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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1368 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2022
Die wundervolle Miss Winthrop
Miller, Carolyn

Die wundervolle Miss Winthrop


sehr gut

Stolz ist sein eigner Spiegel, seine eigne Trompete, seine eigne Chronik. (Shakespeare)
1816 England. Catherine Winthrops Leben ändert sich schlagartig, als ihr spielsüchtiger Vater Lord Winthrop stirbt. Mit ihrer verbitterten Mutter Elvira muss sie aus dem herrschaftlichen Anwesen in ein renovierungsbedürftiges Landhaus ziehen. Doch noch schlimmer allerdings wiegt die Tatsache, dass der neue Lord auf Winthrop Manor mit Jonathan Carlew der Mann ist, der Catherine einst hat sitzenlassen. Obwohl Catherine alles daran setzt, Jonathan bloß nicht über den Weg zu laufen, begegnen sich die beiden trotzdem. Erst nach und nach kommen sich die beiden wieder näher und endlich kommt auch heraus, was sie beide damals getrennt hat...

Carolyn Miller hat mit „Die wundervolle Miss Winthrop“ den vierten Teil ihrer Regency-Reihe vorgelegt, der wie seine Vorgänger erneut mit einer romantischen Liebesgeschichte zu überzeugen weiß. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert ein, um das Schicksal von Catherine hautnah mitzuerleben. Der Tod des Vaters beendet Catherines wohlbehütetes Leben, denn der Titel geht an einen entfernten Verwandten und Catherine muss mit ihrer Mutter das geliebte Zuhause verlassen, um nun in einem heruntergekommenen Landhaus heimisch zu werden. Der neue Erbe ist für Catherine kein Unbekannter, sondern ihre bisher größte Enttäuschung. Das Missverständnis zwischen den beiden bleibt dem Leser lange verborgen, denn die Autorin versteht es wunderbar, hier die Spannung hochzuhalten und zu allerlei Spekulationen zu animieren. Die damaligen Lebensumstände, aber auch die gesellschaftlichen Unterschiede sowie die zeitgemäße Etikette werden wunderbar in die Handlung mit eingeflochten, so dass der Leser das Gefühl hat, die alte Zeit und die Menschen genau vor Augen zu haben. Catherine durchlebt zwar eine harte Zeit, vor allem, da ihre Mutter äußerst schwierig ist, doch ist Freundin Lavinia ihr eine große Stütze und willkommene Abwechslung. Der christliche Glaube wurde unaufdringlich mit der Geschichte verbunden, Themen wie Hoffnung und Gottvertrauen begleiten die Protagonisten auf ihren Wegen, aber auch bei der Lösung des Missverständnisses zwischen Catherine und Jonathan.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren Eigenschaften wirken sie glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser gern ihren Spuren folgt und an ihrem Leben Anteil nimmt. Catherine wirkt zu Beginn wie eine unscheinbare alte Jungfer, die sich um ihre verbitterte Mutter kümmern muss. Doch zeigt sie schon bald ihre Stärke, denn sie wehrt sich recht selbstsicher gegen den örtlichen Klatsch und Tratsch und beweist zudem ihre Unabhängigkeit. Mutter Elvira ist eine Herausforderung, denn sie grämt sich und trauert der alten Zeit nach. Lavinia ist liebenswert, hilfsbereit und verlässlich. Jonathan ist ein Mann mit Zielen und Prinzipien. Er besitzt Durchsetzungsvermögen und Kampfgeist, ist offen und ehrlich. Aber auch Drusilla, Whitby, Clothilde und Peter bringen etwas Schwung in die Handlung.

Die wundervolle Miss Winthrop“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman mit einem gelungenen Mix aus Familienschicksal, Dramatik und Liebesgeschichte, in dem sich auch ein großes Missverständnis verbirgt, das zu klären ist. Schöner Schmöker mit Botschaft, der eine Leseempfehlung verdient!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2022
Schicksalszeit / Die Chronik der Familie Laverne Bd.1
Maybach, Katja

