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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 962 Bewertungen
Bewertung vom 02.06.2024
Unheilvolles Lançon / Capitaine Roger Blanc ermittelt Bd.11
Rademacher, Cay

Unheilvolles Lançon / Capitaine Roger Blanc ermittelt Bd.11


sehr gut

Autor Cay Rademacher ist mit „Unheilvolles Lançon“ ein vielschichtiger Krimi gepaart mit einer großen Portion Lokalkolorit der Provence gelungen. Vielleicht nicht ganz so spannend, wie andere Teile der Reihe.

Zunächst sieht es einmal so aus, als gäbe es gar keinen Fall, obwohl Capitaine Roger Blanc von Alice Merlin, der Eigentümerin des bekannten Weinguts Château Richelme eine Drohnenaufnahme gezeigt bekommt, auf der eine leblose Frau auf einem Felsen liegt. Blanc fährt zu dem mutmaßlichen Tatort und findet keine Leiche, keine Spuren, einfach gar nichts. Sein berühmtes Bauchgefühl lässt ihn dennoch ermitteln, auch wenn Commandante Nkoulou und Madame le Juge, Aveline Vialaron-Allègre, das ein wenig anders sehen. Er möge den Ball ganz flach halten und möglichst unauffällig nachforschen, so der einhellige Tenor der beiden. Das Weingut ist ein weit über die Provence bekanntes, daher möge Blanc vorsichtig agieren. Diese eigenartige Haltung der beiden lässt bei Roger Blanc seinen üblichen Widerspruchsgeist aufkommen.

Bei seinen Ermittlungen auf dem Weingut stößt er auf zahlreiche Ungereimtheiten. Halb- und Viertelwahrheiten sowie auf Francis Merlin, den todkranken Winzer und seinen enterbten Sohn Justin sowie auf einen Immobilienmakler, der wie ein Aasgeier über dem Weingut kreist.

Meine Meinung:

Die Schilderung der Umgebung und des (fiktiven) Weingutes, auf dem sich ein Großteil der Geschichte abspielt, ist gute gelungen, kennt sich doch der Herr Autor in der Provence recht gut aus. Hilfreich dazu ist der Lageplan in der Buchklappe, der die Lesern die Umgebung leicht verorten lässt.

Trotz der zögerlichen Haltung von Commandante Nkoulou und Madame le Juge, Aveline Vialaron-Allègre, geht Rober Blanc methodisch vor und findet sich unversehens in einem veritablen Familiendrama wieder, dessen Wurzeln in die Vergangenheit reichen.

Gut gefällt mir, dass mit Carmen und Manuel Rodriguez zwei Vertreter der Gens du Voyage (des Fahrenden Volkes) Platz in diesem Krimi finden. Zwar fehlt es nach wie vor an Verständnis für diese Art zu leben wie es diese Minderheit in Frankreich betreibt, aber man bietet ihnen zumindest ordentliche Campingplätze an. Dass die Mitglieder des Clans nicht gar so gerne mit den Flics reden wollen, ist wegen ihrer schlechten Erfahrungen mit Behörden aller Art nur zu verständlich.

Stellenweise wirkt der Krimi bedächtig. Blanc macht sich allerdings Sorgen um seine Mitarbeite Marius und Fabienne. Der eine, ein trockener Alkoholiker (?) scheint wieder zur Flasche zu greifen und Fabienne ist wieder schwanger und hat Ambitionen die Provence und damit das Team um Capitaine Roger Blanc gemeinsam mit ihre Frau zu verlassen. Blanc hat ohnehin kein gutes Gefühl, wenn Fabienne mit dem Motorrad durch die Landschaft braust und ihre Schwangerschaft abermals gefährdet ist.

Ich habe recht bald den Täter und sein Motiv ausgemacht. Allerdings sind die Familienangelegenheiten der Merlins noch um eine Facette komplexer.

