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Benutzername: 
dorli
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Berlin
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Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 05.11.2018
Das Blut des Löwen / Robin Hood Bd.3
Lorne, Mac P.

Das Blut des Löwen / Robin Hood Bd.3


ausgezeichnet

Frankreich/England 1204. Robin Hood und seine Frau Marian leben als Baron und Baronin de Lisse gemeinsam mit ihrem Ziehsohn Fulke ein beschauliches Leben in der Gascogne. Dass er ein illegitimer Sohn von Richard Löwenherz’ ist, ahnt der 8-jährige Fulke nicht einmal. Als Robin zu Ohren kommt, dass König John nach dem Tod von Königin Eleonore Suchtrupps durchs Land schickt, die nach einem Sohn Richards Ausschau halten sollen, wird die Gefahr für den lebhaften Jungen, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist, auf dem kleinen Anwesen am Fuße der Pyrenäen zu groß. Robin beschließt, Fulke als Knappe an den Hof von König Sancho von Navarra zu bringen…

Mac P. Lorne stellt in dem dritten Teil seiner Robin-Hood-Reihe die tyrannische Herrschaft König Johns, den Weg zur Magna Carta sowie den 1. Krieg der Barone in den Mittelpunkt des Geschehens.

König John regiert mit brutaler Hand, das Land ist ausgeblutet und zerstritten. William Marschal, der Earl von Pembroke, befürchtet aufgrund der mangelnden Wehrhaftigkeit eine Invasion der Franzosen und bittet Robin Hood, für England zu kämpfen. Der legendäre Held kehrt in den Sherwood Forrest zurück…

Mac P. Lorne wartet auch in diesem Band wieder mit einer wahren Fülle an historischen Fakten und Themen auf und lässt den Leser damit an den vielfältigen Ereignissen, die die Menschen im 13. Jahrhundert in Westeuropa bewegt und beschäftigt haben, teilhaben. Der Autor erzählt dabei so fesselnd und unterhaltsam, dass jede Etappe, die Robin & Co. in diesem Roman zu meistern haben, zu einem spannenden Abenteuer wird. Geschickt platzierte Wendungen sorgen dafür, dass die Geschichte immer wieder neuen Schwung bekommt und die Sogwirkung bis zur letzten Seite nicht abreißt.

„Das Blut des Löwen“ hat mich rundum begeistert – eine gelungene Verknüpfung von historischen Fakten, Spannung und Unterhaltung, die schwungvoll erzählt wird und mir eine interessante, kurzweilige Zeitreise beschert hat.

Bewertung vom 30.10.2018
Der Spielmann / Die Geschichte des Johann Georg Faustus Bd.1
Pötzsch, Oliver

Der Spielmann / Die Geschichte des Johann Georg Faustus Bd.1


ausgezeichnet

Oktober 1486. Knittlingen, ein kleiner, beschaulicher Ort im Kraichgau. Hier ist der 8-jährige Johann zu Hause. Johanns Kindheit ist kein Zuckerschlecken, denn er wird drangsaliert und schikaniert, weil er anders als die anderen Kinder ist – klüger, lernfreudig, wissbegierig. Außerdem ist Johann fasziniert von den Gauklern, die zum alljährlichen Herbstmarkt in die Stadt kommen, besonders ein unheimlicher Zauberer zieht den Jungen in seinen Bann: Tonio del Moravia.
Als Johann acht Jahre später – seine große Liebe Margarethe hat ihn verstoßen und er wird von dem Mann, den er bisher für seinen Vater gehalten hat, aus dem Haus geworfen – auf Wanderschaft geht, trifft er erneut auf den mysteriösen Zauberer, der sich selbst als fahrender Astrologe und Chiromant bezeichnet. Tonio schlägt Johann einen Pakt vor: weil er Johann das Leben gerettet hat, soll dieser ihm für zunächst ein Jahr als Trickser dienen. Johann geht auf den Handel ein und damit beginnt für den jungen Mann eine lehrreiche Zeit voller Höhen und Tiefen…

In seinem historischen Roman „Der Spielmann“ erzählt Oliver Pötzsch den fesselnden Werdegang des Johann Georg Faustus – des wohl größten Magiers des 16. Jahrhunderts. Er war Alchemist, Wahrsager und Quacksalber. Ein Hochstapler und Scharlatan. Der Leser begleitet diesen Mann, um den sich nur wenige Wahrheiten, dafür aber umso mehr Legenden ranken, auf seiner Reise quer durch die deutschen Lande und verfolgt dabei gleichzeitig dessen Weg von einem wissensdurstigen Kind zu einem vielseitig gelehrten Mann, der mit dunklen Mächten in Berührung kommt.

