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bolie
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Langscheid

Bewertungen

Insgesamt 863 Bewertungen
Bewertung vom 18.10.2022
Hinter dem hellen Schein / Schloss Liebenberg Bd.1
Caspian, Hanna

Hinter dem hellen Schein / Schloss Liebenberg Bd.1


ausgezeichnet

Die 18jährige Adelheid muss Geld verdienen. In ihrem Elternhaus gibt es zu viele Esser und ihr Vater verdient nicht genug, um alle satt zu bekommen. Als Tagelöhner ist sein Lohn zudem nicht konstant und oft ist hier Schmalhans Küchenmeister. Wie eine göttliche Fügung kommt daher die Chance, dass sie als Stubenmädchen arbeiten darf. In einem Schloss. Mit täglich drei Mahlzeiten. Endlich mal wieder satt essen und auch den Lieben zuhause mit Geld und Nahrung helfen können. Ein Traum geht für sie in Erfüllung. Dass es in einem Haus mit vielen Angestellten auch Neider gibt, das lernt Adelheid leider am eigenen Leib. Sie ist aber genügsam und findet sich mit allem ab, was ihr geboten wird.

Die Autorin Hanna Caspian ist mir bekannt. Ich las ihre Bücher gerne und auch dieses gefiel mir gut. Der Grund liegt nicht nur an ihrem angenehmen Stil. Sie recherchiert zudem sehr genau und ihre Bücher sind eine Lehrstunde in Geschichte. Schloss Liebenberg gibt es heute noch. Dass Kaiser Wilhelm hier ein und aus ging ist belegt und so mancher Skandal, der im Buch eine Rolle spielt, ebenfalls. Schon damals wurden investigative Journalisten bedroht oder gar angegriffen. Und ja, der Skandal, der ebenfalls in „Hinter dem hellen Schein“ eine Rolle spielt, ist nicht der Fantasie der Autorin entsprungen.

Ein weiterer sehr wichtiger und positiver Aspekt bei diesem Werk ist, dass Frau Caspian nicht die Reichen und „Schönen“ als Hauptakteure ihres Romans auswählte. Nein, sie schreibt aus der Sicht der vielen „guten Geister“ im Haus des Adels. Wie hart sie arbeiten und wie sie um Anerkennung kämpfen müssen. Klar, es gibt auch Intrigen. Das bleibt aber nicht aus, da alle nur eins wollen: ihr Auskommen haben. Ich freue mich auf den zweiten Band, denn dieses Buch ist der Start einer Saga.

Bewertung vom 10.10.2022
Bullauge
Ani, Friedrich

Bullauge


sehr gut

Nicht nur die Tatsache, dass er mal wieder seine Freizeit für den Schutz von Demonstranten vergeudete. Dass er aber mit einer Flasche beworfen wird und dabei ein Auge verliert, das haut dem Fass den Boden aus. Jetzt ist Polizist Oleander beurlaubt und langweilt sich. Zudem möchte er wissen, wer ihm diese schlimme Verletzung antat. Es treibt ihn um, dass auch seine Kollegen bisher noch keinen Täter dingfest machen konnten. Welch glücklicher Zufall, dass er eine Frau namens Gisela Glaser trifft. Auch sie war auf der Demo und will ihm helfen, den Täter zu finden. Gemeinsam machen sie sich an die Arbeit.

Wie fühlen sich Menschen, wenn sie von Zeitgenossen so schwer verletzt wurden, dass sie nicht mehr arbeiten können? Was geht in ihnen vor, wenn sie angestarrt oder gar verlacht werden? Wenn ihre Behinderung so offensichtlich ist? Nicht nur diese Fragen werden in dem Buch „Bullauge“ perfekt beantwortet. Und das nicht etwa auf der Schiene Mitleid. Nein, so, wie es ist. Das weiß ich aus eigener und leidvoller Erfahrung.

Ein typischer Ani. Nicht einfach zu lesen, da sein Stil gewöhnungsbedürftig ist. Er schreibt gerne durch die Blume und zuweilen auch langatmig. Und trotzdem zieht es mich immer wieder zu seinen neuen Büchern. Dieses hier gefiel mir, da es auch die Problematik von Kreisen mit Rechter Gesinnung zeigt. Und das auch überzeugend. Das Ende war für mich keineswegs vorauszusehen und das macht ein guter Krimi für mich aus.

