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SBS

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Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2020
Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen
Welk, Sarah

Tagesschau und Co. - Wie Sender und Redaktionen Nachrichten machen


ausgezeichnet

Wie werden Nachrichten gemacht? Wie erfolgt die redaktionelle Auswahl, warum wird beispielsweise aktuell so viel vom Corona-Virus berichtet und warum gibt es kaum Kinder in den Nachrichten? Warum gibt es Fake-News und wie kann man sie enttarnen? All das und noch einiges mehr wird in diesem sehr gut verständlichen, informativen und interessanten Sachbuch, das nicht nur für Kinder geeignet ist, erklärt.

Der Leser bekommt zunächst einen Überblick über die wichtigsten TV-Nachrichten, die Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlich und privat werden verständlich erklärt und somit Grundlegendes schnell abgehandelt. Das gesamte journalistische Handwerkszeug, beginnend von der Unterscheidung von neutraler Nachricht und wertendem Kommentar, die Themenauswahl bis zur Erklärung, wie die Nachrichten bei den Redaktionen ankommen. Dort sind sowohl die Arbeit Korrespondenten als auch Agenturen gut verständlich erklärt. Wie die Redakteure den Wahrheitsgehalt von Meldungen überprüfen und welche Tücken es dabei gibt oder auch

Besonders gut gefielen mir die Interviews, in denen der Leser aus erster Hand von Korrespondenten oder Sprechern von ihrem Berufsalltag erfährt, aber auch wie Linda Zervakis zu ihren Kleidern kommt, dass Peter Klöppel Landwirtschaft studiert hatte und das man sogar als absolute Matheniete später noch was werden kann.

Die Kapitel sind recht kurz gehalten, bunt und somit ansprechend gestaltet und immer wieder mit kleinen Zusätzen versehen, die das Lesevergnügen noch steigern. Mal werden Fachbegriffe kindgerecht erklärt, mal gibt es Rätsel, die der aufmerksame Leser leicht beantworten kann. Und selbst wenn das mal nicht gelingen sollte, gibt es eine Erklärung. Es ist auch nicht ganz so schlimm, wenn mal was schiefgeht, denn auch den größten Nachrichtensendern passiert das - auch das ist ein Thema. Wie solche Fehler aussehen, wie sie entstehen können und wie man damit umgeht, wird ebenfalls geschildert. Dazu passieren auch immer wieder mal lustige Pannen im Liveprogramm, wenn beispielsweise ein übereifriger Mitarbeiter aufräumen will und das rote Licht nicht wahrnimmt...

Besonders gefallen hat mir das Kapitel zu den Fake-News und der Checkliste, wie man solche entlarven kann - das sollten nicht nur Kinder beherzigen, sondern auch viele Erwachsene...
Das journalistische Handwerkszeug mit seinen wichtigsten Grundsätzen (z.B. Be first, but first be right) wird anschaulich und leicht verständlich erklärt, das informative Buch liest sich schnell und dürfte Kinder ab etwa acht Jahren gut unterhalten.

Bewertung vom 25.02.2020
Rote Kreuze
Filipenko, Sasha

Rote Kreuze


gut

Alexander, ein junger Mann bezieht eine neue Wohnung, um seiner Vergangenheit zu entgehen. Seine Nachbarin Tatjana ist über 90 Jahre alt, leidet unter Alzheimer und beginnt ihm ihre Lebens/Leidensgeschichte zu erzählen. Eine Geschichte gegen das Vergessen und die Grausamkeiten in Russland unter Stalin.
Ich bin wirklich zwiegespalten, denn einerseits hat mich die Idee hinter der Geschichte überzeugt, andererseits wurde ich mit dem Schreibstil nicht so richtig warm. Vieles war ziemlich emotionslos geschrieben, die eingefügten Gedichte (so viele sind es nicht, also keine Sorge) haben mich nicht überzeugt und es dauerte, bis ich mit den Protagonisten etwas anfangen konnte. Zum Glück gab es sich mit der Zeit, die Charaktere waren weniger farblos und es gab auch manches Zitat, das mich sehr berührt hat. Spannend fand ich die Originalunterlagen zwischen dem Roten Kreuz und der sowjetischen Regierung die zeigen, wie unglaublich unmenschlich die Regierung vorging. Die eigenen Kriegsgefangenen als Deserteure zu behandeln und ihre Familien gleich mitzubestrafen – unfassbar. Das Leben im Lager einfach nur unmenschlich und abscheulich.
Die beiden Protagonisten haben ihre Päckchen zu tragen und im Verlauf der Geschichte scheinen die beiden wirklich zueinander zu finden, wenn das auch zu Beginn ganz anders erschien. Trotzdem haben mich die zwischen Tür-und-Angelgespräche, die das Innerste der beiden zutage fördern, nicht komplett überzeugt. Es ist eine Vergangenheitsbewältigung durch Erzählen und Zuhören, eine Geschichte gegen das Vergessen dieser Zeit, die gerne mal totgeschwiegen oder relativiert wird.
Die Abrechnung mit dem Stalinismus ist an sich eine gute Sache, aber die Umsetzung hat mich nicht überzeugt, zumal mich immer und immer wieder das Gefühl beschlich, dass die Deutschen um Hitler im zweiten Weltkrieg weniger schlimm dargestellt wurden, als Stalin und seine Genossen, dabei waren beide einfach nur abscheuliche Massenmörder und der Krieg unmenschlich. Ich will nicht behaupten, dass der Autor das beabsichtigt hat, aber beim Lesen kam mir immer wieder mal der Gedanke, dass die Nazis für meine Begriffe viel zu gut wegkommen…

