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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2020
Bierbrauerblues
Keferböck, Natascha

Bierbrauerblues


sehr gut

Die Hochzeitsnacht der Rieglers fällt etwas ungewöhnlich aus. Max Riegler schaut mit seinen Trinkkumpanen ein Fußballspiel und die frustrierte Marie lässt sich von Revierinspektor Aigner entführen und landet in einem Boxspringbett im Schaufenster des Möbelhauses Eidenbichler. Blöd nur, dass beide verschlafen und als morgens die Jalousien hochgehen, wird das ganze Dorf Zeuge dieser pikanten Situation.

Drei Tage später ist der Riegler tot, ertränkt im Gärbottich seines eigenen Brauhauses. Riegler war im Dorf alles andere als beliebt, Mordverdächtige gäbe es zuhauf, aber keiner hat ein so starkes Motiv wie die frischgebackene Witwe. Trotz seiner eigenen Verwicklung in den Fall, lässt es sich Raphael nicht nehmen mit dem herbeigezogenen LKA Kollegen Buchinger zu ermitteln. Obwohl „Raphi“ wirklich kein Kostverächter ist, liegt ihm eine ganze Menge an Marie und er ist fest von ihrer Unschuld überzeugt, obwohl die Indizien eine andere Sprache sprechen.

Ein Dorf im Salzburger Land, bevölkert mit jeder Menge kauziger Individuen, die alles andere als offen mit der Polizei umgehen. Das bekommt Buchinger, aber auch der einheimische Aigner zu spüren. Zudem macht der Spott nach diesem Eklat – ein Handyfilmchen hat sich längst verselbstständigt – Aigner schwer zu schaffen.

Dem Leser verschafft das aber jede Menge Lesevergnügen. Hier sind die Gags vorprogrammiert und die witzigen, oft im Dialekt gehaltenen Dialoge machen richtig Spaß. Es ist ein Krimidebüt, aber das Timing hat Natascha Keferböck bestens gemeistert. Die Handlung ist temporeich und voller überraschender Wendungen. Auch wenn in der Geschichte Witz und Ironie einen großen Anteil haben, bleibt die Spannung dabei nicht auf der Strecke.

Marie, die Hauptverdächtige ist ein vielschichtiger, undurchschaubarer Charakter, aber als Leserin war ich, genau wie Raphi von ihrer Unschuld überzeugt. Raphael Aigner, der gutaussehende Womanizer mit Vaterqualitäten hat viel Potential und ich bin gespannt, wie er sich weiter entwickeln wird. Die Nebenfiguren sind liebevoll angelegt und sorgen meist für die witzigen Situationen in der Geschichte. Ganz besonders die Frauenfiguren sind der Autorin gut gelungen, ob es nun Gabi, Aigners Schwester oder die resolute Erni ist.

Ich fände es schön, wenn es noch weitere Flachgauer Krimis aus der Feder Autorin gäbe. Auf alle Fälle passen sie gut ins Portfolio des Emons Verlags.

Bewertung vom 24.10.2020
Lotte mischt mit
Heimann, Klaus

Lotte mischt mit


gut

Sigi Siebert, ein Essener Kriminalkommissar gönnt sich mit seiner Frau Lotte eine Urlaubswoche in Werder an der Havel. Fahrradtouren, Sightseeing und natürlich Treffen mit der Tochter, die in Berlin Kunstgeschichte studiert, stehen auf dem Plan. Sigi möchte schließlich wissen, wie seine Tochter sich macht, wenn er schon für das Studium löhnen muss. Gleich am ersten Abend machen die Sieberts die Bekanntschaft mit einem anderen Urlauberpaar, auch aus Essen, wie der Zufall es will. Die Frauen verstehen sich ganz prächtig und so werden gleich gemeinsame Aktivitäten geplant.

Doch dazu kommt es nicht, am nächsten Tag sind die Sieberts unterwegs, als sie in einer Villengegend Schüsse hören und Lotte beobachtete eine schwarz gekleidete Person, die an einer Villa geklingelt hat, genau das Haus, in dem Siebert nach den Schüssen zwei tote Frauen entdeckte. Die Potsdamer Kripo ermittelt und Lotte ist sich – fast – sicher, in der Person ihre Urlaubsbekanntschaft erkannt zu haben.

Als die Spuren nach Essen weisen, wird auch Sieberts Dienststelle mit einbezogen.