Fazit:

Wer auf der Suche nach einem Kriminalroman mit einem sympathischen Ermittlerteam und viel Lokalkolorit ist, ist hier richtig, wenn auch dieser 11. Fall nicht ganz so fesselnd ist, wie andere Teile der Reihe. Diesmal gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 31.05.2024
Dorf unter Verdacht (eBook, ePUB)
Upson, Nicola

Dorf unter Verdacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nachdem am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg ausgebrochen ist und Nazi-Deutschland die Bombardierung britischer Städte androht, entschließt sich die britische Regierung Kinder und Jugendliche aus London zu evakuieren. Der Abschied fällt nicht nur den Kindern, sondern auch den Müttern sehr schwer. Die Kinder werden aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen und manche entwickeln wie die kleine Angela Schuldgefühle, weil sie das Ganze nicht verstehen können.

Als in dem kleinen Dorf in Suffolk, in dem auch die Schriftstellerin Josephine Tey ein kleines Cottage besitzt, fast doppelt so viele Kinder ankommen, als ursprünglich erwartet, herrscht helle Aufregung.

Die Verteilung der „überzähligen“ Kinder gestaltet sich mitunter schwierig, denn nicht alle Familien sind gewillt, mehr als die ursprünglich vereinbarten Kinder aufzunehmen. Manchmal werden, sowie bei den Geschwistern Betty und Noah die Kinder in verschiedenen Häusern untergebracht, weil die Gastfamilien auch eigene Interessen verfolgen. So bleibt Josephine, die eigentlich nur die letzten paar Tage vor deren Abreise mit ihrer Freundin Marta verbringen will, nichts anderes übrig, als den etwas älteren Noah bei sich aufzunehmen, was nicht ganz friktionsfrei abläuft, ist doch Noah selbst ganz verschreckt.

Während der ganzen Aufregung bemerkt niemand, dass die kleine Annie, Enkeltochter der Dorfladenbesitzerin, verschwindet. Zunächst denken alle an einen Streich, denn das verzogene Kind will um keinen Preis, seine Vorzugsstellung aufgeben, weil ihre Eltern fremde Kinder aufnehmen. Doch je mehr Zeit vergeht umso größer werden die Sorgen. Erst als DI Archie Penrose mit seiner neuen Partnerin und deren Kinder eintrifft, beginnt eine groß anlegte Suchaktion, die zunächst einige Tage erfolglos bleibt und ein schon lange Jahre bestehendes Misstrauen unter den Bewohner des Dorfes schürt. Dann taucht Annie unter falschem Namen wieder auf.

Nun stellt sich die Frage, wo denn Angela, das Mädchen, dessen Namenskärtchen Annie verwendet hat, geblieben ist? Archie muss Angelas Mutter, die Hiobsbotschaft überbringen, dass ihre Tochter vermisst ist und nicht, wie in einer Postkarte gemeinsam mit ihrer Freundin gut angekommen ist. Muss man nun nach zwei abgängigen Kindern suchen?

Meine Meinung:

In dieser Albtraumsituation auf Grund der Evakuierung von Kindern wegen der Luftangriffe auf britische Städte und Chaos bei der Überstellung der Kinder, brechen lang gehütete Geheimnisse eines Dorfes auf. Es tauchen Gerüchte und Unterstellungen auf, die nicht immer „nur“ einen fremdgehenden Ehemann entlarven, sondern tragische Ereignisse aus der einen oder anderen angesehenen Familie ans Tageslicht bringen.

Geschickt verknüpft Nicola Upson Fakten der Evakuierung mit Fiktion. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Chaos das eine oder andere Kind wirklich verloren gegangen sein könnte. Das Leid der Eltern zwischen Hoffen und Bangen ist sehr realistisch beschrieben ist. Auch Archie Penroses Bemühungen Annie zu finden und die Bestürzung Tagelang quasi nach einem Phantom gesucht zu haben, liest sich authentisch. Archie ist ein Ermittler mit Herz und Hirn, doch scheint er hier ebenso an seine Grenzen zu kommen wie Josephine.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi, der vor dem historischen Hintergrund der Evakuierung von Londons Kindern spielt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Für mich ist dieser Band der bislang beste dieser Reihe.

