Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
wampy
Wohnort: 
Issum

Bewertungen

Insgesamt 501 Bewertungen
Bewertung vom 12.08.2021
Das Schweigen von Mayfair
Harris, C.S.

Das Schweigen von Mayfair


sehr gut

Hero Jarvis ersetzt Kat Boleyn

Buchmeinung zu C. S. Harris – Das Schweigen von Mayfair

„Das Schweigen von Mayfair“ ist ein historischer Kriminalroman von C. S. Harris, der 2021 im dp Verlag in der Übersetzung von Angelika Lauriel erschienen ist. Der Titel der englischen Originalausgabe lautet „Where Serpents Sleep“ und ist 2008 erschienen.

Zum Autor:
C. S. Harris, auch bekannt als Candice Proctor und C. S. Graham, ist die USA-TODAY-Bestsellerautorin von mehr als zwei Dutzend Romanen, darunter die historische Krimi-Bestsellerserie rund um Sebastian St. Cyr. Als ehemalige Akademikerin mit einem Doktortitel in europäischer Geschichte hat Candice einen Großteil ihres Lebens im Ausland verbracht und in Spanien, Griechenland, England, Frankreich, Jordanien und Australien gelebt. Heute wohnt sie zusammen mit ihrem Ehemann, dem pensionierten Armeeoffizier Steven Harris, in New Orleans, Louisiana.

Klappentext:
London, 1812: Das brutale Massaker an acht jungen Prostituierten in einem Zufluchtshaus hinterlässt nur eine Überlebende – und damit eine Zeugin: Hero Jarvis, die aufgeschlossene Tochter des Vetters des Prinzregenten, Lord Jarvis. Als der Machthaber jede offizielle Untersuchung unterdrückt, die die unerhörte Anwesenheit seiner Tochter an diesem Ort aufdecken könnte, beginnt Hero eine eigene Untersuchung und bittet Sebastian St. Cyr, Viscount Devlin, um Hilfe.
In dieser Allianz auf Zeit folgen Hero und Sebastian einer Spur, die von den zwielichtigen Bordellen und Hafenvierteln des Londoner East Ends zu den Villen einer Adelsfamilie in Mayfair führt, die dunkle Geheimnisse zu verbergen hat. Die beiden riskieren ihr Leben sowie ihren guten Ruf und müssen einen Wettlauf gegen die Zeit gewinnen, um einen Killer zu stoppen, dessen ominöser Plan die Nation in ihren Grundfesten zu erschüttern droht …

Meine Meinung:
Dieses Buch unterscheidet sich in Sachen Rollenverteilung deutlich von den Vorgängern, weil die erzwungene Trennung Sebastians von seiner großen Liebe diese aus dem Ermittlerteam nimmt. Sein Tiger Tom kümmert sich vorwiegend um die Pferde, sein neuer Leibdiener agiert fast ausschließlich im Hintergrund, während der Arzt mehr zu tun bekommt. Eine Hauptrolle bekommt diesmal Hero Jarvis, die Tochter des mächtigsten Mannes im Königreich. Wie ihr Vater mag sie Sebastian nicht, akzeptiert und braucht aber seine Fähigkeiten. Im Laufe des Falles kommen sich Hero und Sebastian zunehmend näher, weil sie ohne Rücksicht auf eigene Gefährdung konsequent die Ermittlungen betreiben. Auch Lord Jarvis führt Ermittlungen durch, aber er hat seine eigen Ziele und Methoden. Wieder spielt das soziale Gefälle und die weitgehende Unantastbarkeit der Mächtigen eine wesentliche Rolle. Der Zustand in den adligen Familien ist meist erschreckend und auch Sebastian hat mit seinem Vater gebrochen. Sebastian agiert wie gewohnt mit risikohaften Aktionen im Stil eines Geheimagenten. Dabei gefällt mir besonders, dass er fast wie ein Normalsterblicher auftritt und auch ordentlich einstecken muss. In ausweglosen Situationen braucht es denn auch viel Glück. Auch Hero ist vielschichtig beschrieben und überrascht den Leser immer wieder. Sie liebt ihre Freiheit und ihre gesellschaftlichen Privilegien, hat aber auch ein Auge für Missstände. Gesellschaftliche Konventionen tritt sie wie Sebastian bei Bedarf mit Füßen.
Der Erzählstil ist leicht verständlich, vermittelt aber auch Emotionen und Atmosphäre. Die Handlung ist verwirrend und doch logisch aufgebaut. Die Spannung ist durchgehend auf einem hohen Niveau, aber den Bösewichten würden ein paar gute Eigenschaften gut zu Gesicht stehen.

