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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1164 Bewertungen
Bewertung vom 24.01.2025
Dutzler, Herbert

Letztes Glückskeks


ausgezeichnet

Das örtliche Tourismusbüro hat mit dem Deutschen Kai Kröker einen neuen Direktor, der wenig von Transparenz hält und Altaussee für chinesische Touristen attraktiv machen möchte. Dafür scharwenzelt er um eine vierköpfige chinesische Delegation herum, die wiederum überlegen, eine Kopie von Altaussee in China aufzubauen. Diese Idee spaltet das Dorf, hat man ja Hallstatt als abschreckendes Beispiel vor der Haustür. Man demonstriert gegen den Ausverkauf der Heimat und kommt so einem umtriebigen Baumeister in die Quere, der mit fragwürdigen Mitteln agiert.

Auch sonst bahnen sich einige Änderungen in Altaussee an. Die Frau Doktor Kohlross heiratet und arbeitet nach einer Beförderung nur mehr Teilzeit. Daher kommt mit Emina Jovanovic eine neue Ermittlerin ins Spiel, Gasperlmaiers Kollegin Manuela ist schwanger (aber nicht krank, wie sie nicht müde wird, zu betonen) und Schwiegertochter Richelle arbeitet im Tourismusbüro und hat ungeahnte Kenntnisse.

Wenig später schwimmt einer, der Chinesen, deutschstämmige Rinderer Johann Ning, tot im Pool des Hotels Lakeview. Obwohl auf den ersten Blick keine offensichtliche Fremdeinwirkung zu sehen ist, lässt Frau Doktor Kohlross die Leiche ins Krankenhaus von Liezen zur Obduktion bringen. Dort wird der Tote, auf Anordnung des Außenministeriums, vom BKA quasi entführt. Auch der Leihwagen mit dem Rinderer zuvor einen Unfall hatte, verschwindet spurlos.

Keine Leiche - keine Ermittlungen. Gasperlmaier und Fr. Doktor Kohlross kommt das eigenartig vor, weshalb dezent und unter dem Radar weiter recherchiert wird.

„Und ihr habt völlig recht - zwei solche Unfälle hintereinander. Das stinkt!“ (S 119)

Man befragt die anderen Delegationsmitglieder, was nur über die Dolmetscherin Lin Lien, die in München studiert hat, möglich ist. Die beiden anderen Männer der Gruppe behaupten, weder die deutsche noch die englische Sprache zu verstehen.

Wenig später findet man den umtriebigen Tourismusobmann in einem ausgebrannten Autowrack....

Meine Meinung:

Wie schon Commissario und Viechbauer Johann Grauner von Lenz Koppelstätter, liebäugelt auch Chefinspektor Franz Gasperlmaier mit dem Übertritt in die vorzeitige Alterspension, denn Gasperlmaier mag Veränderungen in seinem Umfeld nicht gar so gerne. Außerdem sind ihm die neuen Ermittlungsmethoden mit den ganzen technischen Spielereien und der OFA, der operativen Fallanalyse, von der Manuela ständig schwärmt, ein bisschen zu komplex.
Für ihn zählt der Hausverstand und solide Polizeiarbeit.

Herbert Dutzler hat mit diesem 12. Fall wieder mehrere sozialkritische Aspekte aufgegriffen: Den überbordenden Tourismus im Salzkammergut und die Bautätigkeit von Baumeistern und Immobilienhaien, die nur auf den schnellen Profit aus sind und deswegen ausschließlich teure Ferienwohnungen bauen, weshalb es für Einheimische kaum mehr leistbare Wohnungen mehr gibt. Auch die sexuellen Übergriffe, denen Frauen im Gastgewerbe ausgesetzt sind, finden Eingang in diesen Krimi.

Natürlich dürfen Einblicke in die schöne Landschaft des Ausseerlandes nicht fehlen. Wir dürfen auch wieder die Deckel der Kochtöpfe im Haus Gasperlmaier lüpfen und mit den Nachbarn eine private Weinkost absolvieren.

Und das alles wird in flüssigem österreichischen Deutsch präsentiert. Das Keks ist bei uns sächlichen Geschlechts, während der Gummi in allen Varianten ob Haar- oder Kaugummi sowie als Dialektbezeichnung für Kondom und Autoreifen, grammatikalisch männlichen Geschlechts ist.