Der Krimi gefiel mir ganz gut, ein spannender Plot mit einem gut dargestellten Hintergrund, der in die deutsch-deutsche Vergangenheit führt. Allerdings kam ich mit einem Kunstgriff des Autors nicht ganz zurecht.

Der Roman ist als rückblickende Erinnerung angelegt. Sigi, inzwischen längst Pensionär, trifft sich gelegentlich mit Freund Ecki in einer typischen Ruhrpott-Eckkneipe. Da wird bei Pilsken und Samtkragen über die Vergangenheit schwadroniert und Sigi erzählt von seinen Fällen. Nun auch vom Werder-Fall. Immer wieder wird der Handlungsstrang Krimi unterbrochen und ein Zwischenspiel in der Kneipe folgt, wo die Striche auf dem Deckel immer mehr werden und Eckis Fragen die Erinnerung von Sigi beflügelt. Diese Zwischenspiele nahmen mir viel von der Spannung und vom Tempo des eigentlichen Falls.

Bei den Ermittlungen in Essen arbeitete Sigi auch mit einer tüchtigen Kollegin zusammen, die wegen ihrer roten Haare und kleiner Statur von allen im Team „Möhrchen“ genannt wird. Ein netter Spitzname. Aber dass Sigi von ihr meist als der „kleinen Roten“ spricht, störte mich. Da wird eine weibliche Kollegin mehr oder weniger unterschwellig als nicht ganz vollwertig angesehen. Dass „Möhrchen“ auch ständig mit der Kaffeekanne bereit steht, passt dann auch ins Klischee.

Die Auflösung des Falles hat mir gut gefallen, auch die Ermittlungsarbeit mit der oft mühevollen Kleinarbeit ist interessant erzählt und zeigt den Polizeialltag. Ebenfalls gut gemacht waren die Kapitel, die in die Vergangenheit führten und eine Ahnung von Motiv und Täter vermitteln.

Ein solider Krimi, der Ruhrpott- und Havelland-Atmosphäre gut unter einen Hut bringt.

Bewertung vom 22.10.2020
Dunkle Wolken über Alberta / DreadfulWater ermittelt Bd.1
King, Thomas

Dunkle Wolken über Alberta / DreadfulWater ermittelt Bd.1


sehr gut

Thumps Dreadful Water war in einem früheren Leben mal Polizist in Kalifornien. Er hat zu viel erlebt und sein letzter Fall hat ihn persönlich getroffen. Nun lebt er als Landschaftsfotograf in der Kleinstadt Chinook in Montana. Er ist wortkarg, genervt von seinem kürzlich diagnostizierten Diabetes und noch genervter vom Sheriff, der ihn unbedingt als Urlaubsvertretung anheuern möchte. Das Geld könnte er ganz gut gebrauchen, schließlich kommen reichlich Arztkosten und Medikamente auf ihn zu. Wie der Apotheker feststellte, als Kanadier bekäme er das meiste erstattet – aber als Amerikaner muss er schauen, wie er zurechtkommt.

Ganz gegen seinen Willen wird er tiefer in den aktuellen Fall gezogen. Stammesangelegenheiten sind Verpflichtungen, denen sich der indigene Ex-Cop nicht entziehen kann. Es geht um Reservatsgrenzen, Bodenschätze und das zieht immer auch das organisierte Verbrechen an. Als ein Wissenschaftler, der auf einer Umweltkonferenz sprechen wollte ermordet wird, ist Dreadful Water mitten drin.

Ein desillusionierter Mann, nicht mehr sehr jung und gesund, aber mit sehr viel Lebenserfahrung. Ein sympathischer Typ, meist wortkarg und wenn er redet, dann lakonisch und bissig. Der Autor, selbst indigener Amerikaner hat einen interessanten Charakter geschaffen. Er passt zu dieser Landschaft, genau wie Motiv und alle Nebenfiguren. Das macht den Krimi sehr lebendig und den Plot ausgesprochen realistisch und spannend. Dafür, dass Thumbs nicht ermitteln wollte, ist sehr engagiert und oft Sheriff Hockney einen Schritt voraus.

Die Erzählweise ist genauso lakonisch, wie Thumbs Dialoge, dabei mit leisem Humor und oft feiner Ironie. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Lediglich über den Titel und Untertitel wundere ich mich. Alberta, die kanadische Provinz spielt keine Rolle, die Handlung spielt in Montana, warum wird es als Kanada Krimi betitelt? Ist das dem diesjährigen Buchmessen-Gastland geschuldet?

