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Wedma

Bewertungen

Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2019
Der Ursprung der Welt (eBook, ePUB)
Tukur, Ulrich

Der Ursprung der Welt (eBook, ePUB)


weniger gut

Der Roman konnte mich leider nicht überzeugen. Pure Zeitverschwendung.
Unüberbrückbare Distanz zu den Figuren und der Geschichte insg. blieb bis zum Schluss. Von Spannung keine Rede.
Vor allem die Handlung kam mir sehr konstruiert vor. Dazukamen Klischees, die das Ganze auch nicht besser gemacht haben, uvm.
Gleich vom Anfang an fühlte ich mich nicht abgeholt. Der Erzähler, und er hatte viel zu erzählen, sodass ich in weiten Strecken den Eindruck hatte, dass ich in diesem endlosen Narrativ ersticke, vermochte mich kaum mitzureißen. Zudem erschien er mir lieblos, sehr distanziert, als ob er etwas an die Leser trug, womit er selbst nichts anfange konnte. Seine Geschichten erschienen mir zudem wie Abklatsch von bereits wohl Bekanntem, z.B. Der Protagonist leidet unter gestörtem Verhältnis zu Frauen. Hier wurde der gute alte Freud wieder mal bemüht. „Sehr originell“. Mitunter eklig. Oft musste ich denken: Von dem Zeugs gab es schon mehr als genug, und das viel besser dargestellt, warum denn die alten Kamelle, und in der Qualität, nochmals?
Die Rückblenden, davon gibt es reichlich, erschienen mir eher manieriert. Klar steckt die Intention dahinter, durch diese fließenden Grenzen zwischen damals und heute bestimmte Dinge anzudeuten. Aber WIE das gemacht wurde, konstruiert und oft verwirrend, beförderte mich jedes Mal aus dem Lesefluss und ließ kopfschüttelnd die Seiten hin und her blättern. Dabei überkam mich wieder mal der Wunsch, das Werk in die hinterste Ecke zu pfeffern.
Und bei den Russen, die nach Meinung des werten Autors 2033 Baltikum besetzen, war meine Geduld komplett am Ende. Auch das noch. Als ob man zuvor nicht genug Mist ertragen musste.

Fazit: Kann man getrost vergessen. Zu viel von bereits Bekanntem und Abgedroschenem, wie die zigste Kopie einer schlechten Kopie. Dafür viel Effekthascherei, möchte-gerne-Allüren und viele vertane Chancen.

5 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2019
Kühn hat Hunger / Martin Kühn Bd.3 (eBook, ePUB)
Weiler, Jan