Schicksalszeit / Die Chronik der Familie Laverne Bd.1


ausgezeichnet

Das Schicksal nimmt nichts, was es nicht gegeben hat. (Seneca)
Sommer 1914. Das Grandhotel Deutscher Kaiser der Familie Laverne im nahe der französischen Grenze gelegenen Kurort Bad Lichtenberg ist der Hotspot des gesellschaftlichen Lebens und bald mal das Erbe der Geschwister Franz, Victoria und Luise. Doch diese haben momentan ganz andere Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben. Während Franz seine Karriere als Hauptmann bei der kaiserlichen Armee absolviert, kreisen seine Gedanken um seine große Liebe Clara. Schwester Luise hat sich vor allem bei ihrem Vater Johannes in Ungnade gestürzt, denn sie hatte in Paris eine skandalöse Affäre mit einem verheirateten Mann und ist nun reumütig in den Schoß der Familie zurückgekehrt, um zu Kreuze zu kriechen. Und das 16-jährige Nesthäkchen Victoria ist in Liebe zu einem russischen Pianisten entbrannt. Der Erste Weltkrieg steht vor der Tür und wird auch das Leben der Familie Laverne gründlich in den Grundmauern erschüttern…
Katja Maybach hat mit „Schicksalszeit“ den Eröffnungsroman ihrer historischen Dilogie um die Familie Laverne vorgelegt, dessen Kombination aus Familiengeschichte und geschichtlichem Hintergrund von der ersten Seite an den Leser zu begeistern weiß. Der flüssige, farbenprächtige und emotionsgeladene Erzählstil lässt schnell das Kopfkino des Lesers anspringen und bringt ihn nicht nur zurück ins vergangene Jahrhundert, sondern lädt ihn auch in die üppige, luxuriöse Umgebung des Grandhotels ein, wo er sich unter die illustre Gesellschaft mischt und die Entwicklungen innerhalb der Eignerfamilie verfolgt. Während im Hintergrund der Pianist dem Klavier Melodien entlockt und die leisen Gespräche der Hotelgäste eine wohlige Atmosphäre schaffen, erhält der Leser über wechselnde Perspektiven Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt einzelner Familienmitglieder. Das Hotel ist ein eigener Kosmos, wo Unbeschwertheit und Sorglosigkeit gepaart mit Eleganz und Laissez-faire herrschen, derweil der Erste Weltkrieg kurz bevorsteht, der die Welt für viele aus den Angeln heben wird. Der Leser erlebt die Machtgewalt des Krieges, der von einem Moment zum anderen das Leben aller verändert und das Hotel zum Lazarett mutieren lässt. Sowohl Luise als auch Franz und Victoria müssen unterschiedliche Schicksalsschläge und Schwierigkeiten meistern, Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen und an diesen wachsen, auch wenn das bedeutet, gegen den Wunsch der Eltern zu handeln und gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen. Maybach hat den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwebt, baut die Spannung mit ihren Protagonisten immer weiter auf und fesselt den Leser so regelrecht an die Buchseiten.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und sprühen voller Leben. Sie wirken realistisch und glaubwürdig, so dass der Leser sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal zu begleiten. Franz sieht seine Zukunft eher in einer militärischen Laufbahn als im Familienhotel. Er sitzt zwischen zwei Stühlen, denn er hat die wahre Liebe gefunden, aber eine alte Affäre will ihn nicht loslassen. Luise wirkt kapriziös und eigenwillig, doch nun muss sie reumütig in den Schoss der Familie zurück, die sie ihren Fehltritt spüren lässt. Victoria ist ein dauerverliebter Backfisch, der einfach kein Glück hat. Gerda ist eine egoistische und rachsüchtige Frau, die anderen das Leben zur Hölle macht, um ihren Willen durchzusetzen.
Mit „Schicksalsjahre“ ist Katja Maybach ein wunderbar fesselnder Einstieg in ihr Familienepos gelungen. Neben akribisch recherchierten historischen Fakten darf der Leser eine ungewöhnliche Familie und deren unterschiedliche Lebenswege und Schicksale kennenlernen. Ein Roman, der von Anfang bis Ende eine Achterbahn der Gefühle beim Leser hervorruft, der nun händeringend und voller Erwartung auf die Fortsetzung wartet! Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2022
Eine Familie in Berlin - Ursula und die Farben der Hoffnung / Die große Berlin-Familiensaga Bd.2
Renk, Ulrike

Eine Familie in Berlin - Ursula und die Farben der Hoffnung / Die große Berlin-Familiensaga Bd.2


