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wampy
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Issum

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Insgesamt 501 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


ausgezeichnet

Nicht leicht zu lesen, aber es lohnt sich

Buchmeinung zu Colson Whitehead – Harlem Shuffle

„Harlem Shuffle“ ist ein Roman von Colson Whitehead, der 2021 beim Carl Hanser Verlag in der Übersetzung von Nikolaus Stingl erschienen ist. Der Titel der amerikanischen Originalausgabe lautet „Harlem Shuffle“ und ist 2021 erschienen.

Zum Autor:
Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion’s Fiction Award (2002) und war Stipendiat der MacArthur „Genius“ Fellowship. Für seinen Roman Underground Railroad wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet. Für seinen Roman Die Nickel Boys erhielt er 2020 erneut den Pulitzer-Preis. Der Autor lebt in Brooklyn.

Klappentext:
Eigentlich würde Ray Carney am liebsten ohne Betrügereien auskommen, doch die Einkünfte aus seinem Laden reichen nicht aus für den Standard, den die Schwiegereltern erwarten. Cousin Freddy bringt gelegentlich eine Goldkette vorbei, die Ray bei einem Juwelier versetzt. Doch was tun mit dem Raubgut aus dem Coup im legendären „Hotel Theresa“ im Herzen Harlems, nachdem Freddy sich verdünnisiert hat? Als Polizei und Gangster Ray in seinem Laden aufsuchen, steht sein waghalsiges Doppelleben auf der Kippe.

Meine Meinung:
Dieses Buch war für mich eine Herausforderung, denn ich fand es nicht leicht zu lesen. Der Schreibstil des Autors ist komplex und erwähnt viele Details. Zudem gibt es keine sich entwickelnde klassische Handlung. Aus der Sicht der Hauptfigur werden Episoden aus dem Leben in Harlem zu Beginn der sechziger Jahre vorgestellt. Ray Carney führt einen Möbelladen, ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Er verkauft neue und gebrauchte Möbel und manchmal hehlt er auch ein bisschen. Er versucht weitgehend gesetzestreu seinen Weg zu gehen, aber immer gelingt es ihm nicht. Rassentrennung und Rassismus ist allgegenwärtig. Aber auch kriminelle Strukturen beeinträchtigen die freie Entfaltung. Während auf den Straßen Krawalle ausbrechen, arbeitet Ray an seinem eigenen kleinen Aufstand. Der Autor beschreibt ein lebendiges Harlem mit vielen Facetten und man begegnet vielen Figuren, die versuchen dort zurechtzukommen. Ray wirkt sympathisch und versucht seine Träume umzusetzen, sei es ein größeres Geschäft oder eine größere Wohnung. Er sucht nach Anerkennung für seine Leistung, auch außerhalb seiner Familie. Man spürt die Liebe des Autors zu seinem Kosmos Harlem und den Menschen, die dort leben. Reichlich vorhandene Sozialkritik wird meist indirekt vermittelt und dieser Weg wirkt langfristig. Bei manchen Punkten muss man entsetzt feststellen, dass viele Probleme immer noch aktuell sind.

Fazit:
Ein nicht leicht zu lesendes Buch über das Harlem der frühen 60-er Jahren, dem der Autor Leben einhaucht. Ich hätte mir einen konsequenteren Handlungsfaden gewünscht. Trotzdem bewerte ich das Werk mit fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 11.09.2021
Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3
Schuster, Stephanie

Freiheit im Angebot / Wunderfrauen-Trilogie Bd.3


sehr gut

Vier Frauen gehen ihren Weg

Buchmeinung zu Stephanie Schuster – Freiheit im Angebot

„Freiheit im Angebot“ ist ein Roman von Stephanie Schuster, der 2021 bei FISCHER Taschenbuch erschienen ist. Dies ist der dritte Band aus der Reihe „Die Wunderfrauen“.

Zum Autor:
Stephanie Schuster, Jg.1967, studierte Grafikdesign in München und illustrierte viele Jahre die Bücher anderer Autoren, bevor sie selbst zu schreiben begann. Sie lebt mit ihrer Familie am Starnberger See in Bayern.