Kühn hat Hunger / Martin Kühn Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein gut gelungener, feinhumoriger, gesellschaftskritischer Roman, eher ein Krimi, bei dem man zwar früh weiß, wer und warum hinter dem Mord steht, dennoch gespannt den Ermittlungen Kühns folgt und sich auf das Wiedersehen mit den Figuren aus den Teilen 1 und 2 freut. Paar Schmunzler und Auflacher waren auch hier dabei.
Bloß für Kühn selbst war da nicht viel zu lachen. Er konnte einem so leidtun! Eigentlich ist es eine traurige Geschichte, die der heutigen Gesellschaft gnadenlos den Spiegel vor Augen hält und dabei einige groteske Züge aufweist. Viele, die wie Kühn, den rechtschaffenden Weg gehen, und fürs kleinste Vergehen empfindlich bestraft werden, dürften sich mit ihm gut identifizieren können.
Ein großes Thema ist hier Mann-Frau Beziehung und ihre Tücken. Es geht u.a. um junge, verunsicherte Männer, die darunter leiden, keine Frau abzubekommen, qua der unüberwindbaren Minderwertigkeitskomplexe zu den Frauen ihres Alters keine tragfähige Beziehung aufbauen zu können, und aus dem Leid heraus Blödsinn tun.
Die Ausschnitte aus dem Männerratgeber, die das obermachohafte Gehabe seinen Lesern nahelegen und diese dazu noch mit einer zweifelhaften Diät plagen, verleihen dem Problem eine weitere, tiefere, wenn auch mitunter klamaukhafte, Dimension. Die Männer kommen mit der fortschreitenden Selbstbestimmung der Frauen nicht klar, scheint dieser Strang dieses Romans zu sagen, und versuchen krampfhaft, eine Lösung zu finden, wodurch sie noch weiter von der Abwärtsspirale mitgerissen werden.
Auch das Leben von Kühn, zu dessen Gedanken und Emotionen die Leser einen unmittelbaren Zugang haben, ist von dieser Problematik kaum verschont. (Hierfür bedient sich der Autor einiger für mich wenig glaubhaften Wendungen: Dass Kühn sich dieser hirnlosen Diät unterzieht und anderen Blödsinn macht, konnte ich bis zum Schluss nicht abnehmen.) Oft genug legt Weiler die Nöte des 45-jährigen Mannes, der Kühn nun mal ist, vor Augen der Leser frei. Er will von seiner Frau und den Kindern geschätzt und geliebt werden. Bei der Arbeit erfährt er zwar als Chef eine gewisse Wertschätzung, aber wenn es wirklich um etwas lang Ersehntes wie Beförderung geht, da schaut es duster aus, und Kühn ist letztendlich selbst daran schuld.
Auch in diesem Roman führt Jan Weiler den Lesern bildhaft wie schmerzhaft vor Augen, wie das Leben eines rechtschaffenden braven Steuerzahlers wie Kühn ausschaut: Beim Kauf des Hauses wurde er betrogen, hat nun Schulden und keine Aussicht, das Problem zufriedenstellend zu lösen. Selbst einen anständigen Urlaub, wie er den sich wünscht, kann er sich nicht leisten, ohne sich weiter verschulden zu müssen. Als Kontrast wurde Kühns Jugendfreund gezeigt, der schon damals auf die schiefe Bahn geriet, wusste aber, sich ein Geschäft im Unterhaltungsmilieu aufzubauen, und nun steht er finanziell und sonst viel besser da als Kühn, der zwar nach den gängigen Moralvorstellungen lebt und die Verbrecher erfolgreich jagt, aber von seinem Gehalt mehr schlecht als recht über die Runden kommt, und sich eher als Sklave der Umstände als der Herr seines Lebens fühlt. Da war die Rede noch von paar anderen Geschäftsleuten, die mit Mädchen ihr Geld verdienen, sprich, wie in alten Zeiten die Frauen ausbeuten, und besser dastehen als der brave Kühn. Man bekommt also einen reichhaltigen Boden zum Nachdenken.
Eine Überraschung zum Schluss gab es auch und ein recht gutes Ende.
Es wäre schön, wenn es mit dem Kühn weiterginge. Gern auch etwas bissiger, stärker insg., in etwa wie in den Folgen 1 und 2.
Dennoch kann ich hier 4 Sterne vergeben und eine Leseempfehlung aussprechen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2019
Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst (eBook, ePUB)
Müller, Albrecht

Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Trotzdem, dass ich schon einige gute Bücher zu dem Thema gelesen habe, und die NachDenkSeiten für mich durchaus ein Begriff und eine Quelle sind, finde ich dieses Buch von Albrecht Müller gut und lesenswert. Griffig, knapp, mutig und präzise spricht er über viele akuten Themen, das Hauptthema Manipulation der öffentlichen Meinung steht dabei an der Vorderfront. Die knapp zehn Euro für E-Book von der I-Seite des Verlages finde ich gut investiert.
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend: „Demokratie klingt schön. Tatsächlich wird sie täglich ausgehöhlt. Wir alle werden ständig bedrängt zu denken, was andere uns vorsagen. Die meisten politischen Entscheidungen werden unter dem Einfluss massiver Propaganda getroffen - von der Agenda 2010 bis zu den neuen Kriegen.
Dieses Buch hilft, sich aus dem Gestrüpp der Manipulationen zu befreien. Albrecht Müller beschreibt gängige Methoden der Manipulation sowie Fälle gelungener oder versuchter Meinungsmache und analysiert die dahintersteckenden Strategien. Es ist an der Zeit, skeptischer zu werden, nur noch wenig zu glauben und alles zu hinterfragen. Es ist Zeit, wieder selbst zu denken.“
Und er fügt auch hinzu: „Es hilft, wenn man sich mit andern zusammentut, also sich mit anderen Menschen über das Phänomen Meinungsmache und Manipulation austauscht. Viele Augen sehen mehr als zwei.“
Als Erstes bespricht Albrecht Müller die gängigen Methoden der Manipulation, 17 an der Zahl, wie Sprachregelung, Geschichten verkürzt erzählen, Verschweigen, Wiederholung - Steter Tropfen höhlt den Stein, Übertreibung, Gleiche Botschaft von verschiedenen Ecken aussenden, Wippschaukeleffekt, B sagen A meinen uvm. Für weitere Details s. Inhaltsverzeichnis.
Albrecht Müller gibt auch viele Beispiele aus dem politischen Geschehen der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart, um die Methoden der gezielten Meinungsmache für den Leser bildhaft zu beschreiben und diese verständlich zu machen, was z.B. mit der gesetzlichen Rentenversicherung geschah und weshalb sie plötzlich als nicht mehr leistungsfähig an die Steuerzahler verkauft wurde; oder auch wie und weshalb Reformen diskreditiert wurden; oder auch was es mit der „Sozialdemokratisierung“ der Union auf sich hat und wie dies unter Leute gebracht wurde; oder auch wie es dazu kam, dass aus dem erklärten Ziel des Friedens in Europa ein eiskalter Krieg wurde, und die zuständigen Politiker sind nun eifrig dabei, die Aufrüstung schmackhaft zu machen usw.
All diese Ausführungen sind für jeden verständlich formuliert und eigentlich nicht von der Hand zu weisen.
Es macht einfach Spaß, diese kritischen Auseinandersetzungen mit den akuten Themen der Gegenwart zu lesen. Mutig nennt Albrecht Müller die Dinge beim Namen, die in den sog. Leitmedien erst gar nicht auftauchen dürften.
In den Anmerkungen findet man viele interessante Quellen, die meisten online, als weiterführende Literatur und Basis zum Nachdenken und sich auszutauschen.
Auch deshalb ist es ein Buch, das man lesen und im Freunden-, Kollegen-, Familienkreis ausdiskutieren sollte.

Lesen Sie auch im Westend Verlag:
„Angst der Eliten“ von Paul Schreyer,
„Wir sind immer die Guten“ von Matthias Bröckers und Paul Schreyer,
„Wenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur“ von Alexander Unzicker,
„Der Krieg vor dem Krieg“ von Ulrich Teusch,
„Frieden! Jetzt! Überall!“ Peter Brandt, Reiner Braun (Hrgs.)

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2019
Der Welt nicht mehr verbunden (eBook, ePUB)
Hari, Johann

Der Welt nicht mehr verbunden (eBook, ePUB)


sehr gut

Von diesem Werk habe ich einen sehr guten Eindruck gewonnen. Wenn man sich über die Depressionen informieren möchte: Welche Gründe sie haben, warum sie entstehen können, und was noch wichtiger, wie man sie heilen kann, ist man hier an einer sehr guten Adresse.
All dies erfährt man vom Autor, dem dieses Thema sehr am Herzen liegt. Er litt an Depressionen seit er noch ein Teenager gewesen war. Ihm wurden Medikamente verschrieben, was ihm kaum half. Also ging er der Wurzel des Problems gründlich nach, da er auch für sich nach Erklärungen und nach einer Lösung suchte. Er sprach mit einigen Forschern auf dem Gebiet, las entsprechende Berichte, unterhielt sich auch mit den Depressiven usw.
Er identifizierte 9 Ursachen der Depression, hier ist er ganz schön gesellschaftskritisch geworden, was durchaus plausibel erscheint, und schlug 7 Auswege, wie man die Depression bekämpfen kann.
Alles in allem ist es ein gelungenes, aufschlussreiches Werk. Für meinen Geschmack etwas zu breit erzählt.

Bewertung vom 11.09.2019
Mobbing Dick (eBook, ePUB)
Zürcher, Tom

Mobbing Dick (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine bitterböse Satire mit Tiefgang vom Anfang bis zum Ende: Eine stark simplifizierte, auf das Wesentliche reduzierte Schilderung der heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse. Das Ganze ist zwar gnadenlos auf die Spitze getrieben. Die Botschaft, der Wahrheitsgehalt sind aber kaum von der Hand zu weisen.