Bewertung vom 19.02.2020
Kitchenkarma statt Küchendrama

Kitchenkarma statt Küchendrama


ausgezeichnet

Ein Kochbuch, welches auch gut fürs Karma ist – kann das was sein? Ja, kann es! Hier ist Kochen kein Stress, sondern einfach und entspannt. Die Vielzahl der Gerichte ist nicht nur gesund, sondern auch recht einfach zu kochen.

Das Buch gefällt mir einfach richtig gut. Unzählige Male nehme ich es einfach so in der Hand, auch wenn ich nicht mal auf der Suche nach Inspiration bin, denn es ist optisch so "frisch“ und immer einen Blick wert. Die verschiedenen Schriftarten machen das Buch lebendig, die Bilder sind sehr appetitanregend und machen Lust aufs Kochen und Backen.
Die Rezepte / Zutatenlisten sind übersichtlich und ich mag die kurzen zusätzlichen Infos, zu den Zutaten und ihren positiven Wirkungen, der „kleinen Körnerkunde“ oder kleine Tricks zum Kochen. Unter den Tricks fand ich selbst kaum Neues, aber wer nur ab und an in der Küche steht oder noch zu den Laien zählt, wird sicher manches finden. Nett und passend zum Titel finde ich den Ausmalteil, das "Kreativ runterkommen", wenn ich auch noch nicht sicher bin, ob ich tatsächlich im Buch malen werde. Das Format und die hochwertige Aufmachung sind sehr gelungen.

Mein größter Kritikpunkt ist, dass die Rezepte nicht in einer gewöhnlichen "Chronologie" angeordnet sind, sondern eher thematisch geordnet (wobei mir auch das nicht immer so 100% stimmig erschien) und ich öfter mal suchen musste - mittlerweile kenne ich das Buch allerdings so gut, dass ich ziemlich schnell das Gewünschte finde. Auch das Register ist etwas gewöhnungsbedürftig.

Saisonal bedingt war ich ein wenig eingeschränkt, denn Erdbeeren kaufe ich zum Jahresbeginn ganz sicher nicht, aber trotzdem gab es einige Rezepte, die sofort probiert werden wollten.

Suppen, Hauptgerichte, Smoothies, Desserts, Kuchen – all das – oft mit einem besonderen Kniff oder überraschenden Trick- und noch einiges mehr bietet das Buch an. Chili con Carne werde ich ab sofort nur noch nach dem Rezept machen, denn hier wird auch mit Zimt gewürzt. Eine besondere Idee, auf die ich selbst ganz sicher nicht gekommen wäre, aber vollkommen überzeugt hat. Da es sich um eines der wunderschön dargestellten und simplen 5-Zutaten-Rezepte handelt, ist es besonders leicht. Direkt angesprochen hatten mich die besonderen Suppen. Karotten mit Orangensaft zu kombinieren erschien mir gewagt, aber gemacht habe ich es natürlich und jetzt gehört das Süppchen zum festen Repertoire. Ähnlich ist es mit der Erbsensuppe, die durch Minze einen Frischekick erhält, aber ganz sicher nicht jedermanns Geschmack trifft. Ein wenig Mut ist ab und an gefordert bei den Rezepten, aber es lohnt sich auch jenseits bekannter Pfade zu wandeln und neue Geschmackserlebnisse zu bekommen. Immer wieder habe ich Rezepte ein wenig selbst ein wenig variiert, z.B. laktosefreie Varianten genutzt, etwas mehr Flüssigkeit zugegeben oder mehr gewürzt.