Der Autor hat die wenigen historischen Fakten, die über das Leben des „Glücklichen“ bekannt sind, mit einer spannenden fiktiven Geschichte verknüpft und lässt diesen Roman so zu einem interessanten, kurzweiligen Abenteuer werden. Schon nach wenigen Seiten ist man mittendrin im Geschehen und damit in einer Welt aus Aberglauben, Zauberkunst, Astrologie und Scharlatanerie - der Roman entfaltet ruckzuck eine Sogwirkung, der man sich als Leser nicht entziehen kann.

Oliver Pötzsch erzählt sehr anschaulich und wartet mit einer Fülle von Details auf. Man kann sich nicht nur die Schauplätze und die vorherrschenden Gegebenheiten bestens vorstellen, auch die Akteure werden facettenreich beschrieben und bekommen allesamt schnell ein Gesicht. Zudem gelingt es dem Autor, seiner Geschichte eine düstere, magische Atmosphäre zu verleihen. Etwas Gruseliges schwingt durchweg mit der Handlung mit und macht das Lesen dieses ersten Bandes von Pötzschs Faustus-Serie damit zu einem besonderen Erlebnis.

„Der Spielmann“ hat mich rundum begeistert – die gut ausbalancierte Mischung aus historischen Fakten, fiktiver Handlung, Spannung und Abenteuer hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Absolute Leseempfehlung für alle, die historische Geschichten mit einem mystischen Touch mögen.

Bewertung vom 11.10.2018
Die Party
Winner, Jonas

Die Party


sehr gut

Es ist der 31. Oktober 2018. Brandon Hill hat zehn ehemalige Schulkameraden zu einer Halloweenparty eingeladen, eine 1980er Revivalparty. Die Party wird zu einem Spektakel der besonderen Art – Brandons idyllisch auf einem Felsplateau hoch über den Wäldern gelegener Glasbungalow wird für die Gäste zu einer tödlichen Falle, nur einer von ihnen wird am Ende überleben, so ist es geplant…

Jonas Winner versteht es ganz ausgezeichnet, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Der Thriller wird fesselnd erzählt und entwickelt schnell einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann.

Besonders gut gefallen hat mir, dass der Autor das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven präsentiert, da man so einen guten Einblick in die Ansichten, Überlegungen und Reaktionen aller Akteure bekommt. Die häufigen Perspektivwechsel erfordern allerdings konzentriertes Lesen. Gerade am Anfang ist es nicht leicht, den Überblick über die Gäste zu behalten, da ist die Gästeliste am Ende des Buches eine gute Hilfe.

Da Gastgeber Brandon, tödlich getroffen von einem herabfallenden Kronleuchter, als erster die Bühne verlassen hat, wird allen anderen schnell klar, dass es in ihrem Kreis einen Verräter geben muss, der in die Pläne für die Gruselnacht eingeweiht ist. Das erhöht die Anspannung unter den Anwesenden enorm, und das Misstrauen wächst, während die mörderischen Spielchen ihren Lauf nehmen. Es gelingt Jonas Winner ganz hervorragend, dem Leser diesen wachsenden Argwohn zu vermitteln, der zwischen den immer weniger werdenden Teilnehmern herrscht. Geschickt lenkt der Autor den Blick des Lesers dabei in unterschiedliche Richtungen, so dass man prima über Drahtzieher und Hintergründe miträtseln und mitgrübeln kann.

„Die Party“ hat mir sehr gut gefallen. Besonders spannend war es, das Miteinander und Gegeneinander der Akteure zu beobachten. Neben Spannung und Nervenkitzel hat der Thriller auch eine große Portion 80er-Jahre-Feeling im Gepäck.

