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Isabel von Belles Leseinsel
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Mainz
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Bewertungen

Insgesamt 585 Bewertungen
Bewertung vom 16.07.2013
Erika Mustermann
Löhr, Robert

Erika Mustermann


ausgezeichnet

Operation Plauschenat

Friederike Wolf ist entsetzt. Als überzeugtes Mitglied der Bündnisgrünen ist für die Berlinerin das Schlimmste passiert, was nur passieren konnte: Die Piratenpartei übertrifft das Ergebnis ihrer Partei bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus und ziehen mit 15 Abgeordnete in den Berliner Landtag ein. Aber nicht genug! Ihr Erzfeind Volker Plauschenat ist einer der Abgeordneten. Vor ein paar Jahren hatte Friederike die Geschichte „Der Facebook-Mörder“ erfunden und findet sie nun auf YouTube, als Urheber ist Plauschenat angegeben. Die Operation Plauschenat entsteht in Friederikes Kopf und die politische Vernichtung ihres Erzfeindes ist geboren. Doch irgendwie kommt dann alles anders als Friederike denkt.

Die alleinerziehende Mutter nutzt ab sofort jeder freie Sekunde, um in Plauschenats Vergangenheit ein dunkles Geheimnis zu entdecken, das seine politische Karriere zu Fall bringt. Da schreckt Friederike sogar nicht davor zurück, Mitglied der Piraten zu werden, um mögliche dunkle Machenschaften aufzudecken. Doch Friederike muss bald erkennen, dass unter den Mitgliedern nicht nur Nerds zu finden sind und ehe sie es sich versieht, lernt sie die Ideologie der Piraten zum Teil sogar schätzen und verliebt sich auch noch in einen dieser Freaks.

Auf äußerst erfrischende, spitzfindige Art und Weise wirft Robert Löhr mit seinem Roman einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Politiklandschaft. Nach der ersten Euphorie der Piraten mit dem Sieg bei der Berliner Landtagswahl, holt die 15 Abgeordneten schon bald die Realität ein. Wurde anfangs noch Zusammenhalt und Freundschaft großgeschrieben, lässt der Neidfaktor nicht lange auf sich warten, Machtgerangel gehört bald zur Tagesordnung. Und auch die Geschichte von Friederike verläuft vollkommen anders als man anfangs hätte vermuten können.

Und Robert Löhr zeigt auch, dass das Hauptanliegen der Piraten, vollständige Transparenz in der öffentlichen Verwaltung und Politik, sich auch als Bumerang erweisen kann. Die Piratenpartei streamt ihre Sitzungen live im Netz, Facebook und Twitter sind Standard, das neueste Iphone ein absolutes Muss. Jede noch so kleine Gefühlsregung muss getwittert werden, man ist 24-Stunden erreichbar, vertrauliche Gespräche kann man ein paar Minuten später auf Facebook nachlesen: Herzlich Willkommen Gläserner Mensch. Und dass man mit einem Shitstorm problemlos einen Menschen vernichten kann, dass nimmt man halt billigend in Kauf.

So ist „Erika Mustermann“ nicht nur ein herrlich lockerer und witziges Roman, der bestens unterhält und einen oftmals schmunzeln lässt, sondern liefert auch einen wunderbarer Blick hinter die Kulissen der Politik, den unterschiedlichen Parteigefügen und zeigt auch auf, wie sehr man heute schon vom Internet bzw. den sozialen Netzwerken abhängig ist und viele ihre Privatleben ganz unbedarft öffentlich ins Netz stellen. Der Schreibstil von Robert Löhr ist auch entsprechend der Internetsprache geprägt und so sind auch einige Tweets aufgeführt wie auch Einträge von Wikipedia.

Und auch seine Protagonisten sind wunderbar gezeichnet, agieren absolut überzeugend und lebendig und gerade die temperamentvolle Lehrerin Friederike ist in ihrer ehrlichen, herzlichen und offensiven Art sehr sympathisch beschrieben.

Fazit: Ein äußerst unterhaltsamer wie auch interessanter Blick hinter die Kulissen der Piratenpartei, fundiert recherchiert und bestens geeignet als Lektüre für das Wahljahr 2013.

