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solveig

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Insgesamt 472 Bewertungen
Bewertung vom 08.05.2017
Simply Veggie
Kutos, Julian

Simply Veggie


ausgezeichnet

Erfolgserlebnis garantiert


Schon auf den ersten Blick lässt die Aufmachung des Kochbuchs erkennen, dass es zu der „Simply“-Reihe gehört: auf seinem Einband vereint es eine Komposition aus frischen Zutaten und einem Tellergericht, umgeben von einem auffälligen Rahmen. Doch nicht nur das Cover hat Wiedererkennungswert. Auch die gut gegliederte Struktur ist übernommen worden und fällt beim Durchblättern sofort auf.
Nach einer kurzen Einführung und praktischen Tipps und Hilfen für die Küchenarbeit - alles zusätzlich durch entsprechende Abbildungen und Fotografien verdeutlicht - folgen gut verständliche Anleitungen für wichtige „Basics“, wie etwa die Herstellung von Gemüsefonds, Mayonnaise oder auch Crèpes.
Den Hauptpart des Buches nimmt natürlich der Rezeptteil ein. Hier findet der Leser eine Fülle von Kochvorschlägen, die belegen, dass „Veggie“ alles andere als langweilig sein kann. Julian Kutos bedient sich internationaler Elemente, sein Repertoire reicht von heimischen Gerichten über europäische Spezialitäten bis hin zu asiatischen Genüssen. Alle Rezepte sind wirklich gut beschrieben; Schritt für Schritt werden die Arbeitsgänge erläutert und mit zahlreichen Fotos von Wolfgang Hummer dokumentiert, so dass auch Anfänger keine Probleme beim Nachkochen haben. Ich hätte zum Beispiel nicht geglaubt, dass es tatsächlich „simple“ ist, selbst ein schmackhaftes „Pain de Campagne“ zu backen! Solche Erfolgserlebnisse motivieren den Hobbykoch. Ein Glossar und die Zusammenstellung der wichtigsten Kochbegriffe tragen ebenfalls zum Gelingen bei. Zum Abschluss kann sich der Leser von Kutos´ Vorschlägen für ausgewogene Menüs inspirieren lassen.
Julian Kutos´ Kochbuch erleichtert dem Neuling den Einstieg in die vegetarische Küche und bietet gleichzeitig „Fortgeschrittenen“ neue Rezepte und Variationen an.

Bewertung vom 20.04.2017
Der Lärm der Zeit
Barnes, Julian

Der Lärm der Zeit


ausgezeichnet

"Das Flüstern der Geschichte"


„Kunst ist das Flüstern der Geschichte, das durch den Lärm der Zeit zu hören ist.“ So lautet Dmitri Schostakowitschs Definition von Kunst und seiner Musik, die sich immer wieder durch Julian Barnes´ biografisches Buch zieht.
Die drei Abschnitte, in die der Autor seinen Roman unterteilt, stellen Phasen aus Schostakowitschs Leben dar, das er selbst einteilt „in Zwölfjahreszyklen des Unheils“ , die ausgerechnet in Schaltjahren stattfinden. Während in der Stalinära Angst und Terror herrschen, fällt Schostakowitsch im Jahr 1936 auf lebensbedrohliche Weise in Ungnade. Seither lebt er in ständiger Todesangst, von Stalins Schergen abgeholt zu werden; denn der Tyrann und „die, die Angst auslösten … wussten, dass sie funktioniert, sogar wie sie funktioniert…“ Mit gepacktem Koffer wartet er monatelang Nacht für Nacht vor dem Aufzug im Treppenhaus auf seine drohende Verhaftung, um der Demütigung zu entgehen, von Stalins Genossen aus dem Bett gezerrt zu werden.
Im Jahr 1948 wird er von Stalin höchstpersönlich mit einer Delegation zum Kongress für den Weltfrieden nach New York geschickt, ein Unternehmen, das für ihn mit tiefer Demütigung endet.
Und auch nach Stalins Tod in der Sowjetunion der 60er Jahre ist er nicht sicher vor Repressalien; die Mechanismen der Macht sind feiner geworden, aber sie greifen und der Komponist verliert auch noch seine Selbstachtung, als er gegen seinen Willen zu einem Teil des Staatsapparates wird. Aber wie verachtenswert ist es, sein Leben retten zu wollen? Wie reagieren Menschen, wenn sie die (negative) Aufmerksamkeit der Macht erregen? Eine Frage, die in jeder Zeit aktuell ist.
In Episoden, beinahe anekdotenhaft, erzählt Barnes aus Schostakowitschs Leben und versetzt den Leser in das Denken und Fühlen des Komponisten. Der Leser taucht in das Wesen des Mannes ein, dessen einziger Wunsch es war, sein Dasein in Ruhe zu verbringen und sich seinen Kompositionen zu widmen und der dennoch so sehr unter Zensur und Staatswillkür zu leiden hatte. Barnes´ Sprache ist knapp, klar und schlicht und bringt so seine Botschaft deutlich zum Ausdruck. Er will keineswegs Moral predigen oder über den Komponisten urteilen.
Nach eigener Aussage hat Schostakowitsch einen großen Teil seiner stets präsenten Furcht in seinen Kompositionen verarbeitet. „Was konnte man dem Lärm der Zeit entgegensetzen? Nur die Musik, die wir in uns tragen – die Musik unseres Seins – , die von einigen in wirkliche Musik verwandelt wird. Und die sich, wenn sie stark und wahr und rein genug ist, um den Lärm der Zeit zu übertönen, im Laufe der Jahrzehnte in das Flüstern der Geschichte verwandelt.“