Bewertung vom 10.10.2018
Der Tod bohrt nach
Archan, Isabella

Der Tod bohrt nach


ausgezeichnet

Dr. Leocardia Kardiff wird wieder einmal von ihrer grenzenlosen Neugierde gepackt. Dass Notfallpatient Dietrich Möwe etwas von „um Leben und Tod“, „Gift“ und „seine liebste Annika erretten“ murmelt und ihre Praxis ohne Behandlung mit dem Versprechen, zur nächsten regulären Sprechstunde wiederzukommen, fluchtartig verlässt, macht Leo zunächst nur stutzig. Als Möwe jedoch nicht wie versprochen erscheint und sie zudem erfährt, dass eine Studentin namens Annika mit gleicher Wohnanschrift wie Möwe vermisst wird, erwacht der Spürsinn der Hobbydetektivin…

„Der Tod bohrt nach“ ist bereits der dritte Fall für die 45-jährige Zahnärztin aus Köln, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Isabella Archan hat einen sehr unterhaltsamen Schreibstil, der den Leser schnell in das Geschehen hineinzieht. Die Autorin erzählt den Krimi nicht nur aus Sicht von Hobbydetektivin Leo, sondern präsentiert das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man auch einen guten Einblick in die Ansichten und Beweggründe der weiteren Akteure erhält. Dazu gehört neben dem offiziellen Ermittler – Hauptkommissar Jakob Zimmer, Leos Liebster und natürlich ganz und gar nicht begeistert von ihrer Schnüffelei und ihren spontanen Alleingängen – zum Beispiel auch der Mörder.

Besonders gut gefallen hat mir, dass die Autorin für Leos Part die Ich-Perspektive gewählt hat und Leo selbst von ihren Erlebnissen erzählen lässt, da man so alles, was die Zahnärztin beschäftigt und was ihr während ihrer Ermittlungen widerfährt, sehr intensiv miterlebt.

Nicht nur die Ermittlungen wirbeln Leos Alltag durcheinander, auch ihr Familienleben ist überaus turbulent – dafür sorgt neben ihren pubertierenden Zwillingstöchtern ganz besonders Leos Vater, der völlig überraschend bei ihr einzieht und sich zudem berufen fühlt, sich als ehemaliger Inhaber der Praxis in Leos Behandlungsmethoden einzumischen.

Amüsiert habe ich mich auch über Britti Poster, geschwätzige Zahnarzthelferin und äußerst unterhaltsame Nebendarstellerin. Britti hat einen vermeintlichen Bösewicht im Visier und macht sich gemeinsam mit Leos Vater daran, ihren eigenen Fall zu lösen.

Das Lesen und Mitermitteln hat großen Spaß gemacht - „Der Tod bohrt nach“ ist ein humorvoller Krimi, der von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige, spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 09.10.2018
Aberglaube und Geschäfte
Gantert, Susanne

Aberglaube und Geschäfte


sehr gut

Wolfenbüttel im Winter 1582/83. Konrad von Velten, von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel als Kriminalist verpflichtet, wird von seinem Dienstherrn mit einem neuen Fall betraut. Im Wald ist die schrecklich zugerichtete Leiche eines Säuglings gefunden worden. Herzog Julius drängt auf eine zügige Aufklärung des Falls, da der Finder des Leichnams etwas vom Teufel gefaselt hätte und der Herzog befürchtet, dass Aberglauben und Hexenangst geschürt würden – etwas, dass er gerade jetzt, kurz vor Beginn der Gespräche um die „Formula Concordiae“ in Quedlinburg, gar nicht gebrauchen kann…

In ihrem historischen Roman „Aberglaube und Geschäfte“ wartet Susanne Gantert mit einer kurzweiligen Mischung aus spannendem Kriminalfall und historischen Fakten auf und lässt damit diesen dritten Band um den Juristen und Ermittler Konrad von Velten zu einer fesselnden Zeitreise werden.

Auch ohne Kenntnis der ersten beiden Bände war ich schnell mittendrin im Geschehen und hatte Dank geschickt eingefügter Rückblenden nicht das Gefühl, dass mir zum Verständnis dieses Krimis irgendwelche Informationen gefehlt haben.