Bewertung vom 11.07.2013
Wer ohne Liebe ist / Emma Vonderwehr & Edgar Blume Bd.2
Lanfermann, Mechthild

Wer ohne Liebe ist / Emma Vonderwehr & Edgar Blume Bd.2


ausgezeichnet

Ein Krimi, der von der ersten Seite an überzeugt

In Berlin Zehlendorf wird ein Grundschullehrer brutal ermordet, seine Wohnung verwüstet. Die Polizei vermutet die Täter im Drogenmilieu. Doch die Radioreporterin Emma Vonderwehr geht noch einer anderen Spur nach. Martin Brinkmann soll Kontakte zu rechtsradikalen Kreisen gehabt haben, dort sogar aktiv in der Rechten Liga mitgewirkt haben. Durch einen Hinweis seines Vaters, den Emma bei einer Fahrt in den brandenburgischen Heimatort des Grundschullehrers erhält, vermutet sie den Grund seines Todes in dessen DDR-Vergangenheit. Während die Polizei, allen voran Kommissar Edgar Blume, die Ermittlungen auf Hochtouren durchführen, geschehen weitere Morde und auch Emma gerät auf die Liste der Täter.

Durch die Arbeit der Polizeireporterin Emma erhält man einen recht detaillierten Einblick in die Abläufe einer Radiostation, was Mechthild Lanfermann äußerst interessant immer wieder in ihren Krimi mit einbringt. Thema der Geschichte ist der Rechtsradikalismus, hier im ländlichen brandenburgischen Raum und man merkt sofort, dass die Autorin dieses Thema äußert fundiert recherchiert hat. Ihr Wissen hierüber fließt ständig in die Geschichte mit ein und glaubhaft vermittelt die Autorin, wie leicht es den Neonazis doch immer wieder gelingt, gerade junge Menschen mit ihren Ansichten zu beeinflussen, wie offen sie hiermit nach außen auftreten und auch die Medien gekonnt für ihre Zwecke missbrauchen.

Es ist somit ein äußerst brisantes Thema, welches Mechthild Lanfermann in ihrem Krimi aufgreift und der Autorin gelingt eine gekonnte Umsetzung. Mit einem sehr eindringlichen Prolog, in dem ein junger Mann schildert, wie er der brutalen Willkür der Stasi ausgesetzt war, beginnt die Autorin ihren Krimi. Anschließend wechselt Mechthild Lanfermann sofort zum Mord an dem Grundschullehrer. Im Verlauf des Krimis erhält man einen guten Einblick in die Strukturen der rechtsradikalen Anhänger und spürt beim Lesen auch deutlich die Angst der Menschen vor deren verbalen wie auch gewalttätigen Übergriffen. Und mitten darin befindet sich die unerschrockene Reporterin Emma, die sich von deren bedrohlichen Gebärden nicht abschrecken lässt. Unermüdlich, ja regelrecht verbissen verfolgt sie ihre Spur und muss dabei auch öfter ihr Bauchgefühl außen vor lassen, da ihre Recherchen die Ermittlungen der Polizei topedieren könnten. Gerade Kommissar Blume verfolgt mit seinen Ermittlungen weitreichendere Ziele, die Emma mit ihrer forschen Art immer wieder gefährden könnte.

Der Krimi ist von Beginn an spannend angelegt und entwickelt sich zudem wendungsreich. Zwar kann man schnell vermuten, dass der Mörder des Grundschullehrers in der rechten Szene oder aber im Drogenmilieu zu finden ist, man ahnt dennoch lange Zeit nicht, in welche Richtung sich die Story schlussendlich entwickeln wird. Und dann gibt es ja auch noch eine Kollegin von Brinkmann, deren Verhalten äußerst rätselhaft ist. Mechthild Lanfermann erzählt die Geschichte durchweg sehr fesselnd, spannend und im Verlauf immer temporeicher. Ab und an nimmt die Autorin aber dann auch ein wenig das Tempo aus der Story heraus, was ich als sehr angenehm empfand. Die Autorin liefert ihren Lesern im Verlauf einiges zum Nachdenken, was man erst mal ein wenig verarbeiten muss. Da geht es einem nicht anders als ihrer sympathischen Protagonistin Emma.

Fazit: Ein brisantes, leider immer noch hochaktuelles Thema, welches die Autorin gleichsam informativ wie spannend umgesetzt hat und ihren Lesern somit einen sehr fesselnden, fundiert recherchierten Krimi präsentiert.