Klappentext:
1972, während der Olympischen Spiele in München, kämpft Luise mit allen Mitteln darum, ihr kleines Lebensmittelgeschäft in Starnberg trotz der Supermarktkonkurrenz zu erhalten. Außerdem muss sie sich eingestehen, dass ihre Ehe nun endgültig am Ende ist – und mit dem neuen Gesetz zur Ehescheidung wagt sie einen ungeheuerlichen Schritt. Rückhalt in diesen turbulenten Zeiten geben ihr die drei Freundinnen: Helga, die von einer eigenen Arztpraxis träumt, Marie, die alle Energie in ihren Reiterhof steckt und Annabel, die sich endlich der Vergangenheit ihrer Familie stellt. Bei all den neuen Chancen merken sie: Das größte Abenteuer ihres Lebens fängt jetzt erst an.

Meine Meinung:
Dieses Buch beleuchtet Episoden aus dem Leben vierer befreundeter Frauen. Jede von ihnen hat ihr Päckchen zu tragen, auch wenn sie unterschiedliche Lebensideen verwirklichen. Helga ist Ärztin aus Berufung, sehr selbstständig und mit ihren Eltern zerstritten. Marie ist verwitwet, hat sich einen Reithof aufgebaut und hat den Unfalltod ihres Mannes noch nicht verarbeitet. Luise hat große Probleme in ihrer Ehe und mit ihrem Tante-Emma-Laden, der ihr eine Herzensangelegenheit ist. Annabel kämpft um die Anerkennung ihrer Schwiegermutter und arbeitet sich in Familiengeschichten ein. Wichtige Themen der damaligen Zeit wie das Olympia-Attentat in München, der Conterganskandal und die oft noch nicht erfolgte Aufarbeitung des Unrechts zu Nazi-Zeiten werden angesprochen. Mir waren alle vier Frauen sympathisch, weil sie sich nicht auf Dauer von Rückschlägen aus der Bahn werfen ließen und immer wieder einen Weg gefunden haben, ihre Freundschaft zu erhalten. Der Schreibstil ist angenehm und bringt auch die Gefühle der Menschen zum Ausdruck. Zugleich wird der Wandel der Frauenrolle in der Gesellschaft deutlich. Am Ende des Buches hat jede der vier Frauen eine Lebensperspektive und man gönnt ihnen, dass sich ihre Wünsche und Hoffnungen realisieren lassen.

Fazit:
Ein lebendiger Blick auf vier Frauenschicksale zu Beginn der siebziger Jahre, der mich sehr gut unterhalten hat. Zugleich hat er viele Erinnerungen an meine Teenagerzeit geweckt. Deshalb bewerte ich das Buch mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 11.09.2021
Fatale Rache (eBook, ePUB)
Johanus, Marcus

Fatale Rache (eBook, ePUB)


weniger gut

Vieles wirkte unausgewogen

Buchmeinung zu Marcus Johanus – Fatale Rache

„Fatale Rache“ ist ein Kriminalroman von Marcus Johanus, der 2021 unabhängig veröffentlicht wurde. Dies ist der zweite Fall für die Soko Innen.

Zum Autor:
Marcus Johanus wurde 1972 in Berlin geboren, wo er als Autor und Lehrer für Psychologie, Politik und Deutsch mit seiner Familie lebt. Er schreibt Thriller und Krimis.

Klappentext:
Gewalt. Geheimnisse. Berlin.
Hauptkommissar Carl Rau und das Team der Soko Innen werden vom Berliner Innensenator Konrad Faber erneut mit einem dramatischen Fall beauftragt.
Ein Scharfschütze tötet Menschen im Herzen der Stadt. Eine Massenpanik droht. Die Vorgehensweise des Täters wirft viele Fragen auf. Gibt es ein Muster? Ist der Täter ein eiskalter Profi oder ein fanatischer Terrorist?
Und vor allem: Wird er wieder töten?
Wieder ermittelt die Soko Innen in einem geheimnis- vollen Netz aus Mord, organisierter Kriminalität und Politik.