Der Täter ist ein alter Bekannter Konrads, der immer wieder mit spöttischen Versen auf sich aufmerksam macht. Er folgt einem ausgeklügelten Plan und rückt seinen Zielen, das Herzogtum wirtschaftlich zu ruinieren und sich selbst zu bereichern sowie sich gnadenlos an denen zu rächen, die seiner Gier nach Macht und Reichtum in früheren Jahren im Weg standen, immer näher.

Obwohl schon früh klar ist, wer hier sein Unwesen treibt, bleibt die Geschichte bis zum Schluss spannend, da Konrad - aufgrund von privaten Angelegenheiten, die ihn mächtig in Atem halten - mit seinen Ermittlungen immer zwei Schritte zu langsam zu sein scheint und es lange so aussieht, als würde er, trotz tatkräftiger Unterstützung seitens seiner Familie, nicht in der Lage sein, dem Bösewicht und seinem miesen Spiel das Handwerk zu legen.

„Aberglaube und Geschäfte“ hat mir sehr gut gefallen – eine gut ausbalancierte Mischung aus Spannung und Historie, die mit interessanten Charakteren und einer fesselnden Handlung punktet.

Bewertung vom 08.10.2018
Wenn du für mich bist
Hedlund, Jody

Wenn du für mich bist


ausgezeichnet

Jody Hedlund wartet in ihrem Roman „Wenn du für mich bist“ mit einem spannenden Mix aus Historie und ganz viel Romantik auf. Die Autorin stellt die Waisenzug-Bewegung der 1853 gegründeten Children's Aid Society und deren Bemühungen, auch arbeitslosen Frauen mit einer Umsiedlung in den Mittleren Westen eine Chance zu bieten, in den Mittelpunkt ihrer Geschichte und zeichnet damit gleichzeitig ein sehr eindringliches Bild der damaligen Gesellschaft in den USA.

Eine Wirtschaftskrise in der Mitte des 19. Jahrhunderts und die immer weiter steigende Anzahl an Bewohnern durch den stetigen Zustrom von Einwanderern machten New York zu schaffen, hohe Arbeitslosigkeit und damit einhergehende Armut schürten Konflikte; Unruhen, Aufstände, Bandenkriege und Chaos waren die Folge.

Jody Hedlund lässt den Leser sehr gut nachvollziehen, wie schwer es für die Einwandererfamilien war, in Amerika Fuß zu fassen. Der Traum von Freiheit und unbegrenzten Möglichkeiten ist für die meisten nur ein Traum geblieben – so auch für die Geschwister Neumann, von deren Schicksal die Autorin in ihrer Orphan-Train-Serie erzählt. In diesem ersten Band liegt der Fokus auf Elise, der ältesten der drei Schwestern.

Die 19-jährige Elise Neumann, Tochter eines aus Hamburg stammenden Bäckers, versucht nach den Tod ihrer Eltern gemeinsam mit ihren Schwestern Marianne und Sophie sowie den Waisenkindern Olivia und Nicholas in den Straßen des von Armut geprägten New York zu überleben. Sie haben Glück und finden Unterschlupf in der Missionsstation von Miss Pendleton. Elise und Marianne können als Näherinnen arbeiten. Als ihnen diese Möglichkeit aufgrund der voranschreitenden Wirtschaftskrise genommen wird, beschließt Elise, allein in den Westen zu gehen, um dort Geld für ihre Familie zu verdienen. Auf dem Weg nach Illinois begegnet sie Thornton Quincy wieder, den sie bereits während eines stadtweiten Bandenkriegs in New York kennengelernt hatte. Thornton hat derweil ganz andere Probleme als Elise. Der reiche Unternehmersohn wurde von seinen Vater in einen absurden Wettstreit mit seinem Zwillingsbruder Bradford gedrängt und will diesen Kampf um jeden Preis gewinnen…

Mit Elise schickt Jody Hedlund eine bewundernswerte junge Frau ins Rennen. Elise lässt sich von ihrem schwierigen Alltag nicht unterkriegen, sie ist bereit, für ihre Rechte zu kämpfen und setzt sich gleichzeitig für andere ein. Sie macht Thornton auf Missstände aufmerksam und will sogar ihr persönliches Glück opfern, damit Thornton die Chance bekommt, die Arbeitsbedingungen für viele Menschen zu verbessern.