Bewertung vom 08.07.2013
Das 5. Gebot
Lubitsch, Nika

Das 5. Gebot


gut

Du sollst nicht töten

In letzter Zeit plagt die Engländerin Vicky immer wieder ein Alptraum aus Kindertagen. Auch an diesen Morgen wacht sie weinend auf und beschließt kurzentschlossen, im Morgengrauen joggen zu gehen. Durch die Schreie einer Frau im Berliner Grunewald aufmerksam geworden, entdeckt Vicky im Gebüsch eine Leiche. Die ermordete Frau sieht genauso aus wie sie. Voller Panik flieht die Anwältin nach Hause. Ihr Ehemann glaubt an eine Sinnestäuschung. Als kurz darauf ihre Mutter stirbt, reist Vicky nach England und entgeht dort nur knapp einem Mordanschlag. Bei ihrer anschließenden Suche nach dem Grund für den Anschlag wie auch dem rätselhaften Tod ihrer Mutter, stößt Vicky auf ein altes Familiengeheimnis, dass jemand allerdings unbedingt geheim zu halten versucht. Ein tödlicher Wettlauf quer durch Europa beginnt.

Die Engländerin Viktoria McIntosh lebt zusammen mit ihrem Ehemann seit einem guten halben Jahr in Berlin und gewöhnt sich so langsam ein. Ihren Beruf als Rechtsanwältin hat sie zugunsten der Familienplanung und noch mangelnder Deutschkenntnisse vorerst aufgegeben und vertreibt sich die Zeit derweil mit joggen und Deutsch lernen. Als sie eines Morgens die Leiche einer Frau findet, welche wie ihre Zwillingsschwester aussieht, ändert sich das geruhsame Leben von Vicky dramatisch.

Der Fokus des Krimis liegt bei den gefahrvollen Erlebnissen von Vicky, jedoch sind auch immer wieder einige kurze Handlungsstränge eingebaut, die anfangs sehr verwirren. Immer wieder erzählt ein Mann von unterschiedlichen Menschen, zumeist Frauen, welche er gekannt hat und die gestorben sind. Hat er diese Menschen getötet, sind sie einem Unfall zum Opfer gefallen oder einen natürlichen Tod gestorben? Gerade der Sprachstil lässt Letzteres eher nicht vermuten, die Lösung präsentiert sich einem ziemlich am Ende. Allerdings waren mir dann die Bezeichnungen, welche der Mann für die Frauen benutzte, absolut unverständlich bzw. empfand ich sie als unpassend. Wenn man sehr genau liest, kann man zudem mithilfe einer weiteren kurzen Szene schnell auf den Täter und dessen Motiv schließen, dies nimmt jedoch kaum die Spannung aus dem Krimi.

Die Story selbst gestaltet sich von Beginn an sehr rasant, spannend und rätselhaft. Fesselnd und unterhaltsam erzählt Nika Lubitsch die Flucht von Vicky quer durch Berlin, Großbritannien und Frankreich. Je länger die Geschichte jedoch dauert, umso überladener kam sie mir vor. Es geht zum einen um den Massenselbstmord und Massenmord von Jonestown im Jahr 1978 in Guyana. Die RAF ist ein weiteres Thema, wie auch die Lehmann-Pleite und auch die ETA hat einen Minipart inne. Das war mir irgendwann alles ein wenig zu viel des Guten, zumal auf alle Themen mehr oder weniger nur am Rande eingegangen wurde. Und auch das Verhalten des Täters am Ende des Krimis war mir dann doch etwas zu simpel umgesetzt, bedenkt man den Aufwand, welchen er im Vorfeld betrieben hat.

Gelungen sind die Charakterzeichnungen. Vicky, bisher eine sozial engagierte Anwältin, langweilt sich mehr oder weniger in Berlin. Ihrem Selbstbewusstsein bekommt dies auf Dauer auch nicht so gut, sie fühlt sich unausgefüllt. Der Tod ihrer Mutter geht ihr sehr nahe und diese Gefühle wie auch ihre Angst vor dem unbekannten Täter beschreibt Nika Lubitsch sehr einfühlsam und glaubwürdig. Besonders gut hat mir allerdings der beste Freund von Vicky gefallen, der sie tatkräftig bei der Lösung des Falls unterstützt. Der Londoner Theaterkritiker ist wirklich der beste Freund, den sich eine Frau nur wünschen kann, ausgestattet mit einem herrlich trockenen, oftmals auch zynischen Humor und sehr pragmatisch veranlagt.