Bewertung vom 07.10.2022
Geschichte eines Kindes (eBook, ePUB)
Kim, Anna

Geschichte eines Kindes (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine junge Frau bringt ein Kind zur Welt und ist davon überzeugt, dass sie es nicht behalten möchte. Also wird es zur Adoption freigegeben. So weit, so gut. Allerdings sehen die Verantwortlichen ein Problem, da der Säugling nicht dem gängigen Aussehen entspricht. Er gilt als „mittelbreitnasig“ (ja, diesen Begriff gab es damals) und das bedeutet, dass der Erzeuger ein „Schwarzer“ sein muss.

„Wie vermisst man einen Menschen?“ Unglaublich, dass diese Frage im Jahr 1953 obere Priorität hatte. Wer als alleinstehende Mutter sein Kind nicht abtreiben, sondern zur Adoption freigeben wollte, der durfte keinen Mischling entbinden. Da waren sich die Sozialarbeiter einig. Kein Ehepaar will ein Baby adoptieren, welches „Negerblut“ in den Adern hat. Für uns heute nicht vorstellbar, damals aber leider normal.

Der kleine Junge wurde immer wieder genauestens untersucht und vermessen. Also unter anderem der Abstand zwischen den Augen, die Breite der Nase und jene seiner Lippen. Und trotzdem konnte kein Experte mit Bestimmtheit sagen, dass es sich um einen Mischling handelt. Nur die Identität des Erzeugers würde für Klarheit sorgen.

„Geschichte eines Kindes“ ist die fiktive Erzählung einer österreichischen Schriftstellerin. Im Jahr 2013 reist sie in die USA. Ihr Name ist Franziska und sie bezieht ein Zimmer bei Frau Joan Truttman. Die beiden kommen sich näher und Frau Truttman wird mutig. Sie fragt, wie es sich anfühlt, als einzige Asiatin unter „Weißen“ zu leben. Franziska ist selbstbewusst und weiß darauf eine passende Antwort. Jedoch, wie mag es für den kleinen Daniel gewesen sein? Als „Mischling“ geboren zu sein?

Die Autorin verwebt sehr gekonnt ihre eigene Geschichte mit jener, die vor vielen Jahren ihren Anfang nahm. Ist es tatsächlich heute leichter, wenn das Aussehen nicht dem eines „Weißen“ entspricht? Ich denke nicht. Sehr abstoßend empfand ich diese unsäglichen Untersuchungen des Säuglings, die in dem Buch sehr glaubhaft dargestellt wurden. Ich empfehle das Buch allen, die bereit sind, sich mit dem Thema Rassismus auseinanderzusetzen.

Bewertung vom 07.10.2022
Die Stimme (eBook, ePUB)
Durlacher, Jessica

Die Stimme (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es sollte ein ganz besonderer Tag werden. Endlich hatte Bor um ihre Hand angehalten und heute, am 11.09. 2001 wird geheiratet. In New York, direkt neben den Zwillingstürmen. Doch mitten in der Zeremonie ein lauter Knall. Die Zeit steht still. Ein Flugzeug fliegt in einen Turm des World Trade Centers. Nur zwei Blocks von den Jungvermählten entfernt. So beginnt das Buch
„Die Stimme“ und zeigt, welche Auswirkungen Fanatismus haben kann.

Eine junge Muslimin mit dem Namen Amal mit ausdrucksstarker Stimme, gewinnt einen Gesangswettbewerb. Gleichzeitig wendet sie sich öffentlich gegen alles, was ihr bisheriges Glaubensleben ausmacht. Sie legt während einer Fernsehsendung ihren Schleier ab. Es folgen Drohungen und Stalking. Nicht nur sie ist davon betroffen. Auch das mit ihr befreundete Ehepaar Bor und Zelda mit ihren drei Kindern.

