Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Angela.Bücherwurm
Wohnort: 
Wülfrath
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 244 Bewertungen
Bewertung vom 29.03.2013
Sehet die Sünder
Winterberg, Liv

Sehet die Sünder


sehr gut

Der Tod geht um im mittelalterlichen Saint Mourelles

Hauptschauplatz dieses historischen Romans aus dem Jahre 1440 ist das kleine Dorf Saint Mourelles in der Bretagne. Hier leben u.a. Catheline und Mathis. Catheline ist Haushälterin bei Pfarrer Jeunet und liebt Mathis. Mathis ist Bauer und liebt Catheline eigentlich auch. Doch während eines Kampfes, in dem er seinen Herrn , den Baron Amédé de Troyenne, das Leben rettet , wird er schwer verwundet. Infolgedessen wird er sein Leben lang gehbehindert bleiben. Da er Catheline nicht zur Last fallen möchte, beendet er die Beziehung. In dieser Zeit geschehen in Saint Mourelles seltsame Dinge. Menschen verschwinden spurlos, verunglücken, werden ermordet. Der Tod geht um in Saint Mourelles. Davon betroffen sind Kinder und Erwachsene, Männer wie Frauen . Was geht hier vor ? Und immer wieder ist es Catheline, die die Toten entdeckt. Misstrauen macht sich im Dorf breit. Sowohl Mathis , als auch Catheline bemühen sich um die Aufklärung dieser ungeheuerlichen Taten. Alles deutet darauf hin, dass der oder die Täter vom nahe gelegenen Schloss Troyenne kommen. Doch Mathis will dies nicht so recht glauben, hält er seinen Herrn doch für rechtschaffen und loyal.

Dieser historische Schmöker beginnnt spannend und vielversprechend. Die Hauptprotagonisten werden zunächst lebendig und ausführlich vorgestellt. Die örtlichen Gegebenheiten werden bildhaft geschildert. Ein gewisser Spannungsbogen wird aufgebaut.

Doch leider hat der Roman zur Mitte hin deutlich an Spannung verloren. Irgendwie zieht sich das Geschehen meines Erachtens ein wenig in die Länge. Es geschieht ein Mord nach dem anderen, ohne dass die Hintergründe hierzu näher beleuchtet werden bzw. die Ermittlungen namhafte Fortschritte machen. Insbesondere auch die Persönlichkeit von Catheline bleibt mir im weiteren Verlauf der Handlung zu blass. Ebenso hätte ich mir einen tieferen Einblick in die Beziehung zwischen Catheline und Mathis gewünscht. Auch einige der anderen beteiligten Personen bleiben mir viel zu oberflächlich und teilweise sogar unglaubwürdig, wie zum Beispiel Julien Laconte, der Schreiber des Bischofs oder auch die Rolle des Pater Bertrand.

Erst zum Ende hin nimmt die Geschichte dann wieder an Fahrt auf und wird spannender.

Der Schreibstil als solches ist flüssig und ansprechend, sodass sich das Buch aus dieser Sicht gut und schnell lesen lässt.

Insgesamt finde ich es schwierig ,dieses Buch abschließend zu bewerten, da es seine schönen und ansprechenden Momente hat, aber leider eben auch in meinen Augen seine Mängel. Ich schwanke daher bei der Sternevergabe zwischen drei und vier. Aufgrund der ansprechenden Sprache und Ausdrucksweise und der Tatsache, dass das Buch mich die überwiegende Zeit gut unterhalten hat, entscheide ich mich für vier Sterne.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2013
Die Regenbogentruppe
Hirata, Andrea

Die Regenbogentruppe


sehr gut

Bildung - die Chance auf ein besseres Leben

Der auf Belitung , einer kleinen indonesischen Insel, geborene Autor schildert in diesem autobiographischen Roman eindringlich die Lebensverhältnisse, in denen große Bevölkerungsteile hier aufwachsen und leben müssen.