Meine Meinung:
Bei diesem Krimi haben mir leider einige Dinge nicht gefallen. Es beginnt schon mit dem grundlegenden Setting des Romans. Mitten in Berlin werden auf einem belebtn Platz zwei Menschen von einem Heckenschützen erschossen und es wird eine Soko mit vier Mitarbeitern auf den Fall angesetzt und es bleibt Tage bei dieser Konstellation. Zwei der vier Teammitglieder sind zudem gesundheitlich angeschlagen. Der Erzählstil ist eher trocken und beschreibt die Aktivitäten der Mitarbeiter recht genau, bringt aber wenig Spannung. Dies versucht der Autor durch flammende Appelle des Hauptkommissars auszugleichen, aber die Wirkung war bei mir eher negativ. Bei den Außeneinsätzen des Teams wurde es etwas spannender, aber hier war oft ein SEK involviert, und ich hielt es für übertrieben. Ein weiterer Punkt war die versuchte Einflussnahme auf das Team bzw. die versuchte Instrumentalisierung des Teams durch die Politik. Auch dies wirkte auf mich überzogen. Die Spannungskurve ist ungewöhnlich und hatte ihren Höhepunkt gleich zu Beginn des Buches.

Fazit:
Mich hat dieser Fall der Berliner Soko Innen nicht überzeugen können, weil vieles überzogen wirkte und mich weder Figuren noch Handlung fesseln konnten. Deshalb bewerte ich das Buch mit zwei von fünf Sternen (40 von 100 Punkten).

Bewertung vom 28.08.2021
Schrei nach Stille (eBook, ePUB)
Chaplet, Anne

Schrei nach Stille (eBook, ePUB)


gut

Über das Vergessen und das Erinnern

Buchmeinung zu Anne Chaplet – Schrei nach Stille

„Schrei nach Stille“ ist ein Kriminalroman von Anne Chaplet, der 2021 bei Edel Elements als eBook erschienen ist. Das Original ist 2008 erschienen..

Zum Autor:
Anne Chaplet ist ein Pseudonym von Cora Stephan. Sie hat die Lust am Krimischreiben erst spät entdeckt. 1998 erschien ihr erster Roman „Caruso singt nicht mehr“ beim Kunstmann-Verlag. Bis heute hat sie zehn Romane (einige davon preisgekrönt) und unzählig viele Kurzgeschichten geschrieben, zu lesen auf www.anne-chaplet.de.

Klappentext:
Sophie Winter konnte ihr dunkles Geheimnis vierzig Jahre bewahren. Plötzlich wird ihre wilde Vergangenheit wieder lebendig. Nicht nur die Polizei interessiert sich für das rätselhafte Verschwinden einer jungen Frau aus der Hippiebewegung...

Meine Meinung:
Auch in diesem Buch geht es mehr um zwischenmenschliche Beziehungen als um den Kriminalfall. Ein wichtiges Thema in diesem Buch ist das Vergessen in all seinen Varianten, sei es die Erinnerung an Ereignisse oder Personen oder eine Demenz. Zwei Vermisstenfälle werden am Ende aufgeklärt, aber lange Zeit firmieren sie eher als Randnotiz. Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt und wirkt eindringlich und emotional. Sie ist aber nicht immer leicht verständlich weil vor allem Sophie Winter oft eine eigene Wahrnehmung hat. Manche Figuren erinnern sich nicht gerne an ihre Vergangenheit, weil sie ihren heutigen Maßstäben nicht gerecht werden. Die Figuren wirken oft eher bemitleidenswert als sympathisch. Es ist lange Zeit wenig spannend und die Auflösung kommt aus dem Nichts.

Fazit:
Der Kriminalfall spielt lange Zeit eine Nebenrolle und es geht um Erinnerungen und zwischenmenschliche Beziehungen in einem ländlichen Dorf in Hessen. Das hat mich nur teilweise überzeugt und deshalb bewerte ich das Buch nur mit drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten).

Bewertung vom 25.08.2021
Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


ausgezeichnet

Wilde Mischung mit einer charismatischen Hauptfigur

Buchmeinung zu Ingo Bott – Pirlo: Gegen alle Regeln

„Pirlo: Gegen alle Regeln“ ist ein Roman von Ingo Bott, der 2021 bei Fischer Scherz erschienen ist.

Zum Autor:
Ingo Bott lebt in Düsseldorf. Er war erst Partner in einer Wirtschaftskanzlei und hat dann eine Wohnzimmerkanzlei gegründet, die sich zu einer renommierten Kanzlei mit einem großen Team entwickelt hat. Die WirtschaftsWoche listet Ingo Bott als einen der renommiertesten Anwälte im Wirtschaftsstrafrecht und die von ihm gegründete Einheit als Top Kanzlei in den Bereichen Wirtschaftsstrafrecht und Compliance. Ingo Bott hat den Europarat in Strafrechtsfragen vertreten und hält Vorträge im In- und Ausland. Er liebt Sprache und schreibt Romane.