Fazit:
Dieser Band wird geprägt durch den Wechsel von Kat Boleyn zu Hero Jarvis. Dabei gerät der eigentliche Fall fast zur Nebensache, auch wenn die Beschreibung der historischen Elemente gewohnt überzeugend ist. Von mir gibt es vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und eine Leseempfehlung für die Freunde historischer Kriminalromane.

Bewertung vom 11.08.2021
Ein Männlein liegt im Walde
Minck, Lotte

Ein Männlein liegt im Walde


sehr gut

Das Buch trägt zurecht den Titel Krimödie

Buchmeinung zu Lotte Minck – Ein Männlein liegt im Walde

„Ein Männlein liegt im Walde“ ist ein Kriminalroman von Lotte Minck, der 2021 im Droste Verlag erschienen ist.

Zum Autor:
Lotte Minck hat die längste Zeit ihres Lebens im Ruhrgebiet gelebt, wo sie Popstars bekocht, Events organisiert und in einer Schauspielagentur Termine jongliert hat. Dabei hat sie einige Skurrilitäten erlebt und die Menschen des Reviers kennen und lieben gelernt. Seit 2005 widmet Lotte Minck sich ganz dem Schreiben.

Klappentext:
Eine fast zwanzig Jahre zurückliegende Affäre bringt Lorettas Universum ins Wanken: Dennis soll Vater einer erwachsenen Tochter sein und steht von einem Tag auf den anderen unter Verdacht, deren Stiefvater erstochen zu haben. Die Last der Beweise ist erdrückend, doch für Loretta aka Hornbrillen-Girl steht fest: Dennis ist in eine Falle gelockt worden. Davon muss jetzt nur noch die Polizei überzeugt werden – wie immer mit tatkräftiger Unterstützung von Minipli-Man und Co.

Meine Meinung:
In diesem Buch gelingt der Autorin der Spagat zwischen Kriminalroman und Komödie besonders gut. Die Figuren sind relativ flach gezeichnet, überzeugen aber durch viel Herz, die sie überaus sympathisch erscheinen lassen. Die Schreibe der Autorin lässt den Ruhrpott lebendig werden, weil sie viel Atmosphäre und viele Emotionen überträgt. Loretta findet sich bald in einer schier aussichtslosen Lage wieder, weil ihr Freund Dennis mit dem Messer in der Hand bei einer Leiche aufgefunden wird. Mit Verstärkung aus dem Norden durch Rechtsanwalt Ocke und seiner Ehefrau geht Loretta die Herausforderung an. Zusammen mit ihren bewährten Freunden entwickelt das Team eigene Ideen, die über den neuen Spitznamen Kobra für die Kommissarin hinausgehen. Einfallsreich bringen sich die Teammitglieder ein, auch wenn Loretta die Hauptlast trägt. Ernstere Abschnitte wechseln sich mit lustigen Elementen bis hin zum Slapstick ab. Manchmal sind die Überzeichnungen schon recht krass, aber der Spannungsbogen bleibt jeder Zeit erhalten. Ein paar Seitenhiebe auf Influencer und Rapper passen gut in die Handlung und der Unterhaltungswert ist hoch.

Fazit:
Das Buch wird dem Begriff Krimödie gerecht und unterhält mit Spannung und Humor. Gerne vergebe ich vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 29.07.2021
Systemfehler
Harlander, Wolf

Systemfehler


ausgezeichnet

Ein Thriller der besonderen Art

Buchmeinung zu Wolf Harlander – Systemfehler

„Systemfehler“ ist ein Kriminalroman von Wolf Harlander, der 2021 bei Rowohlt Taschenbuch erschienen ist.

Zum Autor:
Wolf Harlander, geboren 1958 in Nürnberg, studierte Journalistik, Politik und Volkswirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Nach einem Volontariat bei einer Tageszeitung und der Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule arbeitete er für Tageszeitungen, Radio, Fernsehen und als Redakteur der Wirtschaftsmagazine Capital und Wirtschaftswoche. Für seinen ersten Thriller «42 Grad» wurde Harlander ausgezeichnet mit dem Stuttgarter Krimipreis und der MIMI 2021, dem Publikumspreis des Deutschen Buchhandels. Er lebt heute als Autor in München.