Die Insel ist zwar reich an Bodenschätzen, aber hiervon profitieren nur einige wenige, die " Herrschenden " . Der überwiegende Teil der einheimischen Bevölkerung lebt unter sehr schwierigen und ärmlichsten Bedingungen. Schon die Kinder der Minenarbeiter, Fischer, Lastenträger etc. sind dazu gezwungen, zum Lebensunterhalt der Familien beizutragen und müssen schon in jungen Jahren arbeiten und Geld verdienen. Es scheint kaum ein Entrinnen aus diesem ewigen Kreislauf zu geben. Und so ist Bildung und ein Schulbesuch ein wahrhaftes Privileg. Aber ohne entsprechende Kenntnisse , ohne Schreiben, Lesen und Rechnen zu können, gibt es keine Chance auf Verbesserung. Doch immer wieder gibt es auch hier Menschen, die darum kämpfen, etwas zu ändern, etwas zu verbessern. Zu diesen gehört die junge Bu Mus. Mit ihren gerade mal 15 Jahren ist sie eine engagierte Lehrerin an der örtlichen Armenschule. Hier unterrichtet sie mit viel Enthusiasmus, auch wenn die Zustände noch so primitiv sind, die sogenannte Regenbogentruppe, eine Gruppe von Kindern aus ärmlichsten Verhältnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen, so bunt wie ein Regenbogen. Alle haben die unterschiedlichsten Begabungen, aber alle haben eins gemeinsam: alle Kinder sind stolz und unglaublich glücklich, zur Schule gehen zu dürfen. Sie nehmen dafür gerne so einige Strapazen und Gefahren auf sich. Weder extrem weite Wege, Monsunregen oder sonstige Unbillen können sie davon abhalten, zum Unterricht zu erscheinen. Auch um das Fortbestehen der Schule - die Behörden wollen sie immer wieder schließen - bangen und kämpfen alle gemeinsam.

Es ist schon beeindruckend, mitzuerleben, mit welch großer Zuversicht , mit welch großen Hoffnungen und Träumen diese Menschen ihr Ziel verfolgen, auch wenn letztendlich nur wenige diese auch erreichen und sich bei weitem nicht jeder Traum erfüllt.

Zu dieser lern- und wissbegierigen Gruppe gehört u.a. auch Ikal, der Autor dieses eindrucksvollen Buches. Er schildert seine Zeit hier in anschaulichen Bildern und vermag den Leser mit auf eine gedankliche Reise in diese für uns so fremde und andersartige Kultur mitzunehmen. Eine Welt voller Gegensätze ,wie bitterste Armut , aber auch Reichtum , einer Welt zwischen strengen religösen Grundsätzen und tiefen Aberglauben.

Insgesamt ist das Buch flüssig geschrieben und lässt sich in der Regel gut lesen. Allerdings erscheinen besonders am Anfang einige der geschilderten Episoden manchmal eher wahllos aneinandergereiht und man fragt sich, warum der Autor gerade diese Begebenheit bzw. Beobachtung erzählt und was er damit bezweckt. Dadurch wird der Lesefluss meines Erachtens doch hin und wieder gehemmt. Schade fand ich auch, dass die Berichte aus der Schulzeit recht abrupt und plötzlich enden. Der Autor überspringt dann einen Zeitraum von 12 Jahren und gibt nur noch eine eher kurze Zusammenfassung darüber , was aus den Mitgliedern der Regenbogentruppe geworden ist. Hier hätte ich gerne noch Genaueres erfahren.

" Die Regenbogentruppe" ist alles in allem ein lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt . Es zeigt auf, wie wichtig Bildung ist und dass man damit viel erreichen kann. Aber es verdeutlicht auch, dass Wissen allein -leider- nicht immer zum Ziel führt bzw. führen kann.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2013
Die schöne Philippine Welserin
Riebe, Brigitte