Bewertung vom 31.05.2024
Der süße Zauner
Zauner, Josef;Komarek, Alfred

Der süße Zauner


ausgezeichnet

Wer Bad Ischl sagt, muss auch Zauner sagen oder umgekehrt?

Josef Zauner, Seniorchef des gleichnamigen Betriebes, der inzwischen seit mehreren Generationen in Familienbesitz ist, erzählt aus dem Nähkästchen. Doch zuvor dürfen wir uns über eine durchaus launige Einleitung des im Jänner 2024 verstorbenen Schriftstellers Alfred Komarek erfreuen. Komarek, ein gebürtiger Ausseer (das „Bad“ lassen die Einheimischen auch in Ischl weg) kennt Ischl und seine Bewohner recht genau.

Neben zahlreichen Anekdoten spielen die natürlich die kulinarischen Köstlichkeiten des Zauners die Hauptrolle. Der Zauner ist nicht nur ein Kaffeehaus, in dem Schön und Reich (oder wer sich dafür hält) ein und aus geht, sondern eine Institution.

Mehr als zwanzig vom Seniorchef sorgfältig ausgewählte Rezepte werden erstmals (?) zum Nachbacken veröffentlicht. Das, des berühmten „Zauner-Stollen“ bleibt allerdings nach wie vor ein Familiengeheimnis. Meine absoluten Favoriten sind: das Erdbeer-Biskuit-Omelette (S. 60) und der Kastanienreis mit Obers, Eis und Schokoladensauce (S. 86).

Fans der Habsburger kommen vermutlich am Sisi-Parfait (S. 98) und am Schratt-Gugelhupf (S. 55) nicht vorbei.

Wer sich nun an den köstlichen Mehlspeisen gütlich getan hat, kann die erworbenen Kalorien bei einem Spaziergang durch Ischl oder eine Wanderung auf den Jainzen und/oder die Katrin, die Hausberge Ischls, wieder loswerden.

Das Buch besticht durch seine gediegene Aufmachung als Hardcover mit Lesebändchen und seinen zahlreichen tollen Fotos. Dabei sind auch viele historische Ansichten aus Ischl, wobei manches auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.

Fazit:

Ein gelungenes Buch, das eine Liebeserklärung an den Zauner ist und sich perfekt als Gescgenk eignet. Gerne gebe ich dieser guten Melange (um im Kaffeehaus zu bleiben) aus Rezepten, Fotografien und Geschichten rund um Ischl 5 Sterne.

Bewertung vom 31.05.2024
Herrschaftszeiten
Spiegelfeld, Johann-Philipp;Pusch, Martin S.

Herrschaftszeiten


ausgezeichnet

Dieses Buch ist die Zusammenfassung einer mehrteiligen TV-Serie in der Johann-Philipp Spiegelfeld 17 Burgen und Schlösser in Österreich (und eines in Südtirol) besucht und mit den Schlossherren und Burgfräuleins, die häufig auch noch weitläufig mit ihm verwandt sind, über die Geschichte der Gebäude spricht.

Der Aufbau ist immer der selbe: Johann-Philipp Spiegelfeld verbringt jeweils zwei Tage mit den Familien, übernachtet dort und macht auch Ausflüge mit den Menschen. Und nach einem gemeinsamen Abendessen, folgt dann noch ein spannendes Kamingespräch, in denen man dann auch Privates erfährt. Natürlich darf die Frage nach einem Schloss- oder Burggespenst nicht fehlen.

Bleibt zum Schluss nur noch die Frage offen: Wie wohnt eigentlich Johann-Philipp Spiegelfeld, der zerzauste Adelige, der für‘s Fernsehen Seinesgleichen in ihren Schlössern und Burgen besucht, selbst?

Meine Meinung:

Das Buch ist die gelungene Zusammenfassung der aktuell drei Staffeln umfassende Sendereihe. Johann-Philipp Spiegelfeld ist studierter Historiker, Linienpilot und Rettungssanitäter und hat gemeinsam mit Regisseur Martin S. Pusch dieses Buch geschrieben.