Klappentext fasst den Inhalt recht gut zusammen.

Der Roman ist aber viel mehr als die Zusammenfassung der Handlung, was man eigentlich über viele guten Werke sagen lässt. Solche Verwandlungen wie Dick und sein Kollege Bachmann erfahren, dürfte wohl jedem bekannt sein, der ins Berufsleben als Angestellter einsteigt und erst recht, wenn man dort bereits mit beiden Füßen steht. Dick durchläuft die typischen Stadien vom naiven Anfänger bis zu dem zum zerreißen gequälten Geist, der lediglich der Welt auf seine Weise das zurückgibt, was ihm angetan/aufgezwungen wurde. Zum Schluss kippt es schon mal ins zynisch Abgeklärte, gar Abgeschmackte. Die Groteske wird an die Spitze getrieben. Anfangs konnte ich noch schmunzeln, in der zweiten Hälfte nicht mehr. Für mich war da etwas zu viel „des Guten“.

Die Art zu erzählen zeichnet einen Profi aus: knapp, nur das Nötigste, aber stets auf den Punkt, schön ausdrucksstark. Mit diesem Minimum an Sprachmitteln wird aber viel erreicht. Dem kleinbürgerlichen Dasein mit seiner obsessiven Sparsamkeit, Scheinheiligkeit, Angepasstheit uvm. wurde Spiegel vor die Fratze gehalten. Zum Kontrast gab es auch die andere Extreme, die Hippie-Szene, die im Grunde die andere Seite der Medaille darstellt. Hinzukamen die Kollegen Dicks bei der Bank mit ihrem sinnfreien Gerangel um den Aufstieg in einem sinkenden Schiff uvm. Karrierismus und seine Auswüchse wurden ebenso klar zur Sprache gebracht wie das Thema Frauenrolle, von verschiedenen Blickwinkeln betrachtet: Frau als Mutter, als Hausfrau, als anvisierte Geliebte, als Karrierebesessene usw.

Man kann noch viel über diesen Roman schreiben, besser, man liest selbst.

Ich vergebe gute vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 11.09.2019
Schutzzone (eBook, ePUB)
Bossong, Nora

Schutzzone (eBook, ePUB)


weniger gut

Dieses Werk halte ich für herzlich wenig lesenswert, kurz gesagt: „Möchte-viel-kann-leider-herzlich-wenig“ passt prima dazu.

Schon allein die Schreibe weist erhebliche stilistische Probleme auf. Die Bandwurmsätze, die nicht allzu selten vorkommen, rauben jede Lust am Weiterlesen. Die ständigen Zeitenwechsel desorientieren den Leser völlig. Folge: Ich war nicht müde, das Buch aus der Hand zu legen.

Und aufgebauscht wird das Minimum von der Substanz bis zum geht nicht mehr. „Viel heiße Luft“, „Schaumschlägerei mit wenig dahinter“ lauten meine nicht seltenen Kommentare auf den Seiten. Kaum gibt es paar klare Worte über den desolaten Zustand der Welt, schon wird die Aussage ins politisch Korrekte gekippt.
All die exotisch klingenden Orte, die jungen Leute aus dem Westen, die sich einbilden, etwas in der Lage zu verstehen und in Afrika etwas Gutes zu tun, und sich deshalb vor eigenen Wichtigkeit vor einander aufplustern, nervten zunehmend. Beim näheren Hinsehen offenbarten sich ihre naiven Träumereien als Chimären, was auch ihnen selbst nach paar Jahren dieses Show-Offs klar wurde, weshalb sie in Zynismus zu verfielen. Dies lässt sich auch über die Beziehung Miras zum verheirateten Familienvater Milan, den sie seit ihren Kindertagen kennt, sagen.
Die ständigen Sprünge in der Zeit rauben mir den letzten Nerv. Mal ist man im Jahr 1994, in dem die Bilder der unglücklichen Kindheit Miras geschildert wurden. Gleich im nächsten Kapitel ist man im Jahr 2017, dann ist man in der Zeit dazwischen, so ging das immer fort, sodass sich der rote Faden mühsam bis gar nicht entdecken ließ, und mich fragen musste, was das bitte soll. Zudem erforderte diese Art zu erzählen viel Aufmerksamkeit, die ich bald nicht mehr bereit war, auf so etwas zu verschwenden.