Die schöne Philippine Welserin


gut

Im Jahre 1580 liegt Philippine Welser im Sterben und blickt auf ein ereignisreiches Leben mit Höhen und Tiefen zurück. Im Mittelpunkt steht dabei ihre Liebe zu dem Habsburger Erzherzog Ferdinand II. Sie ist zwar die Frau des Kaisersohns, doch diese Ehe musste über sehr viele Jahre hinweg geheim gehalten werden. Denn die Heirat der beiden war nicht standesgemäß, da Philippine eine Bürgerliche ist. Philippine ist in den Augen der anderen seine " Buhle" und die gemeinsamen Kinder gelten aus diesem Grund als unehelich. In ihrem Umkreis , besonders am Hof , gibt es daher viele Neider, die ihr nicht wohlgesonnen sind und sie sogar am liebsten aus dem Weg geräumt wüssten. Und so begleitet Philippine ein Leben lang die mehr oder weniger berechtigte Angst vor Giftanschlägen.

Diese Geschichte über das Leben der Philippine Welser basiert auf wahren Gegebenheiten.

Das nicht allzu umfangreiche Buch ist in relativ kurze Kapitel gegliedert, die jeweils alle mit einer Zeichnung und Beschreibung eines Heilkrauts und dessen Wirkungsweisen beginnen. Diese spielen in dem jeweiligen Kapitel dann auch eine mehr oder weniger große Rolle.

Die Erzählweise wechselt dabei mit jedem Kapitel zwischen zwei Perspektiven. Zum einen gibt es die in Ich-Form geschriebenen ( fiktiven ) Tagebucheinträge der Philippine Welser und zum anderen wurde die neutrale Erzählform in der 3. Person gewählt. Wie die Autorin im Anhang erläutert, sollen die Tagebucheinträge dazu beitragen, die Geschichte lebendiger und spannender zu gestalten. Dies ist meiner Ansicht nach jedoch nicht so richtig gelungen. Denn trotz der Schilderung des Geschehens aus der persönlichen Sicht der Hauptprotagonistin, habe ich keinen rechten Zugang zu dieser gefunden. Sie ist mir bis zum Schluss eher fremd geblieben. Auch richtige Spannung wurde für mein Gefühl nicht erzeugt. Es gibt zwar den ein oder anderen Giftanschlag bzw. die Vermutung eines solchen, aber deren wirkliche Aufklärung bleibt im Dunkeln und wird nicht weiter verfolgt. Das geht zum Teil soweit, dass ich mich als Leserin fragen musste, ob diese Anschläge nun tatsächlich stattgefunden haben oder ob sie gar nur in der Einbildung von Philippine existierten. Auch am Ende des Buches wird meiner Ansicht nach nicht klar, ob die sterbende Frau nun Opfer eines Verbrechens wurde, ob sie evt. sogar selbst nachgeholfen hat oder ob sie einfach nur schwer krank war. Ein Krimi, wie auf dem Cover angekündigt, war dieser Roman für mich auf jeden Fall nicht

Die Geschichte über das Leben dieser Frau an sich ist recht interessant. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den Anfängen der Beziehung zwischen dem Habsburger und der Welserin im ersten Jahr ( 1556) . Dieser Teil umfasst knapp die Hälfte des Buches. Die darauffolgenden Jahre bzw. Jahrzehnte werden dann - leider - sehr schnell abgehandelt. Hier hätte ich gerne noch deutlich mehr und detaillierter etwas über Philippine und ihre Familie erfahren. Auch die Charakterzüge der anderen Protagonisten sind mir zum größten Teil zu oberflächlich geblieben, auch wenn es hier in erster Linie um die Person der Philippine Welser geht.

Der Schreibstil als solches ist angenehm flüssig und im Großen und Ganzen ohne Schnörkel. Dabei bedient sich die Autorin hin und wieder auch älterer Begriffe und Ausdrucksweisen ( wie z.B. Wehmutter oder "Mummmerei ) die eben gut in die Zeit des Geschehens passen.