Viele Menschen haben vom Leben auf Schlössern und Burgen eine falsche Vorstellung. Opulent, manchmal dekadent und reich - so ist häufig die Meinung. Bei den Gesprächen, die Johann-Philipp Spiegelfeld führt, wird schnell klar, dass sich „Reichtum“ schnell relativiert, wenn man weiß, dass Tausende Quadratmeter Dach neu einzudecken sind und das Vermögen hauptsächlich aus kaum veräußerbaren Land- und Forstwirtschaftsbetrieben besteht. Daher haben fast alle Schloss- und BurgbesitzerInnen einen Brotberuf. Das beschreibt Johann-Philipp Spiegelfeld in einem Interview wie folgt:

"Die Adeligen sind ganz normale Normalos. Das sind Menschen, die auch ganz normale Berufe haben. Es ist natürlich ein "First World Problem", ein Schloss vererbt zu bekommen, aber es ist gleichzeitig auch eine irre Verantwortung und die spürt man auch. Niemand will ja der letzte in einer Linie sein, der dieses Schloss erhalten kann. Denn so ein Schlossbesitz ist mit vielen Aufgaben und vielen Sorgenfalten verbunden. Viele in diesen Familien sind auch gar nicht glücklich darüber, dass sie solche Aufgaben auferlegt bekommen haben."

Mir hat das Buch, ebenso wie die Sendereihe sehr gut gefallen. Johann-Philipp Spiegelfeld plaudert ziemlich ungezwungen und erzählt von einigen Hoppalas, die im Fernsehen nicht zu sehen sind.

Das Buch ist in gediegener Ausstattung im Amalthea-Verlag als Hardcover erschienen. Es eignet sich sehr gut als Geschenk.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.

Bewertung vom 31.05.2024
Die kurze Stunde der Frauen
Gebhardt, Miriam

Die kurze Stunde der Frauen


ausgezeichnet

Mit diesem Buch räumt Miriam Gebhart, Autorin zahlreicher Sachbücher, die sich mit Frauenschicksalen in und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beschäftigen, mit einigen der Mythen auf. Vor allem der Untertitel „Zwischen Aufbruch und Ernüchterung in der Nachkriegszeit" zeigt die Veränderungen, die nun auf die Frauen warten, nachdem der Traum vom „Tausendjährlichen Reich“ endlich geplatzt ist.

Anhand von Interviews, Tagebücher sowie das Zusammentragen von historischen Quellen und deren Analyse zeichnet die Historikerin und Journalistin ein durchaus ambivalentes Bild der Frauen und der Gesellschaft. Ihre Erkenntnisse teilt sie, neben Vor- und Nachwort in neun Bereiche:

Unschuldsvermutung
Gewalterfahrung
Trümmersaga
Überlebenssicherung
Arbeitsmoral
Politische Schwestern
Lebensentwürfe im Kalten Krieg
Kinder großziehen
Ehemänner und andere Träume

Der Schreibstil ist, wie ich es von Miriam Gebhardt kenne, sachlich aber sehr informativ und flüssig. Diese Zeit(en) sind für uns schwer vorstellbar. Manche Aus- und Nachwirkung kennen (erahnen) einige von uns durch unsere Mütter. Meine Großmutter (Jg. 1910) und meine Mutter (Jg. 1940) haben den einen oder anderen Knacks für ihr Leben bekommen, den sie an mich - ohne es zu wissen bzw. es zu wollen - weitergegeben haben.

Diese Zeit wurde geprägt durch Gewalt, Hunger, Grausamkeiten und der tägliche Kampf ums Überleben.

Sehr interessant für mich als Österreicherin sind die beschriebenen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

Gut verstehen kann ich, dass manche Frauen froh waren, die Verantwortung wieder abzugeben. Viele jedoch, die mehrere Jahre die Rumpffamilie und ev. einen Betrieb er- und zusammengehalten haben, wollten oder konnten sich nicht mehr auf das Abstellgleis schieben lassen, zumal die zurückkehrenden Männer auch nicht mehr die von früher waren. Traumatisierte Menschen, die sich in und mit den veränderten Rahmenbedingungen kaum zurecht fanden.