Fazit:

Wieder ein fesselnder Krimi rund um Chefinspektor Franz Gasperlmaier und Altaussee. Bin schon neugierig, ob er ernst damit macht, in Pension zu gehen. Gerne gebe ich diesem 12. Fall, der das Dutzend voll macht, 5 Sterne.

Bewertung vom 23.01.2025
Viciano, Astrid

Die Formel des Widerstands (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Wissenschaftsjournalistin Astrid Viciano entführt uns mit diesem Buch in das von den NS-Truppen besetzte Paris zwischen Juni 1940 und August 1944. Genauer gesagt in die Labors von Irène (1897-1956) und Frédéric Joliot-Curie (1900-1958), die seit einigen Jahren gemeinsam mit ihrem Team an den bahnbrechenden Forschungen zur Kernphysik arbeiten.

Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist geprägt von weitreichenden Entdeckungen und Erfindungen, die nicht immer nur friedlichen Zwecken dienen, wie man unter anderen bei Fritz Haber sehen kann, dessen Ammoniaksynthese nicht nur zur Herstellung von Düngemitteln sondern zum Einsatz des daraus entwickelten Giftgas im Ersten Weltkrieg geführt hat.

Nun geht es um die Kernspaltung. Neben Paris wird dazu auch in Deutschland durch Lise Meitner, Otto Hahn und Fritz Straßmann geforscht. Während die jüdische Physikerin Lise Meitner im letzten Moment emigrieren kann, gelingt Hahn und Straßmann erstmals eine Kernspaltung. Wenig später bricht der Zweite Weltkrieg aus und Nazi-Deutschland setzt alles daran, eine Atombombe zu bauen.

Nach der Besetzung Paris‘ ab 1940 versucht das NS-Regime die Forschungsarbeiten der Gruppe um Joliot-Curie für ihre Zwecke zu kontrollieren. Besonders das neu entwickelte Zyklotron steht im direkten Fokus. Zur Überwachung der Forscher wird ausgerechnet Wolfgang Gentner (1906-1980) abgestellt, der in den 1930er-Jahren an der Sorbonne mit Marie Curie (1867-1934) zusammengearbeitet hat und mit dem Ehepaar Joliot-Curie befreundet ist. Gentner weiß um die Gefahren einer Atombombe und versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Technik in die Hände der Nazis fällt. Er nimmt Verbindung zu Admiral Wilhelm Canaris (1887-1945) auf, der schon seit 1938 zahlreiche Regimegegner heimlich unterstützt, während Frédéric Joliot-Curie sich der Résistance anschließt. Für Gentner beginnt ein gefährliches Vabanque-Spiel, dessen Ausgang völlig offen ist. Er muss nach außen hin an dem deutschen Uranprojekt festhalten, während er gleichzeitig Frédéric und seine Kollegen im Widerstand schützt.

An den Lebensdaten von Gentner und dem Ehepaar Joliot-Curie ist unschwer zu erkennen, dass sie den Krieg überlebt haben. Canaris wird nach dem missglückten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 verhaftet und 1945 im KZ Flossenbürg zum Tode verurteilt und gehängt.

Meine Meinung:

Der Wissenschaftsjournalistin Astrid Viciano gelingt es ausgezeichnet das komplexe Thema der Kernspaltung so in die Handlung zu integrieren, dass wir Leser nicht im physikalischen und chemischen Fachvokabular untergehen. Sie schreibt die beklemmende und gefährliche Atmosphäre in den Pariser Forschungsstätten. Neben Frédéric Joliot-Curie haben sich noch weitere Wissenschaftler wie Jacques Solomon und Paul Langevin dem französischen Widerstand angeschlossen und sabotieren die Forschungsarbeiten unter anderem am Zyklotron. Daneben erfahren wir einiges über das Privatleben der Joliot-Curies.

Der Schreibstil ist sachlich. Da die Autorin immer wieder die Perspektive verschiedener Personen in den Fokus rückt, kommt es einige Male zu Redundanzen und Wiederholungen.

Fazit:

Diesem Buch, das seinen Fokus auf die historischen Ereignisse legt und daher auch von physikalischen Laien sehr gut lesbar ist, gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.01.2025
Schier, Petra

Die Wächterin von Köln


ausgezeichnet

Petra Schier entführt die Leser in ihrem historischen Roman "Die Wächterin von Köln" auf zwei Zeitebenen in das spätmittelalterliche Köln der Jahre 1396/97 sowie 1424.