Fazit: Ein von Beginn an sehr rasant und spannend erzählter Krimi, dessen Story mir jedoch im Hinblick auf die Themenvielfalt etwas zu überladen war.

10 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.07.2013
Landgericht / Hauptkommissar Hambrock Bd.6
Holtkötter, Stefan

Landgericht / Hauptkommissar Hambrock Bd.6


ausgezeichnet

Der herrische Patriarch

Nur noch eine Zeugenaussage vor Gericht zu einer Schlägerei mit Todesfolge und dann stehen Hauptkommissar Bernhard Hambrock endlich ein paar freie Tage zur Verfügung. Angeklagt sind drei Jugendliche, die scheinbar grundlos einen angetrunkenen jungen Mann zu Tode geprügelt haben sollen. Zeugen haben den Vorfall beobachtet, alles scheint stichhaltig. Doch dann macht Hambrock vor dem Gericht eine Beobachtung, die ihn zu weiteren Nachforschungen führt.

Marius Bahr sieht sein Leben in Trümmern, angetrunken fährt er spätabends mit der Bahn nach Gertenbeck zu seinem Elternhaus. Auf dem verlassenen Bahnhof trifft der Student auf drei Jugendliche. Wenige Minuten später ist Marius tot. Mit dieser letzten Bahnfahrt von Marius steigt Stefan Holtkötter in seinen Krimi ein. Man merkt schnell, dass Marius äußerst deprimiert und durchaus auch auf Ärger aus ist. Was zu Marius‘ Niedergeschlagenheit geführt hat, erzählt Stefan Holtkötter seinen Lesern mithilfe von Rückblicken im Verlauf seines Krimis.

In einem weiteren Erzählstrang verfolgt man die Ermittlungen von Bernhard Hambrock und seinen Kollegen. Eigentlich ist der Fall abgeschlossen, die Beweislage klar und die Anwälte stehen kurz vor ihren Plädoyers. Eine zufällige Beobachtung nach seiner Zeugenaussage sorgt jedoch dafür, dass Hambrock dem abgeschlossenen Fall wieder nachgeht. Und dabei muss der Hauptkommissar feststellen, dass vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick schien.

Ein befehlsgewohnter, unerbittlicher Vater, der das Familienunternehmen mit strenger Hand führt, ein schwächlicher Sohn, der sich überfordert fühlt und eine Schwester, die es nicht hinnehmen kann, dass sie nur die zweite Position in der Firma inne haben soll. Aber nicht nur die Überheblichkeit, Gefühllosigkeit und Zwietracht innerhalb der Unternehmerfamilie sind ein Thema des Krimis, auch Rassismus spielt eine große Rolle.

Auch dieses Mal versteht es Stefan Holtkötter mit seinem fesselnden, einnehmenden, flüssigen Schreibstil perfekt, aktuelle Themen absolut klischeelos, präzise und hervorragend recherchiert in einem komplexen wie auch spannenden Krimi zu integrieren. Die Story verläuft unvorhergesehen, ist wendungsreich und man ahnt hierdurch lange Zeit nicht, in welche Richtung sich der Krimi entwickeln wird.

Die Charaktere sind ebenfalls sehr detailreich beschrieben und der Autor liefert mit seinen Mitwirkenden ausgereifte wie auch überzeugend agierende Charaktere. Und je länger die Story andauert, je mehr man den charakterlich schwachen Studenten Marius kennenlernt, der als Erstgeborener das Familienunternehmen übernehmen muss, umso bedrückender und nachdenklicher wird der Krimi. Es ist die Geschichte eines unterdrückten, verwöhnten, weltfremden jungen Mannes, der nie den Mut aufbringt, sich gegen seinen despotischen Vater zu wehren und sich dabei doch nur ein wenig Liebe wünscht, die ihm in dem kaltherzigen Elternhaus nie geschenkt wurde.