Bewertung vom 20.10.2020
Malvita
Diwiak, Irene

Malvita


weniger gut

Seit ihre beste Freundin sie mit ihrem Freund betrogen hat, lässt Christina sich treiben. Der Verrat schmerzt sehr. Da kommt es grade recht, dass sie auf der Hochzeit ihrer italienischen Cousine Marietta in Malvita fotografieren soll. Die vorgesehene Fotografin ist wenige Tage vor der Hochzeit spurlos verschwunden. Christina hat ihre Verwandten noch nie gesehen, auch der Kontakt der Mutter zu ihrer Schwester scheint nur sehr sporadisch zu sein, sie weiß nur, dass Tante Ada in eine sehr vermögende Familie eingeheiratet hat.
Malvita ist ein ausgestorbener Ort, seit die Lederwarenfabrik geschlossen wurde und es keine Arbeit mehr gab, sind die meisten Bewohner weggezogen. Nur als Bedienstete in der riesigen Villa der Espositos gibt es noch Arbeit. Ein seltsames, labyrinthisch verschachteltes Haus wartet auf Christina. Nicht minder seltsam ist die Familie, ihre Cousinen Marietta und Elena sind auf ausgesprochen schön, aber auch eigenartig, genau wie der Sohn Jordie. Die Hochzeitsplanerin Angelina flößt ihr Angst ein. Ihr wird als Übersetzer Nino zur Seite gestellt, aber sie hat eher das Gefühl, dass er sie überwacht. Doch dann stolpert Christina über die Leiche der eigentlichen Fotografin.
Der Roman beginnt sehr leise mit einer Zugfahrt durch eine sommerlich-heitere Landschaft doch kaum angekommen, beginnt sich ein diffuses Gefühl der Bedrohung einzuschleichen. Das ist sehr subtil erzählt und die Atmosphäre steigert die Spannung. Die Frauen der Familie scheinen das Kommando zu führen, weder Onkel und Bräutigam treten besonders in Erscheinung und wenn wirken sie blass und gequält. Aber Christina und mit ihr die Leser spüren ein kommendes Unheil, je näher man die Akteurinnen kennenlernt.
Anfangs fand ich die Geschichte interessant und hatte an den subtilen Zwischentönen sehr viel Spaß, aber der Roman driftet immer mehr in einen absurden Geschlechterkampf. Die Protagonistin Christina bleibt die ganze Zeit blass und indifferent. Wenn sie agiert, dann immer nur zufällig. Mutter und Töchter Esposito sind überfrachtete Charaktere, deren psychologisches Profil mich nicht überzeugen konnte. Höhepunkt und Ende der Geschichte haben mich dann völlig unzufrieden und frustriert zurückgelassen.

Bewertung vom 15.10.2020
Isola Mortale / Simon Strasser Bd.2 (eBook, ePUB)
Conti, Giulia

Isola Mortale / Simon Strasser Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Simon Strasser, ein ehemaliger Polizeireporter, lebt seit einigen Jahren im Piemont, am Lago d’Orta. Dort hat er in dem kleinen Örtchen Ronco ein altes Steinhaus, direkt am Seeufer zu seinem Domizil gemacht. Strasser fühlt sich in der Heimat seiner Mutter richtig angekommen und dass er schon ein-zweimal in Kriminalfälle verwickelt war, lässt gar keine Langeweile aufkommen.

Als nach einem der ersten Winterstürme ein kleines Ruderboot mit einer Leiche angespült wird, ist schnell klar dass die Nonne keinem Unfall zum Opfer fiel. Die junge Frau war als Novizin in das Kloster Isola San Giulia gekommen, um nach Spuren an dem Ort zu suchen, an dem ihre Mutter vor Jahren verschwand. Kurz danach wird aus dem See ein altes Autowrack mit zwei Leichen geborgen und es scheint, als ob die Novizin mit ihrer Suche jemandem zu nahe gekommen ist.

Simon Strasser wollte ich Vorweihnachtszeit eigentlich mit seiner Freundin verbringen, die aus Frankfurt angereist ist, aber der Fall lässt ihm keine Ruhe.

Dieser kleiner oberitalienische See ist noch nicht von Touristen überlaufen und damit auch noch ein recht unbekannter Ort für einen typischen Landschaftskrimi. Strasser ist zwar Privatmann, hat aber einen guten Draht zur örtlichen Polizei. Vor allem zu Maresciallo Carla Moretti, die er schon einige Male unterstützen konnte. So wird er wieder in die Ermittlungen einbezogen.