Meine Meinung:
In diesem Buch finde ich viele Komponenten, die für mich einen spannenden Thriller ausmachen können. Interessante Figuren mit Ecken und Kanten, eine komplexe Handlung mit einigen Nebenhandlungen, Behandlung aktueller Themen, wechselnde Perspektiven, ein romantischer Zweig, bedrohliche Entwicklungen, Überraschungsmomente und viel Spannung. Dazu wirkt die Geschichte durchaus realistischen. Bestimmt erinnert sich jeder Mensch an meist kurzzeitige Ausfälle von EDV-Systemen. Mit gut gewählten Beispielen wird die zunehmende Abhängigkeit von Systemen verdeutlicht, die auf einer permanenten Verfügbarkeit des Internets basieren. Kriminell oder terroristisch motivierte Anschläge und Attacken treffen wichtige Lebensadern, die Politik und Nachrichtendienste auf den Plan rufen.
Schon der Einstieg ist beeindruckend. Wie harmlos wirkt es doch, wenn ein Hacker ein Virus kreiert und es auf die Reise schickt.
Am Beispiel einer Hamburger Chirurgin im Universitätsklinikum wird die steigende Bedrohungslage deutlich und die Hilflosigkeit der Ärzte und Pfleger, wenn die Technik im Krankenhaus ausfällt. Viele weitere Beispiele von persönlich betroffenen Menschen zeigen das ganze Ausmaß der Bedrohung.
Nelson Carius ist ein chaotisch wirkender Typ, der eigentlich ein Praktikum beim BND macht, um ein persönliches Problem zu lösen. Er teilt sein Büro mit einer kühl wirkenden Kollegin, die sehr gut organisiert ist, sehr überzeugend auftritt und zudem attraktiv auf Nelson wirkt. Gemeinsam werden sie mit dem Fall betraut und sie müssen sich erst zusammenraufen. Schnell sind sie in europäische Ermittlungsaktionen involviert, in denen die globalen Auswirkungen der Attacken auf Menschen und Politiker thematisiert werden.
In einem weiteren Erzählstrang kämpft der Spieleentwickler Daniel Faber um seine Familie und seine Reputation. Er setzt seine Kontakte in die Spieleentwickler- und Hackerszene ein.
Besonders beeindruckt hat mich die Schilderung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Cyberattacken, die weit über die Auswirkungen der Covid19-Pandemie hinausgehen. Auch die Hinweise auf das Zerstörungspotential bei den Nachrichtendiensten sorgt für unschöne Gefühle.
Der Spannungsbogen ist gekonnt konstruiert und mit den weiteren Eskalationsstufen der Attacken nimmt die Spannung sogar noch zu. Der Showdown ist relativ unspektakulär und doch lässt er dem Leser, das Blut in den Adern gefrieren.

Fazit:
Ein eindringlicher, spannender und realistischer Thriller, der die zunehmende Abhängigkeit von Kommunikationssystemen thematisiert. Ich habe ihn begeistert gelesen und bewerte das Buch deshalb mit fünf von fünf Sternen (100 von 100 Punkten). Natürlich gibt es dazu auch eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 28.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1 (eBook, ePUB)
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Zwei ungleiche Ermittler finden sich auf dem Zentralfriedhof

Buchmeinung zu Oliver Pötzsch – Das Buch des Totengräbers

„Das Buch des Totengräbers“ ist ein historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch, der 2021 bei Ullstein erschienen ist.

Zum Autor:
Oliver Pötzsch, Jahrgang 1970, arbeitete nach dem Studium zunächst als Journalist und Filmautor beim Bayerischen Rundfunk. Heute lebt er als Autor mit seiner Familie in München. Seine historischen Romane haben ihn weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht: Die Bände der Henkerstochter-Serie wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Klappentext:
1893: Augustin Rothmayer ist Totengräber auf dem berühmten Wiener Zentralfriedhof. Ein schrulliger, jedoch hoch gebildeter Kauz, der den ersten Almanach für Totengräber schreibt. Seine Ruhe wird jäh gestört, als er Besuch vom jungen Inspektor Leopold von Herzfeldt bekommt. Herzfeldt braucht einen Todes-Experten: Mehrere Dienstmädchen wurden ermordet – jede von ihnen brutal gepfählt. Der Totengräber hat schon Leichen in jeder Form gesehen, kennt alle Todesursachen und Verwesungsstufen. Er weiß, dass das Pfählen eine uralte Methode ist, um Untote unter der Erde zu halten. Geht in Wien ein abergläubischer Serientäter um? Der Inspektor und der Totengräber beginnen gemeinsam zu ermitteln und müssen feststellen, dass sich hinter den Pforten dieser glamourösen Weltstadt tiefe Abgründe auftun …