Miriam Gebhardt versucht zu erklären, warum diese Ereignisse unser Leben bis heute beeinflusst. Mit einigen Mythen und Klischees (Stichwort „Trümmerfrauen“) räumt sie (hoffentlich) für immer auf.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem kritischen Blick auf diese „kurze Stunde der Frauen“ 5 Sterne.

Bewertung vom 28.05.2024
Die Komponistin von Köln
Meves, Hanka

Die Komponistin von Köln


gut

Hanka Meves erzählt in diesem historischen Roman die Lebensgeschichte der Maria Herz, geborene Bing (1878-1950) nach. Maria wächst wohlbehütet in Köln auf, erhält Klavierunterricht und sieht sich in Zukunft als gefeierte Pianistin. Nach ihrer Heirat mit dem Chemiker Alfred Herz 1901 zieht sie mit ihm nach England, bekommt vier Kinder und beginnt zu komponieren. Während eines Besuchs in Köln 1914 wird sie vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überrascht und kann, weil sie nicht, wie als ihre Kinder, als britische Staatsbürgerin zählt. Sie muss in Deutschland bleiben. 1920 stirbt Albert und Maria bleibt weiterhin in Deutschland. Erst 1935 als die Nürnberger Gesetze sie als Jüdin gefährden, kehrt sie nach England zurück. Soweit der Lebenslauf der Maria Herz.

Der historischen Maria, im Roman Mariechen genannt, stellt die Autorin eine fiktive Freundin namens Franziska zur Seite. Die Mädchen wachsen mehr oder weniger gemeinsam auf, haben ähnliche Träume, aber letztlich unterschiedliche Lebenswege.

Grundsätzlich sind Fakten und Fiktion geschickt miteinander verwoben und die Leser erfahren einiges über das säkulare jüdische Leben in Köln um 1900. Dieser Teil der Erzählung ist von vielen detaillierten Beschreibungen gekennzeichnet, worunter die Spannung arg leidet. Für den Fortgang der Handlung ist es ziemlich unerheblich ob Mariechen ein blaues oder orangefarbenes Band zu ihrem Kleid trägt. Die Jahre vor ihrer endgültigen Abreise aus Nazi-Deutschland 1935 nehmen viel weniger Raum in diesem Roman ein.

Die Beschreibung von Straßen und Plätzen des historischen Köln ist gut gelungen. Bei jedem Besuch Maries, wird über die Veränderungen zum vorigen Mal gesprochen. Das hat mir ebenso gut gefallen wie das ausführlich Nachwort und das Personenverzeichnis.

Leider hat mir der Schreibstil nicht ganz so zugesagt. Die Geschichte plätschert, trotz aller Schicksalsschläge einfach dahin. Auch in den Briefen, die Marie und Franziska sich gegenseitig schreiben, ist wenig Aufregung zu spüren.

Da Maria Herz erst in England zu komponieren beginnt, daher finde ich den Titel nicht so optimal. Üblicherweise hat der Emons-Verlag ein tolles Händchen für ein einprägsame Covergestaltung. Dieses Cover wirkt auf mich wie ein mittelalterliches Bild. Um 1900 ist die Blüte des Jugendstils, der vor allem durch die jüdische Bürgerschaft getragen wird. Da hätte mir ein ornamentales Cover mit einer Jugendstilschrift oder eines mit einem (stilisierten) Detail des Neptunbades deutlich besser gefallen.

Fazit:

Leider hat mich dieser historische Roman über eine beinahe vergessene Komponistin nicht so ganz fesseln können. Daher kann ich diesmal leider nur 3 Sterne vergeben.

Bewertung vom 28.05.2024
Die Schwester
Lee, Sung-Yoon

Die Schwester


ausgezeichnet

Über Nordkorea weiß man hier in Europa nicht allzu viel genaues. Auch ich bin da keine Ausnahme, weshalb ich bei diesem Buch gleich zugegriffen habe. Die Demokratische Volksrepublik Korea ist ein diplomatisch weitgehend isolierter Staat in Ostasien. Der "Oberste Führer" des Landes, Kim Jong Un, brüskiert(e) mit Atomtests und anderen Provokationen mehrfach die internationale Gemeinschaft. Innenpolitisch gilt das Land als eines der restriktivsten Systeme der Welt.