Trotz des ernsten Hintergrunds und all dem Elend und der Not der Menschen liest sich das Buch angenehm zügig und hat zudem einen großen Unterhaltungswert. Das liegt vor allen Dingen an den humorvollen Dialogen und dem frechen Geplänkel zwischen Elise und Thornton.

Jody Hedlund hat mich mit ihren facettenreichen Schilderungen über die katastrophalen Lebensumstände in den 1850er Jahren in New York und die Geschichte der Waisenzüge sowie der damit verflochtenen fiktiven Handlung begeistert. „Wenn du für mich bist“ hat mich durchgehend gefesselt und bestens unterhalten.

Bewertung vom 04.10.2018
Tod in Schmargendorf
Blum, Karla

Tod in Schmargendorf


ausgezeichnet

Karla Blum hat sich als Handlungsort für ihren Krimi ein idyllisches Fleckchen in Berlin ausgesucht: Schmargendorf. Ruhe und Gelassenheit zeichnen den im südwestlichen Teil der Hauptstadt gelegenen Stadtteil aus - doch diese Beschaulichkeit ist trügerisch, denn hier wird gemordet! In der Wilmsbank wurde der Bankangestellte Jürgen Heuhausen erschossen.

Wanda Cameron, Buchhändlerin und Mitarbeiterin in der unweit des Tatortes ansässigen Krimibuchhandlung „Agatha“, fühlt sich - aufgrund ihres theoretischen Wissens über Mordermittlungen und dem aufmunternden Zuspruch ihrer Chefin - dazu berufen, dem Mörder des sympathischen Bankangestellten auf die Schliche zu kommen.

Geschickt nimmt Wanda ihr Umfeld unter die Lupe. Sie beobachtet hier und schnüffelt dort. Das sich direkt neben der Bank befindende Seniorenheim ist für sie genauso interessant wie der rätselhafte Mieter des Dachgeschosses über der Buchhandlung.

Die sympathische Buchhändlerin wurde für ihre Ermittlungen von der Autorin nicht nur mit einem detektivischen Spürsinn ausgestattet, Wanda verfügt auch über eine überschäumende Fantasie. Ihre Vorstellungskraft kennt keine Grenzen und sie malt sich die wildesten Szenarien in schillernden Farben aus, wenn sie einen Verdächtigen im Visier hat – das ist sehr amüsant und es macht großen Spaß, Wanda zu begleiten und ihr bei ihrer Spurensuche über die Schulter zu schauen.

Die Spannung braucht einen etwas längeren Anlauf, kann dann aber im letzten Drittel des Krimis auftrumpfen. Obwohl die Hobbydetektivin und auch der offizielle Ermittler - Hauptkommissar Yunos Kamat, der natürlich alles andere als begeistert von Wandas Alleingängen ist - sich sehr bemühen, scheint eine rasche Aufklärung des Falls lange Zeit unwahrscheinlich, denn Verdächtige haben Alibis und hoffnungsvolle Hinweise verlaufen immer wieder im Sande. Dann geschieht ein zweiter Mord und plötzlich überschlagen sich die Ereignisse…

„Tod in Schmargendorf“ hat mir sehr gut gefallen. Der Krimi kommt zwar nicht mit atemloser Höchstspannung daher, kann jedoch mit einer liebenswerten Ermittlerin, viel Humor und einer großen Portion Lokalkolorit punkten.

Bewertung vom 24.09.2018
Die Frauen am Fluss
Webb, Katherine

Die Frauen am Fluss


sehr gut

In ihrem historischen Roman „Die Frauen am Fluss“ entführt Katherine Webb den Leser in das Jahr 1922. Schauplatz der Geschichte ist das kleine, im Südwesten Englands liegende Dorf Slaughterford.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
Die 24-jährige Irene stammt aus wohlhabendem Hause, hat sich aber durch die Affäre mit einem verheirateten Mann ins gesellschaftliche Aus katapultiert. Sie hat daraufhin kurz entschlossen den Papiermühlenbesitzer Alistair Hadleigh geheiratet und ist ihm in die abgelegene Grafschaft Wiltshire gefolgt, kann sich aber nach ihrem mondänen Leben in London nur langsam an das Landleben gewöhnen. Sowohl Nancy, die Tante ihres Ehemannes und bisherige Hausherrin auf der Manor-Farm wie auch die misstrauischen Dorfleute machen es Irene schwer, sich einzuleben.