Klappentext:
Pirlo ist charismatisch, chaotisch – und unter Druck. Erst ist der Job weg. Dann handelt sich der Khatib-Clan Ärger ein: ausgerechnet seine eigenen Brüder. Jetzt soll Pirlo ihre Schulden begleichen. Den Preis dafür bezahlen, dass er sich von der Familie losgesagt hat. Dazu muss er den einen Fall, der ihm noch bleibt, gewinnen. Die Anklage wirft seiner Mandantin vor, ihren Mann umgebracht zu haben. Die Medien berichten pausenlos.
Für alle, außer Pirlo und die junge Anwältin Sophie Mahler, scheint die Verurteilung sicher. Pirlo steht mit dem Rücken zur Wand: Er braucht einen Freispruch. Unbedingt. Dafür muss er Wege gehen, die er nie gehen wollte.

Meine Meinung:
Dieser Roman ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich und doch ist es eine spannende Erzählung geworden. Pirlo ist ein Chaot, der sich gehen lässt und anfänglich auch wenig sympathisch wirkt. Ganz im Gegensatz dazu wirkt die junge Anwältin Sophie Mahler, Tochter aus gutem Haus, überaus sympathisch und sie ist es, die den Laden am Laufen hält. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser eine Menge über den Lebensweg von Anton Pirlo, der eigentlich Ramzes Khatib heißt und dessen Familie tief in kriminellen Aktivitäten steckt. Sowohl Sophie als auch Pirlo haben Probleme mit ihren Familien, aber darüber reden sie nicht. Auch ihre Mandantin hütet einige Geheimnisse vor ihren Anwälten. Anwaltliche Fachthemen spielen eine große Rolle und dem Autor gelingt es, diese verständlich aufzubereiten. Die Geschichte wird fast ausschließlich aus den Perspektiven der beiden Hauptfiguren erzählt und man erfährt viel über ihre Gedanken und Gefühle. Je aussichtsloser der Fall erscheint, desto empfänglicher wird Pirlo für fragwürdige Methoden. Man spürt wie Pirlo bis zum letzten Blutstropfen kämpfen will. Der Autor verknüpft Fantasie und reale Geschehnisse auf interessante Weise. Die Figurenzeichnung bis in die Nebenfiguren ist eine große Stärke des Romans, ebenso wie das Düsseldorfer Flair. Die Handlung wirkt manchmal schon etwas konstruiert. Der Schreibstil ist fesselnd und humorige Einlagen bis zum Slapstick sorgen für sinnvolle Auflockerung. Die Spannung lebt meist von der prekären Lage der Kanzlei und der Figur Pirlo. Mit ihrem Willen und ihrem Einfallsreichtum hat die Figur Pirlo zunehmend Pluspunkte gesammelt. Pirlo und Sophie Mahler ergänzen sich vortrefflich, aber er wird ihr irgendwann mehr über seine Familie erzählen müssen. Darauf freue ich mich schon.

Fazit:
Dieser Roman lebt vorwiegend von den Hauptfiguren, ihren Gemeinsamkeiten und ihren Gegensätzen. Mich hat das Buch begeistert und ich bewerte es mit fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten) und die Leseempfehlung ist selbstverständlich.

Bewertung vom 24.08.2021
Sauberer Abgang (eBook, ePUB)
Chaplet, Anne

Sauberer Abgang (eBook, ePUB)


gut

Eher Beziehungs- als Kriminalroman

Buchmeinung zu Anne Chaplet – Sauberer Abgang

„Sauberer Abgang“ ist ein Kriminalroman von Anne Chaplet, der 2021 bei Edel Elements als eBook erschienen ist. Das Original ist 2006 erschienen..