ausgezeichnet

Farben folgen mit ihren Eigenschaften den Veränderungen der Emotionen. (Pablo Picasso)
1911. Zeichnen ist Ursulas Passion, all ihre Gefühle überträgt sie in Farben, sie sieht sie regelrecht vor Augen, egal, in welcher Situation sie sich gerade befindet. Als sie über ihre Großmutter nicht nur die Künstlerin Paula Dehmel, sondern auch deren Tochter Vera kennenlernt, öffnet sich ihre kleine eigene Welt auf einmal der ganz großen. Vera, die Kunst studiert, freundet sich mit Ursula an, nimmt sie unter ihre Fittiche, stellt sie ihrem Freundeskreis vor, der sich aus vielen Kunststudenten und –schaffenden zusammensetzt. Auch Veras Vater, den großen Dichter Richard Dehmel, lernt Ursula kennen. Vor allem aber Veras Bruder Heinrich hat es Ursula angetan, mit dem sie schon bald ein enges Band verbindet. Immer mehr fühlt sich Ursula in der Kunstwelt zuhause, bewirbt sich sogar an der Berliner Kunstakademie und kann ihr Praktikum bei Richard Dehmels Ehefrau Isi in Hamburg machen. Als plötzlich der erste Weltkrieg ausbricht und Heinrich an die Front berufen wird, scheinen sich sämtliche Farben und Zukunftspläne Ursulas in Luft aufzulösen…
Ulrike Renk hat mit „Ursula und die Farben der Hoffnung“ den zweiten Band ihrer historischen Berliner Familientrilogie vorgelegt, der dem ersten Band in punkto Unterhaltungswert, geschichtlichem Hintergrund und Familiengeschichte in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil gewährt dem Leser exklusiven Eintritt in die Welt von Ursula, deren Familie und Freundeskreis, wobei deren Gedanken- und Gefühlswelt jederzeit offenliegen. Sehr schön knüpft die Autorin das Band von Ursulas Familie zu den Protagonisten ihres Vorgängerromans um Paula Dehmel, denn auch diese spielt mit ihrem Ex-Ehemann Richard Dehmel sowie ihren Kindern Vera und Heinrich eine große Rolle, vor allem in Ursulas Leben und zeigen Gemeinsamkeiten auf. Auch Ursulas Eltern haben sich getrennt und Mutter Lina ist erneut verheiratet, lebt nun in Nordrhein-Westfalen, während die Großeltern in Potsdam leben, da Ursulas Opa der Bürgermeister von Potsdam ist. Die Handlung lebt nicht nur, aber vor allem von den zwischenmenschlichen Beziehungen, die zwischen den Dehmels, Ursulas eigener Familie sowie ihren Freunden herrschen. Die Autorin erweckt die damalige Zeit wunderbar zum Leben, beschert dem Leser während der Lektüre eine Sommerfrische am Darß, aber auch den Zugang zu den Kneipentreffen der angehenden Künstler. Während Renk ihre Geschichte um die sich langsam emanzipierende Ursula strickt, bestückt sie diese zusätzlich mit akribisch recherchiertem Hintergrund, so dass nicht nur das Attentat von Sarajevo mit der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie Erwähnung findet, sondern auch das Ultimatum Österreichs an Serbien sowie die unterschiedlichen gebildeten Allianzen, die Deutschland den Krieg erklärten.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und inszeniert, mit ihrer Glaubwürdigkeit und Authentizität wachsen sie dem Leser schnell ans Herz, der sich gern unter sie mischt und ihren Spuren folgt. Ursula ist eine junge, eher zurückhaltende Frau, die zu Beginn noch nicht wirklich weiß, wohin ihr Weg gehen soll. Ihre Gefühle werden von Farben dominiert und beim Zeichnen vergisst sie die Welt um sich herum. Erst mit der Freundschaft zur extrovertierten Vera Dehmel kommt sie mehr aus sich heraus und traut sich immer weiter in die Welt hinaus. Dabei nehmen auch ihre Zukunftswünsche Gestalt an. Vera ist eine spritzige, warmherzige und intelligente Frau, die zwischen den Zeilen zu lesen weiß. Paula Dehmel ist eine herzliche und offene Frau, die alle bei sich willkommen heißt. Aber auch Richard und Isi Dehmel sowie Georg, Margarete und auch Heinrich Dehmel spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte.
„Ursula und die Farben der Hoffnung“ ist ein wunderschönes Kaleidoskop von Licht und Schatten, von Familie, Liebe, Hoffnung, Glück und Schicksal. Absolute Leseempfehlung für alle, die

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2022
Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung / Die Amish-Saga Bd.2
Seemayer, Karin

Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung / Die Amish-Saga Bd.2


sehr gut

Selbst unter den Amish scheinen andere Amish seltsam zu sein. (Ira Wagler)
1861. Wohlbehütet durch ihre Familie ist Rebekkas Enkelin Esther in einer Amish-Gemeinde in Pennsylvania aufgewachsen. Der herrschende Sezessionskrieg verbreitet Angst und Schrecken, zieht auch in die Gemeinde ein und hinterlässt seine Spuren ebenso wie Banditen und Rebellen, die eine Schneise aus Raub und Plünderungen mit sich bringen und kaum jemanden verschont. Als Esther einen schwer verwundeten feindlichen Soldaten auf dem Grundstück ihrer Familie findet, pflegt sie ihn unter dem Dach ihrer Eltern gesund. Doch schon bald verbindet Esther viel mehr mit dem Soldaten Jack, was für Esther zum Dilemma wird. Einerseits liebt sie Jack, aber andererseits setzt sie mit dieser Liebe ihr Leben in der Gemeinde aufs Spiel. Wie wird Esther sich entscheiden?
Karin Seemayer hat mit „Esthers Entscheidung“ den zweiten Band ihrer historischen Amish-Trilogie vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung, Romantik und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert nach Amerika ein, um sich dort auf dem Mühlenhof von Rebekka und Daniel einzunisten und das Leben der Amish-Gemeinde sowie das von Rebekkas Enkelin Esther im Besonderen mitzuverfolgen. Esther lebt nach den strengen Regeln ihrer Glaubensgemeinschaft, die recht abgeschottet von der Außenwelt leben und sich auch nicht auf Kriegshandlungen einlassen. Obwohl im heiratsfähigen Alter möchte Esther keinen der Männer aus ihrer Gemeinde heiraten, auch ihr Bruder Ben steht vor einigen Herausforderungen und muss Entscheidungen treffen, die nicht immer im Einklang mit den Vorgaben der Glaubensgemeinschaft einhergehen. Als Esther sich ausgerechnet in den feindlichen Soldaten verliebt, den sie gesund gepflegt hat, ist der Konflikt gut spürbar, denn die Gemeinde erlaubt keine Verbindung mit Außenstehenden und würde Esther aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, womit sie auch den Kontakt zu ihrer Familie verlieren würde. Großvater Daniel und auch Ben haben sich der Underground Railroad angeschlossen und versuchen gemäß ihren Glaubensvorstellungen, flüchtigen Sklaven zu helfen, ohne ihrer Gemeinde zu schaden. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund sowie das damalige Leben der Amish-People wieder lebendig werden lassen. Noch heute sind die Amish in Pennsylvania verwurzelt und leben dort wie vor über 100 Jahren, wobei sie sich mehr und mehr als geschäftstüchtig und mit dem Zeitgeist gehend bewiesen haben.
Die Charaktere sind authentisch und glaubwürdig herausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Der Leser wird zum Teil ihrer Gemeinschaft und kann hautnah die Gewissenskonflikte und Entscheidungen miterleben. Rebekka und Daniel sind immer noch die Stützen ihrer großen Familie. Enkelin Esther stellt die Regeln ihrer Gemeinschaft zwar nicht in Frage, jedoch hat sie ihren eigenen Kopf, hinterfragt die Dinge und stellt sich dem Leben. Bruder Ben setzt sich ebenso mit dem Glauben seiner Gemeinde auseinander und trifft für sich eigene Entscheidungen im Einklang mit seinem Gewissen. Jack war das Leben der Amish bisher unbekannt, doch gefallen ihm die Werte und die Gemeinschaft sehr gut. Doch als Außenstehender ist ihm der Eintritt in ihre Welt bisher verschlossen.
„Esthers Entscheidung ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der Seemayers wunderbare Trilogie über die Amish-People fortsetzt. Der sehr gelungene Mix aus Familiengeschichte, Romantik, Spannung und historischen Fakten lässt den Leser das Buch kaum aus der Hand legen. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2022
Die Mutige
Thornton, Stephanie Marie