Fazit: Ein vielschichtiger, hervorragend durchdachter wie auch spannender Münsterland-Krimi mit ausgereiften und glaubwürdig agierenden Charakteren.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2013
Villenzauber
Leimbach, Alida

Villenzauber


sehr gut

Hinter den Kulissen brodelt es

Volker, Carola und Eberhard kennen sich seit Kindertagen. Als Eberhard bei Volkers 50. Geburtstag nebenbei erwähnt, dass er möglicherweise seine Villa verkaufen möchte, bricht unterdrückter Neid und Missgunst unter den vermeintlichen Freunden aus. Carola wie auch Volker wollen die Prestige-Villa und dazu sind ihnen so ziemlich alle Mittel recht. Ein paar Tage später passiert in dem Freundeskreis ein Mord, bei dem die Kommissare Birthe Schöndorf und Daniel Brunner ermitteln. Ihre Spuren führen sie immer wieder in das Umfeld der Freunde aus Kindertagen.

Die äußere Fassade aufrecht erhalten, dies ist Volker wie auch Carola immens wichtig. Der erfolgreiche Zahnarzt ist geprägt durch seine Kindheit, die er in ärmlichen Verhältnissen verbracht hatte. Carola dagegen war schon immer privilegiert und arbeitet als erfolgreiche Gynäkologin. Sie scheint eine Bilderbuchfamilie zu haben, doch hinter den Kulissen brodelt es. Und auch Eberhard hat sein Päckchen zu tragen. Lebt er doch noch immer mit seiner Mutter zusammen in der Villa, die ihn nach Strich und Faden verwöhnt und ihn wie ein kleines Kind behandelt. Aus dem Gymnasiallehrer ist mittlerweile ein biederes Muttersöhnchen geworden.

Alida Leimbach wirft mit ihrem Krimi einen Blick hinter die Kulissen der betuchten Osnabrücker Oberschicht. Mit der Geburtstagsfeier einsteigend lernt man gleich schon einmal ein wenig die meisten Beteiligten kennen und stellt schnell fest, dass ihre Freundschaft durch Selbstsucht geprägt und ziemlich konfliktbeladen ist. Und bis zum Mord dauert es dann nicht lange und die beiden Kommissare Schöndorf und Brunner betreten die Krimibühne.

Es gibt einige Verdächtige, die einen Grund für den Mord hätten, bei manchen ist das Motiv schnell ersichtlich, bei anderen kristallisiert sich dies erst im Verlauf des Krimis heraus. Nach und nach lernt man immer mehr die unterschiedlich tiefen Beziehungen der Protagonisten zueinander kennen und Alida Leimbach zeichnet hier äußerst lebendige wie auch facettenreiche, glaubwürdige Charaktere, die stellenweise erst nach und nach ihren wahren Charakter präsentieren. Zwar hatte ich u.a. aufgrund der „Mordwaffe“ schnell einen Verdacht, der sich schlussendlich auch bestätigt hat, allerdings präsentiert Alida Leimbach weitere Verdächtige sehr überzeugend, sodass mir hier immer wieder Zweifel kamen. Man merkt deutlich, dass die Autorin sehr viel Wert aus ausgereifte Charaktere legt.

Da einige Mitwirkende sich anders entwickeln, als anfangs gedacht nimmt die Story auch immer wieder neue Wendungen an und entwickelt sich sehr vielschichtig. Hierdurch bleibt der Krimi durchweg sehr unterhaltsam, auch wenn die Spannung eher als gemäßigt zu beschreiben ist und erst im letzten Drittel etwas anzieht. Dies stört aber in keiner Weise, da Alida Leimbach es sehr gut versteht, die Geschichte fesselnd, interessant und sehr kurzweilig zu erzählen.

Fazit: Ein Krimi der eher ruhigen Art, der sehr viel Wert auf ausgereifte Charaktere und eine komplexe Handlung legt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.06.2013
So nah und doch so fern
Brashares, Ann

So nah und doch so fern


sehr gut

Die Erinnerungen liegen in dir verborgen

Daniel vergisst nicht. Während andere Menschen sich an ihr früheres Leben nicht erinnern können, weiß Daniel noch alles. Seine Erinnerungen beginnen im Jahr 541 n. Chr. und hier traf er auch das erste Mal auf seine große Liebe. Doch natürlich kann sie sich an Daniel in ihren späteren Leben nicht mehr erinnern. Daniel ist über die Jahrhunderte hinweg immer wieder auf der Suche nach seiner Sophia, findet sie manchmal, manche Leben muss er aber auch ohne sie verbringen. Dann trifft er im Jahr 2004 auf Lucy und weiß, dass diese seine große Liebe Sophia ist. Doch natürlich kennt Lucy ihn nicht, fühlt sich nur auf seltsame Weise zu dem jungen Mann hingezogen. Es sollen aber noch einige Jahre vergehen, bis die Beiden sich endgültig finden, doch dann lauert Daniels ärgster Feind auf ihn. In früheren Leben zumeist sein Bruder, hasst Joaquim Daniel und versucht alles, um die Liebe zwischen Daniel und Lucy zu zerstören.