Es ist einfach zu viel des Herumposierens. Vieles ist bloß angerissen und gleich fallengelassen.

Leider entstand bei mir der Eindruck: Man versucht viel, kann aber wenig, und vor lauter Angeberei findet den eigenen Schwerpunkt nicht.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.09.2019
Die Geheime Mission des Kardinals (Ungekürzt) (MP3-Download)
Schami, Rafik

Die Geheime Mission des Kardinals (Ungekürzt) (MP3-Download)


ausgezeichnet

Es ist ein Krimi, sowohl der Form als auch dem Inhalt nach, aber ein sehr gut geschriebener: spannend, atmosphärisch, mit feiner Prise Humor, in der angenehmen Sprache verfasst uvm.
Klappentext beschreibt die Eckpunkte ganz gut.
Die beiden Ermittler konnte ich gleich zu Anfang ins Herz schließen. Sie gehört schon zum älteren Semester: Barudi steht kurz vor der Pensionierung. Mancini ist etwas jünger, hat lange gegen Mafia gekämpft. Beide haben ihre Verletzungen im Laufe ihrer Leben geholt und vllt mehr schlecht als recht überwunden. Beide haben einen etwas bitteren Humor und gewisse Abgeklärtheit davongetragen. Aber sie haben nicht aufgehört, sich vom Leben überraschen zu lassen. Eine Portion Optimismus haben sie sich doch bewahrt. Sie ergänzen einander sehr gut. Das, was Barudi aufregt und die letzte Motivation raubt, nimmt Mancini gelassen und gibt dem Team die nötige Zuversicht und Energie weiterzumachen.
Der Autor entführt seine Leser in Damaskus vor dem Krieg und zeigt, wie das Leben und Arbeiten dort einmal waren. Gerade von Barudi und seinen Tagebuchaufzeichnungen erfährt man vom blühenden Nepotismus, von den Repressalien, die so mancher Kollege und er selbst ertragen mussten, weil sie einen der Söhne der Mächtigen mit Drogenhandel und ähnlichen Dingen erwischt hatten. Interessant war, wie diese ihre Probleme lösten, was einen über die Nachhaltigkeit solcher Systeme nachdenken lässt. Es wurden auch andere, einfache Menschen gezeichnet, wie sie lebten, was sie in ihrer Freizeit taten, was ihnen wichtig war. So entstand vorm inneren Auge der Leser ein lebendiges, authentisches Bild der damaligen Zeit in Syrien.
Recht gemütlich ging die Erzählung dahin. Es wurde recht viel gekocht und gut gegessen, und über das Leben und die Welt nachgedacht.
Den Erzählstil fand ich recht schön, zwar detailreich, aber doch nicht allzu ausufernd. Hier wurde mMn eine gute Balance zwischen der orientalisch üppigen Erzählweise und dem typischen Krimistil getroffen. Es gab kaum Längen. Das meiste, was dem Leser mitgeteilt wurde, hatte mit dem Geschehen früher oder später zu tun. Die Handlung wurde ganz gut vorangetrieben.
Spannend wurde, als die beiden Ermittler in die Hände bewaffneter Islamisten fielen, wie der Klappentext verrät, was nicht unbedingt hätte sein müssen. Knapp und griffig wurden ihre Motive, ihre Sicht des Geschehens zusammengefasst. Stimmt mit den mir bisher bekannten Sachbüchern zu dem Thema überein. Natürlich mischten sich die politischen mit den privaten Gründen, wie bei so vielen. Um der Romanform gerecht zu werden wurde hier eine herzzerreißende Liebesgeschichte aufgetischt. Aber gut, das bleibt der künstlerischen Freiheit überlassen. Insgesamt mangelt es hier an Liebes- und Lebensgeschichten wohl kaum.
Am Ende ist alles geklärt und aufgelöst.