Die Mutige


sehr gut

Ich habe immer für und durch meine Männer gelebt. (Jacqueline Kennedy-Onassis)
Jacqueline Bouvier stammt aus einer privilegierten wohlhabenden Bankiersfamilie, die von ihr eine standesgemäße Eheschließung erwartete und ihre Verlobung mit einem Börsenmakler forcierte. Doch Jackie löste die Verlobung 1951 kurz nach dem ersten Zusammentreffen mit dem künftigen US-Präsidenten John F. Kennedy und heiratete diesen 1952, mit ihm hatte sie ihre große Liebe gefunden. Als ihr Mann die Präsidentenwahl gewinnt, wird sie First Lady und hält ihrem Mann den Rücken frei, der es ihr mit zahlreichen Affären schlecht dankt. Trotzdem verliert sie nie die Contenance, auch als ihr Mann als Folge eines Attentats stirbt. Für die Welt wird sie zur Modeikone, während sie privat viele Schicksalsschläge zu verzeichnen hat…
Stephanie Marie Thornton hat mit „Die Mutige“ ein unterhaltsames und eindringliches Porträt der ehemaligen First Lady der USA vorgelegt, in dem Fiktion und tatsächliche Biografie gut miteinander verwebt sind. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil lässt den Leser in die Mitte des letzten Jahrhunderts reisen, wo er sich sobald an der Seite der jungen Jacqueline wiederfindet und mit ihr gemeinsam einige spannende Lebensjahre verbringen darf. Dabei lernt er eine Frau kennen, die durch die Scheidung ihrer Eltern 1940 nicht nur schnell erwachsen werden musste, sondern auch recht bald wusste, was sie wollte. Sie folgte ihren eigenen Lebensvorstellungen, studierte und arbeitete als Journalistin und Fotografin, bevor sie mit John F. Kennedy ihre große Liebe heiratete. Politisch bewandert stärkte sie ihrem Mann bei seiner Präsidentschaftskandidatur den Rücken und hielt auch beim Wissen seiner außenehelichen Aktivitäten für die Öffentlichkeit den Anschein einer glücklichen Ehe aufrecht. Während der Leser ganz nah am Leben von Jacqueline beteiligt ist, darf er auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernen. Die Autorin hat auch die politische Entwicklung sehr gut in ihre Handlung eingefügt, so dass man nicht nur die Kuba-Krise und den Kalten Krieg gut miterlebt, sondern auch das Attentat auf John F. Kennedy bei seinem Besuch in Dallas hautnah miterlebt. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des Kennedy-Clans sind gut herausgearbeitet und zeigen eine Familie, für deren Ziele kein Opfer zu groß ist.
Der Charakter sowie das öffentliche Bild von Jacqueline Bouvier-Kennedy sind sehr authentisch gezeichnet. Der Leser erlebt eine ehrgeizige, junge Frau mit dem Hang zum Perfektionismus, die die Welt erobern möchte und alles dafür in die Waagschale wirft. Ihre Toleranz gegenüber ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit ist grenzenlos, während sie insgeheim nicht nur einige Fehlgeburten durchleben, sondern auch die Affären ihres Mannes verkraften muss. Nach außen immer unterkühlt und beherrscht, ist sie privat auch ein verletzlicher Mensch, der gezwungen ist, mit Unsicherheit und Fehlschlägen umzugehen. Sie wirkt stark, mutig und beherrscht, doch auch immer irgendwie auf der Suche nach dem Glück.
„Die Mutige“ ist ein unterhaltsamer und gelungener Blick durchs Schlüsselloch, um Jackie Kennedy besser kennenzulernen. Man erlebt eine vielseitige und begabte Frau, die der Welt ihren Stempel aufgedrückt und große Spuren hinterlassen hat. Eine schöne Hommage an eine Stilikone und charismatische Persönlichkeit. Verdiente Leseempfehlung!