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Bewertung vom 09.04.2017
Zeitfieber
Garfield, Simon

Zeitfieber


sehr gut

Vom Umgang mit Zeit


„Zeit ist das, was man an der Uhr abliest“ hat Albert Einstein einst gesagt. So einfach hat es sich Simon Garfield, der Autor dieses Buches, nicht gemacht. Eigentlich drückt der englische Originaltitel besser als der deutsche aus, was Garfield beabsichtigt: „Timekeepers. How the World became obsessed with Time“. Er will nicht über den Zeitbegriff philosophieren oder ihn erklären, sondern aufzeigen, wie und wann die Uhrzeit uns fest in den Griff bekam und heute unseren Tagesablauf diktiert. Und er stellt sich die Frage: Können wir uns dieser Zeitfalle entziehen?
In seinem offenen journalistischen Stil, mit viel hintergründigem Humor, setzt Garfield an den Anfang seines Buches ein Kapitel über das Zeitalter, in dem Maschinen begannen, das Leben der Menschen zu beschleunigen. Er schildert die Anfänge der Eisenbahn und der Industrialisation, die eine einheitliche Uhrzeit unumgänglich machten, und führt den Leser anschließend in Bereiche wie Politik, Sport, Musik oder Film. Anhand amüsanter Schlüsselszenen, aber auch ernster Beispiele demonstriert er auf geistreiche Weise die Bedeutung von Zeit in diesen Bereichen. Natürlich berichtet er auch über das eigentliche Zeit-Messinstrument, die Uhr, ihre Geschichte, Herstellung, Vermarktung. Doch dabei bleibt er nicht stehen, sondern weitet sein Thema aus, indem er der Frage nachgeht, wie der moderne Mensch mit der Zeit, die ihm zur Verfügung steht, umgeht. Warum haben viele Leute das Gefühl, dem Tempo unserer Zeit nicht mehr gewachsen zu sein? Fehlt ihnen ein Ratgeber zur exakten Zeitplanung oder steckt mehr dahinter? Garfield öffnet den Blick für das Dilemma, in einer Zeit-Maschinerie gefangen zu sein und sucht nach Alternativen. Ist „Entschleunigung“ eine Lösung?
„Zeitfieber“ kann ich empfehlen als ein journalistisch aufbereitetes Sachbuch, das auf unterhaltsame Art einen Überblick zum Thema „Zeit“ gibt, aber auch Zweifel und Fragen aufwirft und zum Weiterdenken anregt.