Die Ich-Erzählerin Zelda schreibt von sich: „Meine Erinnerungen sind nicht chronologisch. Lauter Fetzen.“ Ja, das stimmt und es ist nicht immer einfach, diesen „Fetzen“ zu folgen. Das Buch ist nicht nur spannend, es zeigt ebenfalls wie gefährlich es ist, sich gegen die Lehre Mohammeds und seiner Anhänger zu stellen. Das Schicksal Amals ähnelt sehr dem des Autors Salman Rushdie. Gegen ihn gab es ebenfalls eine Fatwa. Es machte mich nachdenklich und ja, es empörte mich auch. Meine Leseempfehlung gilt ohne Einschränkung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.10.2022
Ingeborg Bachmann und Max Frisch - Die Poesie der Liebe / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.3 (eBook, ePUB)
Storks, Bettina

Ingeborg Bachmann und Max Frisch - Die Poesie der Liebe / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ob das wohl gut geht? Zwei gefragte Schriftsteller ein Paar? Max Frisch und Ingeborg Bachmann, das waren zwei brillante Künstler. Dauerhaft zusammenleben, das konnten sie nicht. Warum das Ansinnen zum Scheitern verurteilt war und wie sie trotzdem glückliche Stunden verlebten, das wird in dem Buch „Ingeborg Bachmann und Max Frisch - Die Poesie der Liebe“ sehr realistisch dargestellt.

Ich las bereits einige Bücher von Bettina Storks und freute mich sehr auf dieses Werk. Wieder mal aufwendig recherchiert und dabei die neuesten Erkenntnisse von Historikern verarbeitet. Nichts Anderes erwartete ich von Frau Storks. Dass sie dann ebenfalls diese Aufbruchstimmung nach dem verheerenden Weltkrieg gekonnt vermittelte, gefiel mir ebenfalls. Die zahlreichen Originalzitate ließen mich den Künstlern noch näher kommen. Einen Nachweis über deren Ursprung, gibt es im Anhang nachzulesen.

Wer mehr über Max Frisch und Ingeborg Bachmann erfahren möchte, der findet am Schluss des Buches viele Empfehlungen dazu. Warum ich aber bei meiner Bewertung einen Stern abziehe? Die Sprache ist mir zu poetisch. Das mag dem Thema des Buches geschuldet sein, ist aber nicht mein Fall. Und trotzdem gebe ich eine Leseempfehlung. Zumal auch andere Künstler, wie unter anderem Paul Celan, Erwähnung finden. Obwohl er lange Zeit mit Frau Bachmann liiert war, kannte ich ihn noch nicht.

Bewertung vom 28.09.2022
Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


sehr gut

Als die Briten endlich abzogen, wurde in Indien gefeiert. Die Einwohner fühlten sich nach Jahren der Herrschaft endlich frei. Auch die junge Lakshmi spürt die Freude. Sie floh vor einigen Jahren aus ihrer Heimatstadt und baute sich ein gut gehendes Geschäft auf. Die Unabhängigkeit von England bewirkte, dass ihr Kundenstamm wuchs. Reiche Inderinnen taten ihre Freude kundtun, indem sie ihren Körper, von der Hennakünstlerin verzieren ließen. Sie versprachen sich davon unter anderem, dass sie schwanger wurden und/oder für ihren Mann attraktiv blieben.

Im Indien der 1950er Jahre war es üblich, dass junge Mädchen mit Männern verheiratet wurden, die ihre Eltern aussuchten. Es spielte keine Rolle, ob das Paar sich liebte oder wie groß der Altersunterschied war. Wenn die Männer ihre Angetrauten schlugen, dann war es halt so. Einen Grund zur Scheidung gab es nicht. Weil sie nicht länger mit einem prügelnden Ehemann zusammen sein wollte, floh Lakshmi nach Jaipur. Als dann plötzlich ihr Ehemann vor ihr steht und zudem noch ein für Lakshmi völlig unbekanntes Mädchen bei sich hat, ändert sich ihr gut geordnetes Leben in einem Augenblick.

Die Story kommt in guter Bollywood Manier daher. Leicht zu lesen, aber mit vielen bildhaften Erklärungen zum bunten und pulsierenden Indien. Dass es einige Längen gab, störte mich nicht so sehr, da es der erste Roman der Autorin ist. Die nächsten Bücher werden mit Sicherheit kurzweiliger. Gut gefielen mir die Erläuterungen von Pflanzen und Ölen. Nicht nur die Aufbereitung, sondern auch die Wirksamkeit kommen zur Sprache.

Ideengeberin für den Roman war die Mutter der Autorin. Was wäre aus ihr geworden, wenn sie ihre Träume hätte leben dürfen?