Autor Sung-Yoon Lee, ist in Südkorea geboren und Ostasienwissenschaftler, Nordkoreaexperte und Professor für Koreastudien an der Tufts University, Massachusetts. Daher kann man annehmen, dass er weiß, worüber er schreibt.

Das Buch führt sehr gut in die Geschichte um Nord- und Süd-Korea ein. Er beschreibt den Weg der Dynastie der Kims vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Ein Menschen verachtender Clan, der mit brutaler Gewalt gegen alle jene vorgeht, die vermeintlich nicht ihrer Meinung sind oder sich irgendeines noch so kleinen (angeblichen) Vergehens schuldig gemacht hat. Dabei macht der Clanchef auch vor seinen eigenen Verwandten nicht halt. Das eigene Volk ist ihnen sowieso mehr als egal (oder „völlig wurscht“ wie man in Wien sagt). Zu wenig geklatscht bei einer der holprigen Reden von Kim Jong Un? Dann ab in ein Arbeitslager oder gleich exekutiert - je nachdem, wie der Diktator gerade aufgelegt ist.

Die Familiengeschichte des Clans wird vor dem Volk und dem Rest der Welt geheim gehalten. Nur wenig sickert hier durch. Seit einigen Jahren taucht an Kim Jong Uns Seite eine Frau auf, die man zunächst nicht genau zuordnen konnte; Seine Schwester Kim Yo-Jong.

Sie scheint die weitaus gefährlichere Person zu sein. Ihr Vorteil ist, dass sie als Frau kaum ernst genommen wird. Im Westen nicht und im extrem patriarchalischen Nordkorea schon gar nicht. Sie kann quasi aus der „zweiten Reihe“ geschickt in die Politik ihres Bruders eingreifen. Sie wirkt, glaubt man den TV-Bildern und dem Autor, ziemlich unscheinbar, aber gleichzeitig arrogant. Sie setzt, wann immer ihr es opportun scheint, ein Lächeln auf, das nicht von Herzen kommt, sondern eiskalt kalkuliert ist.

Hinter dem freundlichen Lächeln der Despoten verbirgt sich grausames Kalkül, das vor allem die westliche Welt hinters Licht führt. So gibt man sich gerne gesprächsbereit, um schon am nächsten Tag alles wieder für null und nichtig zu erklären.

Der Staat ist bettelarm, Tausende Menschen sind in der Vergangenheit verhungert bzw. tun dies nach wie vor, aber man leistet sich dennoch ein teures Atomprogramm. Woher das Geld kommt? Aus staatlichen Erpressungen der USA, der UNO usw. erzählt Sung-Yoon Lee. Es ist auch kein Überraschung, dass Nordkorea mit Putins Russland und Cina beste Beziehungen unterhält.

Meine Meinung:

Obwohl der Titel des Buches „Die Schwester“ lautet, wird die Person Kim Yo-Jong ständig von ihrem Bruder überschattet und nicht nur wegen seiner Leibesfülle. Vermutlich muss das so sein, um die Zusammenhänge in diesem undurchsichtigen Clan auch nur ansatzweise zu durchschauen. Zudem ist über die zweitwichtigste Person des Landes so gut wie nichts bekannt. D.h. Autor Sung-Yoon Lee muss sich über Dritte Kim Yo-Jung nähern. Das ist ihm sehr gut gelungen, erfährt der Leser doch einiges über das Land, das uns so ferne ist.

Anfangs sind die vielen für uns ähnliche klingenden Namen sehr verwirrend. Doch wenn man die Nomenklatur einmal verstanden hat, gelingt es, die Personen zu den einzelnen Familien zuzuordnen. Damit bekommt man auch gleich ein Gespür dafür, wer für die Geschichte wirklich wichtig ist. Die Skrupellosigkeit, die die Herrschenden tatsächlich schon mit der Muttermilch aufgesogen haben, ist wirklich erschreckend. Ihr Lehrmeister: Kim Jong Il, der Vater.