Elsbeth führt ihr Bordell mit Umsicht und hat ein Herz für andere Außenseiter wie sie selbst. Besonders um Kinder, beiderlei Geschlechts, die sonst in der Gossen landen würden, kümmert sie sich. Daneben ist die Dreh- und Angelpunkt einer Informationsbörse von der auch Mitglieder der offiziellen Stadtregierung profitieren.

Mit Johannes, dem Henker von Köln, und dem Gewaltrichter Vinzenz van Cleve hat sie Verbündete gegen verschiedene Missstände und Machenschaften.

Als dann Elsbeths Halbbruder Nicolai Golatti ermordet wird, fällt der Verdacht sofort auf seine junge Witwe Aleydis, die den gesamten Besitz erben soll, was zahlreichen anderen Familienmitglieder missfällt. Gemeinsam mit Johannes und Vinzenz muss Elsbeth zahlreiche Fäden ziehen, um Aleydis vor dem Todesurteil zu bewahren.

Meine Meinung:

Durch ihre penible Recherche lässt die Autorin ein ziemlich authentisches Leben in der ehemaligen römischen Stadt erstehen. Gut gefällt mir der Einblick in die mittelalterliche Rechtsgeschichte, in der weniger Menschen hingerichtetet worden sind als man meinen könnte. Es gibt hier nämlich den Brauch der Abbitte, mit den Delinquenten vor dem Tod retten. Straffrei kommen die Verurteilten nicht davon, bleiben aber am Leben. Das ist vielleicht nicht immer die bessere Lösung, wenn man die Kerker betrachtet, verhindert aber den Verlust der „Ehre“ des Verurteilten und seiner Familie.

Dieser historische Roman enthält neben der (Lebens)Geschichte von Elsbeth, auch jene des Henkers Johannes, sowie zahlreiche Querverbindungen zu den anderen historischen Romanen der Autorin. Dazu bedient sich Petra Schier einiger Charaktere, wie die der Apothekerin Adelina und der Lombarden aus den gleichnamigen Serien.

Interessant sind auch die Einblicke in das Bordell und das Geschlechtsleben dieser Zeit. Der Stadtrat gibt strenge Regeln für den Betrieb eines solchen Etablissements vor und regelt, wer es besuchen darf. Eigentlich will man damit ungezügelten Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten eindämmen, weshalb Ehemänner ausgeschlossen sein sollten. Doch daran halten sich nicht alle. Sie dürfen eben nur nicht erwischt werden. Ein kleines Detail ist die Aufklärung und Einführung junger Männer durch Prostituierte. Ein Brauch, der bis ins 20. Jahrhundert durchaus üblich war. Ein Bekannter, Jahrgang 1950, wurde seinerzeit von seinem Vater in ein bekanntes Wiener Bordell geschickt.

Wie schon in den anderen Romanen ist die Hauptfigur eine starke Frau, die sich mit Grips und Chuzpe gegen das damalige Establishment auflehnt und sich behauptet.

Der bildhafte Schreibstil lässt das mittelalterliche Köln farbig und lebendig auferstehen. Mit so manchem überlieferten Mythos wird aufgeräumt. Durch die zahlreichen Wendungen wird der Spannungsbogen recht hoch gehalten.

Fazit:

Wer mittelalterliche Geschichten liebt, kommt hier auf seine Kosten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.01.2025
Darian, Caroline

Und ich werde dich nie wieder Papa nennen


ausgezeichnet

Als Caroline Darian am 2. November 2020 die Nachricht erhält, ihr Vater Dominique Pelicot sei, weil er im Supermarkt Frauen unter die Röcke fotografiert hat, von der Polizei festgenommen worden ist, weiß sie noch nicht, dass das bisherige Leben ihrer Familie in Trümmern liegen wird. Auf den sicher gestellten Mobiltelefonen, Laptop sowie Festplatten finden sich Filme und Fotos auf denen zu sehen ist, wie er seine augenscheinlich betäubte und damit wehrlose Ehefrau Gisèle von Dutzenden fremden Männern missbrauchen lässt.

In diesem Buch schreibt sich Caroline Darian ihre Wut, Trauer, Betroffenheit und anfänglichen Unglauben dieser monströsen Taten von der Seele. Sie beschreibt sehr anschaulich den Konflikt in den sie von den Taten des Vaters gestürzt worden ist. Nicht der Fremde ist der Täter, sondern der eigene Vater. Jemand, dem das Urvertrauen eines Kindes gilt, hat das für immer zerstört.