Bewertung vom 26.09.2022
Du entkommst mir nicht (eBook, ePUB)
Malone, June

Du entkommst mir nicht (eBook, ePUB)


gut

Fräulein Johanna Talbach ist wieder Single. Sie trennte sich von ihrem Freund und sucht eine eigene Wohnung. Die findet sich rasch. In einem Hochhaus. Frisch renoviert und mit einem sehr sympathischen Nachbarn. So denkt sie. Er wohnt über ihr, ist Mitte 40 und ein Angeber. Er ist auf jeden Fall von Johanna besessen und das wird bald zu einer tödlichen Falle für die junge Frau.

"Du entkommst mir nicht" ist in zwei Erzählstränge aufgeteilt. Johanna spricht in der Ich-Form und das Agieren Arthurs wurde in der dritten Person geschrieben. Die Story beginnt mit der Suche nach einer Wohnung und der Enttäuschung über die Verwahrlosung. Wie ein helfender Engel erscheint Arthur und lässt sie renovieren. Sofort empfindet Johanna Dankbarkeit für ihn. Dabei gefällt sie ihm und er will sie für sich gewinnen. Ein leider sehr vorhersehbares Katz- und Mausspiel beginnt.

Leichte Lektüre, die mich nicht überzeugte. Das lag einmal an der sehr schlichten Ausdrucksweise und zum anderen an der nicht vorhandenen Spannung. Die Story ist brutal und das macht für mich aber keineswegs einen guten Thriller aus. Ein Plus sind die gut recherchierten Fakten zu psychischen Erkrankungen, die hier aber auch übertrieben oder gar unglaubwürdig dargestellt werden.

Bewertung vom 26.09.2022
Die Hohenzollern und die Nazis (eBook, ePUB)
Malinowski, Stephan

Die Hohenzollern und die Nazis (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die große „Familie“ der Hohenzollern war und ist stets bemüht, sich im rechten Licht darzustellen. Sie engagieren Journalisten, Reporter und PR-Berater. Jedoch müssen sie sich gefallen lassen, dass auch ihre polierte Seite einige Macken hat. Wie war denn der Kaiser tatsächlich? Also, wie stand er zu den Nationalsozialisten und wie verbrachte er seine Zeit im „Exil“? Welche Fotografien von ihm und seinen Söhnen wurden nur für´s Volk gemacht und veröffentlicht. Eine spannende Reise in die Vergangenheit und Antworten auf viele Fragen bietet das Buch „Die Hohenzollern und die Nazis“. Der Autor Stephan Malinowski schaffte es damit auf den ersten Platz beim #DSP22. Herzlichen Glückwunsch.

Dass Kaiser Wilhelm abdanken musste und in die Niederlande floh, lernten wir in der Schule. Wie er dort seine Zeit verbrachte und was derweil die Söhne umtrieb, das kommt erst nach und nach ans Licht. Bis heute gibt es immer wieder Schriften, die auch für dieses Buch als Grundlage dienten. Es gilt als erwiesen, dass die Hohenzollern aktiv tätig waren, die Nationalsozialisten bei ihrem Streben nach Macht zu unterstützen. Der Autor nennt es gar eine „symbolisch – politische Allianz“. In dem Sachbuch werden Republikfeinde beim Namen genannt und der Aufstieg Hitlers konkretisiert.

Noch ein Zitat, welches die Verbundenheit des Kaiserhauses zu Hitler zeigt:

„Lieber Herr Hitler! ….führen Sie diese herrliche nationale Bewegung hinein in die fruchtbringende Arbeit.“ Das schrieb der Kronprinz Wilhelm an sein Vorbild.

Viele Quellen berichten davon und sie wurden von Herrn Malinowski gefunden und zur Unterstreichung der Wahrheit herangezogen. Zudem konnte er auch etliche Fotos nutzen und damit das Buch noch abwechslungsreicher gestalten.

Es gibt ja Sachbücher, die lassen sich nur mühsam lesen. Ihre Schöpfer zeigen dabei häufig, dass sie Latein lernten oder wissenschaftliche Zusammenhänge in der Quantenchemie kennen. Also, nichts für Menschen, die kein Studium abschlossen oder sich auf ein Thema fixierten.
„Die Hohenzollern und die Nazis“ hebt sich wohltuend davon ab. Die Sprache ist gehoben aber niemals abgehoben. Neben trockenen Passagen gibt es immer wieder humorvolle Abschnitte, die das Lesen zu einem Vergnügen machten. Meine Empfehlung für dieses Werk gilt ohne Abstriche. Für alle, die sich für die Historie Deutschlands ab 1918 interessieren eigentlich ein Muss.