Seelenwanderung … gibt es das? Ann Brashares setzt dies als Voraussetzung für ihren Roman. Der Mensch stirbt, nicht aber seine Seele, sie wird in einem neuen Körper wiedergeboren. So ergeht es Daniel und noch ein paar wenigen Seelenwanderern mit ihm, die er im Verlauf seiner vielen Leben kennenlernen wird. Die Autorin behandelt das Thema wie eine Zeitreisegeschichte, esoterische oder gar religiöse Züge hat dieser Roman in keiner Weise.

Ann Brashares beginnt ihren Roman im Jahr 541 nach Christus, als Daniel in Nordafrika als blutjunger Mann das erste Mal auf Sophia trifft und diese stirbt. Daniel gibt sich hieran die Schuld, die ihn bis in die heutige Zeit verfolgen wird, wie auch seine bedingungslose Liebe zu Sophia. Im Verlauf der Geschichte trifft er immer wieder auf Sophia, mal ist sie eine ältere Frau, dann ein kleines Mädchen oder die Frau seines Bruders. Erst im 1. Weltkrieg entwickelt sich eine Beziehung zwischen den Beiden und Constanze (Sophia) verspricht Daniel, ihn niemals zu vergessen. Doch wie soll dies möglich sein, wo Constanze nicht über die Gabe von Daniel verfügt?

Daniel erzählt seine vielen Leben der letzten Jahrhunderte selbst und hierbei spürt man praktisch auf jeder Seite seine tiefe Liebe zu Sophia, seine vielen Leben sind geprägt von der ständigen Suche nach ihr. Die Autorin vermittelt diesen Erzählstrang ein wenig emotional, unterhaltsam und kurzweilig. Doch immer wechselt die Geschichte auch in die Gegenwart. Beim Abschlussball im Jahr 2004 reden Lucy und Daniel das erste Mal miteinander, obwohl Lucy sich schon das ganze Schuljahr über zu Daniel hingezogen fühlte. Allerdings verläuft der Abschlussball in Hopeville/Virginia nicht so wie gedacht und die Beiden verlieren sich über mehrere Jahre hinweg wieder aus den Augen. Erst im Jahr 2009 begegnen sich Lucy und Daniel wieder, doch auch Daniels ärgster Feind Joaquim wartet bereits auf Beide.

Diesen Handlungsstrang verfolgt man mal aus der Perspektive von Lucy, dann wieder ist man bei den Erlebnissen von Daniel dabei. Hierdurch ist man über deren weiteres Leben seit der Highschool immer auf dem aktuellen Stand. Diesen Teil erzählt die Autorin einfühlsam, warmherzig und unterhaltsam, nur ganz selten wird es etwas rührselig. Überhaupt ist die gesamte Story sehr gefühlsbetont gehalten, wobei Ann Brashares hierbei aber nie ins Kitschige abrutscht und beide Handlungsstränge durchweg bestens unterhalten. Im Mittelteil hätte ich mir aber etwas mehr Eigeninitiative von Daniel gewünscht, zumeist hält er sich nur als stiller Beobachter und Beschützer von Lucy im Hintergrund. Aber das letzte Drittel, welches sich äußerst rasant und auch spannend entwickelt, entschädigt schnell wieder für Daniels anfänglich zurückhaltendes Verhalten.

Fazit: Ein kurzweiliger, unterhaltsamer Roman über die ewige Liebe, welchen Ann Brashares warmherzig erzählt. Eine perfekte Sommerlektüre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.06.2013
Der 7. Tag
Lubitsch, Nika