Das Cover passt perfekt zu der höchst undurchsichtigen Person. Man sieht nur das, was sie ihr Gegenüber sehen lassen will.

Fazit:

Wer sich ein Bild der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea machen will, sollte zu diesem Buch greifen, auch wenn der Titel eine Biografie von Kim Yo-Jong, der Schwester von Diktator Kim Jong Un, suggeriert. Gerne gebe ich diesem erschreckenden Porträt einer ganzen Dynastie 5 Sterne und bin wirklich froh, in einer Demokratie zu leben.

Bewertung vom 27.05.2024
Drehbuch des Todes
Upson, Nicola

Drehbuch des Todes


ausgezeichnet

Das vorliegende Buch “Drehbuch des Todes” ist Band 11 der Josephine Tey-Reihe. Die Bände können unabhängig voneinander gelesen werden, da entscheidende Elemente der vorangegangenen Bücher verständlich angerissen sind.

Man schreibt den September 1939: Die Deutsche Wehrmacht hat am 1. September Polen überfallen und löst damit die Beistandspflicht der Alliierten aus. Frankreich und England erklären Nazi-Deutschland den Krieg. Zahlreiche Menschen verlassen Europa auf dem Luxusliner „Queen Mary“. Auch die Schriftstellerin JosephinTey hat sich eingeschifft, um zu ihrer Freundin Marta nach Amerika reisen. Marta arbeitet in Hollywood mit Alfred Hitchcock an der Verfilmung von Daphne du Mauriers „Rebecca“ arbeitet. An Bord trifft sie zufällig die Familie des berühmten Regisseurs, denn Ehefrau, Tochter und Schwiegermutter ziehen zu ihm nach L. A.. Gleich am ersten Abend kommt es zu einem Eklat, denn eine wütende Engländerin schwört den Hitchcocks Rache.

Beinahe gleichzeitig muss DI Archie Penrose auf Milton Hall, einem Landsitz in England ermitteln, der abermals, wie schon im Ersten Weltkrieg von der Britischen Armee beschlagnahmt worden ist. Vor wenigen Tagen erst ist eines von Hitchcocks Filmteams abgereist und nun wird die Haushälterin Evelyn Plummer zunächst vermisst und wenig später tot aufgefunden.

Archie trifft auf ein Geflecht von Lügen und Halbwahrheiten und muss diesmal ohne seine scharfsichtige Freundin Josephine auskommen und vermisst die analytischen Gespräche.

Im Lauf der Ermittlungen ergibt sich ein Zusammenhang mit Daphne du Maurier und ihrem Roman „Rebecca“, so dass Archie mehrere (teure) Transatlantiktelefongespräche führen muss.

Meine Meinung:

Auch dieser Krimi kann seine britische Herkunft und die Nähe zur Grande Dame des Kriminalromans, Agatha Christie, nicht verleugnen.

Wieder greift Nicola Upson zu dem bewährten Trick, dass Ereignisse der Vergangenheit und jene Gegenwart einander bedingen. Das verbindende Element sind Milton Hall und „Rebecca“.

Die Setting ist großartig! Da ein Herrenhaus mit dunkler Geschichte, dort das intrigante schöne Hollywood, in dem zahlreiche Machtspiele für toxische Arbeitsbedingungen sorgen.

Auch bei diesem Krimis gilt: Das Motiv ist entweder Geld oder Liebe (oder was man eben dafür hält).

Wie gründlich Nicola Upson die Hintergründe zu Hitchcock und die Dreharbeiten zu „Rebecca“ recherchiert hat, kann im Nachwort nachgelesen werden. Und überhaupt, der Einblick in das Filme machen mit seinen Abhängigkeiten hat mir sehr gut gefallen.

Wie wir es von der Autorin gewohnt sind, verknüpft sie geschickt Fakten und Fiktion. Außerdem dürfen reale Personen wie eben Josephine Tey und Alfred Hitchcock nicht fehlen.