Der Krimi pendelt zwischen Ermittlungen, schönen Beschreibungen des Sees und der Umgebung und turbulentem Privatleben. Dazwischen wird gekocht und getafelt und bei den unvermeidlichen Espressi gefachsimpelt. Die Mischung ist ausgewogen und das Buch liest sich wirklich sehr unterhaltsam. Im Aufbau und mit dem Plot reiht es sich in die große Menge dieses beliebten Krimi-Genres ein. Ich habe es jetzt nicht als ausgesprochen spannend empfunden, zu schnell ahnte ich, in welche Richtung sich der Plot entwickeln wird, trotzdem war es ein angenehm kurzweilig und lebendig geschriebener Krimi.

Ein bisschen Italien-Feeling in einer Zeit voller Reisebeschränkungen, genau was ich mir erhofft habe.

Bewertung vom 14.10.2020
Waidmannsruh
Bleyer, Alexandra

Waidmannsruh


ausgezeichnet

Ein kapitaler Einserhirsch sorgt im Mölltaler Revier von Aufsichtsjäger Flattacher für Aufregung. Vinzenz Hinteregger hatte ihn schon vor der Büchse, da kommt ihm ein Jäger zuvor, der ganz unwaidmännisch den Hirsch aus dem Auto heraus erlegte. Aber wozu gibt es Handys, die wunderbar alles filmisch dokumentieren. Mit diesem Filmchen wird er Walter vor der Jägerschaft bloßstellen. Nur schlecht, dass Walter kurz danach ums Leben kommt und Vinzenz in Verdacht gerät.

Sepp Flattacher, nie ein diplomatisches Genie, fällt das Schlichten schwer, dafür läuft er beim Ermitteln zur Hochform auf. Für Martin Schober, dem örtlichen Postenkommandanten und sein Team, sind Sepps Einmischungen schon immer eine Heimsuchung gewesen, auch wenn er zugeben muss, dass Sepp schon mal den richtigen Riecher hat.

Das Mölltal und seine Jägerschaft sind ein idealer Hintergrund für die Kärntner Krimis von Alexandra Bleyer. Die urigen Typen, allen voran natürlich Sepp, bieten idealen Stoff für urkomische Szenen und Dialoge. Die sind übrigens oft im Kärntner Dialekt und dankenswerter Weise in einem sehr ausführlichen Glossar erläutert. Da komme ich schon manchmal in Versuchung ein paar Ausdrücke in meinen Wortschatz aufzunehmen ;-) Ihre Plots denkt sich die Autorin mit einem Augenzwinkern aus, spart dabei aber nie mit richtigen spannenden Krimiszenen. So hält sich der Humor mit dem Spannungsbogen gut die Waage und das macht für mich auch den Reiz dieser Krimiserie aus dem Emons Verlag aus.

Auch wenn Sepp Flattacher schon einige Male ermitteln durfte, bleibt jeder Fall in sich abgeschlossen und setzt keine Kenntnis der vorherigen Bände voraus. Aber besonderes Vergnügen macht es schon, wenn man die Ursachen der Kabbeleien zwischen Sepp und Piefke Heinrich kennt oder Sepps Reaktionen auf Jagdobfrau Irmi. Aber das kann man ja nachholen.

Für mich sind Alexandra Bleyers Krimis immer Lesespaß erster Güte und ich freue mich über jedes neue Abenteuer für Aufsichtsjäger Sepp.

Bewertung vom 14.10.2020
Love & Bullets
Kolakowski, Nick

Love & Bullets


gut

Fiona und Bill – die zwei haben sich gefunden wie Bonnie und Clyde. Sie ergänzen sich prächtig und Fiona sagt, wo‘ s lang geht. Dass das krumme Geschäfte sind, ist klar und sie hätten eigentlich davon ganz gut leben können, auch wenn Bill schon sehr auf Luxus steht, wenn er nicht seinen Boss um ziemlich viel Kohle erleichtert hätte. Was nicht gut ankam, jetzt haben Bill und Fiona jede Menge Ärger am Hals und sie müssen fliehen. Quer durch die Vereinigten Staaten bis in die Karibik. Ein aberwitziger Roadtrip!

