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SimoneF

Bewertungen

Insgesamt 427 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2023
Hab ich noch Hoffnung, oder muss ich mir welche machen?
Raether, Till

Hab ich noch Hoffnung, oder muss ich mir welche machen?


gut

ALs regelmäßige SZ-Leserin schätze ich Till Raethers Artikel, und so war ich gespannt auf sein Buch. Die Leseprobe klang sehr vielversprechend und interessant, auch wenn ich einige Jahre jünger bin und die von ihm beschriebenen Krisen in den 80er Jahren noch nicht bewusst miterlebt habe. Leider konnten mich die folgenden Kapitel nicht überzeugen. Auch wenn ich Till Raether inhaltlich in wesentlichen zustimme, kann ich aus dem Buch keinen Erkenntnisgewinn ziehen und auch keine Lösungsansätze erkennen. Vielmehr ist es eine Aneinanderreihung von Gedanken, die eher banal wirken und die die meisten von uns wohl auch schon so oder so ähnlich gedacht und mit Freunden, Kollegen oder Familie diskutiert haben. Dank Till Raethers pointiertem Schreibstil, seinem hintergründigen Humor und einer großen Portion Selbstironie lässt sich dieses - relativ dünne - Buch zumindest ganz unterhaltsam lesen.

Bewertung vom 14.12.2023
Abenteuer & Wissen: Mount Everest
Nielsen, Maja

Abenteuer & Wissen: Mount Everest


sehr gut

Mit meinem Sohn habe ich bereits die wunderbare Folge über den Golfstrom aus der Reihe "Abenteuer umd Wissen" gehört, und als bergbegeisterte Familie war das Thema Mount Everest perfekt. Angesichts des Titels hatte ich erwartet, dass die Besteigung des Mount Everests im Allgemeinen thematisiert wird, doch die Folge beschäftigt sich mit dem Besteigungsversuch durch George Mallory im Jahr 1924, der Suche nach dessen sterblichen Überresten in den 90er Jahren und der Frage, ob Mallory vor seinem Tod am Everest noch die Erstbesteigung gelungen war. 


Die Inszenierung des Hörspiels ist toll gelungen, die dezente musikalische Untermalung passt perfekt, und das Thema wird spannend und informativ aufbereitet. Ich habe sehr gebannt zugehört und sehr viel Interessantes über Mallorys Schicksal und die Suchexpedition von Jochen Hemmleb erfahren. Dennoch bin ich froh, dass ich die Folge zunächst allein gehört habe, da der Tod und das Suchen und Finden des Leichnams hier doch für eine eher traurige Grundstimmung sorgen. Hierauf reagiert jedes Kind anders, und ich weiß, dass mein Sohn (9) damit nicht gut umgehen kann. Ich würde daher die Folge ein Kind beim ersten Mal nicht alleine hören lassen. Würde sich die Folge an Erwachsene richten, gäbe es von mir die volle Punktzahl, für Kinder und als Familienhörspiel halte ich sie nur für bedingt geeignet, daher ziehe ich einen Stern ab.

Bewertung vom 08.12.2023
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


gut

Ich hatte zuvor noch kein Buch von Ildiko von Kürthy gelesen und die Leseprobe klang humorvoll und interessant. Leider hat sich dieser anfangs sehr gute Eindruck nicht fortgesetzt. Das liegt zum einen sicher daran, dass ich mich mit der Protagonistin Cora Hübsch überhaupt nicht identifizieren konnte, da ich ein völlig anderer Typ bin. Zum anderen blieb die Geschichte doch sehr oberflächlich, inhaltlich wiederholte sich Vieles. So ging es immer wieder darum, dass wir Frauen uns angeblich unser Leben lang mit den eingebildeten Unzulänglichkeiten unseres Körpers herumschlagen, mit unserem Gewicht hadern uns ins schicke, aber unbequeme Kleidung zwängen, um zu gefallen, als aufopferungsvolle Mütter unser Leben nach dem Stundenplan der Kinder ausrichten und in eine Krise geraten, wenn die Kinder aus dem Nest sind. Das war mir zu platt und trivial. Auch die queeren Protagonisten wirkten recht klischeehaft, allen voran Erdal und Wanda. Je weiter das Buch fortschritt, desto genervter wurde ich, und ich war froh, als ich es beendet hatte. Vieles hätte man deutlich kürzer ausdrücken können, und die langatmig aufgebaute Spannung um die Figuren Daniel und Johanna wirkte doch recht künstlich  aufgebauscht. Gleichzeitig blieb Daniel seltsam blass. Schade, denn die Thematik hat durchaus Potenzial, und Doris Knecht hat in "Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" die Sinnkrise um die Lebensmitte für meine Begriffe sehr gelungen verarbeitet. 