Zum Autor:
Hat die Lust am Krimischreiben erst spät entdeckt. 1998 erschien mein erster Roman „Caruso singt nicht mehr“ beim Kunstmann-Verlag. Bis heute habe ich zehn Romane (einige davon preisgekrönt) und unzählig viele Kurzgeschichten geschrieben, zu lesen auf www.anne-chaplet.de. Auf dieser Seite kann man auch in meinem Tagebuch blättern, das ich fast zehn Jahre lang geführt habe.
Ich teile die Lust am Schreiben und am Lernen mit meinem Alter Ego Cora Stephan, die allerdings etwas ganz anderes schreibt als ich…

Klappentext:
Dalia Sonnenschein arbeit in den Büros der Topmanager Frankfurts – als Putzfrau. Eines Morgens findet sie die Leiche des Bankers Marcus Saitz und putzt in Panik einfach weiter, bis es keine Spuren mehr gibt. Aber Staatsanwältin Karen Stark glaubt sowieso nicht an einen Kriminalfall. Doch dann wird auch ihr Kollege Thomas Czernowitz tot aufgefunden. Eine Mordserie? Jedenfalls gehörten die beiden Toten einem Freundeskreis einflussreicher Frankfurter an. Mussten sie deshalb sterben? Oder wegen einer dramatischen Begebenheit fünfundzwanzig Jahre zuvor?

Meine Meinung:
Dieser Roman setzt eher auf Figuren und die Entwicklung ihrer Beziehungen als auf spannende Ermittlungen. Polizei und Staatsanwaltschaft kommen nicht recht voran und bleiben durchgängig blass. Die Autorin widmet mehr Zeit und Raum auf die Geschichte einer ungewöhnlichen Putzfrau und der Schilderung eines komplexen Vater-Sohn-Konflikts. Große Teile der Geschichte werden aus der Sicht dieser Figuren erzählt und vermitteln ein emotionales Bild. Auf Dauer kann dies aber nicht den ganzen Roman tragen, auch wenn Dalia und Will es sind, die die Ermittlungen vorantreiben. Das Ende kommt abrupt und wirkte auf mich nicht überzeugend.

Fazit:
In diesem Buch spielt der Kriminalfall eher eine Nebenrolle, auch wenn die Schilderung des Beziehungsgeflechts gelungen ist und einen gewissen Reiz ausübt. Deshalb bewerte ich das Buch mit drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten).

Bewertung vom 23.08.2021
Mörderische Côte d´Azur / Kommissar Duval Bd.1 (eBook, ePUB)
Cazon, Christine

Mörderische Côte d´Azur / Kommissar Duval Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Mord auf den Filmfestspielen

Buchmeinung zu Christine Cazon – Mörderische Cote d’Azur

„Mörderische Cote d’Azur“ ist ein Kriminalroman von Christine Cazon, der 2014 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.

Zum Autor:
Christine Cazon, Jahrgang 1962, hat ihr altes Leben in Deutschland gegen ein neues in Südfrankreich getauscht. Sie lebt mit ihrem Mann und Katze Pepita in Cannes, dem Schauplatz ihrer Krimis mit Kommissar Duval.

Klappentext:
Es ist Mai, die Zeit des berühmten Filmfestivals in Cannes, die ganze Stadt vibriert, überall wimmelt es von Fotografen, Journalisten, Filmstars und solchen, die es werden wollen. Und mittendrin wird plötzlich während einer Pressevorführung für seinen neuen Dokumentarfilm der berühmte Regisseur Serge Thibaut ermordet. Kommissar Léon Duval, frisch aus Paris an die Côte d’Azur gezogen, muss seine unausgepackten Umzugskisten stehen lassen und sofort mit den Ermittlungen beginnen. Schließlich kann das Festival keine Negativschlagzeilen gebrauchen. Ein schneller Erfolg muss her. Wer hatte ein Interesse am Tod des Filmemachers, der sich so unermüdlich für die Erhaltung des Regenwalds einsetzte? Und war dieser Serge Thibaut wirklich so ein uneigennütziger Gutmensch? Seine Nachforschungen führen Duval bald in ein scheinbar unentwirrbares Dickicht aus Eitelkeiten, Intrigen und Korruption.