Udo Schenk und Jürgen Tarrach haben großartig vorgetragen. Die beiden ergänzen einander prima. Ihre Art, ihre Stimmen haben den Figuren und dem Roman insg. das Leben eingehaucht. Kopfkino startete gleich von der ersten Minute und ließ noch lange nach dem Ende nicht los. Stundenlang konnte ich zuhören. An Pauseneinlegen war nicht zu denken. Überlege mir, das Hörbuch nochmals anzuhören. Schön war es.

Fazit: Ein sehr gut gelungener Krimi, auch wenn er als Roman deklariert wurde, in dem solche Themen wie Liebe, Familie, Freundschaft, Frieden, Krieg, Glaube, Religion, das Recht auf Selbstbestimmung, ob für Frauen oder auch für Männer, Völker, Länder, uvm. sehr kunstfertig, tiefgründig und zugleich unterhaltsam in Szene gesetzt wurden. Orientalisch atmosphärisch, in weiten Strecken gemütlich, toll geschrieben.

Bewertung vom 28.08.2019
AI-Superpowers
Lee, Kai-Fu

AI-Superpowers


ausgezeichnet

Es ist ein sehr gutes, informatives, spannendes, bereicherndes Werk. Sehr gern gelesen.

Es ist so gut geschrieben, dass ich auf weiten Strecken ans Buch gefesselt war wie an einen spannenden Wirtschaftsthriller, mit dem Unterschied, dass die Dinge, die Kai-Fu Lee bespricht, dem wahren Leben entsprungen sind und seine Erfahrung als Geschäftsführer von Google China, und später als Start-up-Investor und weltweit renommierter KI-Experte, an den Leser weitergeben.

Der Autor versteht auch sehr gut, die Inhalte leserfreundlich zu präsentieren. Auch die kurzen Unterkapitel verleiten stets dazu, noch ein bisschen weiter zu lesen.

Bemerkenswerte Leichtigkeit wohnt dieser Art inne, die vom viel Wissen, Können und Gedankentiefe herrührt. Hier spricht ein Mensch, der die Höhen und Tiefen des Lebens erlebt hat. Dies wird insb. zum Schluss deutlich. Er vergleicht sich vor der Krebserkrankung und nachher, und sagt, was er daraus gelernt hat.

Warum ist also sein Buch so lesenswert? Es gibt viele Gründe. Nur mal einige zu nennen:

-Weil Kai-Fu Lee so einiges über den Werdegang Chinas zu KI Supermacht erzählt. Er erklärt u.a., warum es diese Phase des Kopierens gab, warum sie wichtig war und was sie bewirkt hat.
-Weil er die chinesische Herangehensweise, die das Land in sehr kurzer Zeit zu KI Supermacht gemacht hat, recht plausibel erklärt.
-Weil er die Mentalität und Herangehensweise der Silicon Valley Bosse infrage stellt. Und erklärt auch, warum diese den Wettbewerbsvorteil von USA als KI Supermacht in manchen Bereichen verspielen. Er kritisiert die Arroganz der Kolonialherren auch recht deutlich. Anhand von Beispielen zeigt er, wie chinesische KI Unternehmen diese Probleme gelöst, in welchen Bereichen sie den Vorsprung genießen, z.B. was Zahlungsinfrastruktur angeht, was das heißt uvm.

Diese Vergleiche China vs. USA gehen durch das ganze Buch durch, für Details s. Inhaltsverzeichnis, und wirken mitunter recht herzerfrischend. Das hat einen Seltenheitswert.

Kai-Fu Lee bespricht auch die düsteren, aber realistischen Prognosen, was die Rolle der KI in der Zukunft angeht, zuvor gibt er den Überblick über die gängigen Dystopien. Hier spricht er u.a. davon, welche Berufe zukünftig nicht mehr von Menschen ausgeführt werden, welche bedroht sind usw. Auch davon ist die Rede, dass die Länder, die KI-seitig wenig bewandert sind, in eine sklavenartige Abhängigkeit geraten könnten.

Was viel bereichernder ist: Kai-Fu Lee zeichnet auch eine hellere, positive Variante, in der KI und Menschen in der Zukunft ganz gut einander ergänzen. Seine persönliche Geschichte und die Lehren, die er daraus gezogen hat, spielt hier auch eine große Rolle und bereichert seine Vision der Zukunft ungemein.