Die probierten Rezepte waren allesamt lecker und es gibt noch einige, die einen sehr guten ersten Eindruck auf mich gemacht haben und nur auf die Umsetzung warten. Schön finde ich, dass die meisten Zutaten im gut sortierten Supermarkt erhältlich sind und auch extrem leckere vegetarische sowie vegane Rezepte enthalten sind.

Das Couscous-Coffee-Trifle ist ein Dessert, welches sich quasi ganz von selbst gemacht hat und definitiv nach mehr Arbeit aussah, als es tatsächlich war. Dazu war es sehr lecker - was will man mehr?
Überhaupt enthält das Buch sehr viele Couscous-Rezepte – also ist es nicht unbedingt empfehlenswert für Leute, die Couscous so gar nicht mögen. Besonders gelungen fanden wir auch die Couscous-Feta-Frikadellen, wenn ich auch etwas mehr Chili verwendet habe, um den Frikadellchen noch etwas mehr Pfiff zu verleihen.

Ein schönes Kochbuch für besondere Geschmackserlebnisse. Für alle, die gerne kochen und solche, die künftig entspannt und gesund kochen wollen. Karma statt Drama ist wörtlich zu nehmen!

Bewertung vom 10.02.2020
Eine kurze Geschichte vom Fallen
Hammond, Joe

Eine kurze Geschichte vom Fallen


gut

Joe Hammond berichtet in diesem außergewöhnlich offenen und persönlichen Buch von seiner Erkrankung der Motoneuron-Krankheit. Diese Erkrankung des motorischen Nervensystems führt dazu, dass er zunächst immer wieder mal hinfällt, steigert sich aber schnell und führt unweigerlich zum Tod.

Vorweg: Ich hatte andere Erwartungen an das Buch und die Rezension fällt mir schwer, da ich einerseits den Mut bewundere so offen über diese tödliche Krankheit zu schreiben, andererseits war mir der Stil oft viel zu reich an Metaphern und ich musste mich zum Weiterlesen stellenweise wirklich zwingen. Mein Problem waren in erster Linie die ganzen Rückblicke in die Kindheit und Jugend, die alles andere als rosig war und im Gegensatz zur Erkrankung das Buch dominierte. Im Nachhinein erklärt sich, warum auf die Vergangenheit so eingegangen wird, aber während des Lesens war es einfach nicht so richtig überzeugend. Zudem fand ich die Sprünge von einem Thema zum anderen manchmal einfach nicht nachvollziehbar.

Los ging es schon traurig, aber irgendwie auch humorvoll mit den ersten Symptomen der Krankheit. Dieser Galgenhumor hatte mich wirklich überzeugt und ich hatte mehr davon erwartet, leider kam diese Art immer wieder nur zwischendurch kurz zum Vorschein. Dass es sehr schwermütig werden würde und man Mitleid empfinden würde, war zu erwarten, aber die biografischen Rückblicke und ausschweifende Einblicke in die Gefühlswelt haben mich einfach wenig gefesselt – dabei sind diese Hauptthema des Buches. Ich kann verstehen, dass es dem Autor auch emotional schlecht ging (es wäre wohl alles andere als „normal“, wäre das nicht der Fall), aber mir war streckenweise zu depressiv. Das mag auch meine „Schuld“ sein, da ich mit der ausweglosen Situation in der die Familie völlig unverschuldet geraten ist, schon beim Lesen meine Schwierigkeiten hatte. Der Mut zur Autobiografie ist bewundernswert und ich hoffe einfach, dass die beiden Jungs mit dem Buch ihres mittlerweile verstorbenen Vaters mehr anfangen können als ich.
Zurückbleibt nach dieser Autobiografie eine tiefe Dankbarkeit gesund zu sein.

Bewertung vom 06.02.2020
Nach Mattias
Zantingh, Peter

Nach Mattias


sehr gut

Mattias lebt nicht mehr und das hat Auswirkungen, nicht für seine Freundin Amber und seine Familie, sondern auch für andere seiner Mitmenschen, die mal mehr, mal weniger von seinem Tod betroffen sind. Wie ergeht es diesen Menschen und wer war Mattias? Diesen Fragen widmet sich das Buch auf einfühlsame Art und Weise.