Bewertung vom 09.04.2017
Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper
Holler, Renée

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper


sehr gut

Für spannende Lesestunden


Wo steckt Lily? Das fragt sich nicht nur die dreizehnjährige Selina, die den langen Weg aus Indien angereist ist, um mit ihrer Cousine gemeinsam in Oxford die Schule zu besuchen. Onkel Harry und Tante Laura glauben, dass ihre Tochter ausgerissen ist, doch Lilys Schulfreund Eric ist überzeugt, dass sie nicht freiwillig verschwunden ist. Er zeigt Selina, die ebenfalls sehr besorgt um Lily ist, deren letzte, geheimnisvolle Nachricht an Eric. Gemeinsam beschließen sie, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, und geraten dabei selbst in Gefahr…
In frischem, flottem Schreibstil erzählt Renée Holler von Selinas ersten Tagen in England, die vom Verschwinden ihrer Cousine geprägt sind. Mit viel Fantasie kombiniert die Autorin ein auf mysteriöse Weise gestohlenes Manuskript mit dem Schicksal eines Mädchens. Die Spurensuche von Selina und Eric findet ausgerechnet um die Halloween-Zeit statt und dementsprechend „fühlen“ sich die Örtlichkeiten an: Während der akribischen Detektivarbeit der pfiffigen jungen Protagonisten findet sich der Leser in den Straßen und Plätzen des kühlen, nebligen Oxford wieder, gruselt sich auf dem dunklen Friedhof, fröstelt mit Selina an der Themse. Mit unerwarteten Wendungen und leichtem Gruseleffekt hält die Autorin ihren Leser bis zum Schluss in Atem.
Ein Buch mit Lokalkolorit, das Kindern ab 10 Jahren aufregende (Lese-)Stunden bescheren wird!

Bewertung vom 30.03.2017
Enno Anders
Frank, Astrid

Enno Anders


ausgezeichnet

Löwenzahn oder Orchidee?


Wie ein „Löwenzahn, dessen Hilferufe niemand hört“ - ein solches Gefühl spürt der elfjährige Enno oft. Während andere Kinder normale Leistungen in der Schule bringen und in einer Gruppe Gleichaltriger akzeptiert werden, hat Enno große Schwierigkeiten; denn ihn belasten nicht nur Schulprobleme und Konflikte mit seiner Lehrerin, sondern auch die Verständnislosigkeit und wachsende Ungeduld der Mutter, die sein Verhalten nicht einordnen kann. Was ist nur falsch an ihm?
Sehr einfühlsam schildert Astrid Frank in ihrem neuen Kinderbuch Ennos Situation direkt aus der Sicht des hochsensiblen Jungen, den Nebengeräusche so irritieren, dass er sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren kann. In ihrem lockeren, frischen Schreibstil erzählt die Autorin wie das Leben des Jungen im Alltag verläuft, wie er Zeit und Raum vergisst, weil er tief in Gedanken versunken ist. Ennos Ideen erscheinen den Menschen seiner Umgebung - mit Ausnahme seines einzigen Freundes Olsen, der aufgrund seiner Hochbegabung selbst ein Außenseiter ist - merkwürdig und unwichtig. Warum etwa soll es von Nutzen sein, zu wissen, wieviel Zeit eine Schnecke benötigt, um eine Strecke von 100 Metern zurückzulegen? Da Enno das Gefühl hat, keine Aufgabe richtig erfüllen zu können, in der Schule zu versagen und seine Eltern zu enttäuschen, erscheint es nur folgerichtig, dass er immer mehr verstummt und sich in eine Fantasiewelt flüchtet. Denn ihm erscheint es zunehmend wahrscheinlich, von einem fremden Planeten abzustammen und sich nur vorübergehend unter den „Erdlingen“ aufzuhalten. Da überrascht ihn und die ganze Familie das Gutachten eines Psychologen, der ihn als hochsensible „Orchidee“ bezeichnet…
Ebenso feinfühlig und humorvoll wie Astrid Frank Ennos Konflikte zwischen seinem Seelenleben und der Realität darstellt, gestaltet die Hamburger Illustratorin Regina Kehn die Zeichnungen, mit denen sie den Text begleitet. Ennos wirkliche Umgebung vermischt sie behutsam mit den Gebilden seiner Fantasie. Sie illustriert dabei nicht nur einfach den Buchtext, sondern „interpretiert“ ihn auch. Damit von dem Bildmotiv nicht abgelenkt wird, beschränkt sie sich auf dezente Farbgebung und ergänzt so auf harmonische Weise den Buchtext.
Mein Fazit: Ein wirklich empfehlenswertes Buch über ein hochsensibles Kind und seine Probleme, sehr einfühlsam geschrieben und doch voller Humor und Optimismus.

Bewertung vom 21.03.2017
Das geträumte Land
Mbue, Imbolo

Das geträumte Land


sehr gut

Amerika - ein Traum?