Meine Meinung:
Leon Duval wirkt meist sympathisch und ist auch den schönen Seiten des Lebens nicht abgeneigt. Seine Ehe steckt in einer Krise und er ist von Paris nach Cannes, in die Heimat seiner Vorfahren, geflüchtet. Er mag gute Essen, Chansons von Brassens und schöne Frauen. Sein erster Fall ist spektakulär und er muss sein neues Team kennenlernen und seine Duftmarken bei den wichtigen Leuten der Stadt setzen. Die Autorin packt eine Reihe schwerer Themen in den Roman wie konkurrierende Umweltschutzorganisationen, den Umgang mit indigenen Menschen und das Wegschauen bei erfolgreichen und einflussreichen Menschen. Trotzdem bleibt der Mordfall im Mittelpunkt, auch wenn Leon Duval sich an die neue Region und ihren Lebensrhytmus gewöhnen muss. Der Kommissar versucht permanent hinter die Fassaden der Beteiligten zu schauen und eckt dabei schon mal an. Er wirkt kompetent und verfügt über eine Reihe wichtiger Kontakte. Manchmal übertreibt es die Autorin mit der Freiheitsliebe des Kommissars ein wenig. Nach anfänglichen Störungen klappt es auch mit seinem Team immer besser. Leon ist die einzige Figur, die umfassend charakterisiert wird, die übrigen Figuren werden nur skizziert, bieten aber Raum für Eigenschaften, die ihnen der Leser zuordnet. Der Schreibstil ist angenehm und leicht verdaulich. An einigen Stellen kommt das Mittelmeerflair zum Tragen, aber davon hätte ich mir mehr gewünscht. Die vielen Nebenhandlungen drücken ein wenig auf die Spannung, aber dann steigt die Spannung bis zum Ende permanent.

Fazit:
Insgesamt hat mich dieser Kriminalroman gut unterhalten mit einer interessanten Hauptfigur und dem gelungenen Plot. Gerne bewerte ich das Werk mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung für die Freunde eher ruhiger Romane mit einer komplexen Handlung aus.

Bewertung vom 16.08.2021
Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2
Hancock, Anne Mette

Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2


weniger gut

Dunkles Kopenhagen

Buchmeinung zu Anne Mette Hancock – Narbenherz

„Narbenherz“ ist ein Kriminalroman von Anne Mette Hancock, der 2021 bei Fischer Scherz in der Übersetzung von Friederike Buchinger erschienen ist. Der Titel der dänischen Originalausgabe lautet „Mercedes-Snittet“ und ist 2018 erschienen.

Zum Autor:
Anne Mette Hancock ist ein Star der skandinavischen Krimi-Szene: Ihre Thriller um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und den Kommissar Erik Schäfer sind Platz-1-Bestseller in ihrer Heimat Dänemark und werden in viele europäische Sprachen übersetzt. Für die Romane wurde die Autorin mehrfach ausgezeichnet. Anne Mette Hancock studierte Geschichte und Journalismus in Roskilde und arbeitete als freie Journalistin für Tageszeitungen und Magazine. Sie stammt aus Gråsten an der dänischen Ostseeküste, lebte in Frankreich und den USA und wohnt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Kopenhagen.

Klappentext:
Kopenhagen: Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan hat gerade eine Recherche zu traumatisierten Soldaten begonnen, als sie eine persönliche Entscheidung treffen muss über Leben und Zukunft. Noch bevor sie irgendetwas tun kann, erfährt sie vom Verschwinden eines zehnjährigen Jungen. Vor Ort trifft Heloise ihren guten Freund Kommissar Erik Schäfer, der in dem Fall ermittelt. Die Spuren zu dem Jungen sind verwirrend, nichts passt zusammen. Heloise versucht, Erik Schäfer zu helfen, das entscheidende Muster zu erkennen. Und begegnet ihren innersten Dämonen.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mich in vielen Punkten irritiert. Bisher war für mich Amerika das Land mit den vielen traumatisierten Personen, aber auch in Dänemark scheint es viele davon zu gegen. Sie waren in Krisengebieten im Einsatz und haben derart Schreckliches gesehen, dass sie damit nicht mehr klarkommen. Auch Heloise Kaldan, eine der beiden Hauptfiguren, wirkt schwer angeschlagen. Die zweite Hauptfigur ist Kommissar und Exsoldat Erik Schäfer, der kompetent und sympathisch wirkt. Es ist ein Buch, bei dem man kaum positive Dinge wahrnehmen kann. Heloise ist sehr gut mit Erik befreundet und doch schreckt sie nicht vor einem Vertrauensbruch zurück. Heloise Kaldan wirkte auf mich mehr und mehr unsympathisch. Private Probleme standen bei ihr im Vordergrund.
Erik Schäfer hat seine Wertvorstellungen und auch seine Vorurteile, aber der Job steht bei ihm klar im Vordergrund. Die Autorin streut eine Reihe falscher Spuren und dennoch empfand ich die Geschichte wenig spannend. Zudem war es mir einfach zu dunkel und zu sehr von traumatisierten Menschen getrieben. Hinzu kommt die geringe Beteiligung der Journalistin an der Auflösung.