Der 7. Tag


sehr gut

Ein gelungenes Debüt

Sybille sitzt auf der Anklagebank. Sie soll ihren Ehemann mit 18 Messerstichen getötet haben. Doch Sybilla kann sich an die Tat selbst nicht erinnern. Sybille und Michael waren ein beruflich erfolgreiches wie auch glückliches Paar und freuten sich Beide sehr auf ihr gemeinsames Baby. Für das Ehepaar ging ihr größter Wunsch damit in Erfüllung. Doch dann verschwand Michael plötzlich spurlos, ohne irgendeine Nachricht zu hinterlassen. Schier verzweifelt wusste Sybille fast zwei Jahre nicht, was mit ihrem Mann geschehen war. Dann wird seine Leiche gefunden und Sybille wird des Mordes an ihrem Ehemann beschuldigt. Vor Gericht verfolgt Sybille nun die Zeugenaussagen während ihr bisheriges Leben mit Michael an ihr vorbeizieht, immer noch ohne zu wissen, ob sie ihren Mann wirklich ermordet hat. Bis der letzte Prozesstag anbricht.

Der Krimi beginnt im 1999, als Sybille durch Zufall Ulrich kennenlernt, mit dem sie eine kurzweilige und heftige Affäre hat. Über den angehenden Juristen lernt sie dann auch ihren zukünftigen Ehemann Michael kennen. Während diese ersten Erinnerungen an Ulrich und Michael an Sybille vorbeiziehen, sitzt sie im Jahr 2009 in Berlin auf der Anklagebank. Nach außen hin völlig unbeteiligt verfolgt sie die Zeugenaussagen, den Berichten der Polizei zu der Tat und obwohl alle Indizien für Sybille als Mörderin an ihrem Mann sprechen, kann sie sich an die eigentliche Tat immer noch nicht erinnern.

Nika Lubitsch erzählt ihren Krimi zweigeteilt. Im ersten Teil verfolgt man kapitelweise jeden der sieben Prozesstage, hört die Aussagen der Beteiligten an dem Mordfall und verfolgt gleichzeitig die Gedanken von Sybille. So erfährt man zum einem mehr über die Tat und zum anderen erlebt man ihr Leben im Rückblicken bis zum Zeitpunkt des Mordes. So kann man sich zwar ein sehr gutes Bild von der ehemaligen Pressesprecherin eines großen Unternehmens machen, aber ob sie nun die Tat begangen hat, dessen kann man sich während der sieben Prozesstage nicht sicher sein. Auch wenn wirklich alle Indizien und Aussagen gegen sie sprechen und nur sie die Tat begangen haben kann. Dann fällt der Angeklagten am letzten Prozesstag etwas auf, was sie misstrauisch macht, worüber man als Leser aber im Unklaren gelassen wird. Im zweiten Teil erzählt Sybille ihre Geschichte noch einmal, doch dieses Mal mit dem entsprechenden Hintergrundwissen, welches ihr bis zum letzten Prozesstag gefehlt hat.

In einem sehr rasanten, fesselnden Tempo erzählt Nika Lubitsch die Geschichte von Sybille. Im ersten Teil des Krimi wechselt die Autorin ständig zwischen dem laufenden Prozess und den Erinnerungen von Sybille. Dies verleiht dem Krimi eine fesselnde Dynamik, allerdings hat man anfangs ab und an auch Schwierigkeiten der Geschichte zu folgen, da die Abschnitte stellenweise extrem kurz sind und man erst nach 2-3 Sätzen merkt, dass man nun wieder mit Sybille in der Gerichtsverhandlung sitzt bzw. sie ihren Gedanken nachhängt. Nichtsdestotrotz gewöhnt man sich aber doch recht schnell an diese Erzählsprünge, zumal der packende Schreibstil von Nika Lubitsch jederzeit für beste und vor allem spannende Krimiunterhaltung sorgt.

Die Charaktere sind durchaus facettenreich beschrieben, obwohl ihnen doch ein wenig die Tiefe fehlt. Dies mag aber auch an der recht kurzen Seitenzahl liegen, dass diese nicht ganz so ausgereift wirken. Die Auflösung des Falls war überraschend, in dieser Form nicht vorhersehbar, obwohl ich nach Beendigung des ersten Teils schon in etwa ahnen konnte, wer nun Michael getötet hatte. Dies nahm aber nicht die Spannung aus dem Krimi, zumal Nika Lubitsch – trotz einiger zwangsläufiger Wiederholungen im 2. Teil – auch diesen Part äußerst fesselnd und ereignisreich erzählt.

Fazit: Ein wirklich gelungenes Krimidebüt, welches einem sehr kurzweilige und spannende Lesestunden beschert und über dessen kleine Schwächen man gerne hinwegsieht.

36 von 62 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.