Meine Meinung:
Es brauchte ein wenig bis ich mich in das Buch eingelesen hatte. Wechselnde Perspektiven und eine altertümlich angehauchte Sprache bestimmen den Schreibstil. Zusätzlich wird sehr auf Formalien geachtet, wie es halt zu der Zeit üblich war. Die Figurenzeichnung hat mich dagegen von Anfang an überzeugt. Fast alle Figuren haben Ecken und Kanten und manche dazu ein Geheimnis. Leopold von Herzfeldt kommt aus wohlhabender Familie, war schon Untersuchungsrichter in Graz und soll nun den Boden für moderne Tatortermittlungen in Wien bereiten. Er hat ein Trauma, weil er jemanden bei einem Duell erschossen hat. Gleich in den ersten Tagen hat er es sich mit vielen neuen Kollegen verdorben, einzig die Telefonistin „Lämmlein“ und ein junger Assistent, mit dem er sich das Büro teilt, bleiben ihm gewogen. Bald lernt er den Totengräber Augustin Rothmayer kennen, der einen Almanach über die Toten schreibt. Dieser skurrile Zeitgenosse nervt Leopold zunehmend, erweist sich aber als wichtiger Helfer.
Die einzelnen Kapitel werden mit Auszügen aus diesem fiktiven Almanach eingeleitet und zeigen einen Wissensstand, der seiner Zeit voraus ist. Der Autor zeigt die Strukturen innerhalb des Polizeiapparats. Machtkämpfe und Antisemitismus sind angesprochene Themen. Leopold und Frau Wolf, das „Lämmlein“ kommen sich näher, erleben aber einige Rückschläge. Leopold lernt sich etwas zurückzunehmen und seine positiven Eigenschaften ins Spiel zu bringen. Seine Sympathiewerte blieben aber auf niedrigem Niveau, im Gegensatz zu denen von Frau Wolf und dem Totengräber. Es geschehen mehrere Morde und die Polizei kommt kaum voran. Dann überschlagen sich die Ereignisse und es kommt zu einem eindrucksvollen Showdown.
Die Spannungskurve flacht zeitweilig ab, wenn der Autor sich historischen und privaten Themen zuwendet. Gegen Ende wird es aber immer spannender. In den Nebenhandlungen wird der Zeitgeist spürbar und der Leser begegnet dem beginnenden gesellschaftlichen Wandel, der auch die Polizei betrifft.

Fazit:
Bei diesem Buch haben mir vor allem die Figurenzeichnung und die Beschreibung der im Wandel befindlichen Gesellschaft gefallen. Der Kriminalfall fällt dagegen etwas ab. Deshalb bewerte ich das Buch mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten), spreche aber eine Leseempfehlung für die Freunde historischer Kriminalromane aus.

Bewertung vom 28.07.2021
Der Himmel über der Stadt / Fräulein Gold Bd.3 (MP3-Download)
Stern, Anne

Der Himmel über der Stadt / Fräulein Gold Bd.3 (MP3-Download)


sehr gut

Etwas schwächer als die vorhergehenden Bände

Buchmeinung zu Anne Stern – Fräulein Gold: Der Himmel über der Stadt

„Fräulein Gold: Der Himmel über der Stadt“ ist ein Roman von Anne Stern, der 2021 bei Rowohlt Taschenbuch erschienen ist. Die gekürzte Lesung wird von Anna Thalbach vorgetragen und ist 2021 bei Argon erschienen.

Zum Autor:
Anne Stern promovierte nach dem Studium der Geschichte und Germanistik in deutscher Literaturwissenschaft und arbeitete als Lehrerin in der Lehrerausbildung. Als Selfpublisherin hat sie bereits erfolgreich Romane veröffentlicht, bevor sie mit der Reihe um die sympathische Hulda Gold einem noch größeren Publikum bekannt wurde.

Sprecher:
Anna Thalbach stand bereits mit sieben Jahren das erste Mal für einen Kinofilm vor der Kamera. Seitdem arbeitet sie gleichermaßen erfolgreich für Theater, Film und Fernsehen. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme ist sie eine der gefragtesten Hörbuchsprecherinnen.