Hier fliegen die Dialoge genau wie die Patronen und Gags sind explosiv wie Granatenwerfer und Raketen. Von allem gibt es reichlich in diesem als Thriller bezeichneten Ganovenstück Es ist immer wieder witzig, wie sich das Pärchen auch aus den ausweglos erscheinenden Situationen befreit und immer noch eins draufsetzen.
Es ist sehr unterhaltsam, stellenweise auch sehr spannend, aber ich fand, das konnte der Autor nicht ganz durchhalten. Ich musste mich einige Male schon motivieren weiterzulesen. Vielleicht liegt es daran, dass der Verlag die drei Bände des amerikanischen Originals in einem Buch zusammengefasst hat. Da war die Dosis für mich etwas hoch.

Der flotte und flapsige Erzählton verstärkt den Eindruck von Tempo in der Geschichte noch und mildert gleichzeitig das harte und blutige Geschehen ab. Ein Thriller der etwas anderen Art.

Bewertung vom 13.10.2020
Ringelpietz mit Abmurksen
Minck, Lotte

Ringelpietz mit Abmurksen


ausgezeichnet

Loretta ist schon viel zu lange Single. Das ist jedenfalls die Meinung ihrer Freunde. So bekommt sie nicht nur einen Gutschein für drei Speed Datings, sondern sie lässt sich auch noch bereden, sich in einem Single Portal anzumelden. Nach einem feucht-fröhlichen Abend mit Freundin Diana ist gleich ein ansprechendes Profil erstellt und die ersten Mitteilungen lassen auch nicht lange auf sich warten.

Aber bis auf die Nachrichten von „Robin Hood“ ist ziemlich alles Schrott, was sich da tummelt. Auch beim Speed Dating scheint es nur einen einigermaßen ansehnlichen Typ zu geben, doch der ist beim zweiten Treffen leider tot. Und Loretta muss wieder ermitteln.

Loretta Luchs, ihre Clique und ihr Ruhrpott-Örtchen ist ein ganz eigener Kosmos, in dem ich schon seit den ersten Bänden heimisch geworden bin. Es gibt sogar ein ganz eigenes Genre für ihre Abenteuer, die „Krimödie“ nämlich. Ein Krimi, denn Loretta hat eine ganz besondere Spürnase, das muss auch die Intimfeindin Kommissarin Küppers zugeben und Komödie, denn es ist unglaublich, in welche Situationen sie immer gerät. Dieses Mal wird in der rosaroten Welt der Partnerportale, Speed Datings und Singlepartys ermittelt und es ist nicht nur für Loretta sehr erhellend, was sich dahinter alles verbergen kann.

Im Ernst, sollte ich je in die Lage kommen, mich dort einmal umzuschauen, werden mir Lorettas Erfahrungen eine große Hilfe sein.

Lotte Minck beherrscht ihr Handwerk aus dem Eff Eff. Sie erkennt die Absurdität in manchen Alltagssituationen und mit leichter Zuspitzung werden urkomische Szenen daraus. Außerdem hat sie ein Händchen für ihre Figuren. Immer wieder gelingen ihr wunderbare Charaktere, von denen man mehr lesen möchte. Kurz – ein gelungenes Krimivergnügen.

Bewertung vom 12.10.2020
Schwarzrock
Moore, Brian

Schwarzrock


ausgezeichnet

Bereits 1987 erschien Brian Moores (1921-1999) Roman „Schwarzrock“ zum ersten Mal in deutscher Sprache. Dieses Jahr hat der Diogenes Verlag das Buch mit einem Nachwort von Julian Barnes neu aufgelegt.

Moore beschreibt die gefahrvolle Reise eines französischen Jesuitenpaters im frühen 17 Jahrhundert in den Norden zu den großen Seen. In einer abgelegenen Missionsstation soll er den Patres zur Hilfe kommen oder sie ihm schlimmsten Fall ersetzen. Pater Laforgue ist ein eifriger Diener Gottes, er träumte schon früh vom christlichen Helden- und Märtyrertum. Zusammen mit einem jungen Franzosen, der die Sprache der Stämme der Algonkin, Huronen und Irokesen spricht und einigen Algonkin Indianern, die ihn mit ihren Kanus zu seinem Ziel bringen sollen, bricht er zu Beginn des Winters auf. Die Reise ist strapaziös und gefährlich. Er wird mit Krankheit, Verrat, Lügen und Tod konfrontiert.