Fazit:
Für mich war dieses Buch schlicht zu dunkel und eine Enttäuschung. Deshalb bewerte ich das Buch mit zwei von fünf Sternen (50 von 100 Punkten).

Bewertung vom 16.08.2021
Unbarmherziges Land
Offutt, Chris

Unbarmherziges Land


ausgezeichnet

Ein Meisterwerk in wenigen Worten

Buchmeinung zu Chris Offutt – Unbarmherziges Land

„Unbarmherziges Land“ ist ein Kriminalroman von Chris Offutt, der 2021 bei Tropen in der Übersetzung von Anke Caroline Burger erschienen ist. Der Titel der amerikanischen Originalausgabe lautet „The Killing Hills“ und ist 2021 erschienen.

Zum Autor:
Chris Offutt, geboren 1958, ist Autor mehrerer Romane, für die er mit dem Whiting Writers Award und dem American Academy of Arts and Letters Fiction Award ausgezeichnet wurde. Zuletzt erhielt er 2019 für Country Dark den französischen Prix Mystère de la Critique. Er lebt im ländlichen Lafayette County in der Nähe von Oxford, Mississippi.

Klappentext:
Mick Hardin, Ermittler für das CID der US-Army, ist auf Heimaturlaub. Seine Frau ist hochschwanger, doch sie reden nicht miteinander. Seine Schwester Linda, erst kürzlich zum ersten weiblichen Sheriff von Rowan County aufgestiegen, steht vor ihrem ersten Mordfall, den ihr die lokalen Politiker am liebsten wegnehmen würden. Der übliche Chauvinismus oder geht es um mehr? Mit ihrem Bruder Mick macht sich Linda an die Lösung des Falls, denn sie weiß, dass unter der schönen und rauen Hügellandschaft Kentuckys die Gewalt brodelt und die offizielle Justiz keinen guten Stand hat. Bleibt nur die Frage, was tödlicher ist: die Menschen oder die Unbarmherzigkeit der Natur.

Meine Meinung:
Schon der Einstieg zeigt die Naturverbundenheit, aber auch die Einstellung der Menschen, sich vorwiegend nur auf sich zu verlassen. Dann der erste Auftritt der Hauptfigur Mick Hardin, der sich in eine abgelegene Hütte zurückgezogen hat, um sich sinnlos zu betrinken. Er arbeitet als Militärpolizist, der sich um Mordfälle weltweit in der US-Armee kümmert. Er hat Heimaturlaub, um seiner Frau bei der Geburt des ersten Kindes beizustehen. Mit wenigen Worten schafft der Autor eine nahezu vollständige Beschreibung der Situation. Es passt zur Mentalität der Bewohner dieses Landstreifens. Man redet nicht viel und so vermeidet auch der Autor überflüssige Worte. Auch die meisten Figuren werden nur kurz skizziert und doch wirkt die Beschreibung vollständig. Als seine Schwester, Sheriff der Region, ihn um Unterstützung im Mordfall bietet, beginnt Mick Hardin zu ermitteln. Er ist naturverbunden und er weiß, wie die Menschen hier denken und handeln. Man löst seine Probleme ohne die Obrigkeit und Blutrache ist ein Thema. Mick handelt überlegt und seine Maxime ist es, weiteren Schaden zu vermeiden. Das bestimmt sein ganzes Handeln und er versucht auf die Betroffenen in diese Richtung einzuwirken. Er wirkt sehr kompetent und das in vielerlei Hinsicht. Beeindruckt hat mich sein moralischer Kompass, der ihn sehr sympathisch wirken lässt. So hat er am Ende alles aufgelöst und doch das Gefühl, total versagt zu haben.
Der Schreibstil ist besonders. Fast trocken beschreibt der Autor die Natur, die Gedanken und das Handeln der Menschen. Fast ausschließlich wird die Geschichte aus der Sicht von Mick Hardin geschildert. Fallrelevantes und Persönliches wechseln sich ab, Actionszenen sind selten und sind sehr dezent beschrieben. Der Fokus liegt auf der komplexen Hauptfigur. Manchmal gönnt der Autor sich eine Prise staubtrockenen Humors.