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2022
Bevor ich mein Herz in deine Hände lege (eBook, ePUB)
Hedlund, Jody

Bevor ich mein Herz in deine Hände lege (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In der Nächstenliebe gibt es kein Übermaß. (Francis Bacon)
1862 BC, Kanada. Gemeinsam mit ihrer Haushälterin Hayward reist Arabella Lawrence per Brautschiff die kanadische Provinz Britisch Columbia, wo sie sich einen Neustart für ihr Leben erhofft, nachdem sie aus Angst vor einer Zwangsheirat alle Sicherheiten aufgegeben hat und geflüchtet ist. Wohlbehütet und mit Dienstpersonal aufgewachsen, muss Arabella sich nun daran gewöhnen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ihr außergewöhnliches Erscheinungsbild lässt schnell zwei Verehrer das Interesse an ihr bekunden. Der arrogante Leutnant Drummond wäre zwar standesgemäß, macht allerdings keinen Hehl daraus, dass er Arabella als Trophäe sieht. Bäcker Pete Kelly dagegen weiht Arabella mit seiner Warmherzigkeit und seiner Tatkraft in die Kunst des Backens ein, mit der diese bald schon erste Erfolge feiert. In Kanada angekommen, findet Arabella ein einsames krankes Indianerkind, das ihrer Hilfe bedarf. Pete unterstützt sie bei der Betreuung der Kleinen, wobei die beiden sich immer näher kommen…
Jody Hedlung hat mit „Bevor ich mein Herz in deine Hände lege“ den zweiten Teil ihrer Brautschiff-Saga vorgelegt, der dem ersten Teil an Romantik gepaart mit Spannung in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil der Autorin katapultiert den Leser zurück ins 19. Jahrhundert, wo er sich an Bord des Brautschiffes an Arabellas Seite befindet und ihr bei ihren Erlebnisses über die Schulter sehen kann und so alles hautnah miterlebt. Arabella, die aus einer wohlbetuchten, höheren Gesellschaftsschicht stammt, hat gute Gründe für ihre Flucht, denn sie widersetzt sich damit den Wünschen ihres Vaters, einen Mann zu heiraten, der sie bereits gequält und misshandelt hat. Sie reist mit wenigen Mitteln in eine ungewisse Zukunft und steht mit ihrer Begleiterin praktisch vor dem Nichts. Auch wenn sie auf der Suche nach einem geeigneten Heiratskandidaten ist, um ihr das Leben zu erleichtern, nimmt sie nicht den Weg des geringsten Widerstandes, sondern lässt sich Zeit damit. Während zwei Männer um Arabellas Gunst buhlen, stellt diese ihr Herz immer wieder in Frage und achtet auf Dinge und Eigenschaften, die ihr wichtig sind. Die Autorin verwebt den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung und gibt dem Leser einen guten Einblick in die herrschenden Gepflogenheiten, Standesunterschiede und das Leben der Native Canadians. Durch unerwartete Ereignisse und Überraschungsmomente bleibt die Geschichte durchgängig spannend und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben. Auch der christliche Aspekt ist wunderbar in die Handlung integriert, denn es geht um Selbstlosigkeit, Hilfsbereitschaft und vor allem um Nächstenliebe.
Die Charaktere sind lebhaft in Szene gesetzt und sprühen vor Lebendigkeit. Mit ihren glaubwürdigen Eigenschaften gewinnen sie schnell das Herz des Lesers, der sich nur zu gern an ihre Fersen heftet, um keinen Moment zu versäumen. Arabella ist eine liebenswerte junge Frau, die zu Beginn noch etwas unsicher und naiv wirkt, jedoch ist sie mutig und stark. Im Verlauf der Geschichte gewinnt sie immer mehr an Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein, zudem korrigiert sie ihr eigenes Wertesystem. Mrs. Moresby ist eine wunderbare Frau, die das Beste aus den Menschen zum Vorschein bringt und diesen ihre Hilfe großzügig angedeihen lässt. Drummond ist ein selbstverliebter, arroganter und eiskalter Mann, dem es nur um sich selbst geht. Pete ist ehrlich und offen, besitzt Humor, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft.
„Bevor ich mein Herz in deine Hände lege“ ist ein wunderbarer historischer Roman, bei dem die Mischung aus Romantik und dramatischer Spannung sehr gelungen ist. Die einfühlsame und warmherzige Geschichte lässt den Leser das Buch nicht aus der Hand legen. Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2022
Der süße Himmel der Schwestern Lindholm
Russo, Andrea