Trauer ist ein schwieriges Thema und es betrifft jeden früher oder später und dabei gibt es die verschiedensten Arten, wie sich Trauer äußert. Einige dieser Arten werden in dem Buch gefühlvoll veranschaulicht. Die Freundin lässt das Rad, welches erst nach dem Tod Mattias´ geliefert wird mitten in der Wohnung stehen, sodass sie sich daran vorbeiquetschen muss: Seine Mutter überlegt auf der Wohnung seiner Freundin etwas mitgehen zu lassen, die Großeltern, die mit Änderungen ihres Alltagstrotts in Schwierigkeiten geraten. Und gibt es da noch einen Alkoholiker, der vergeblich auf seine Gäste wartet, den Blinden, der selbst nach und nach immer mehr verliert, einen Freund, der immer weiter rennt oder den Rowdy, der im Internet einen wahren Freund gefunden hatte… Doch auch die noch lebenden Charaktere sind wunderbar gezeichnet, mal mehr, mal weniger sympathisch, aber immer authentisch.

Eigentlich wollte ich das Buch langsam und „genüsslich“ lesen, aber das Buch hat mich so in seinen Bann gezogen, dass ich einfach nicht mehr aufhören konnte. Immer wieder kamen neue Figuren, die mich auf die eine oder andere Art bewegten – und sie alle verbindet Mattias. Mattias, von dem man erst spät erfährt was genau geschehen ist, wird durch die Trauer seiner engsten Verwandten und Freunde sehr sensibel gezeichnet und er scheint ein netter Typ gewesen zu sein, den man einfach aufgrund seiner mutigen und lebensfrohen Art sicher gemocht hätte. Erst nach und nach ergibt sich aus den acht Kapiteln ein rundes, stimmiges Bild. Zwischendurch fragt man sich, wie hängt das zusammen, aber genau im richtigen Moment schafft es der Autor mit oft nur wenigen Worten die Erklärung zu liefern. Zudem gibt es noch manche Wendung, die ich im Vorfeld nicht so erwartet hatte, mir aber gefiel.

Trotzdem gab es zwei Dinge, die mich nicht so überzeugten. Zum einen war mir das Buch ein wenig kurz, oft hätte ich mir etwas mehr Ausführlichkeit gewünscht, zum anderen haben mich zwei sehr klischeehafte Aspekte gestört. Das waren zwar nur Kleinigkeiten (in den beiden Amber-Kapiteln), die wohl die wenigsten wirklich stören, aber auf mich zu platt wirkten wenn man den Rest des Buches berücksichtigt.

Man fragt sich oft – was wäre wenn? Was ist wirklich wichtig und lebe ich so, dass es okay wäre, wenn morgen oder in fünf Minuten alles vorbei wäre? Auch wenn Trauer ein zentrales Thema ist, enthält das Buch so viel mehr. Es ist traurig und bewegend, macht aber nachdenklich und irgendwie stimmt es auch positiv, hoffnungsvoll – denn es geht weiter, auch wenn das zunächst vielleicht unglaublich erscheint.

Bewertung vom 27.01.2020
1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2
Natt och Dag, Niklas

1794 / Winge und Cardell ermitteln Bd.2


gut

Der Adelige Eric Drei Rosen wird von seinem Vater auf die Karibikinsel Saint-Barthélemy geschickt, weil er sich in eine Bauerntochter verliebt hat und diese eigentlich ehelichen möchte. Auf der Insel trifft er auf einen Teufel in Menschengestalt. Zurück in Schweden scheint Eric seine Frau in der Hochzeitsnacht ermordet zu haben. Die Brautmutter kann es nicht glauben und wendet sich an Häscher Jean Michael Cardell, der nach dem Tod von Cecil Winge nicht überwunden hat.