Ich gehe nicht näher auf Details ein, um nicht zu spoliern. Wenn Interesse am Thema KI da ist, sollte man dieses Buch lesen. Da führt kein Weg dran vorbei. Man bekommt viel mehr, als die Beschreibung und Kapitelüberschriften versprechen.

Zudem ist es hochwertig gemacht: Hardcover, Umschlagblatt, Lebebändchen in Rot, angenehme Schriftgröße.

Das Buch ist sehr bereichernd. In vielerlei Hinsicht. Ich habe es sehr gern gelesen.

Bewertung vom 15.08.2019
Achtsam morden Bd.1 (MP3-Download)
Dusse, Karsten

Achtsam morden Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

Nach der Leseprobe war ich nicht unbedingt der Meinung, dass ich dieses Buch weiterlesen wollte. Aber als Hörbuch war es gerade jetzt, in der Sommerpause, durchaus attraktiv. Und ja, das Hörbuch war schon ein Gewinn, hpts. weil es von Matthias Matschke großartig gelesen, besser gesagt vorgetragen wurde. Er machte für mich diese Geschichte lebendig und zum Greifen nah. Alle Figuren versah er mit ihren eigenen Stimmen, zudem konnte ich ihre emotionale Verfassung prima heraushören. Die Situationskomik war auch toll eingefangen und zum Leser getragen. Hut ab vor dieser Leistung!
Die Story an sich fand ich am Anfang höchstamüsant. Zumindest bis zur Mitte ging alles gut. Paar Schmunzler und Auflacher machten Lust auf mehr. Die bitterböse Gesellschaftskritik war ein Teil des Plots und eigentlich nicht von der Hand zu weisen. Viele der geschilderten Situationen sind die Probleme, die die jungen Leute heute zu bewältigen haben: Einen annehmbaren Work-Life-Balance zu erreichen, einen Kita-Platz für das Kind zu bekommen, das Familienleben zu retten usw. Das Ganze unter dem Hinweis, dass man dieses perfide System, in dem man meist nur als Schurke erfolgreich sein kann, nicht selbst erfunden hat, muss sich aber darin lieber gut als schlecht zurechtfinden, sonst… Alles mittels schwarzen Humors, aber doch recht niveauvoll, an die Leser bzw. Hörer getragen. Die Achtsamkeitssprüche bildeten das quasi Tüpfelchen auf dem i.
In etwa ab der Hälfte fiel aber die Spannung. Je weiter es ging, desto mehr habe ich mir gewünscht, dass die Geschichte gut um ein Viertel im Vorfeld gekürzt und insg. strammer gestaltet wäre.
Zudem gab es zu viele Klischees, so manches schon gnadenlos überzeichnet, sowie den obligatorischen Seitenkick voller Negativität in Richtung Russland. Diesmal war es das russische Essen, das einer der Mafiabosse, ein Russe versteht sich, vor Augen der Hauptfigur mit großem Appetit verspeist, was unseren Helden unmittelbar und zutiefst anekelt. Es scheint, heute gibt es kaum einen mittelmäßigen Krimi aus einem der großen Publikumsverlage, der nicht auf die eine oder andere Art und Weise irgendeinen Mist über das Land erzählt und somit das von Leitmedien sorgfältig konstruierte Feindbild Russland in den Köpfen der Leser verfestigt. So weit ist es schon gekommen. Das gab es schon mal, erinnert stark an Reagan-Zeiten. Lesen Sie mal „Der Krieg vor dem Krieg“ von Ulrich Teusch oder auch „Wenn man weiß, wo der Verstand ist, hat der Tag Struktur“ von Alexander Unzicker, wissen Sie mehr zu den Motiven dieser perfiden Manipulation der Leser. Alles andere als schön oder fair. Und brandgefährlich.

Fazit: Ein eher mittelmäßiger Krimi, der toll anfängt, dann aber an Fahrt verliert, der aber die aktuellen gesellschaftlichen Probleme zur Sprache bringt.
Als Hörbuch ist er durchaus eine Empfehlung. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es selbst hätte zu Ende lesen können. Der Krimi erhält 3 Sterne, aber da er großartig gelesen wurde, vergebe ich hier insg. vier Sterne.