Der süße Himmel der Schwestern Lindholm


ausgezeichnet

Ohne Torte und Petit Four, lebt man nicht, da darbt man nur. (Achim Schmidtmann)
1936 Schweden. Die fünf Schwestern Ingrid, Hannah, Matilda sowie die Zwillinge Ulla und Ebba Lindholm leben mit ihren Großeltern und Mutter Helene auf der schwedischen Halbinsel Kullaberg, wo sie seit vielen Jahren eine eigene Bäckerei führen, um ihre Kundschaft mit frischem Brot und Gebäck zu verwöhnen. Während Hannah mit ihrer Großmutter in der Backstube den Ton angibt, bringt Ingrid im Laden die Ware an die Kunden. Da aufgrund der Wirtschaftskrise das Geld knapp ist, arbeitet Matilda als Bedienung in einem Hotel, während der Vater entfernt in Lappland in einem Erzbergwerk schuftet und seine Familie nur einmal im Jahr zu sehen bekommt. Um mehr Geld in die Familienkasse zu spülen, wird Ingrids Idee umgesetzt und das Gartencafé „Söta Himlen“ neben dem Laden eröffnet, das sich schon bald zum Besuchermagneten entwickelt. Aber dann steht der Zweite Weltkrieg vor der Tür und Hannah verliebt sich ausgerechnet in den deutschen Karl, was zu allerlei Unfrieden innerhalb der Familie sorgt…
Andrea Russo hat mit „Der süße Himmel der Schwestern Lindholm“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur von der Gegenwart in die bewegte Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückführt, sondern ihm neben einer wunderschönen Geschichte auch gleichzeitig den Mund wässrig macht mit vielen Leckereien. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Reise nach Schweden ein, um sich in einem am Meer gelegenen Ort als Gast bei der Familie Lindholm einzuquartieren, wo er hautnah das Miteinander unter den einzelnen Mitgliedern sowie über wechselnde Perpektiven deren Gedanken- und Gefühlswelt hautnah miterleben darf. Die Leidenschaft für das Backen liegt den Lindholms in den Genen, ihr Waren bescheren ihnen eine treue Kundschaft, auch mit ihrem neuen Café machen sie sich schnell einen Namen, obwohl die Zeiten kurz vor Kriegsausbruch nicht gerade rosig sind. Die Frauen halten zusammen und arbeiten praktisch Hand in Hand, um der Familie ein Auskommen zu sichern. Die Autorin verwebt den damaligen politischen Zeitgeist gekonnt mit ihrer Handlung, lässt aber den Wohlfühlfaktor ihrer Geschichte keinen Moment vermissen, während sie dem Leser kleine Rätsel aufgibt, die dieser im weiteren Verlauf lösen wird. Und während man den Familienerlebnissen folgt, ist es nicht zuletzt auch die dort wundervoll zelebrierte Backkunst, die bei der Lektüre die Gier nach Süßkram auf die Spitze treibt. Auch die schönen Landschaftsbeschreibungen wecken den Wunsch, die Koffer zu packen, um sich selbst ein Bild vor Ort zu machen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen, sie überzeugen mit ihren glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten und wachsen dem Leser schnell ans Herz, der sich schon nach wenigen Seiten als Teil von ihnen fühlt und neugierig ihren Spuren folgt, denn alle haben ihren eigenen Kopf. Hannah ist eine leidenschaftliche Bäckerin und hat immer neue Ideen. Sie ist freundlich, offen und mutig. Mutter Helene ist ausgeglichen, pragmatisch und hält das Heft in der Hand. Ingrid ist der Ruhepol, während Matilda extrovertiert ist, was für ihren Traum von der Schauspielerei nur von Vorteil sein kann. Ulla und Ebba sind die Nachzügler, die von allen nach Strich und Faden verwöhnt werden.
„Der süße Himmel der Schwestern Lindholm“ ist eine wunderschöne Lektüre für kalte Winterabende, eine gelungene Mischung aus warmherzig erzählter Familiengeschichte, gefüllt mit Liebe, Leckereien und historischem Hintergrund vor der rauen schwedischen Küste. Einmal begonnen, kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Absolute Leseempfehlung für wohlige Lesestunden!

23 von 40 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2022
Ende in Sicht
Rönne, Ronja von