Die Fortsetzung hat mich gewisse Strecken begeistert, aber an den Vorgänger konnte die Geschichte nicht anschließen. Der Kriminalfall war mir viel zu durchsichtig und zu wenig im Fokus. Die Verbindung von historischem Roman und Krimi war einfach beim ersten Teil der Reihe deutlich besser gelungen. Die damalige Zeit wird mit all ihren schaurigen und ekelhaften Grausamkeiten und einer ganzen Menge Lokalkolorit gesponnen. Das ist faszinierend und widerlich zugleich. Der Autor kreiert eine extrem düstere Atmosphäre, Lichtblicke gibt es keine in der damaligen Zeit. Mir ging der Autor durch auch manchmal ein wenig zu sehr ins Detail. Er schien mir schon fast zu viel Spaß an den teils unmenschlichen Schilderungen zu haben…

Erneut ist die Geschichte in die Jahreszeiten aufgeteilt, die nicht chronologisch angeordnet sind und sich so erst nach und nach ein Bild ergibt. Der Anfang hat mich irritiert, denn dort erzählt eine zunächst unbekannte Person ihre Lebensgeschichte. Mir fiel der Einstieg daher nicht ganz so leicht, wenn ich auch überraschend schnell doch einen Draht zu dieser Person gefunden habe. Schneller voran ging es dann, als die bereits bekannten Personen auftraten.

Insgesamt hatte ich wohl nach dem ersten Teil zu hohe Erwartungen an die Fortsetzung. Ob es ein 1795 geben wird (das Ende würde es hergeben) und ob ich es lesen werde, steht in den Sternen.

Hier würde ich zwingend empfehlen sich an die Reihenfolge zu halten, weil doch einige Bezüge zu dem Vorgänger enthalten sind, die wahrscheinlich ziemlich unverständlich bleiben, wenn man 1793 nicht kennt.

Bewertung vom 24.01.2020
Abgefackelt / Paul Herzfeld Bd.2
Tsokos, Michael

Abgefackelt / Paul Herzfeld Bd.2


ausgezeichnet

Nach den Geschehnissen in "Abgeschlagen" wird es für Paul Herzfeld Zeit für etwas Ruhe, findet sein Chef und schickt ihn nach Itzehoe. Dort soll der Rechtsmediziner eine Weile als Pathologe in einem Klinikum vertretungsweise arbeiten. Herzfeld nimmt das Angebot an und erfährt erst vor Ort was mit seinem Vorgänger geschehen ist. Der angebliche Suizid erscheint in einem völlig anderen Licht als Herzfeld mehr über die Geschehnisse erfahren möchte - irgendwann wird es auch für Herzfeld richtig brenzlig.

Schon der Einstieg ist extrem vielversprechend- temporeich und brutal. Ein Mann wird -passend zum Titel- regelrecht "abgefackelt". Wer er ist, was er dort wollte und warum er sterben musste, bleibt im Dunklen. Doch er ist nicht der Einzige, der ins Visier eines kaltblütigen Täters geraten ist. Die Tathintergründe bleiben lange unklar und trotzdem ist das Buch durchweg spannend. Selbst (scheinbare und tatsächliche) Nebensächlichkeiten sind gekonnt eingebettet und unterhaltsam - zumindest für True-crime Fans. So erfährt man, aus meiner Sicht sehr authentisch geschildert, einiges direkt vom Sektionstisch. Manches mag nicht für schwache Nerven sein, aber dann sollte man vielleicht prinzipiell andere Bücher lesen...

Wie Herzfeld "ermittelt" und welche Hintergründe für alles ursächlich sind, ist beeindruckend und auch etwas beklemmend. Ins Detail werde ich aus guten Gründen nicht gehen - ihr müsst schon selbst lesen. Die kurzen Kapitel sorgen für ein rasches Vorankommen. Der flotte und prägnante Schreibstil sowie die fesselnde Geschichte tun ihr Übriges. Entsprechend konnte ich das Buch kaum aus den Händen legen und habe es binnen eines Tages gelesen.
Wie Tsokos reale Fakten und auch Autobiografisches in das fiktive Geschehen einbindet ist einfach genial. Hier ist selbst das Lesen des Nachwortes noch interessant und aufschlussreich.

Ich hatte tatsächlich den Vorgängerband bisher nicht gelesen, es schadete dem Leseverständnis nicht, nun brauche ich ihn auch nicht mehr zu lesen, da man bereits auf den ersten Seiten gespoilert wird.
Nun habe ich schon richtig Lust auf den nächsten Teil. Es verspricht erneut brenzlig zu werden, denn ein Herzfeld kommt eben nicht zur Ruhe....

Bewertung vom 20.01.2020
Brot backen
Weber, Anne-Katrin

Brot backen


ausgezeichnet

Brot backen leicht gemacht

Brot backen ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen an gemütlichen Wochenenden, wenn es keinen Termin und keinen Druck gibt. Dabei versuche ich auch immer wieder gerne neue Rezepte und Ideen. Hier werden zahlreiche Brotvarianten präsentiert. Ob süß, nussig oder klassisch - alle getesteten Rezepte funktionierten und schmeckten uns sehr gut.