Die 15-jährige Pudding Cartwright arbeitet als Stallmädchen auf der Manor-Farm. Die aufgeweckte Tochter des Dorfarztes hat es nicht leicht, sie sorgt sich um ihre demente Mutter und ihren aus dem Ersten Weltkrieg körperlich und psychisch versehrt zurückgekehrten Bruder Donny.

Die 17-jährige Clemmie wächst auf der Weavern-Farm auf. Clemmie ist stumm und gilt deshalb als ein wenig zurückgeblieben. Doch die junge Frau, die gerne tagträumend durch die Gegend streift, ist alles andere als einfältig. Sie verliebt sich in einen Mann, den sie nicht lieben darf, denn Eli Tanner kommt aus einer Familie, die als übler Haufen verschrien ist, weil sie stehlen und morden und sich nicht anpassen wollen.

Katherine Webb nimmt sich viel Zeit, den Leser mit dem idyllisch gelegenen, kleinen Ort vertraut zu machen - Landschaft, Natur, das Dorf und seine Bewohner werden fast ausschweifend beschrieben und geschildert, so das man sich zwar ein gutes Bild von den Besonderheiten des Landstrichs, den lokalen Begebenheiten, den einzelnen Akteuren und ihren Beziehungen zueinander machen kann, die eigentliche Handlung aber zunächst einmal nicht richtig in Schwung kommen will. Erst als bei Bauarbeiten eine uralte Puppe gefunden wird und (nach fast 200 Seiten) der im Klappentext angekündigte Mord geschieht, kommt die Geschichte richtig in Schwung.

Als Puddings Bruder in Verdacht gerät, Alistair Hadleigh brutal ermordet zu haben, macht sich das verzweifelte Mädchen gemeinsam mit Irene daran, die Wahrheit herauszufinden, um Donnys Unschuld zu beweisen. Die beiden geraten dabei in einen Strudel dunkler Geheimnisse und bringen schließlich erschütternde Tatsachen ans Tageslicht.

„Die Frauen am Fluss“ hat mir sehr gut gefallen – ein Roman, der nach einem etwas verhaltenen Start mit einer mitreißenden Handlung aufwartet und den Leser einen Blick auf das trügerische Idyll eines kleinen englischen Dorfes und die dort lauernden Abgründe menschlicher Moral werfen lässt.

Bewertung vom 24.09.2018
Jules Verne
Junkerjürgen, Ralf

Jules Verne


ausgezeichnet

Jules Verne – seit meiner Kindheit liebe ich seine Abenteuergeschichten und bin auch heute noch ein begeisterter Leser seiner Romane. Da liegt es nahe, auch einmal zu einer Biografie zu greifen und sich über das Leben des französischen Erfolgsautors zu informieren.

Ich habe in dieser Biografie einen Mann kennengelernt, der das Schreiben zu seinem Lebensinhalt gemacht hat. Er gilt als Begründer des wissenschaftlichen Romans, weil es ihm gelang, seine lebhafte Fantasie mit technischen und naturwissenschaftlichen Fakten zu kombinieren und diese spannend und kurzweilig zu erzählen. Ein kreativer Geist, dessen Texte auch heute noch populär sind, obwohl der damalige Wissensstand längst überholt ist.

Ralf Junkerjürgen - Professor für romanische Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg - ermöglicht dem Leser in diesem Buch nicht nur Einblicke in die persönlichen Lebensumstände und das Familienleben Jules Vernes, man wird auch detailliert mit dem Schaffen des Abenteuerschriftstellers bekannt gemacht. Junkerjürgen stellt dazu Vernes Werke aus seiner Hauptschaffenszeit zwischen 1862 und 1875 in den Mittelpunkt, thematisiert aber auch dessen Kindheit, seine Entwicklung und Arbeitsweise, das schwierige Verhältnis zu seinem Sohn Michel sowie die Weiterführung seines Werks nach seinem Tod durch Michel.