Klappentext:
Berlin, 1924. Hulda Gold arbeitet in der neuen Frauenklinik in Berlin-Mitte und versorgt dort die Frauen und ihre Neugeborenen. Die Geburtshilfe ist modern, Berlin am medizinischen Puls der Zeit. Doch es kommt zu einem tragischen Todesfall: Eine junge Schwangere stirbt bei einer Operation, die ausgerechnet der ehrgeizige Chef-Gynäkologe Egon Breitenstein durchführt.
Zufällig stößt Hulda auf Ungereimtheiten, die einen üblen Verdacht keimen lassen. Die Mauer des Schweigens, die sich in der Klinik aufbaut, ist für die Hebamme aber kaum zu durchdringen. Ein Dickicht aus Ehrgeiz und falschen Ambitionen umgibt die Ärzte, die bereit sind, ihr männliches Imperium zu verteidigen – wenn nötig, bis zum Äußersten.

Meine Meinung:
Wieder ist es der Autorin gelungen, die Zwanziger-Jahre lebendig werden zu lassen. Hulda Gold hat den Job in der Klinik angenommen, um ein gesichertes Auskommen zu haben. Dafür muss sie massive Einschränkungen bei der Betreuung der Gebärenden in Kauf neben. Wenn es ernst wird mit der Geburt, dann wird es Männersache der Ärzte und Hulda ist außen vor. Und das gefällt ihr gar nicht. Es gibt Entwicklungen bei bekannten Figuren, aber auch einige neue Protagonisten. Wieder sind die meisten Figuren mit Ecken und Kanten versehen und bieten Platz für Überraschungen. Es gibt diverse Nebenhandlungen mit ernsten Themen, aber auch heitere oder freudige Passagen, die für Auflockerung sorgen. In Sachen Männer tut sich Hulda wieder einmal schwer. Sie entfremdet sich vom Kommissar und nähert sich einem jungen Arzt an. Die politischen Entwicklungen im Berlin jener Zeit wirken sich zunehmend auf das Leben der Figuren aus. Auch Hulda begegnet zunehmenden Abneigungen gegen Juden, auch schon im Krankenhaus. Dieser Roman ist wieder eine Spur dunkler wie der Vorgänger, Hulda bleibt aber der Sympathieträger schlechthin. Der Kriminalfall kommt mir diesmal etwas zu kurz, weshalb ich etwas enttäuscht war, aber nur ein kleines bisschen.
Anna Thalbach ist ein Glücksfall für dieses Hörbuch. Ihr gelingt es, den Figuren Leben einzuhauchen.

Fazit:
Dieser Band ist etwas schwächer als die vorgehenden Bände, überzeugt aber dennoch mit Atmosphäre, interessanten Figuren und einer unterhaltsamen Geschichte. Ein besonderes Lob hat Anna Thalbach für ihren Vortrag verdient, der die Figuren lebendig werden lässt. Deshalb gibt es diesmal „nur“ vier von fünf Sternen (85 von 100 Punkten). Das Hörbuch kann ich aber auf jeden Fall empfehlen. Es ist ein Erlebnis.

Bewertung vom 27.07.2021
Feuchtes Grab: Ostsee / Ein Fall für Journalistin Arnold Bd.2
Kliewe, Karen

Feuchtes Grab: Ostsee / Ein Fall für Journalistin Arnold Bd.2


weniger gut

Die Hauptfigur fand ich unterirdisch

Buchmeinung zu Karen Kliewe – Feuchtes Grab Ostsee

„Feuchtes Grab Ostsee“ ist ein Kriminalroman von Karen Kliewe, der 2021 bei Piper Spannungsvoll erschienen ist.

Zum Autor:
Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold

Klappentext:
Januar 2017. Die Nacht ist weit fortgeschritten. Ein Netz aus feinen Tropfen ziert das kalte Metall des monströsen Stahlkolosses. Die blasse Haut der jungen, nackten Frau, die an einem seiner Pfeiler angelehnt dasitzt, schimmert unwirklich. Ihr Name: Denise. Ihr Mörder: Ihr Freund – so viel steht fest. Oder ist er nur der Sündenbock?
Johanna Arnold, angehende Journalistin und Freundin des Opfers, plagen Zweifel. Ihre Recherchen bringen nicht nur Ungeahntes über die Tote zum Vorschein, sondern auch das grausame Vermächtnis einer düsteren Nacht im Jahre 1945. Doch wie lässt sich beweisen, was niemand sehen will?