Ende in Sicht


weniger gut

Bleibt hinter den Erwartungen zurück
Die knapp 70-jährige abgehalfterte Schlagersängerin Hella Licht macht sich mit ihrer in die Jahre gekommenen Rostlaube auf den Weg in die Schweiz, um dort per Sterbehilfe den Löffel abzugeben. Schon kurz nach Antritt der Fahrt fällt ihr die 15-jährige Julia bei einem Selbstmordversuch von einer Brücke auf die Motorhaube. Nur leicht verletzt steigt Juli zu Hella ins Auto und bildet fortan mit ihr eine Fahrgemeinschaft der besonderen Art. Sowohl Hella als auch Juli haben sich anscheinend kaum etwas zu sagen, trotzdem meistern sie so manches Erlebnis und am Ende bleibt die Frage: ist das Leben nicht doch irgendwie noch lebenswert?
Ronja von Rönne hat mit „Ende in Sicht“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der dem Leser das Schicksal zweier Frauen sowie deren gemeinsame Erlebnisse nahebringen soll. Der flüssige Erzählstil schleust den Leser zwar schnell in die Handlung hinein, wo er über wechselnde Perspektiven mal an Julis, mal an Hellas Seite steht, jedoch vermag die nüchterne und recht emotionslose Art der Autorin den Leser kaum einzufangen. Während man von Hellas langsam versiegter Karriere erfährt oder von Julis komplizierten Familienverhältnissen, bleibt man stets außen vor und empfindet sich mehr als Beobachter als Komplize. Schon nach kurzer Zeit wird die Aufzählung der Gefühlswelten von beiden Protagonistinnen zur Herausforderung, denn sie wirken nicht nur oberflächlich, sondern auch sehr langweilig. Da finden sich weder wahre Verzweiflung noch Gemütsregungen, die für den Leser ansatzweise nachvollziehbar sind, so dass die Geschichte immer langweiliger wird. Auch die seltsamen Eskapaden sowohl von Juli als auch von Hella sorgen eher für Kopfschütteln und Unverständnis, das mag allerdings auch an den Protagonisten liegen, die keinerlei Sympathie beim Leser hervorrufen. Auch ein gewisser Spannungslevel lässt sich in der Handlung kaum finden, alles plätschert irgendwie vor sich hin, die Ereignisse reihen sich aneinander und bieten doch kaum einen Aha-Effekt, der den Leser entweder nachdenklich stimmt oder allgemein mehr mit den Protagonistinnen verbindet.
Die Charaktere sind recht lieblos gestaltet, sie wirken mit ihren Eigenschaften einerseits glaubwürdig, doch fehlt es ihnen an Wärme und Empathie, um den Leser für sich einzunehmen, der so nur neben ihnen herläuft und ihr Schicksal so auch nicht ansatzweise teilen kann. Hella ist eine ältere Frau, die fast mittellos ihren alten Tagen der Berühmtheit nachtrauert. Schnaps ist ihr täglicher Begleiter, überhaupt dreht sich ihre Welt nur um sie selbst, weshalb sie nun erkennen muss, dass sie doch recht einsam ist. Juli ist ein respektloser Teenager, der unter Depressionen leidet. Sie schottet sich von allen ab, lügt, dass sich die Balken biegen, wirkt wankelmütig und cholerisch. Auch Juli hat recht egoistische Züge, doch kann man ihre Gründe besser nachvollziehen als die von Hella.
Die Grundidee von „Ende in Sicht“ ist gut, doch die Ausführung lässt leider zu wünschen übrig. Fehlende Empathie, unsympathische und unnahbare Protagonistinnen sowie eine langweilige Umsetzung der Geschichte, die oftmals an den Haaren herbeigezogen wirkt, konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Das geht viel besser, wie andere Autoren bereits bewiesen haben. Thema verfehlt, keine Empfehlung!

4 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.01.2022
Libellentage
Wood, Laura

Libellentage


sehr gut

Alles, was die Seele durcheinanderrüttelt, ist Glück. (Arthur Schnitzler)
1930. Bea betätigt sich lieber als Insektenforscherin, als den Konventionen ihrer adligen Familie zu folgen. Tiere und Wissenschaft bedeuten ihr so viel mehr, als dass sie dafür eine arrangierte Ehe eingehen würde. Als sie wieder einmal einen Heiratskandidaten ablehnt, wollen ihre Eltern ihr den Kopf zurechtrücken und schicken sie zur Strafe in die Toskana zu ihrem Onkel. Was als Bestrafung gelten sollte, wird für Bea schon bald zur neuen Erfahrung, denn in Italien bekommt sie nicht nur Zutritt in die dortige Künstlerszene, sondern trifft mit dem Maler Ben jemanden, der ihr Herz zum Schwingen bringt und Gefühle in ihr weckt, die ihr bisher völlig unbekannt waren…
Laura Wood hat mit „Libellentage“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer eindringlichen Geschichte, sondern auch mit einer ausdrucksstarken Protagonistin zu überzeugen weiß. Der flüssige, farbenprächtige und empathische Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert antreten, um sich dort an Beas Seite wiederzufinden, deren Unternehmungen ihn fortan an ihren Fersen kleben lassen. Bea hat ihren eigenen Kopf, der durch und durch mit dem Wissen von Insekten und dem Leben in der Natur gefüllt ist. Sie ist völlig unbedarft, was die Konventionen der damaligen Zeit angeht, denn sie sieht einfach keinen Sinn in ihnen. Bei ihr gilt nur, was sie selbst will. So widersetzt sie sich auch vehement den Wünschen ihrer Familie, eine angemessene Partie zu machen. Vielmehr trägt ihr das eine Strafversetzung ein, die am Ende gar keine Bestrafung darstellt. Ganz im Gegenteil, die malerische italienische Toskana und deren Bewohner öffnen Beas Herz und lassen sie erkennen, dass es auch noch ein Leben abseits von Insekten und Wissenschaft gibt. Die Autorin lässt nicht nur Italien in den herrlichsten Farben erstrahlen, sondern gibt mit ihrer Geschichte auch mediterrane Wärme an den Leser weiter. Gekonnt zeichnet sie die Gefühlsregungen ihrer Protagonistin auf, die neue Erfahrungen macht und ihre eigene Entwicklung dadurch vorantreibt, indem sie erkennt, dass das Leben mehr zu bieten hat, als die Konventionen ihrer Familie es verheißen.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten versehen und nehmen den Leser mit auf ihre persönliche Entwicklungsreise. Bea ist eine junge Frau, die genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat, wobei sie die von der Familie und der Gesellschaft auferlegten Konventionen nur behindern. Sie ist ein Freigeist, der In ihrer eigenwilligen Art schon mal andere vor den Kopf stößt, um sich selbst durchzusetzen. Tiefe Empfindungen wie Liebe sind ihr noch fremd, doch als sie ihr begegnen, verwandelt sie sich von einer Raupe in einen Schmetterling, gewinnt an Selbstbewusstsein und sprengt die ihr auferlegten Ketten ganz.
„Libellentage“ ist ein unterhaltsamer, historischer Roman mit einer Mischung aus Selbstverwirklichung und Romantik. Verdiente Leseempfehlung für diese kurzweilige und ansprechende Lektüre.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2022
Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1
Völler, Eva