Brian Moore hat für seinen Roman aus dem Bericht des amerikanischen Historikers Francis Parkman „The Jesuits in North America in the Seventeenth Century“ geschöpft. Die Briefe der französischen Jesuiten und ihre Aufzeichnungen sind frühe Dokumente über die Ureinwohner Nordamerikas. Das verleiht dem Buch auch Authentizität und räumt auf mit dem Klischee der Wild West Romantik. Pater Laforgue ekelt sich vor dem Schmutz, dem Gestank der ungewaschenen Leiber, der zügellosen Sexualität und der unflätigen Sprache der „Wilden“. Aber das beflügelt ihn auch zu seiner Aufgabe, zu missionieren, zu bekehren und Seelen zu retten.
Die Konfrontation der Kulturen ist voller Konflikte. Die eingeborenen Indianerstämme verachten die Weißen und ganz besonders die „Schwarzröcke“ genannten Missionare. Sie machen sich über sie lustig, halten ihre religiösen Bräuche für faulen Zauber und betrügen sie, wo sie ihren Vorteil sehen.

Moore schildert diese Begebenheiten völlig wertfrei, aber ich hatte immer das Gefühl, dass zwischen den Zeilen seine Sympathie, zumindest sein Verständnis auf den Seiten der indianischen Stämme ist. Auch Laforgue wird am Ziel seiner Reise einen anderen Blick bekommen und zweifeln, aber seine Aufgabe annehmen.

Der Roman hat in vielen Passagen etwas Abenteuerliches, aber nichts von einer falschen Romantik des „edlen Wilden“. Es ist auch Blick auf eine Kultur, die von der ersten Begegnung an mit den weißen Pelzhändlern und Missionaren zum Untergang verurteilt wurde. Es lohnt sich diesen Roman wieder zu entdecken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2020
Stille Nacht in der Provence (eBook, ePUB)
Rademacher, Cay

Stille Nacht in der Provence (eBook, ePUB)


sehr gut

Mit der Ehe von Andreas und Nicola Kantor steht es im Augenblick nicht zum Besten. Da kommt das Angebot eines Kollegen von Andreas gerade recht. Der besitzt ein Ferienhaus in einem abgelegenen Bergdorf in der Provence, genau das richtige für romantische Weihnachtsfeiertage um wieder zu einem harmonischen Zusammenleben zu finden.

Miramas-le-Vieux ist ein typisch provenzalisches Dorf, fast alle Häuser sind zu Feriendomizilen umgebaut. Im Sommer wird das Leben dort pulsieren, aber nun, einige Tage vor Weihnachten, wirkt es wie ausgestorben. Einheimische sind kaum zu sehen und die meisten Läden und Restaurants geschlossen. Dann kommt zu den eisigen Temperaturen noch ein heftiger Schneefall. Als Andreas früh aus dem Haus tritt, sieht er, dass der Schnee die Decke eines alten Kellers zum Einsturz brachte und zwischen den Steinbrocken sieht er einen Sarg. Nicht taufrisch, aber auch noch nicht so alt, dass es sich um einen historischen Fund handeln könnte. Auch die Überreste im Sarg scheinen noch sehr alt zu sein. Auf der Suche nach Hilfe stößt er im Ort auf Schweigen, niemand öffnet die Tür und als er später zu seinem Haus zurückkommt, ist der Sarg verschwunden. Nur Autospuren zeigen, dass er nicht geträumt hat.

Der Einzige, der ihm Glauben schenken will, ist ein strafversetzter, dem Alkohol zugeneigter Flic. Da der Schneefall das mittelalterliche Dorf von der Außenwelt abgeschnitten hat, beginnen Nicola und Andreas mit ihrer eigenen Recherche und statt des lähmenden Schweigens zwischen den beiden, gibt es nur endlich wieder Gespräche und Nähe.

Eine winterlich-weihnachtliche Geschichte vom Bestseller Autor Cay Rademacher, die zwar nicht in romantisch-verklärte Weihnachtsstimmung versetzt, aber spannend und ein wenig geheimnisvoll zugleich ist. Der Weihnachtskrimi ist kein umfangreiches Buch und auch nicht mit seinen Provence-Krimis zu vergleichen, aber vom Setting und von der Atmosphäre her gelungen und mir viel Vergnügen gemacht. Was frostig verhalten beginnt, nimmt bis zum Schluss noch gehörig Fahrt auf und löst sich sehr überraschend auf.

Ein gelungener, kleiner Krimi zum Fest.