Meine Meinung:
Dieses Buch lebt von der Hauptfigur Johanna Arnold und ihrer Art, alles zu hinterfragen. Frau Arnold leidet vor allem psychisch noch unter Nachwirkungen ihres ersten Falles. So handelt sie manchmal in einer Art, die ihr Gegenüber vor den Kopf stößt. Sie ist sehr hartnäckig und verfolgt ihre Ziele dabei konsequent. Für mich wirkte Johanna Arnold unsympathisch und manchmal geradezu besessen, wenn sich keine Ergebnisse einstellen wollten. Wenn es ihr angemessen erscheint, überschreitet sie bei ihren Ermittlungen Grenzen und fordert dies auch von Bekannten. Auch das Thema war von der Autorin mutig gewählt, hatte regionale Bezüge, dürfte aber auch einige Leser abschrecken. Einige Figuren waren interessant gezeichnet, aber es gab auch tiefschwarze Figuren. Der Schreibstil sorgte für Emotionen und brachte zeitweilig viel Spannung ins Spiel. Weniger schön waren etliche Wiederholungen, die wie ein Vorschlaghammer die Richtung vorgaben.

Fazit:
Ein Krimi mit einigen guten Ansätzen, der mich aber mit seiner Hauptfigur vergraulte. Deshalb bewerte ich das Buch auch nur mit zwei von fünf Sternen (50 von 100 Punkte).

Bewertung vom 26.07.2021
Aachen Krimi Reihe / Schicksalsschwur - Ein Aachen Krimi
Esser, Frank

Aachen Krimi Reihe / Schicksalsschwur - Ein Aachen Krimi


sehr gut

Mehr als ein einfacher Regionalkrimi

Buchmeinung zu Frank Esser – Schicksalsschwur

„Schicksalsschwur“ ist ein Kriminalroman von Frank Esser, der 2021 bei Neopubli erschienen ist.

Zum Autor:
Frank Esser, Jahrgang 1974, lebt in Hoengen bei Aachen.

Klappentext:
Erst wird der Juwelier Michael Pfeiffer erschossen, dann stirbt ein Obdachloser unter mysteriösen Umständen. Kriminalhauptkommissar Karl Hansen arbeitet mit seinem Team unter Hochdruck daran, die Taten aufzuklären. Zu allem Überfluss sitzt ihnen auch noch der Aachener Bürgermeister im Nacken, der angesichts der anstehenden Reit-WM wegen der Morde einen Imageschaden für die Stadt befürchtet. Eine Entdeckung im Rahmen der Ermittlungen versetzt Hansen in Alarmbereitschaft und lässt ihn vermuten, dass die Morde möglicherweise nicht das einzige Problem sind, mit dem sie es zu tun haben ...

Meine Meinung:
Der Autor erzählt in einem sachlichen und leicht verständlichen Stil eine Geschichte, die es in sich hat. Die Ermittler wirken fachlich kompetent und aufgrund ihrer leichten Schwächen und Probleme sympathisch. Es gibt zwei große Stränge, die letztendlich in Aachen zusammengeführt werden. In Aachen gibt es einen Mord an einem Juwelier und in Nordirland sammelt ein ehemaliger Freiheitskämpfer Mitstreiter für einen großen Coup. Der Autor widmet sich den massiven Auswirkungen des Brexit auf Nordirland ausführlich. In Aachen wird das Lokalflair durch die anstehenden Reiterspiele und bekannte Orte als Schauplätze gekonnt bedient. Auch kleine private Entwicklungen der Polizisten spielen eine Rolle. Hansen und sein Team leisten ordentliche und realistische Ermittlungsarbeit und kommen einem großen Ding auf die Spur. Die Spannung und das Erzähltempo ziehen deutlich an und es gipfelt in einem spektakulären Showdown. Der Unterhaltungswert ist hoch, auch weil mir der Plot sehr gut gefallen hat. Dazu gibt es nebenbei Wissenswertes über Aachen und über die aktuelle Situation in Nordirland.

Fazit:
Mich hat vor allem der Plot und der ruhige Erzählstil überzeugt. Deshalb bewerte ich das Buch mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 21.07.2021
Mord in Nizza
Instone, Andrea

Mord in Nizza


gut

Lange Zeit sehr unterhaltsam, aber dann überzog die Autorin

Buchmeinung zu Andrea Instone – Mord in Nizza

„Mord in Nizza“ ist ein Kriminalroman von Andrea Instone, der 2021 im dp Verlag erschienen ist.