Ich könnte mir vorstellen, dass Fans von Ellen Berg auch Freude an "Eine halbe Ewigkeit" haben, mich konnte es leider nicht überzeugen.

Bewertung vom 07.12.2023
Die bekannte Welt
Jones, Edward P.

Die bekannte Welt


ausgezeichnet

Mit "Die bekannte Welt" legt der Ullstein-Verlag das preisgekrönte Werk von Edward P. Jones (Pulitzerpreis 2004) neu auf. Es beleuchtet die Lebensgeschichte eines Sklaven, der freigekauft wurde und seinerseits Sklavenhalter wurde. Dass dies überhaupt möglich war, war mir zuvor  nicht bekannt, doch der Autor E.P. Jones, selbst Afroamerikaner, hat diesen rein fiktiven Roman auf der Basis umfangreicher historischer Recherchen verfasst und sich für diese ungewöhnliche Perspektive entschieden, die bereits darauf hindeutet, dass es sich der Autor nicht einfach macht und differenziert die Abgründe menschlicher Seelen unabhängig von der Hautfarbe ausleuchtet.

Der komplexe Schreibstil mit mehreren Zeitebenen und Handlungssträngen und einer Vielzahl an Personen erschwert immer wieder die Lektüre, und ich habe das Buch entgegen meiner Gewohnheit nicht an einem Stück gelesen. Wenn man sich jedoch erst einmal an die teils sperrige Erzählweise gewöhnt hat, erwartet einen ein inhaltlich hochinteressanter, kraftvoller und aufwühlender Roman mit ambivalenten, plastischen und lebendigen Charakteren. Um den Überblick nicht zu verlieren, ist das Personenverzeichnis am Ende sehr hilfreich, auch wenn das Blättern insbesondere beim ebook doch recht mühsam ist. Hier lohnt es sich die entsprechenden Seiten auszudrucken und griffbereit zu haben. 

Insgesamt ein sehr lesenswerter und vielschichtiger Roman über eine dunkle Epoche voller Willkür, Diskriminierung, Ausbeutung und Rassismus, bei dem es sich unbedingt lohnt, dranzubleiben.

Bewertung vom 07.12.2023
Huuu-Berta - Das kleinste Gespenst von allen
Langen, Annette

Huuu-Berta - Das kleinste Gespenst von allen


ausgezeichnet

Wir kennen von Annette Langen bereits die Briefe von Felix, und waren daher sehr gespannt auf "Huuu-Berta, das kleinste Gespenst vom allen".

Huuu-Berta ist ein liebenswertes, vorwitziges Gespenstermädchen, das für ihren Gespensterausweis, das Gruselchen, noch eine einzige Prüfung bestehen muss: Sie muss in die Menschenwelt reisen und Menschen erschrecken. Doch Huuu-Berta gruselt sich selbst sehr vor Menschen, und so stellt die Reise für Huuu-Berta eine echte Herausforderung dar. Zum Glück steht ihr ihre beste Freundin, die Fledermaus Flitzi, mit Rat und Tat zur Seite, und so erleben sie bei den Menschen allerhand Abenteuer. 

Besonders gut hat mir an dieser Geschichte gefallen, dass Huuu-Berta über sich hinauswächst und sich mutig ihrer Aufgabe stellt. Sie lernt dabei den Menschenjungen Ben kennen und aus der anfänglichen Angst voreinander wird eine tolle Freundschaft. Dahinter verbirgt sich eine wichtige Botschaft und ermutigt die jungen Leser, Fremdem aufgeschlossen zu begegnen. Ebenso wichtig fand ich, dass sich Ben vertrauensvoll an seine Eltern wendet, als er Sorgen hat. 

Der Erzählstil ist humorvoll und kurzweilig, und durch die direkte Ansprache der Leser entsteht  schnell eine Beziehung zu den Figuren. Häufig stört es mich dieses Stilmittel, doch Annette Langen macht dies so frisch, wortgewandt und liebenswert, dass es sehr charmant wirkt. Die Geschichte ist altersgerecht und gleichzeitig sprachlich abwechslungsreich und voller kreativer Wortschöpfungen und Ideen (Gruselnasium, Spätstück, Lieblingsspeise Staubflocken...), die auch mit den gängigen Gespensterklischees brechen und einen ganz neuen Blick auf Gespenster ermöglichen. Sabine Sauters farbenfrohe und zahlreiche Illustrationen ergänzen den Text hervorragend, und es ist kein Wunder, dass dieses Buch für den deutschen Kinderbuchpreis nominiert war. Ein Lesebändchen, zwei Rezepte, ein Gruselchen zum Ausdrucken und ein Stickerbogen, mit dem man den Lesefortschritt verfolgen kann, runden die tolle Ausstattung des Buches ab. 