Sie bewundert ihre Mutter für ihre Stärke, die Verbrechen an die Öffentlichkeit zu bringen, hadert aber gleichzeitig damit, dass Gisèle ihren Mann, wie es scheint, auch in Schutz zu nehmen versucht. Im Laufe ihrer Aufzeichnungen wird sich Caroline bewusst, welche Machtspiele ihr Vater noch aus dem Gefängnis heraus mit der Mutter betreibt. Er umgeht die Vorschriften, in dem er ihr Briefe über Umwege aus der Haft zukommen lässt und manipuliert einzelne Familienmitglieder.

Meine Meinung:

Dieses Buch, das unmittelbar vor dem Prozess, der im September 2024 begonnen hat, fertig gestellt worden ist, zeigt auf eindrucksvolle Weise, welche Auswirkungen das Verbrechen auf die gesamte Familie hat. Nicht nur auf das Opfer sondern z.B. auch auf die Enkelkinder, die ihren Großvater, der sich ihnen gegenüber liebevoll gezeigt hat, nie mehr wieder werden. Die Verbrechen zerstören nicht nur die Kernfamilie Pelicot, sondern durch die hohe Anzahl von (Mit)Tätern auch zahlreichen andere Familien.

Durch den mutigen Schritt von Gisèle Pelicot, die inzwischen von ihrem Mann geschieden ist und ihren Mädchennamen, der nicht genannt wird, wieder angenommen hat, diese an ihr verübten Verbrechen vor Gericht zu bringen, bliebt der Täter Täter (bleiben die Täter Täter). Die häufig angewandte Methode, dem Opfer mindestens eine Teilschuld zu geben, verfängt nicht. Die Beweise sind eindeutig. Wie Caroline Darian schreibt: „Die Scham bleibt beim Täter.“

Der Prozess, der in der Öffentlichkeit geführt worden ist, hat kurz vor Weihnachten mit Schuldsprüchen für Dominique Pelicot und rund 50 Mitangeklagten geendet. Pelicot ist zur Höchststrafe von 20 Jahren verurteilt worden.

Gisèle Pelicot ist für ihren Mut ihre Peiniger vor Gericht zu bringen, weltweit als Heldin gefeiert worden. Ob sie und ihre Tochter jemals ihren Seelenfrieden finden werden?

Ein wichtiger Schritt für Caroline Darian ist ihr Entschluss, den Täter nie wieder Papa zu nennen.

Fazit:

Diesem aufwühlenden Buch, das mich betroffen und wütend macht, gebe ich 5 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.01.2025
Blake, Katherine

Not your Darling


sehr gut

Die 20-jährige Trickdiebin Loretta, die sich die Überfahrt von England und Einreise in die USA erschlichen hat, trifft 1950 in Los Angeles ein, um in Hollywood Maskenbildnerin zu werden. Das ist interessant, denn die meisten jungen Frauen wollen Schauspielerin werden.

Doch wie zu erwarten, ist LA nicht unbedingt die Stadt in der Milch und Honig fließen. Recht bald muss sie allerdings erkennen, dass die Traumfabrik überwiegend aus Sperrholzkulissen und übergriffigen Männern besteht.

Doch mit einer gehörigen Portion Chuzpe geht sie ihren Weg und nennt sich nun Loretta Darling. Ihr Wissen um bestimmte (Heil)Kräuter hilft nicht nur bei Blessuren aller Art, der Herstellung von besonderen Hautcremen und Lippenpomade.

Meine Meinung:

Dieser Roman erzählt von der dunklen Seite der Traumfabrik Hollywoods. In der vor allem Frauen ausgenützt, unter Drogen gesetzt und, sobald eine neue willfährige junge Schönheit erscheint, gnadenlos fallen gelassen wird. Doch Loretta, die mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat, ist bereit, sich auf ihre Weise zur Wehr zu setzen.

Der Roman ist ein interessanter Mix aus Zeitgeschichte und feministischer Literatur, der die Verlogenheit Hollywoods aufs Korn nimmt. Stellenweise ist der Roman bitterböse und bedient sich an Sex & Crime, um die Protagonistin ihre Ziele erreichen zu lassen.

Katherine Blake hat sich einige reale Ereignisse als Vorlage genommen. Dadurch entsteht, auch durch den opulenten Schreibstil, der wunderschön übersetzt worden ist, ein lebhaftes Bild des Moloch Hollywood.

