bezug auf anspruchsvolle Berufe - viele wissen heutzutage gar nicht mehr, dass Frauen noch bis in die 1970er Jahre hinein die Zustimmung ihres Ehemannes brauchten, um arbeiten zu gehen.

Ein toller Krimi, den ich nicht aus der Hand legen konnte - die Unachtsamkeit in einigen Details war das Einzige, was mich störte und das waren Peanuts im Vergleich zum Lesevergnügen!

Bewertung vom 30.04.2023
Die Herzchirurgin
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


weniger gut

Vorneweg: obwohl der Plot nicht der originellste ist, habe ich mir durchaus etwas davon versprochen. Vor allem in Bezug auf Spannung und Emotionen.

Leider bin ich in beiden Fällen enttäuscht worden - der noch junge Autor Jack Jordan hielt sich an gängige Erzählstrukturen in Bezug auf die schon etwas ausgelutschte Handlung.

Auch wenn er sich im Hinblick auf die Erzählstruktur durchaus etwas überlegt hatte: erzählt wird aus der Sicht dreier Frauen: der Hauptfigur, einer Herzchirurgin und Mutter, deren Sohn entführt wird, einer Krankenschwester in derselben Klinik und einer Polizistin.

Doch das macht aus meiner Sicht den Kohl auch nicht mehr fett, denn die Handlung ist so dermaßen absehbar, dass man das Buch ab der Mitte - oder sogar noch eher - hätte selbst weiterschreiben können und zwar ganz im Sinne des Autors. Und auch der Stil war jetzt nicht so besonders, dass es mich aus den Socken gehauen hätte. Nein, Jack Jordan ist kein Name, den ich mir merken möchte!