Auch wenn das Buch bereits ab 5 Jahren zum Vorlesen geeignet ist, hatten auch mein neunjähriger Sohn und ich noch großen Spaß an der Geschichte, und wir hoffen auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 04.12.2023
Die rote Jawa / Kriminaldirektor a.D. Manz Bd.3
Wittekindt, Matthias

Die rote Jawa / Kriminaldirektor a.D. Manz Bd.3


gut

"Die rote Jawa" von Matthias Wittekind ist der dritte Fall von Kriminaldirektor a.D. Manz, blickt jedoch auf die Jugend von Manz im Jahr 1961 zurück und schildert gewissermaßen den Anfang seiner kriminalistischen Laufbahn. Die Geschichte wird auf zwei Ebenen erzählt. Die  Rahmenhandlung spielt an Heiligabend 2019, die zweite Ebene im Sommer 1961 in Mecklenburg. Manz, damals 16 Jahre alt, verbringt im Juli 1961 einige Wochen in einem Dorf bei Waren an der Müritz als Praktikant bei der Feuerwehr. Ein Einsatz mit zwei Toten lässt ihn nicht mehr los, die Ermittlungsmethoden des Inspektors befremden ihn und er stellt eigene Überlegungen an. 


Wittekinds Buch ist kein klassischer Kriminalroman, bei dem die Lösung des Falles im Vordergrund steht, und wer einen spannenden Krimi sucht, wird hier nicht fündig werden. Viel eher erfasst Wittekind fein beobachtet und mit leisen Zwischentönen die Stimmung in der DDR im ländlichen Raum kurz vor dem Mauerbau, das Wesen der Bewohner und die Auswirkungen des sozialistischen Umbruchs durch Enteignungen und die Kollektivierung der Landwirtschaft. Auch die Schilderungen der Landschaft und Manz Gefühlslage nehmen viel Raum ein. 


Für mich war es das erste Buch der Manz-Reihe, und es ist sehr gut ohne Vorkenntnisse lesbar. Der markante Schreibstil war zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, und es dauerte etwas, bis ich mich eingelesen hatte und mit dem Protagonisten warm wurde. Insbesondere in der Rahmenhandlung hat die Geschichte auch ihre Längen. Insgesamt ein interessanter, ungewöhnlicher Kriminalroman, der mich aber nicht vollständig begeistern konnte.

Bewertung vom 29.11.2023
Unsere liebste Weihnachtszeit
Krais, Milena;Rehbock, Anka

Unsere liebste Weihnachtszeit


ausgezeichnet

"Unsere liebste Weihnachtszeit" bietet viele tolle Ideen, um mit teils ganz einfachen Mitteln festliche Backwaren und Basteleien zu zaubern. Dabei sind die Anleitungen gut verständlich, ansprechend bebildert und sehr familientauglich, auch Kleinkinder können bereits gut eingebunden werden. Neben  traditionellen Rezepten sind auch ausgefallenere Kreationen wie eine Macadamiatorte enthalten, die mit einer interessanten Schnitttechnik aufwartet. Durch weihnachtliche Dekoideen werden auch Klassiker wie die Linzer Torte richtig festlich, und ich habe mir fest vorgenommen, diese zum  ersten Advent auszuprobieren. Bisher habe ich drei Rezepte und zwei Basteleien umgesetzt, teils zusammen mit meinem Sohn, und alles hat hervorragend funktioniert. Ein wirklich sehr schönes, praxistaugliches Buch, das ich in der Adventszeit sicher noch oft zur Hand nehmen werde.

Bewertung vom 29.11.2023
Die Polidoris und der Fluch aus dem Eismeer / Die Polidoris Bd. 2
Fislage, Anja

Die Polidoris und der Fluch aus dem Eismeer / Die Polidoris Bd. 2


ausgezeichnet

Mit "Der Fluch aus dem Eismeer" folgt nun der zweite Band der "Polidoris" um die drei Geschwister Roberta, Pellegrino und Petronella und ihre skurrile Familie. Er knüpft direkt an Band 1 an, so das man diesen unbedingt gelesen haben sollte, bevor man zu Band 2 greift.