Was die Hoffnung verspricht / Die Dorfschullehrerin Bd.1


ausgezeichnet

„Die Hoffnung ist es, die die Liebe nährt.“ (Ovid)
1961. Das in der Rhön gelegene kleine westdeutsche Örtchen Kirchdorf nahe der DDR-Grenze wird für die junge Lehrerin Helene Werner zur neuen Heimat. Helene kommt ursprünglich aus der DDR und ist über Berlin in den Westen geflohen, um hier ihre neue Anstellung zu beginnen. Schon bei ihrem Eintreffen macht sie die Bekanntschaft mit dem Arzt Tobias Krüger, dem sie unvorhergesehen bei einer Hausgeburt assistiert. Helene, die ein gut gehütetes Geheimnis in sich trägt, begegnet allen Dorfbewohnern mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, während diese sie erst einmal misstrauisch beäugen. Aber schon bald hat sie nicht nur ihre Schüler in ihren Bann gezogen, sondern ist auch in der Dorfgemeinsschaft angekommen. In Hebamme Isabella findet sie eine echte Freundin und auch Tobias nimmt einen immer größeren Platz in ihrem Herzen ein. Doch Helene kann sich ihnen nicht wirklich öffnen, zu groß sind ihre Ängste. Während Kirchdorf immer mehr zu Helenes Heimat wird, unternimmt sie immer öfter Wanderungen an die DDR-Grenze....

Eva Völler hat mit „Was die Hoffnung verspricht“ den ersten Roman ihrer „Dorfschullehrerin-Saga“ vorgelegt, der mit gut recherchiertem historischem Hintergrund sowie einer einfühlsamen, schicksalhaften Geschichte zu überzeugen weiß. Der flüssige, farbenfrohe und einfühlsame Erzählstil, der zwischendurch immer wieder mal durch den örtlichen Dialekt gefärbt ist, nimmt den Leser schnell mit in eine schicksalsträchtige Zeit, als Ost und West auf grausame Weise voneinander getrennt wurde und Menschen, die eigentlich zusammengehörten, durch Stacheldrahtzäune und eine rigorose, unbarmherzige Politik zum Abstand gezwungen wurden. An Helenes Seite erlebt der Leser ein Wechselbad der Gefühle, denn die junge Frau hat schon einiges durchmachen müssen und hat noch immer mit dem Trauma des Erlebten zu kämpfen. Der Neuanfang in der Schule wird ihr von den Kollegen nicht leicht gemacht, jedoch stellt sich Helene den Herausforderungen und auch den oftmals fragwürdigen Methoden ihrer Kollegen um Umgang mit den Schülern. Sie nimmt sich der Schüler auf empathische Weise an, lehrt sie die Freude am Lernen wiederzufinden und kann schon bald erste Erfolge verbuchen, was ihr den Respekt der Dorfgemeinschaft einbringt. Völler hat akribisch recherchiert und verbindet die historischen Fakten sehr gut mit ihrer Geschichte, verleiht ihr dadurch viel Authentizität und Glaubwürdigkeit. Ihr gelingt es mühelos, den Leser schnell einzufangen und durch ihre Art der Erzählung ein wunderbares Kopfkino in Gang zu bringen. Der Leser hat nicht nur die Örtlichkeiten vor Augen, sondern kann die Ereignisse praktisch hautnah mitverfolgen. Der Spannungslevel ist erst gemächlich, steigert sich aber mit Helenes Ausflügen an die Grenze immer weiter in die Höhe. Gleichzeitig erlebt der Leser das Schicksal der Menschen auf der ostdeutschen Seite mit, die nicht nur um ihr Hab und Gut, sondern auch um ihr Leben bangen müssen. Sehr glaubwürdig und realitätsnah erlebt der Leser nicht nur die Unterwanderung eines Spions mit, sondern auch die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Helene und Tobias. Erst nach und nach gibt Völler das Geheimnis von Helenes Vergangenheit preis und spannt den Leser bis zum finalen Schluss auf die Folter, wie es wohl ausgehen wird.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Menschliche Ecken und Kanten machen sie dem Leser nahbar, der einen Logenplatz bei den Ereignissen bekommt und mitfiebern, hoffen und bangen kann. Helene ist eine freundliche, zurückhaltende Frau mit viel Einfühlungsvermögen. Nach außen zeigt sie Stärke und Einfallsreichtum, innerlich ist sie ängstlich und unsicher. Tobias ist ein fleißiger, sympathischer Arzt, der auch sein Päckchen zu tragen hat. Er ist offen, ehrlich und hilfsbereit. Isabell ist eine Frohnatur, die für alle Schandtaten zu haben ist. Göring ist ein strenger Lehrer mit fragwürdigem Ruf. Aber auch das restliche Lehrerkollegium, de

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