Zum Autor:
Andrea Instone kam in Bonn am Rhein zur Welt, wo sie heute auch wieder wohnt. Und schreibt. Wenn man sie lässt. Lässt man sie, so schreibt sie historische Fantasy, unblutige Kriminalromane und Hommagen an Jane Austens Geschichten. Damit ist sie sehr gut beschäftigt. Zu gut, findet der Haushalt. Aber auch Wollmäuse haben ein Recht auf Leben. Oder?

Klappentext:
Cornwall, 1921: Die junge Witwe Elizabeth Teague hat eine schwere Zeit hinter sich, doch das Blatt scheint sich zu wenden, als ihre ehemalige und sehr vermögende Schulfreundin Flossie sie nach Nizza einlädt, um ihr in einer Ehekrise beizustehen. Vor Ort stellt sich jedoch heraus, dass Flossie von Lizzie mehr als nur Trost erhofft: Sie soll ihren Ehemann Albert der Untreue überführen.Für die perfekte Inszenierung zieht Lizzie in das vornehme Negresco, in dem auch Gaston Perrier logiert, den Lizzie bereits im Zug kennengelernt hat. Eine muntere Gesellschaft hat sich an der Riviera zusammengefunden und Lizzie glaubt, das große Los gezogen zu haben. Bis in ihrer Badewanne plötzlich eine Leiche auftaucht …

Meine Meinung:
Dieses Buch lebt in erster Linie von der sympathischen Hauptfigur Elizabeth Teague und dem humorigen Grundton im Umfeld des mondänen Nizza zu jener Zeit. Elizabeth wandelt sich von einer grauen Maus zu einer abenteuerlichen jungen Frau.Viele möchten sie instrumentalisieren, aber Elizabeth hat ihren eigenen Kopf und wird zunehmend selbstbewusster. Die Geschichte wird meist aus der Sicht der Hauptfigur erzählt, so dass auch ihre Gefühle und Gedanken geteilt werden. Sie wird recht ausführlich charakterisiert und ist interessant gezeichnet. Die anderen Figuren werden nur kurz skizziert und bieten wenig Überraschungen, einzig Gaston Perrier hat einige Ecken und Kanten. Ich fand das Buch lange Zeit sehr unterhaltsam, aber dann wurde Elizabeth Teague leider zur Überfrau, die alle Winkelzüge durchschaute und gestandene Ermittler alt aussehen ließ. Das war eindeutig zu viel des Guten. Gefallen hat mir die Schilderung des mondänen Nizza mit seiner versnobten Kundschaft und dem mediterranen Flair.

Fazit:
Es war lange Zeit sehr unterhaltsam, bis sich die sympathische Hauptfigur zur Überfrau wandelte. Das war mir eindeutig zu viel und deshalb bewerte ich das Buch mit drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten).

Bewertung vom 17.07.2021
Endstation Waldviertel
Pfeifer, Günther

Endstation Waldviertel


sehr gut

Launiger Kriminalfall unter Eisenbahnfreunden

Buchmeinung zu Günther Pfeifer – Endstation Waldviertel

„Endstation Waldviertel“ ist ein Kriminalroman von Günther Pfeifer, der 2021 im Emons Verlag erschienen ist.

Zum Autor:
Günther Pfeifer wurde in Hollabrunn geboren, lernte ein Handwerk und war Berufssoldat. Er schreibt für Magazine, außerdem Theaterstücke und Kriminalromane. Günther Pfeifer lebt in Grund, einem kleinen Dorf im Weinviertel.

Klappentext:
Die Fahrt mit der Waldviertler Schmalspurbahn ist ein äußerst romantisches Erlebnis. Doch als ein Mensch von der Dampflok überrollt wird, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Der Tod des beliebten Mannes ist ein Rätsel, weswegen Hans »G’schaftl« Huber, umtriebiger Hansdampf in allen Gassen, eine Privatinvestigation startet, sehr zum Missfallen des unpopulären Dorfsheriffs. Aber an den wortkargen Waldviertlern beißt sich selbst Huber die Zähne aus – bis eine alte Sage aus der Region Wirklichkeit zu werden scheint.