Amerika - das „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ ? Wie so viele andere Einwanderungswillige sind auch Jende Jonga aus Kamerun und seine Frau Neni fest entschlossen, in Amerika ihr Glück zu finden. Beide arbeiten hart für ihr Ziel. Noch ist ihr Asylverfahren nicht entschieden, da wird Jende als privater Fahrer für den Investmentbanker Clark Edwards, der bei den Lehman-Brothers tätig ist, und dessen Familie eingestellt. Auch für Neni gestaltet sich das Leben zwischen Highschool, Job, Haushalt und Kind etwas entspannter, und sie kann sich intensiver auf ihr geplantes Pharmaziestudium vorbereiten. Zunächst scheinen sich ihre Mühen tatsächlich auszuzahlen und sie ihrem Traum näher zu bringen - da bringt die Insolvenz des Lehman-Unternehmens ihn zum Platzen. Zu allem Unglück erhalten die Jongas auch noch den Bescheid, dass sie abgeschoben werden sollen…
Imbolo Mbues Debütroman liest sich leicht, locker, aber nicht oberflächlich. Die geschilderten Probleme von Immigranten kommen beim Leser authentisch an; die Autorin stammt selbst aus Kamerun und kann sicher auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Sie legt ihre Charaktere nicht nur als gut oder schlecht an; im Gegenteil, im Laufe der Handlung entwickeln sie Eigenschaften und Fähigkeiten, die man ihnen nicht zugetraut hätte. Mbue verfolgt die Entwicklung der beiden gegensätzlichen Familien Edwards und Jonga und ihre unterschiedlichen Probleme auch nach dem Lehman-Zusammenbruch. Ohne selbst zu werten oder ein Urteil zu fällen, erzählt Mbue hauptsächlich aus der Sicht Jendes und Nenis, welche Konsequenzen die Insolvenz für jene Menschen hat, deren Leben und Beruf direkt oder indirekt von dem Unternehmen abhängen und wie sich das Verhalten von Menschen angesichts ökonomischer Probleme verändern kann.
Ironischerweise wurde das Unternehmen, das den Jongas letztendlich zum Verhängnis wird - Lehman - im 19. Jahrhundert selbst von (deutschen) Einwanderern gegründet. Den Brüdern Henry, Emmanuel und Maier Lehman gelang damals, was nur den allerwenigsten vergönnt ist: sie verwirklichten ihren „American Dream“.

Bewertung vom 20.03.2017
In jedem Augenblick unseres Lebens
Malmquist, Tom

In jedem Augenblick unseres Lebens


sehr gut

Biografisch



Toms Leben wird innerhalb eines knappen Jahres völlig auf den Kopf gestellt. In einem Moment noch ist die Welt für ihn in Ordnung, er und seine Lebenspartnerin Karin blicken glücklich in die Zukunft, beide erwarten ein Baby. Doch dann schlägt das Schicksal unbarmherzig zu: Karin ist an ALM erkrankt, einer akuten myeloischen Leukämie, wie im Notfallkrankenhaus diagnostiziert wird. Um Karins Organe zu entlasten, wird das Baby per Kaiserschnitt geholt, sieben Wochen zu früh. Detailliert schildert der Ich-Erzähler Tom, wie er hektisch zwischen Brutkasten, Intensivstation und Familienzimmer hin- und hereilt, Arztgespräche führt, den Verwandten und Freunden Bericht erstattet, die kleine Livia füttert und um das Leben seiner Partnerin bangt. Akribisch genau beschreibt er die Vorgänge im Operationssaal, die Arbeit der lebenserhaltenden Maschinen. Doch für Karin kommt jede Hilfe zu spät.
Nach dem diesem fast atemlosen ersten Teil seiner Geschichte mutet der nachfolgende wesentlich ruhiger an. In die Gegenwart, die Tom nun ohne Karin bewältigen muss, mischen sich schmerzhaft Erinnerungen an glückliche Zeiten; wirr und scheinbar ungeordnet drängen sie sich auf. Aus Toms tiefer Depression holen ihn nur seine täglichen Pflichten, seine Verantwortung und Liebe für „Frühchen“ Livia. Während er noch versucht, seine Trauer zu bewältigen, kündigt sich jedoch bereits ein neues Desaster an…
Malmquists Roman ist nicht einfach zu lesen. So ist einiges an Konzentration erforderlich, etwa wegen der Länge der Sätze, aber auch um Rede und Gegenrede zu erkennen; denn er verzichtet ganz auf Anführungsstriche. Doch es lohnt sich durchaus, sich durchzu„arbeiten“. Das Buch berührt den Leser vor allem, weil der Autor hier über seine eigenen tragischen Erfahrungen schreibt. Sein nüchterner, spröder Schreibstil passt zum allgemeinen, eher distanzierten Ton des Romans: Er klagt nicht, kommentiert nicht, Gefühle lässt er nur schwer erkennen. Deutlich hat der Leser das Gefühl, dass Malmquist hier mit seinen eigenen Worten sein Leid zu bewältigen versucht. Und er wird daran erinnert: Unvorgesehenes kann jederzeit passieren, „in jedem Augenblick unseres Lebens“.