Fazit:

Wer einen feministisch-bissigen Roman über die Abgründe in der Traumfabrik Hollywood lesen möchte, ist hier richtig. Gerne gebe ich diesem Buch 4 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2025
Schneider, Anna

Grenzfall - Ihre Spur in den Flammen / Jahn und Krammer ermitteln Bd.5


ausgezeichnet

Dieser 5. grenzüberschreitende Fall für Alexa Jahn und Bernhard Krammer hat es wieder in sich. Zunächst gibt es einmal in Bad Tölz einen tödlichen Autounfall, bei dem der Lenker in den Flammen seines Jaguars umkommt. Die Meinungen wieso, weshalb und warum es zu diesem Unfall gekommen ist, gehen bei Alexa Jahn und ihrem Kollegen Huber weit auseinander, zumal die Augenzeugin von ihrem Mann als nicht ganz glaubwürdig diffamiert wird. Wenig später brennt ein Chalet, bei dem das afrikanische Au pair-Mädchen stirbt sowie ein Container in einer Flüchtlingsunterkunft. Doch nicht nur in Bad Tölz sondern auch in Innsbruck kommt es zu mehreren Brandstiftungen.

Ist hier ein grenzüberschreitender Feuerteufel am Werk?

Meine Meinung:

Dieser Krimi schließt ziemlich nahtlos an seinen Vorgänger („In den tiefen der Schuld“) an und löst das damalige plötzliche Verschwinden von Krammers Kollegin Roza Szabo auf.

Während Jahn in Deutschland und Krammer in Österreich den Brandstiftungen nachgehen, dürfen wir dem Feuerteufel mehrmals über die Schulter schauen. Das Motiv ist dadurch erkennbar und wir Leser wissen früher als die Ermittler, welchen Zusammenhang es zwischen den Brandstiftungen gibt. Nur wer dahintersteckt, ist noch ein Geheimnis, das in einer dramatischen Aktion von Bernhard Krammer enthüllt wird.

Der Krimi ist, durch seine, wieder bilateral angelegte Handlung. spannend. Das Tochter-Vater-Duo ergänzt sich sehr gut. Beide haben ihre Ecken und Kanten sowie Narben des bisherigen Lebens, erkennen aber ihre Gemeinsamkeiten, auch wenn sie sich erst vor einiger Zeit überhaupt kennengelernt haben. Diese Familienkonstellation ist recht interessant. Auch die anderen Charaktere sind gut gelungen. Alexa darf sich privat und beruflichen weiterentwickeln.

Anna Schneiders Schreibstil ist spannend. Ich habe den Krimi in einem gelesen, weil ich unbedingt die Auflösung wissen wollte.

Das Cover passt ausgezeichnet zu den vier vorherigen Büchern.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fünften Fall 5 Sterne und freue mich auf den 6. Fall, der Anfang 2026 erscheinen wird.

Bewertung vom 16.01.2025
Hardinghaus, Christian

Drei Tage im Feuer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Am 13. Februar 2025 jährt sich die Bombardierung Dresdens durch die Royal Air Force unter dem Kommando von Arthur „Bomber“ Harris (1892-1984) zum 80. Mal. Aus diesem Grund ist in der Reihe „Schicksalsmomente der Geschichte“ dieses Buch erschienen. Christian Hardinghaus, Historiker, profunder Kenner der Geschichte des Zweiten Weltkriegs und Autor sowohl von Sachbüchern als auch von historischen Romanen hat hier einen fesselnden Roman geschrieben, der auf drei Zeitebenen nämlich 1945, 2000 und 2025 spielt.

Nach dem Prolog beginnt die Geschichte recht ungewöhnlich mit Bianca, die im Jahr 2000 einer linksradikalen Gruppe namens „Bomber Harris“ angehört, die, nach ihren Vorbildern der Roten Armee Fraktion einen Anschlag auf eine rechtsradikale Demo vor der Frauenkirche plant. Bianca hat Bedenken, könnten doch unschuldige Kinder Opfer werden. Die Aktion wird verraten und die Mitglieder der Gruppe zu Haftstrafen verurteilt. Nur Bianca, mit 17 Jahren die jüngste der Gruppe, kommt mit einigen Monaten Sozialarbeit und Resozialisierungsheim davon.

Im Rahmen des verordneten Sozialdienstes lernt sie die betagte Marta kennen, die die Tage des Feuers in Dresden miterlebt hat. Die beiden Frauen sind sich sympathisch und Bianca öffnet sich der alten Frau. Doch als Bianca in Martas Schlafzimmer ein Bild eines Wehrmachtsoffiziers in Uniform entdeckt, will sie von Marta nichts mehr wissen, weil sie Marta für eine Faschistin hält. Da kehrt sie lieber, ohne Marta Gelegenheit zu Erklärungen zu geben, in das Erziehungsheim zurück. Doch Marta gibt nicht auf.

Damit beginnt die Geschichte in der Geschichte, denn wir erfahren aus dem Leben der jungen Marta, die als Krankenschwester im von Flüchtlingen überfüllten Dresden ihren Dienst tut und wie Bianca einen geliebten Menschen verliert.

Als dann der 13. Februar 1945 anbricht, schwenkt Autor Christian Hardinghaus für einen kurzen Augenblick auf James, einen englischen Bomberpiloten, und seine Flugzeugbesatzung, die Dresden in Schutt und Asche legen sollen. Ihnen wird vorgegaukelt, Rüstungsbetriebe und Eisenbahnanlagen zerstören zu müssen. Doch als James entdeckt, dass er eine Stadt voll mit Frauen und Kindern vernichten soll, trifft er eine weitreichende Entscheidung, die zwar für das Gesamtergebnis keine Änderung bedeutet, aber für ihn ganz persönlich einen wesentlichen Unterschied macht.

Das Ende der Geschichte rund um die beiden Frauen in der Gegenwart birgt eine überraschende Wende, die ich an dieser Stelle nicht verraten werde.

Meine Meinung:

Christian Hardinghaus, dessen Bücher über den Zweiten Weltkrieg ich alle gelesen habe, hat hier einen fesselnden historischen Roman geschrieben, der mich sehr berührt hat. Ich kenne zahlreiche Sachbücher, sowohl von britischen als auch von deutschen Historikern, über die Zerstörung Dresdens durch die Royal Air Force. Doch dieses hier bietet durch die geschickte Darstellung und Verquickung mehrerer Lebensläufe eine vielschichtige Betrachtung der Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven.

Im Nachwort finden wir zahlreiche Anmerkungen des Autors zu den oft kontroversiell geführten Diskussionen wie z.B. die Opferzahlen oder die Tieffliegerangriffe, von denen viele Überlebende berichten. Hier kommen die zahlreichen Interviews, die der Autor mit Zeitzeugen für seine Generationen-Buchreihe geführt hat, zum Tragen.

Die Charaktere sind, wie wir es von Christian Hardinghaus gewöhnt sind, vielschichtig und sorgfältig herausgearbeitet. Aufgefallen ist mir, dass die linke Gruppe „Bomber Harris“, der Bianca zunächst angehört hat, sich nur marginal von den verschiedenen Neo-Nazi-Gruppen unterscheidet. Beide schrecken vor Sprengstoffanschlägen nicht zurück und gehen bei ihren Aktionen buchstäblich über Leichen.

Der Autor beschreibt die Ereignisse des Februar 1945 sachlich und dennoch beeindruckend. Ich habe das Buch an einem Tage gelesen.

„Feuer kann sich leicht entzünden.“ wie der aus Syrien geflüchtete Uhrmacher seiner Kundin, die eine Nachfahrin einer Überlebenden der Bombenangriffe, im Epilog erklärt. Dazu braucht es in der aktuellen politischen Lage nicht viel.

Fazit:

Christian Hardinghaus beeindruckt mit seinem historischen Roman aus der Feuerhölle von Dresden 1945, dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 16.01.2025
Southon, Emma

Eine Geschichte des Römischen Reiches in 21 Frauen (eBook, ePUB)


sehr gut

Emma Southon hat hier ein kurzweiliges Buch über die lange Geschichte des Römischen Reiches geschrieben. Dafür teilt sie die Zeitspanne von rund 1500 Jahren in folgende vier Abschnitte und geht dem Gründungsmythos der Stadt („753 Rom kroch aus dem Ei“) nach. Archäologische Ausgrabungen auf dem Palatin lassen auf eine Besiedelung ab ca. 1.000 vor Christus schließen.

Das Königreich
Die Republik
Das Imperium
Spätantike

Wie im Titel angekündigt, erzählt sie die Geschichte dieses mächtigen (und dekadenten) Reiches an Hand von 21 Frauengestalten. Einige sind bekannter (wie Clodia, Boudicca, Zenobia oder Galla Placidia) und andere treten erstmals vor den Vorhang wie Tullia, der ihr Ehemann mittels eines Epitaph gedenkt oder Iulia Felix, die Geschäftsfrau in Pompeji.

Die Geschichten der Frauen sind vornehmlich von Männern wie Cicero, Catull, Livius oder Plinius überliefert und entsprechend gefärbt.

Ein grober Schnitzer ist mir im Kapitel „Tullia“ auf S. 128 aufgefallen: Hier wird das Jahr der Ermordung Caesars mit 45 v. Chr. angegeben. Das ist falsch. Caesar wurde 44 v. Chr. erstochen. Wem auch immer dieser Fehler anzulasten ist. Jedenfalls ändert sich dadurch die Abfolge der nachfolgenden Ereignisse: Denn Octavianus bildet ab 43 v. Chr. das Triumvirat mit Marcus Antonius und Marcus Aemilius Lepidus

Ich habe mir ehrlicherweise nicht die Mühe gemacht, alle Jahreszahlen zu überprüfen, vermute aber weitere Ungenauigkeiten, was sich auf die Bewertung auswirkt.

Der Schreibstil ist launig, manchmal ein wenig flapsig, rückt aber das Weltbild, das man von den Römern hat, ein wenig zurecht. Der Blick auf ein Römerlager ist für alle jene interessant, die ausschließlich marschierende Soldaten im Kopf haben. Da ich als Wienerin das Legionslager und die Zivilstadt im Archäologiepark von Carnuntum vor der Haustüre habe, ist mir auch das zivile Leben gut bekannt.

Zahlreiche Fußnoten säumen unseren Weg durch die römische Geschichte, die im Anhang aufgelistet sind.

Fazit:

Diesem kurzweiligen Buch über die lange Geschichte des Römischen Reiches an Hand von 21 Frauen gebe ich 4 Sterne.

Bewertung vom 16.01.2025
Mikhail, Dunya

Das Vogel-Tattoo (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die junge Jesidin Helen lebt mit ihrer Familie in Halliqi, einem kleinen abgelegenen Bergdorf im Nordirak. Als sie 2003 den Witwer Elias kennen und lieben lernt, verlässt sie das einsame Dorf und lebt mit ihm im nahen Mosul. Als Zeichen ihren Liebe lassen sich die beiden statt eines Eheringes ein Vogeltattoo stechen.

Elias ist Journalist und ist einer der ersten, der 2014 von den Männern des Daesh (IS) verschleppt wird. Helen lässt ihre wenige Wochen alte Tochter sowie ihre beide halbwüchsigen Söhne zurück und macht sich auf die Suche nach Elias. Dabei gerät sie in die Fänge der Terrororganisation und wird an verschieden Männer verkauft und systematisch misshandelt.

Auf abenteuerliche Weise gelingt ihr nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen die Flucht und die Rückkehr nach Halliqi, das inzwischen ein Fluchtpunkt für zahlreiche vom Daesh verfolgte Menschen ist. Elias bleibt weiter verschwunden und die beiden Söhne sind mittels Gehirnwäsche zu Mudschaheddin ausgebildet worden.

Meine Meinung:

Wir Leserinnen und Leser aus Mitteleuropa können uns das Leid der Menschen, die vom Daesh entführt, misshandelt, zwangsmissioniert, zwangrekrutiert und letztlich oft getötet werden, kaum vorstellen. Erinnerungen an die Erzählungen von brutaler Christianisierung und den Genozid während der NS-Diktatur werden wach. Und das alles im 21. Jahrhundert? Dieser Roman gibt dem Leid der Jesiden, die als christliche Religionsgemeinschaft gelten, eine fassbare Stimme. Helen steht stellvertretend für Tausende Frauen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben.

Gekonnt wird der Kontrast zwischen dem friedlichen Zusammenleben der Menschen im unwirtlichen Gebirge im Nordirak und den Gräueltaten des Daesh dargestellt. Helens Familie lebt vom Obst- und Gemüseanbau, Feigen sind das wohl bekannteste Produkt. Ihr Vater ist als Beschneider ein geachteter Mann. Das hilft dann, als Helen mit ihren Kindern das Dorf verlassen kann.

Berührend sind die Szenen, als wir erfahren, dass Helen und Elias die Dorfbewohner jeglichen Alters im Lesen und Schreiben unterrichten. Das von Batterien betriebene Radio wird als Zauberkasten betrachtet. Mobiltelefone halten erst spät, und dann durch Flüchtlinge Einzug in Halliqi, erweisen sich aber dann als wichtiges Requisit, um die Menschen außer Landes zu bringen.