Fazit:
Mich hat dieses Werk begeistert und die Hauptfigur Mick Hardin ist der Hammer. Sein moralischer Kompass bestimmt sein Handeln und es ist überaus spannend, der Umsetzung zu folgen. Man gewinnt am Ende den Eindruck, kein unnötiges Wort gelesen zu haben. Deshalb bewerte ich das Buch mit der Höchstnote fünf von fünf Sternen (100 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus. Es lohnt sich.

Bewertung vom 12.08.2021
Keine Ruhe in Montana
Burke, James Lee

Keine Ruhe in Montana


ausgezeichnet

Komplexe Handlung, herausragende Figurenzeichnung und viel Gewalt

Buchmeinung zu James Lee Burke – Keine Ruhe in Montana

„Keine Ruhe in Montana“ ist ein Kriminalroman von James Lee Burke, der 2021 bei Pendragon in der Übersetzung von Bernd Gockel erschienen ist. Der Titel der englischen Originalausgabe lautet „Swan Peak“ und ist 2009 erschienen.

Zum Autor:
James Lee Burke, 1936 in Louisiana geboren, wurde bereits Ende der Sechzigerjahre von der Literaturkritik als neue Stimme aus dem Süden gefeiert. Nach drei erfolgreichen Romanen wandte er sich Mitte der Achtzigerjahre dem Kriminalroman zu, in dem er die unvergleichliche Atmosphäre von New Orleans mit packenden Storys verband. Burke wurde als einer von wenigen Autoren zweimal mit dem Edgar-Allan-Poe-Preis für den besten Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet. 2015 erhielt er für Regengötter den Deutschen Krimi Preis. Er lebt in Missoula, Montana.

Klappentext:
Nach dem erschütternden Hurrikan Katrina braucht Detective Dave Robicheaux eine Auszeit. Gemeinsam mit seiner Frau Molly und seinem besten Freund Clete will er sich auf einer Ranch in Montana beim Fischen erholen. Doch die vermeintliche Idylle wird schnell durchbrochen, als zwei Studenten brutal ermordet und bei der Ranch aufgefunden werden. Robicheaux wird unmittelbar in den Fall hineingezogen, in die Machtspiele derer, die in Montana den Ton angeben. Clete hat währenddessen allerhand eigene Probleme und wird schon bald von seiner kriminellen Vergangenheit heimgesucht.

Meine Meinung:
Dave Robicheaux steht weniger im Mittelpunkt als gewohnt. Zwar werden große Teile des Buches aus seiner Sicht geschildert, aber sein Freund Clete ist lange Zeit der aktivere Ermittler. Die Erzählperspektive wird munter gewechselt, die Sprache ist rau wie die Gegend und Gewalt gibt es in großen Portionen. Sympathische Figuren sind dünn gesät, selbst Clete mag sich selber nicht. Die Handlung ist gewohnt komplex gestaltet und dennoch gelingt es dem Autor, die diversen Handlungsstränge am Ende gekonnt zusammen zu führen. Zudem glänzt Burke mit wunderschönen Naturbeschreibungen, die im krassen Gegensatz zur Handlung stehen. Viele Figuren sind vielschichtig gezeichnet und bieten Raum für Überraschungen. Das FBI spielt eher die Rolle eines Störenfrieds als durch solide Ermittlungsarbeit zu überzeugen. Sehr gut gefallen haben mir die Figuren des psychopathisch angehauchten Gefängnisbesitzers und seiner friedvoll gestimmten Lebensgefährtin. Dazu gibt es üble und einflussreiche Missetäter, die vor keiner Schandtat zurückschrecken. Der Autor hebt die Vorzüge des alten Amerikas mehrmals hervor und beschreibt den aktuellen Wandel, der durch wirtschaftlichen Niedergang und Zerstörung der Natur und gewachsener Strukturen geprägt ist. Es ist ein dunkles Amerika, aber mit Typen wie Dave Robicheaux besteht Hoffnung.

Fazit:
Handlung und Figurenzeichnung sind vom Feinsten, die Sprache ist ungewohnt rau und die Gewalt ist allgegenwärtig. Mir hat es ausgezeichnet gefallen und deshalb vergebe ich fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten), auch wenn es sicherlich nicht der beste Band der Reihe ist. Dazu gibt es eine Leseempfehlung für alle, die mit den expliziten Gewaltdarstellungen kein Problem haben.