Bewertung vom 23.09.2022
Wo vielleicht das Leben wartet (eBook, ePUB)
Jachina, Gusel

Wo vielleicht das Leben wartet (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Wo vielleicht das Leben wartet“ beschreibt die große Hungersnot im Wolgagebiet. Das Jahr 1923 forderte unendlich viele Tote und zahlreiche von ihnen waren Kinder. Das wollen einige Männer ändern und bestimmen den ehemaligen Soldaten Dejew, 500 Kinder mit der Eisenbahn bis nach Turkestan zu bringen. Der „Marschbefehl“ wurde am 09. Oktober 1923 unterschrieben. Die Reise geht über 4.000 Werst, das sind 4.272 km und wird 6 Wochen dauern. Eigentlich kein Problem in einem warmen Zug mit Schlafplätzen, Küche und Bädern, so wie wir uns das heute vorstellen. Dejew, der schon lange bei der Eisenbahn beschäftigt ist und bereits viele Transporte begleitete weiß, was auf ihn zukommt. Im ersten Moment zögert er daher auch, dem Auftrag zuzustimmen. Er denkt allerdings an die Kinder und will sie auf der weiten Fahrt begleiten.

Es ist der zweite Roman, den ich von Gusel Jachina las. Mir gefällt ihr eigenwilliger Stil und ihre faktenreichen Erzählungen. Wie Dejew zunächst die Wagen zusammensuchen muss, die den Kindern für etliche Wochen ein zuhause sein werden. Wie er die selbstbewusste und harte Genossin Belaja kennenlernt und immer wieder mit ihr aneinandergerät. Wie er sich große Sorgen um die Gesundheit der Schwächsten macht und immer wieder an seine Grenzen kommt.

Kaum Proviant und unterwegs durch ein Gebiet, wo Bürger aufeinander schießen. Immer wieder muss Dejew sich etwas einfallen lassen, um seine Lieben versorgen zu können. Ich fieberte mit ihm und das nur, dank der so lebendig beschriebenen Ereignisse. Wer Gusel Jachina nicht kennt, der wird eine Weile brauchen, bis er der Erzählung folgen kann. Aber für mich ist gewiss, dass es sich für jeden lohnt, dieses Buch zu lesen. Zumal im Jahr 2022 das Thema Russland leider wieder hochaktuell ist.

Bewertung vom 22.09.2022
Die Nackten fürchten kein Wasser (eBook, ePUB)
Aikins, Matthieu

Die Nackten fürchten kein Wasser (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Omar ist jung und sieht in Afghanistan keine Perspektive. Als Übersetzer und Fahrer auch von Deutschen weiß er, dass ihn nur die Ausreise nach USA vorwärts bringen kann. Seine Anträge werden aber immer wieder abgelehnt. Zwei Jahre kämpft er und jetzt steht sein Entschluss fest. Mit der Hilfe von Schleusern muss er sich auf den gefährlichen Weg nach Europa begeben.

Oh ja, es gibt ihn. Den Staatsangehörigkeitsbonus. Will sagen, dass es bei der Anerkennung von Geflüchteten nicht auf den Grund der Flucht ankommt, sondern darauf, aus welchem Land der Antragsteller stammt. Wer kennt diese Situation besser als jemand, der diese Situation hautnah erlebte? Matthieu Aikins ist Autor des Buches „Die Nackten fürchten kein Wasser“. Als Kriegsreporter lernte er den jungen Mann namens Omar kennen und schätzen. Ja, sie verbindet eine Freundschaft.

Beim Lesen des Buches wurde ich sehr schnell in eine Welt entführt, die so gar nicht meiner Lebenssituation entspricht. Der Autor verstand es, mir vor Augen zu führen, wie dankbar ich sein darf. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Herr Aikins sich gemeinsam mit weiteren Flüchtlingen auf die weite und gefährliche Reise nach Europa machte. Seine Erlebnisse niederzuschreiben und das in einer Form, die mich als Leser mitzieht, verdient meine Achtung.

Das Buch liest sich wie ein Spannungsroman, ist aber bittere Wahrheit und das macht es so berührend. Aber auch das Cover wurde stimmig und zu diesem ernsten Thema passend gewählt. Fünf Sterne plus und eine klare Leseempfehlung gibt es von mir.