Der Roman betrachtet die unterschiedlichen Schicksal aus verschiedenen Perspektiven. Im Zentrum stehen stets Helen und ihre Familie, für die vielen tausenden Menschen, die ähnliche Schicksale teilen.

Fazit:

Diesem Buch, das mich sehr betroffen macht, gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 16.01.2025
Lautenschläger, Angela

Bitterer Hass (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Anwältin Theresa Sommer und KHK Lukas Kampmann wagen das Experiment eines „Generationenhauses“. Sie ziehen erstmals zusammen, übersiedeln mit Kampmanns betagten Eltern und seinem Bruder in ein Haus, das in Wohldorf, einen beschaulichen Hamburger Vorort liegt. Vor allem die unabhängige Theresa ist skeptisch. So viel Familie auf einem Haufen? Kann das gut gehen? Noch kann niemand ahnen, dass das ungewohnte Zusammenleben das kleinste Problem sein wird und welche Schlangengrube sich hinter den mehr oder weniger gepflegten Gärten verbirgt.

Während sie versuchen, Ordnung in das Chaos der unzähligen Übersiedlungskartons zu bringen, wird Lukas Kampmann auf den örtlichen Fußballplatz gerufen: Sebastian Schramm, Trainer der Jugendmannschaft des FC Wohldorf ist erschlagen worden. Kampmann ist verwundert, dass niemand, nicht einmal die Familie Krüger, deren Sohn Leon nun in der Nachwuchsliga Fußball spielt, ein gutes Haar an dem Toten lässt.

Je mehr sich Kampmann und sein Team mit dem Toten beschäftigen, desto mehr Ungereimtheiten kommen ans Tageslicht. Warum erhielt Schramm von Karsten Beeken, einem Sponsor des Fußballvereins eine monatliche Zuwendung? Und warum haben sich die einstmals besten Freunde Schramm, Krüger, Kramer und Jensen zerstritten?

Gleichzeitig bekommt Theresa ihr erstes Mandat: Karsten Beekens Frau will sich scheiden lassen. Warum ausgerechnet JETZT? Und was hat es mit dem vergilbten Zettel auf sich, den Theresa in der Eckbank der Küche findet, auf dem nach Jytte Sundermann, einer jungen Frau, die vor dreißig Jahren verschwunden ist, gesucht wird? Und warum hat Theresa Sommer das Gefühl, dass in dieser Dorfgemeinschaft einige etwas zu verbergen haben?

Hier kommt nun Theresas Tante, Hedwig Fröhlich, ins Spiel, die mit ihr eine Anwaltskanzlei betreibt und mit einem sensiblen, detektivischen Gespür ausgestattet ist. Gemeinsam mit Taxifahrer Mustafa Yildirim haben Theresa und Hedwig in der Vergangenheit dazu beigetragen, Verbrechen aufzuklären.

Meine Meinung:

Wieder einmal habe ich den letzten, diesmal 5. Fall einer Krimi-Reihe zuerst gelesen, obwohl Band 1 bis 4 bereits auf dem Stapel ungelesener Bücher liegen.

Ich kenne die Autorin Angela Lautenschläger schon aus ihrer Reihe um Nachlasspflegerin Friederike Engel und KHK Nicolas Sander. Ihr Schreibstil gefällt mir sehr gut und dass ihre Bücher in meiner deutschen Lieblingsstadt Hamburg (und Umgebung) spielen, ist auch kein Nachteil.

Angela Lautenschläger nimmt sich hier eines spannenden Themas an: Dem Zusammenziehen zweier starker Persönlichkeiten, davon einer, mit schwer kalkulierbaren Arbeitszeiten. Um diese Situation noch ein wenig zu verschärfen, sind Lukas Eltern und sein Bruder Marc Teil der Hausgemeinschaft. Die Mutter bereits ein wenig dement und Marc ein Luftikus, was Freundinnen betrifft. Aus dieser ungewöhnlichen Familienkonstellation ergeben sich einige sowohl komische also auch berührende Momente. Allerdings bietet sie auch jede Menge Entwicklungspotential für alle.

Geschickt wird der Tod des Fußballtrainers in ein komplexes Beziehungsgeflecht der Dorfbewohner untereinander eingebettet. Am Ende wird vom scheinbaren Idyll wenig übrig sein.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem komplexen Krimi 5 Sterne und eine Leseempfehlung.