Meine Meinung:
Dieses Buch verfügt über ein unerwartetes Highlight, denn die Fußnoten sind wirklich wunderbar. Ist der Humor meist eher archaisch und etwas männerlastig, so überzeugen die Fußnoten ohne jede Einschränkung. Es wird nicht nur der Wortlaut erklärt, sondern es wird den Worten auch ein Hintergrund gegeben. Der Autor thematisiert die gefühlten Gegensätze zwischen Waldviertlern und Wienern, die sich gegenseitig überlegen fühlen. Dies führt zu einer Mischung aus klamaukartigen Szenen und mehr oder weniger feingeistigen Auseinandersetzungen. Die Polizisten sind mit Kleinkriegen untereinander beschäftigt, so dass ein Mitglied der Eisenbahnfreunde die Initiative ergreift. Zugleich ist das Buch eine Hommage an die Eisenbahnromantiker, die mit viel Aufwand und mit noch mehr Begeisterung ihrem Hobby frönen. Die meisten Figuren sind eher flach gezeichnet, lassen aber Raum für eigene Interpretationen. Die Erzählperspektive wechselt häufig und beinhaltet dann auch die Gedanken der handelnden Person. Weil viele der Ermittler einander nicht grün sind, scheint der Huber den erfolgversprechendsten Ansatz zu verfolgen. Ernste Gedanken wechseln mit humorigen Passagen und stellenweise stehen die Nebenhandlungen im Vordergrund. Zum Ende hin zieht die Spannung und Tempo an, es gibt einen eisenbahngerechten Showdown und die Geschehnisse werden vollständig aufgeklärt.

Fazit:
Auch wenn ich mich stellenweise mit manchen Humorvarianten schwer getan habe, so habe ich mich doch gut unterhalten gefühlt und den Eisenbahnromantikern die Daumen gedrückt. Deshalb bewerte ich das Buch mit vier von fünf Sternen (80von 100 Punkten) und spreche ein Leseempfehlung aus. Vor allem die Fußnoten haben es in sich.

Bewertung vom 17.07.2021
Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1
Bento, Tomás

Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1


ausgezeichnet

Überaus unterhaltsame Mischung

Buchmeinung zu Tomás Bento – Tod auf Madeira

„Tod auf Madeir“ ist ein Kriminalroman von Tomás Bento, der 2021 bei Ullstein erschienen ist.

Zum Autor:
Tomás Bento ist Germanist, Pädagoge und promovierter Diplom-Psychologe, lebt und arbeitet in Kiel. Er ist gern auf Reisen – immer auf der Suche nach Geschichten und Einblicken in fremde Lebenswelten. Madeiras Flora und Fauna haben ihn dabei besonders beeindruckt.

Klappentext:
Endlich Urlaub! Krimi-Autorin Laura Flemming und ihre Freundin Britta können es kaum erwarten, den Boden der wunderschönen Blumeninsel Madeira zu betreten. Doch schon bald begegnet ihnen an diesem idyllischen Ort der Tod: Ein Wanderer wurde vergiftet, ausgerechnet mit madeirischem Honigkuchen. Die Ermittlungen übernimmt Comissário Mauricio Torres – ein attraktiver Mann, dessen seelenvolle Augen Laura stärker berühren, als ihr lieb ist. Als Torres Lauras Freundin verdächtigt, kommt es zum Streit. Erst spät begreift er, dass Laura sich mit mörderischen Konstellationen auskennt und ihm bei der Aufklärung des Falls helfen kann ...

Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch quasi in einem Zug gelesen und bin begeistert. Leider kann ich nicht genau sagen, warum genau. Es ist einerseits die Begeisterung der Autorin für Land und Leute auf Madeira und andererseits haben mich die beiden Hauptfiguren, ein Kommissar und eine Schriftstellerin, überzeugt. Beide haben mit Problemen zu kämpfen und wirken doch sympathisch. Meist folgen wir einem der beiden Figuren und erleben dessen Gedanken mit. Beide Figuren sind nicht vollständig charakterisiert und der Leser kann eigene Aspekte einbringen. Beide mögen sich zuerst nicht, nähern sich aber an und respektieren einander. Es gibt einen spannenden Showdown, der die Gegebenheiten Madeiras nutzt, und zur Insel passt. Die Reisegruppe der Schriftstellerin erweist sich als heterogen und zerfällt zunehmend. Der Autor beschreibt sehr schön die unterschiedlichen Herangehensweisen der deutschen und der madeirischen Art. Es gibt viel Raum für Nebenhandlungen und für madeirische Sehenswürdigkeiten. Ernste Abschnitte werden mit viel Inselflair abgefedert. Gegen Ende ziehen Tempo und Spannung deutlich an.

Fazit:
Es muss die Mischung sein, die mich begeistert hat. Ich fühlte mich blendend unterhalten und Madeira möchte ich bereisen. Deshalb bewerte ich das Buch mit fünf von fünf Sternen (90von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung für die Freunde ruhiger und atmosphärischer Romane aus.