Junkerjürgen geht ausführlich auf die herausragendsten Romane Vernes ein. Neben einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung gibt der Autor Auskunft über die Entstehungsgeschichte der Werke, erklärt die politischen und wissenschaftlichen Hintergründe sowie die gesellschaftlichen Einflüsse, nennt technische Errungenschaften, die Verne inspiriert haben, und ergänzt all diese Aspekte mit eigenen Interpretationen und zusätzlichen Erklärungen.

Auch die wichtigsten Wegbegleiter Vernes werden vorgestellt. Menschen, die ihn beeinflusst, geprägt, gefördert und unterstützt haben. Dazu gehören Jules Vater Pierre und bekannte Schriftsteller wie Alexandre Dumas, James F. Cooper, E.T.A. Hoffmann oder auch Edgar Allan Poe. Den Fokus legt Junkerjürgen hier auf die jahrelange freundschaftliche und sehr einträgliche Zusammenarbeit mit dem Verleger Pierre-Jules Hetzel.

Nicht nur die interessanten und vielfältigen Informationen rund um Jules Vernes Leben und Wirken haben mich begeistert, auch die Aufmachung des Buches ist hervorragend gelungen. Die anspruchsvollen aber gut verständlichen Inhalte werden ansprechend präsentiert und sind mit zahlreichen Abbildungen und Fotos versehen. Zudem befinden sich im Anhang eine Zeittafel und ein Werkverzeichnis sowie ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister.

Eine genauso spannende wie unterhaltsame Biografie - empfehlenswert für alle, die sich über Jules Verne, sein Werk und die Welt, in der er gelebt hat, informieren möchten.

Bewertung vom 23.09.2018
Tidetod
Kramer, Gerd

Tidetod


ausgezeichnet

Husum. Ein Serientäter treibt in der nordfriesischen Küstenstadt sein Unwesen. Ein Mörder, der einerseits keine Skrupel kennt und nicht davor zurückschreckt, seinen Opfern ein qualvolles Ende zu bescheren, andererseits aber immer darauf bedacht ist, jedem Einzelnen eine Chance zu bieten, dem Tod durch mutiges Handeln zu entgehen. Die Kommissare Flottmann und Hilgersen stehen vor einem Rätsel. Sie haben es mit einem äußerst raffinierten Täter zu tun, dessen Vorgehen ausgeklügelt und bis in kleinste Detail durchgeplant ist. Er hinterlässt keine Spuren. Eine Verbindung zwischen den Leidtragenden scheint es nicht zu geben und auch ein Motiv nicht erkennbar…

„Tidetod“ ist bereits der zweite Fall für den aus dem Rheinland stammenden Hauptkommissar Waldemar Flottmann und dem Husumer Urgestein Kommissar Gustav Hilgersen, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des vorherigen Bandes bestens verständlich.

Gerd Kramer versteht es ganz ausgezeichnet, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Der Krimi wird fesselnd erzählt und entwickelt rasch einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann.

Unterschiedliche Perspektiven geben dem Leser die Möglichkeit, das Geschehen umfassend zu verfolgen. Man lernt den Mörder kennen und erfährt, wie er tickt und was ihn antreibt; man ist dabei, wenn die Opfer in einer fast ausweglosen Situation um ihr Leben kämpfen und man erlebt natürlich auch die Ermittlungen der Kommissare hautnah mit. Wieder mit von der Partie ist auch Leon Gerber, dessen besondere Gabe – ein hochsensibles Gehör – auch in diesem Krimi wieder zum Einsatz kommt.

Der Kriminalfall ist verzwickt und hält sowohl für Flottmann und Hilgersen wie auch für den Leser einige Überraschungen bereit. Ich konnte durchweg prima mit den beiden mitgrübeln und miträtseln und habe bis zum Ende nicht geahnt, wer hier seine kriminellen Finger im Spiel hat.

Neben der sehr spannenden Krimihandlung trägt auch das humorvolle Miteinander der Kommissare zur Unterhaltung bei. In den Dialogen zwischen Flottmann und Hilgersen wird gefrotzelt und gestichelt - es ist einfach herrlich, den beiden zuzuhören.

„Tidetod“ hat mir sehr gut gefallen. Eine tolle Mischung aus hochgradiger Spannung und einem großartigen norddeutschen Humor. Absolute Leseempfehlung!