Der Spannungsbogen ist sehr hoch, was vor allem an den diversen Handlungssträngen liegt, die in zwei Zeitebenen und auf zwei Kontinenten spielen. Zahlreiche Missverständnisse, Konventionen sowie allerlei Geheimnisse sorgen für Überraschungen und letztlich für Tote.

Fazit:

Für alle Fans von mysteriösen, klassischen und komplexen Kriminalromanen à la Agatha Christie. Gerne gebe ich diesem Krimi bei dem über zweit Kontinente hinweg ermittelt wird, 5 Sterne.

Bewertung vom 26.05.2024
Der Schatz der Frauen
Stoegerer, Ida Marie

Der Schatz der Frauen


sehr gut

Wie die Autorin Ida Marie Stögerer in ihrem Vorwort zu diesem Buch treffend bemerkt, haben wir Frauen schon so ziemlich alles gelesen, was uns weiterhelfen soll. Buchhandlungen, Bibliotheken und private Bücherregale sind voll mit diversen Ratgebern. Wozu also noch einen? Was soll an „Der Schatz der Frauen“ neu oder anders sein?

Ida Marie Stögerer ortet neun Saboteure, die uns Frauen das Leben schwer machen und uns an der Weiterentwicklung hindern.

Ida Marie Stoegerers Methode zur Umwandlung der inneren Denkmuster (anderswo Glaubenssätze genannt) ist so unkonventionell wie erfolgreich. Sie entwickelte sie in 20 Jahren Berufserfahrung und wandte sie in mehr als 4.500 Coachings an.

„Heißt sie willkommen, die Saboteure in euch, und betrachtet sie von allen Seiten. Dreht und wendet sie, bis ihr den guten Kern entdeckt: euren Schatz.“

In ihrem ersten Buch bietet sie nun ganz konkrete Tipps und Übungen an. Welche das genau sind, müsst ihr schon selbst lesen.

Fazit:

Nicht alles, was hier empfohlen wird, ist wirklich neu. Vieles ist bekannt, aber wenig beherzigt, manches neu benannt oder aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Vielleicht hilft eine nochmalige Analyse, welches Denkmuster unsere Handlungen sabotiert, diese Saboteure zu entlarven, unschädlich zu machen und als Ressource, als Schatz zu verwenden. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2024
Mutmurmeln für den ersten Schultag
Welk, Sarah

Mutmurmeln für den ersten Schultag


sehr gut

„Mutmurmeln für den ersten Schultag“ ist ein sehr nett gestaltetes Mut-mach-Buch für alle jene Kinder, die ein wenig Bammel vor dem neuen Lebensabschnitt „In die Schule gehen“ haben.

Linus und Lolle steht der erste Schultag nun bevor und Linus ist ein wenig bange. Was, wenn er aufs Klo muss? Oder das Klassenzimmer nicht findet? Gegen dieses Grummeln im Magen hilft die Mutmurmel. Zuerst muss man sie mit einer Mutprobe aufladen und nur fest drücken, dann überträgt sich der Mut der Murmel auf seinen Besitzer.

Doch oh Schreck! Am nächsten Morgen, als es zur Schule gehen soll, ist die gelbe Mutmurmel verschwunden. Papa hat aufgeräumt und sie in Kübel zu den anderen Murmeln gesteckt. Kurz entschlossen steckt Linus alle Murmeln ind die Schultasche.

Was dann in der Schule passiert, verrate ich jetzt nicht.

Meine Meinung:

„Mutmurmeln für den ersten Schultag“ ist ein sehr nett gestaltetes Mut-mach-Buch. Kurz war ich irritiert. Sollte da ein Kind eine Murmel schlucken? Als Mutprobe etwa? Die Bedenken waren gleich ausgeräumt. Trotzdem empfehle ich die wunderschönen Glasmurmeln vor kleineren Geschwistern zu verstecken. Man weiß ja nie, was den liebe Kleinen so einfällt.

Die Illustrationen von Caroline Opheys sind gut gelungen. Der Text ist nicht zu lang.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Mut-mach-Buch 4 Sterne, da ich die Warnung wegen kleinerer Geschwister vermisse.