Insgesamt fällt es mir diesmal schwer, diesen Roman zu bewerten. Einerseits habe ich etwas ganz anderes erwartet und dieser eher kurze Roman weist für mich einige Lücken auf. Andererseits fand ich die Einblicke in das Leben dieser Frau recht interessant und meine Neugier auf ihr Schicksal wurde durchaus geweckt. Aber meiner Ansicht nach wurde hier leider auch einiges an durchaus vorhandenem Potential verschenkt. Im Vergleich zu anderen Romanen von Frau Riebe - ich kenne eine große Anzahl ihrer Bücher - war ich doch eher enttäuscht, was vermutlich an meiner hohen Erwartungshaltung gelegen hat.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2013
Die Welt auf dem Kopf
Agus, Milena

Die Welt auf dem Kopf


sehr gut

Eigenwillige,exzentrische und doch so liebenswerte Nachbarn

Schauplatz dieses leisen Romans ist ein altes Patrizierhaus im multikulturellen, heruntergekommenen Hafenviertel von Cagliari auf Sardinien. Das ehemals hochherrschaftliche Haus ist in unterschiedlich große Wohnungen aufgeteilt. Und genauso unterschiedliche Menschen leben hier. Doch eins ist allen gemeinsam: sie träumen alle auf ihre Art von der großen Liebe .

In der Mitte wohnt die Ich-Erzählerin, eine Literaturstudentin, die nach einer schwierigen Kinder- und Jugendzeit hier gestrandet ist. Diese junge Frau bleibt den ganzen Roman über, bis kurz vor dem Ende namenlos. Erst fast am Schluss erfährt man lediglich ihren vermeintlichen Vornamen.

Die Signora von unten, Anna, bewohnt zusammen mit ihrer Tochter Natascha die ehemalige, dunkle und eher bescheidene Dienstbotenwohnung. Um ihren Unterhalt so halbwegs bestreiten zu können, hat die herzkranke, schon nicht mehr ganz junge Frau gleich mehrere Jobs zu bewältigen.

Die komplette obere, luxuriöse und lichtdurchflutete Etage wird von dem alternden Ehepaar Johnson in Anspruch genommen. Die langjährige Ehe steht vor dem Zerbrechen. Mr. Johnson ist ein zerstreuter, älterer, aber dennoch liebenswerter, ehemals berühmter Violinist, der heute sein Geld mit Auftritten auf Kreuzfahrtschiffen verdient. Mrs. Johnson ist gebürtige Sardin, die aber lieber Amerikanerin sein möchte und ihren Mann nicht mehr richtig versteht. Diesen Haushalt komplettieren noch Sohn und Enkel.

Nach und nach lernen sich die Nachbarn immer besser kennen und verstehen und bilden schließlich eine feste Gemeinschaft, in der irgendwie jeder jeden braucht.

Und so erhält man auch als Leser einen tiefen Einblick in die Schicksale dieser Menschen. Mit leichten und schnörkellosen Worten gelingt es der Autorin, die Hausatmosphäre intensiv und eindringlich einzufangen. Was auf den ersten Blick beinahe alltäglich erscheint, entpuppt sich bald als eher ungewöhnlich. Fast nichts ist hier so, wie es eigentlich sein sollte : alte Menschen entdecken die Liebe und die Leidenschaft, ein berühmter und begabter Musiker, möchte lieber nicht berühmt sein, ein Kind ist weiser und vernünftiger als so mancher Erwachsene , Homosexuelle zeugen ein Kind usw. Kurz gesagt, die Welt steht hier eben auf dem Kopf. Was eigentlich unmöglch scheint, wird auf einmal durchaus vorstellbar. Und am Ende bleibt beim Leser das Gefühl zurück, dass im Grunde genommen doch auch hier alles ganz " normal " ist.

Die einzelnen Charaktere sind zum größten Teil sehr eigenwillig und exzentrisch, ja fast schon kauzig dargestellt, aber alle sind auf ihre Art sehr liebenswert und man schließt sie unwillkürlich ins Herz. Man wünscht allen einfach nur, dass sie glücklich sind.

Obwohl diese Geschichte mit nur knapp 200 Seiten recht kurz ist, bietet sie viel Potential zum Nachdenken und hallt auch nach der Lektüre noch nach.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.