Während Roberta im Polidorium die Stellung hält und sich mit Onkel Udolpho arrangieren muss, schippern ihre Geschwister mit den Großeltern auf der Polidoria ins Eismeer, um den Vater zu retten. Die Geschichte wird somit abwechselnd in zwei Handlungssträngen erzählt und ist wieder voller spannender, makabrer, gruseliger und kreativer Einfälle. Das besondere Setting, die markanten Charaktere und die tollen Ideen der Autorin Anja Fislage machen für mich auch den ganz besonderen Reiz dieser Reihe aus, die sich deutlich von der üblichen Kinder- und Jugendliteratur abhebt und aus dem boomenden Fantasysektor positiv heraussticht. Allein die hier allgegenwärtigen düsteren Themen Geister, Tod und Untote so in eine Geschichte zu verpacken, dass sie für Kids ab 11 Jahren lesbar wird, ist eine tolle Leistung. Genial ergänzt wird die Story durch die wunderbaren Illustrationen von Verena Wugeditsch. Etwas schade finde ich, dass mein Lieblingscharakter Pellegrino im diesem Buch ein wenig kurz kommt, und ich hoffe, dass er im dritten Teil eine größere Rolle spielen darf. Insgesamt eine ganz tolle Buchreihe und rundum empfehlenswert für alle Fans spannender und gruseliger Kinderbücher.

Bewertung vom 26.11.2023
Der Spion und der Verräter
Macintyre, Ben

Der Spion und der Verräter


ausgezeichnet

Nachdem ich kürzlich Arne Molfenters "Operation: Doppeltes Spiel" über Doppelagenten in Zweiten Weltkrieg gelesen hatte, hat mich das Interesse an wahren Spionage-Geschichten gepackt und ich war sehr neugierig auf "Der Spion und der Verräter".  Ben Macintyres Buch ist so spannend und fesselnd geschrieben, dass ich das Gefühl hatte, einen Agententhriller zu lesen und kein Sachbuch. Als Normalbürger einen Einblick in die uns verborgene und geheimnisumwitterte Welt der Spionage zu bekommen, hat mich sehr fasziniert. Was bringt einen Menschen dazu, Spion zu werden und wie tickt ein Agent? Macintyre gelingt es, die Persönlichkeit Oleg Gordijewskis lebendig werden zu lassen und seine Triebfedern herauszuarbeiten. Sehr gut gefiel mir auch, dass mehrere Schwarzweißfotos enthalten sind, so dass ich mir auch optisch ein Bild von Gordijewski machen konnte.

Durch das Buch habe ich einiges über die politischen Hintergründe des Kalten Krieges erfahren, den ich selbst nur als kleines Kind miterlebt habe. Das Buch wirkt akribisch recherchiert, und gerade Macintyres Liebe zum Detail schätze ich an seinem Schreibstil sehr, da mir bei historischen Stoffen der Wahrheitsgehalt und genaue Belege, Zitatnachweise etc. wichtig sind (Ich mag zB keine historischen Romane, die Realität und Fiktion vermischen). Auch die Ergänzungen am Ende etwa über die unterschiedliche Sichtweise auf Gordijewski in Russland und Großbritannien  sind sehr informativ. 

Mich hat der "Der Spion und der Verräter" so sehr begeistert, dass ich mir "Agent Sonja" von Ben Macintyre bereits fest vorgemerkt habe. Für alle Liebhaber fundiert recherchierter und gleichzeitig lebendig geschriebener Sachbücher zur Welt der Agenten eine ganz klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 16.11.2023
Der Stasi-Mythos
Wala, Michael

Der Stasi-Mythos


sehr gut

Als Laie habe ich mich vor "Mythos Stasi" noch nie mit dem Verfassungsschutz und der Stasi zur Zeit der DDR auseinandergesetzt, und war also sehr gespannt auf dieses Buch. Michael Wala erhielt hierfür zum Teil erstmals umfassenden Zugang zu Dokumenten des Verfassungsschutzes. Unterlagen der HVA liegen leider nicht mehr vor, da diese nach dem Zusammenbruch der DDR vernichtet wurden. Insofern muss der Blick leider etwas einseitig bleiben; Daten über DDR-Agenten, die unentdeckt und erfolgreich spionierten, sind nicht mehr vorhanden. 


Da der Schreibstil sehr nüchtern und trocken ist, richtet sich das Buch tendenziell eher an Menschen, die sich intensiv mit der Thematik befassen möchten, und weniger an Leser, die ein lebendig erzähltes, unterhaltsames Sachbuch über innerdeutsche Spionage erwarten. Insgesamt liefert das Buch jedoch einen hochinteressanten und detaillierten Blick auf die Welt der deutschen Geheimdienste, das Selbstverständnis der beiden deutschen  Staaten und auf die damaligen Mechanismen der Spionage und Gegenspionage. Besonders interessant fand ich, auf welchen Wegen es dem Verfassungsschutz gelang, Stasi-Agenten zu enttarnen (und welche Rolle dabei auch der damals kaum vorhandene Datenschutz spielte). Lesenswert!