Unterteilt in Brote mit Hefe, Sauerteig sowie Brötchen und süße Brote findet man eine breite Palette an Möglichkeiten. Es gibt sowohl Basics, als auch außergewöhnliche Rezepte. Manches scheint zunächst mal vielleicht für Anfänger nicht so leicht zu backen, doch GU hat schon in den Klappen hilfreiche Tipps und Tricks zu Mehlsorten oder auch Arbeitsutensilien parat, die das Backen deutlich erleichtern. Vor allem hat mich die kurze Einführung zum Sauerteig überzeugt. Früher hielt ich das mal für schwierig...heute frage ich mich wieso.

Die typische GU-Aufmachung mit überschaubarer Zutatenliste, verständlichen Erklärungen und ansprechenden Bildern ist sowohl für Laien, als auch erfahrene Brotbäcker zu empfehlen. Zu jedem Rezept sind die Ruhe- und Backzeiten übersichtlich dargestellt.

Ein Buch, welches das Brotbacken für Jedermann zu einer leichten Aufgabe und duftenden Genuss macht.

Bewertung vom 09.01.2020
Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6
Slupetzky, Stefan

Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6


ausgezeichnet

Viel mehr als "nur" ein Krimi

Der junge Mario ist mit dem Lemming, bürgerlich Leopold Wallisch, einem früheren Polizisten, in der Tram unterwegs, als er eine Nachricht auf dem Handy erhält. Mario ist so verzweifelt, dass er keinen Ausweg mehr sieht und sich das Leben nimmt. So weit, so schlimm und furchtbar, doch für den Lemming und auch den Inspektor Polivka soll es erst noch ganz dicke kommen...Die beiden verlieren ihre Jobs und das lassen sie natürlich nicht auf sich beruhen.

Ich kannte im Vorfeld weder den Lemming, der wohl schon einige Abenteuer hinter sich hat, noch den Autor. Beide haben mich aber auf wirklich ganzer Linie überzeugt, denn auch wenn der Lemming ein wenig von vorgestern erscheint und das Internet, sowie dessen Gefahren komplett fremde Welten sind, ein simples „Lol“ schon überfordert und der meint, dass ein „Scheißsturm“ ihn eh nicht juckt, ja, dann weiß man, dass das ganz sicher noch anders kommen wird. Das tut es auch und, wie ich fand, macht der Autor das richtig gut. Er zeigt die möglichen Gefahren auf, ohne den Zeigefinger zu erheben oder von oben herab zu belehren. Erwartet hatte ich einen Krimi, also nichts Weltbewegendes, sondern einfach nur ein wenig gute Unterhaltung, aber deutlich mehr erhalten. Das ist schon mal sehr gut.

Der brandaktuelle und brisante Krimi ist politisch und setzt sich kritisch mit den (a)sozialen Medien und den Medien allgemein auseinander. Wie werden im Hintergrund Strippen gezogen werden und welche Auswirkungen kann das haben? Wie dem Ganzen begegnen und so weiter… all das ist nicht nur interessant, sondern auch stilistisch sehr gut umgesetzt worden. Der Autor trifft genau den richtigen Ton, ob er nun mit dem sympathischen Lemming gerade unterwegs ist oder irgendeinen verblendeten vor Hass überbordenden Kommentator zum Besten gibt. Dabei wird die Haltung des Autors immer wieder deutlich - für mich ein absoluter Pluspunkt sich so gegen die rechten Hetzer zu stellen!

Handlungsort ist Wien und das merkt man im positiven Sinne, denn ein wenig Lokalkolorit ist schon eingestreut. Manches Mal schlägt bei den Figuren der eine oder andere typische Begriff durch, aber der wird entweder erklärt oder er ist wirklich für jeden verständlich. Für mich hat das auch ein wenig den Charme des Buches ausgemacht. Insgesamt ist die Schreibe locker und flüssig, oft mit Humor gespickt und es macht einfach Spaß zu lesen. Nur schade, dass das Buch so kurz war und ich es tatsächlich in einem Abend schon durchgelesen habe.

Ein Krimi mit wenig Blut, aber echtem Mehrwert für den Leser, dazu kurzweilig, oft lustig und spannend – was will man mehr?