Bewertung vom 16.03.2017
Das verschwundene Buch / Alba und Diego Bd.1
Berry, Edward

Das verschwundene Buch / Alba und Diego Bd.1


sehr gut

Fantasievoll und spannend


Welcher Ort auf der Welt könnte wohl mehr Magie enthalten als der kleine Buchladen von Señora Castello, der rätselhaftenTante von Alba und Diego? Dem lesebegeisterten Geschwisterpaar kam das Geschäft schon immer recht geheimnisvoll vor; doch eines Tages erfahren sie am eigenen Leib, dass es nicht umsonst „Abrakadabra“ heißt. Am Erscheinungstag des Buches, das die „schönste Geschichte aller Zeiten“ enthält, haben es Alba und Diego besonders eilig, zu Tante Beas Buchhandlung zu kommen, um ein Exemplar zu ergattern. Doch es ist etwas außerordentlich Seltsames passiert; die Buchseiten sind leer, ihr Inhalt ist verschwunden! Und was noch schlimmer ist: merkwürdige, unpassende Gegenstände haben sich in klassische Werke der Literatur eingeschmuggelt und verändern die Texte und Handlungen völlig! Tante Bea hofft, mit Hilfe ihres Neffen und ihrer Nichte die unerklärlichen Ereignisse rückgängig machen zu können und „schreibt“ sie in die Geschichte „Peter Pan“ , mitten hinein in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang…
In flottem Stil geschrieben, voll Fantasie und Humor, bildet „Das verschwundene Buch“ den Auftakt zu einer neuen Kinderbuchserie. Der Leser begegnet liebgewonnenen Kinderbuchklassikern und entdeckt ganz neue Seiten an ihnen. Eine interessante Idee, welche Edward Berry hier auf spannende und geistreiche Art umsetzt: mit Hilfe magischer Tinte wird der Leser selbst zum Akteur. Hinter „Edward Berry“ steckt übrigens ein Schriftstellerteam: Pierdomenico Baccalario, der sich bereits als Jugendbuchautor einen Namen gemacht hat, und Eduardo Jáuregui, von dem ebenfalls schon ein Roman veröffentlicht wurde.
Die witzigen Zeichnungen, die den Roman illustrieren, sind comichaft angelegt. Dass die Figuren stark an Disneycharaktere erinnern, ist sicher kein Zufall: Stefano Turconi, der für die Vorlagen verantwortlich ist, gehört zu den beliebtesten Zeichnern für Disney-Produktionen.
Das Geheimnis um „Das verschwundene Buch“ hält junge Leser ab 12 Jahren in Atem und lässt sie gespannt auf die geplanten Fortsetzungen warten. Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle Lesebegeisterten, die sich auf ein zauberhaftes Literaturabenteuer einlassen wollen!

Bewertung vom 09.03.2017
Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1
Krüger, Knut

Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1


sehr gut

Ein außergewöhnliches Haustier

Wuschelig, fluffig, gerade zum Knuddeln - so marschiert Norbert über das frische lindgrüne Buchcover, zielsicher einer köstlichen Zitrone folgend, im Schlepptau den Jungen Henry. Norbert ist ein merkwürdiges Tier, über das Henry beim Radeln im Wald im wahrsten Sinne des Wortes gestolpert ist. Mit tatkräftiger Hilfe seiner Freunde Finn und Zoe erkennt er, dass es sich hier um ein kleines Mammut handeln muss und transportiert Henry kurzentschlossen in sein Zimmer. Schon lange hat er sich vergebens einen Hund gewünscht, nun scheint die Gelegenheit günstig: seine Eltern sind zu einer Reise aufgebrochen, und seine englische Oma, die ihn derweil versorgt, scheint ahnungslos. Doch ein Mammut als Haustier ist - wie sich jedes Kind denken kann - nicht so ganz pflegeleicht. Und dann gibt es auch noch eine Entführung…
Knut Krügers lockerer, kindgerechter Erzählton trifft mit Sicherheit auf Resonanz bei seinen jungen Lesern. Die einzelnen (Vor-)Lesekapitel, die jeweils von einer Darstellung des kleinen Mammuts eingeleitet werden, liebevoll gezeichnet von der Illustratorin Eva Schöffmann-Davidov, sind (auch für den Selbstleser) nicht zu lang bemessen. Flott und fröhlich lesen sich die Abenteuer, die Henry und seine Freunde mit Norbert erleben. Kinder ab 7 Jahren haben ganz sicher ihren Spaß an dem Mammut-Bade-Erlebnis oder an Norberts ausgefallenen Ernährungsvorlieben.Themen wie Familie und Freundschaft, die in diesem Lesealter von besonderer Bedeutung sind, stehen im Mittelpunkt. Das gemeinsame Bemühen um Norberts Wohlergehen schweißt die drei Freunde zusammen; denn ihre Mission heißt: „Nur mal schnell das Mammut retten“. Sehr empfehlenswerte Lektüre!

Bewertung vom 06.03.2017
Bubis Kinnertied. Tüsken Wieken un Wullgras
Plaisier, Artur

Bubis Kinnertied. Tüsken Wieken un Wullgras


ausgezeichnet

Kriegskinder und Kriegsenkel


„Die Vergangenheit ruhen lassen und nach vorn schauen“ - eine Forderung, der man immer wieder begegnet. Das mag, oberflächlich gesehen, das Leben leichter machen. Doch problematische Erfahrungen oder Erlebnisse unserer Vorfahren werden (unbewusst) an die nachfolgenden Generationen weitergegeben und können das Leben der Kinder und Enkel beeinflussen, etwa in Form von unerklärlichen Versagens- und Verlustängsten oder Selbstbewusstseinsdefiziten. Ganz besonders trifft das auf die „Kriegsenkel“ zu, eine Generation, die zwar nie selbst einen Krieg erlebt hat; deren Eltern und Großeltern jedoch das Dritte Reich und den zweiten Weltkrieg mitgemacht haben.
Detlef Plaisir, Journalist und Autor, ist solch ein Kriegsenkel. Als er nach dem Tode seines Vaters Artur dessen Kinheitserinnerungen, die dieser im Alter aufgeschrieben hat, in den Händen hält, beschließt er, sie zu veröffentlichen.
Es ist die Geschichte eines Jungen, der von seinem alltäglichen ländlichen Leben im Ostfriesland der dreißiger und vierziger Jahre erzählt; von seiner Mutter, den älteren Brüdern und dem Vater, der im Straflager Börgermoor als Aufseher arbeitete. Schnörkellos, in schlichten Worten vermittelt Artur, genannt Bubi, dem Leser einen ehrlichen Eindruck von seiner näheren Umgebung, den Nachbarn, dem Dorf, der Schulzeit bis zum Beginn der Lehrjahre. Zahlreiche Fotografien illustrieren den Text. Sie verbildlichen jene Zeit und verleihen den Erinnerungen noch mehr Leben. „Bubis Kinnertied“ ist zwar eingebettet in Traditionen, enthält schöne und schwierige Zeiten, wird jedoch überschattet von den Ereignissen des Dritten Reiches und des Zweiten Weltkriegs: Lebensumstände, die sein alltägliches Leben beeinflussen und sicher auch belasten.
Den Aufzeichnungen Arturs folgt das Kriegstagebuch seines älteren Bruders, ein Dokument, welches das Buch im Hinblick auf das Schicksal der Soldaten an der Front und in der Kriegsgefangenschaft abrundet. Es lässt den Leser nachdenklich zurück - ebenso wie der kurze Epilog, den ein Psychologe zum Thema Kriegsenkel verfasst hat.
„Bubis Kinnertied“ erzählt vom Schicksal eines Kriegskindes, mit dem sich vermutlich (noch) viele Menschen identifizieren können. Ich hoffe, es regt noch mehr Kriegskinder und -enkel an, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen!