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Isabel von Belles Leseinsel
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Mainz
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Bewertungen

Insgesamt 585 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2013
Die da kommen
Jensen, Liz

Die da kommen


ausgezeichnet

Der weiße Tod

Der Anthropologe Hesketh Lock arbeitet als Ermittler für eine multinationale Anwaltskanzlei und ist rund um die Welt im Einsatz. In letzter Zeit häufen sich Fälle von Industriespionage, die Verräter begehen anschließend Selbstmord. Währenddessen geschehen immer wieder rätselhafte Mordfälle: Kleine Kinder töten ihre nahen Verwandten, danach zeigen die Kinder ein merkwürdiges Verhalten. Anfangs halten Experten dies noch für Einzelfälle, doch hierbei täuschen sie sich. Hesketh Lock stellt bald Verbindungen zwischen dem rätselhaften Verhalten der Kinder und den Sabotageakten fest.

Eine erschreckende Welt zeigt Liz Jensen ihren Lesern in diesem Endzeitthriller. Doch bis es dazu kommt, entwickelt sich die Story relativ ruhig. Die Geschehnisse erlebt man aus Sicht des Anthropologen und am Asperger-Syndrom leidender Hesketh Lock. Entsprechend seinen Charaktereigenschaften ist die Geschichte eher nüchtern, zurückhaltend beschrieben, Fantasie ist für Hesketh etwas, was er nicht kennt. Für ihn zählen nur Fakten und Beweise, welche wissenschaftlich belegt sein müssen. Doch die weiteren Geschehnisse können nicht in schwarz/weiß gesehen werden, dies muss Hesketh schmerzlich feststellen, um alles verstehen zu können.

Zwar beginnt Liz Jensen mit dem Mord des kleinen Mädchens an ihrer Großmutter, doch spielen die Kinder im ersten Teil des Thrillers eine nur untergeordnete Rolle und werden von Hesketh mehr unbewusst wahrgenommen. Anfangs ist er zu sehr mit den Fällen von Industriespionage beschäftigt und den rätselhaften Selbstmorden der Schuldigen. Doch nach und nach kristallisieren sich für ihn Verbindungen zwischen den mordenden Kindern und den Spionagefällen heraus. Doch hilft ihm dieses Wissen dabei, um das Unvermeidliche aufzuhalten?

Liz Jensen erzählt in einer äußerst fesselnden wie auch beklemmenden Art und Weise diesen Endzeitthriller, die Story ist von Anfang an sehr komplex, fundiert recherchiert und überrascht immer wieder durch neue Sichtweisen. Man ahnt zunächst in keiner Weise, in welche Richtung der Thriller gehen wird, von Endzeitthriller ist anfangs nichts feststellbar. Erst mit der Zeit wird die Story immer mysteriöser, rätselhafter und beängstigender. Und dann kommt auch die Spannung hinzu, obwohl die Geschichte bis dahin keineswegs langatmig ist, ganz im Gegenteil.

Ihr Protagonist Hesketh Lock wirkt durch sein Asperger-Syndrom anfangs etwas unterkühlt und sachlich, ja fast gefühlskalt, Doch der Anthropologe ist keineswegs ein Roboter aus Fleisch, wie ihn seine Ex-Freundin bezeichnete. Man stellt schnell fest, dass Hesketh durchaus zu Gefühlen fähig ist, auch wenn er diese kaum zeigt. Unterstützung bei seinen Ermittlungen erhält Hesketh von seinem Mentor Professor Whybray und dessen Assistentin Naomi, die ebenfalls detailreich gezeichnet sind. Und auch das Verhalten der Kinder, hier besonders von Heskeths Stiefsohn Freddy K., sind dermaßen unheimlich und beklemmend beschrieben, dass es einem regelrecht eiskalt den Rücken herunterläuft.

Fazit: Ein absolut gelungener Endzeitthriller, mit einer hervorragend durchdachten, unvorhersehbaren Story und wunderbar facettenreich gezeichneten Charakteren.

Bewertung vom 24.06.2013
Der letzte Wille
Mina, Denise

Der letzte Wille


sehr gut

Terrys Vermächtnis

Der Auslandskorrespondent Terry Hewitt wird nach einem Casinobesuch verschleppt und hingerichtet. Die Journalistin Patricia „Paddy“ Meehan ist geschockt über den Mord an ihrem Freund aus Jugendtagen. Die Art des Mordes deutet auf die Tat der IRA hin, doch möglicherweise hat auch sein Beruf als Auslandskorrespondent in Krisengebieten etwas mit seinem Tod zu tun. Im Nachlass findet Paddy einen Hinweis, doch während die Journalistin in dieser Richtung Nachforschungen anstellt, hat der Killer sie längst ins Visier genommen.

Eines vorneweg: Vom Verlag wird „Der letzte Wille“ als Thriller bezeichnet, meiner Meinung nach handelt es sich aber eher um einen Krimi in bester englischer Machart. Denise Mina erzählt die Geschichte von Paddy Meehan und ihre Suche nach dem Mörder ihres Jugendfreundes eher ruhig, nachdenklich, stellenweise regelrecht beklemmend, hervorragend recherchiert und mit viel Atmosphäre. Hochspannung baut sich während des gesamten Buches kaum auf, dennoch ist immer eine hintergründige Spannung zu spüren und die einnehmende, fesselnde Erzählweise der Autorin wie auch die komplex aufgebaute Geschichte sorgen durchweg für beste Krimiunterhaltung.

„Der letzte Wille“ spielt im Jahr 1990, die Unruhen in Nordirland sind auch in Schottland immer gegenwärtig und spielen auch im vorliegenden Buch eine entscheidende Rolle. Denise Mina startet ihren Krimi zugleich mit dem Mord an Terry. Sehr eindringlich und bedrückend beschreibt die Autorin diese Szene. Die Verzweiflung und die Todesangst des Korrespondenten ist regelrecht greifbar wie auch seine Ungewissheit darüber, warum er nackt im Kofferraum des fahrenden Autos liegt. Terry stirbt, ohne zu wissen, warum.

Danach lernt man erst einmal Paddy, ihr privates wie auch berufliches Umfeld und ihre äußerst komplizierte Beziehung zu Terry kennen. Die Geschichte wird immer komplexer und rätselhafter, zumal die Polizei in keiner Weise bereit ist, in Richtung IRA zu ermitteln. Und als ein weiterer Mord geschieht und ein mysteriöser Mann ganz offensichtlich Paddy und ihren kleinen Sohn Pete beobachtet, häufen sich die Fragen und Denise Mina versteht es sehr geschickt, die Neugier ihrer Leser immer mehr zu steigern.

Ihre Protagonistin Paddy hat irische Wurzeln, lebt zusammen mit ihrem guten Freund Dub und ihrem Sohn Pete in Glasgow und schreibt eine wöchentliche, äußerst erfolgreiche Kolumne bei einer schottischen Tageszeitung. Aufgewachsen mit drei Geschwistern, darunter zwei Brüdern, hat Paddy das entsprechende Durchsetzungsvermögen und ein gesundes Selbstbewusstsein, ihre paar Pfunde zu viel trägt sie mit Humor, nimmt selten ein Blatt vor den Mund und kämpft wie eine Löwin für die Sicherheit ihres fünfjährigen Sohnes Pete. Und auch die weiteren Charaktere sind äußerst facettenreich und stellenweise auch sehr undurchsichtig beschrieben, sodass Einige schwer einschätzbar bleiben.

Fazit: „Der letzte Wille“ ist ein wohldurchdachter, komplexer Krimi aus Schottland, der mit seinen facettenreich und eigenwilligen Charakteren und einer fundiert recherchierten Story überzeugt.

Bewertung vom 20.06.2013
Blut und Silber
Ebert, Sabine

Blut und Silber


ausgezeichnet

Der Kampf um die Mark Meißen

Freiberg im Jahr 1296: König Adolf von Nassau will das Hause Wettin entmachten und rüstet seine Streitmacht gen Freiberg. Die Freiberger Bürger setzen sich gegen die Übermacht des Königs über viele Tage hinweg zur Wehr. Durch Verrat fällt die Stadt jedoch in die Hände der mordenden und brandschatzenden Königstruppen. Markgraf Friedrich von Wettin bleibt nichts anderes übrig als ins Exil zu gehen. Doch er hat noch treue Verbündete in Ulrich von Maltiz und Hauptmann Marcus von Freiberg. Und auch Änne, das Mündel des Apothekers Jenzin und Nachfahrin von Marthe und Christian wie auch die Gauklerin Sybilla unternehmen alles, die Mark Meißen und somit auch die Silberstadt Freiberg aus der grausamen Herrschaft von König Adolf zu befreien.

Sabine Ebert geht entgegen ihrer Hebammen-Saga hier etwas andere Wege und stellt nicht eine junge Frau in den Fokus der Geschichte, sondern der Schwerpunkt liegt dieses Mal mehr bei Hauptmann Markus von Freiberg, der sich in Änne verliebt und Ulrich von Maltiz, dem Ritter des Meißner Markgrafen Friedrich. Wobei aber Änne selbst und auch die Gauklerin Sybilla durchaus ebenso eine Hauptrolle spielen.

Die abenteuerliche, spannende und wendungsreiche Geschichte um die kriegerischen Geschehnisse der Mark Meißen zwischen den Jahren 1295 bis 1310 beginnt Sabine Ebert mit der Belagerung und der kurz darauf blutigen Eroberung der Silberstadt Freiberg. Hierbei lernt man viele, teils fiktive, teils historische Personen kennen, die sich gegen König Adolf auflehnen. Aber natürlich auch diejenigen, die nur an ihr eigenes Leben im Überfluss denken und somit auf der Seite des Nassauer stehen. Der Verrat lässt somit nicht lange auf sich warten und Markgraf Friedrich ist truppentechnisch zu geschwächt, um den Freibergern zur Hilfe eilen zu können. Für ihn scheint die Mark Meißen verloren, Unterstützung kann er weder von seinem Bruder noch von seinem Vater, dem Landgrafen von Thüringen erwarten. Und für die Freiberger Bewohner beginnt ein Leben in Angst, sie sind schutzlos der Willkür der Soldaten und des neuen Kommandanten von Freiberg ausgesetzt. Doch Friedrich gibt nicht auf.

Die Geschichte ist erfüllt von Intrigen, Machtgerangel, Verrat, Lügen und politischen Verhandlungen. Aber genauso kommen große Gefühle und auch die Liebe nicht zu kurz. Das einfache Leben der Bewohner der Mark Meißen lernt man genauso kennen, wie auch das ausschweifende Leben der Bürger und Ratsherrn von Freiberg, aber auch bei dem Machtgerangel und Intrigenspielen des Adels ist man als Leser dabei. Gekonnt verbindet Sabine Ebert hier historische Ereignisse mit einer fiktiven Geschichte und der bildhafte, einnehmende und lebendige Schreibstil der Autorin sorgt dafür, dass man sich bei den rund 750 Seiten fassenden Roman bestens unterhalten fühlt.

Fazit: Eine abenteuerliche, spannende Geschichte, welche Sabine Ebert mit viel Hintergrundwissen fesselnd und lebendig erzählt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.06.2013
Die Frau des Ratsherrn
Tan, Joël

Die Frau des Ratsherrn


sehr gut

Ragnhilds Schicksal

Hamburg im Jahr 1269: Der junge Ratsherrnsohn Albert muss sich bis zu seinem 25. Lebensjahr der Willkür seines älteren Bruders Conrad aussetzen, erst dann erbt er einen Teil des Vermögens seines verstorbenen Vaters. Grund hierfür ist die unstandesgemäße Heirat mit der dänischen Dienstmagd Ragnhild. Kurz vor seinem 25. Geburtstag schickt ihn sein Bruder Conrad auf eine Fahrt nach Flandern, um kurz vor dem Winter noch Tuch einzukaufen. Doch die Kogge gerät auf der Rückfahrt nach Hamburg in ein Unwetter und sinkt. Ragnhild ist nun mit ihren drei Kindern schutzlos ihrem Schwager und dessen Frau ausgesetzt. Da Albert für tot erklärt wird, bleibt der jungen Frau nur die Wahl zwischen einer erneuten Heirat oder dem Eintritt in das Beginenkloster.

Es ist wahrlich kein leichtes Leben, welches Ragnhild im Verlauf des Romans erdulden muss. Es werden Intrigen gesponnen, Verrat begangen und immer wieder ist die junge Frau gnadenlos der Willkür der Ratsherrn ausgeliefert, die über ihr zukünftiges Leben bestimmen. Ihre glückliche Zeit währt nur kurz als der jungen Frau ihre große Liebe Albert genommen wird. Fortan ist Ragnhild hilf- und schutzlos ihrem grausamen, brutalen und verschlagenen Schwager Conrad und seiner hartherzigen, hinterhältigen Ehefrau Ludburgis ausgesetzt, ihr zukünftiges Schicksal liegt in Conrads Händen.

Joel Tan erzählt die Geschichte von Ragnhild aus unterschiedlichen Perspektiven. So erlebt man das Schicksal der Ratsherrenfrau mal aus ihrer eigenen Sicht, dann ist man bei den Gedanken und Geschehnissen von Albert dabei wie auch bei den intriganten Machenschaften von Conrad und Ludburgis. Zudem geht die Autorin sehr detailliert auf das Leben der Hamburger Bürger im 13. Jahrhundert ein. Somit wirkt der Roman absolut rund und atmosphärisch dicht erzählt. Allerdings waren mir stellenweise die detaillierten Erläuterungen der Hamburger Geschichte von Joel Tan etwas zu ausschweifend, was ab und an den Lesefluss störte. Man merkt aber hierdurch auch sehr deutlich, dass die Autorin sich intensiv mit der Stadtgeschichte Hamburgs wie auch mit dem Leben der Bevölkerung im 13. Jahrhundert befasst hat.

Dennoch ist die Geschichte von Anfang an unterhaltsam und der fesselnde, bildhafte, pralle Schreibstil von Joel Tan sorgt für durchgängig interessante Lesestunden. Zumal der Roman oft auch überraschende Wendungen bietet und stellenweise auch sehr spannend erzählt wird. Ab und an fragt man sich aber auch, was für Schicksalsschläge sich die Autorin für ihre Protagonistin noch ausgedacht hat, denn nach Alberts Verschwinden scheint es das Schicksal mit Ragnhild nicht mehr gut zu meinen. Sehr gut vermittelt Joel Tan hierdurch das Leben einer Frau im Mittelalter, welche hilflos den Entscheidungen der männlichen Bevölkerung ausgesetzt ist.

Fazit: Ein unterhaltsamer, atmosphärisch dichter Roman, welche unterhaltsam und bildhaft erzählt wird und zudem sehr detailliert auf die Hamburger Geschichte des 13. Jahrhunderts eingeht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.06.2013
Nacht ohne Angst / Tessa Ravens Bd.1
Mundt, Angélique

Nacht ohne Angst / Tessa Ravens Bd.1


sehr gut

Mord in der Psychiatrie

Nachts wird in der Hamburger Uni-Psychiatrie eine junge Patientin tot aufgefunden. Sie hat sich im Badezimmer erhängt. Zwar deutet alles auf Selbstmord hin, doch das Tagebuch wie auch der Geldbeutel von Isabell fehlen. Ihre Therapeutin Tessa Ravens glaubt nicht an einen Selbstmord, ging es Isabell doch dank des neuen Medikaments in letzter Zeit wesentlich besser. Kommissar Torben Koster und sein Kollege Liebetrau übernehmen den Fall, allerdings gestaltet sich die Zeugenbefragung schwierig und Verdächtige gibt es ebenfalls genug. Wenige Tage später stirbt die nächste Patientin, doch hier ist sofort klar, dass diese einem Mörder zum Opfer gefallen ist.

Angélique Mundt lässt ihren Debütkrimi zum Großteil in der Hamburger Universitätsklinik spielen. Die Story entwickelt sich zügig und kurzweilig. Dank des lebendigen und feinfühligen Schreibstils der Autorin erhält man schnell einen guten Einblick in die Abläufe auf Station 2 der Universitätspsychiatrie wie auch über die praktizierenden Psychiater, dem Pflegepersonal und den Patienten. Allerdings bleiben einzelne Charaktere auch äußerst undurchsichtig und nur schwer einschätzbar. Und da Angélique Mundt ihren Lesern im Verlauf des Krimis diverse Verdächtige präsentiert, wird die Neugier ständig geschürt, zumal man gerade bei den Patienten nicht unbedingt von einem logischen Motiv ausgehen kann.

Dass Angélique Mundt selbst als Psychologin lange Zeit in der Psychiatrie gearbeitet hat, merkt man sofort. Allerdings begeht die Autorin nicht den Fehler, ihre Leser mit ihrem Fachwissen zu überhäufen, sondern sie schildert anschaulich, immer verständlich und interessant das tägliche Leben in einer psychiatrischen Abteilung mit all ihren Höhen und Tiefen.

Obwohl der Selbstmord wie auch der Mord nicht lange auf sich warten lassen, ist „Nacht ohne Angst“ ein eher ruhig angelegter Krimi, welchen die Autorin flüssig, einnehmend und durchweg fesselnd erzählt. Ihre Protagonistin Tessa Ravens ist eine einfühlende, sympathische junge Frau, die auf die Ängste und Sorgen ihrer Patienten eingeht und ernsthaft versucht ist, ihnen bestmöglich zu helfen. Hierbei gerät sie das ein oder andere Mal mit ihrem arroganten Chef, Oberarzt Neumann, aneinander, welcher mehr der Forschertyp ist und in den Patienten eher Studienobjekte als Menschen sieht. Auf der anderen Seite steht Kommissar Torben Koster mit seinem Kollegen Liebetrau, der von ihm nur Liebchen genannt wird, auch wenn der Name äußerlich so gar nicht passen mag. Aber merkt schnell, dass bei Liebchen eindeutig das Sprichwort „harte Schale – weicher Kern“ zutrifft. Koster selbst ist verheiratet, hat 2 Kinder und um seine Ehe steht es nicht nur wegen seines zeitaufreibenden Berufs nicht mehr zum Besten.

Die Autorin setzt ihren Krimi konsequent und logisch um, sodass schlussendlich keine Fragen mehr offen bleiben und die Lösung glaubwürdig wirkt. Durchgehende Hochspannung darf man von „Nacht ohne Angst“ jetzt nicht unbedingt erwarten. Diese schlummert zumeist eher latent im Hintergrund und präsentiert sich erst im letzten Drittel, was mich jedoch keineswegs gestört hat und auch eher einem Kriminalroman entspricht. Etwas gestört hat mich allerdings der Verlauf der integrierten Liebesgeschichte. Da kamen mir die großen Gefühle in der kurzen Zeitspanne, in welcher der Krimi spielt, dann doch ein wenig zu schnell, was die Angelegenheit etwas unglaubwürdig gestaltete.

Fazit: Ein gelungener Debütkrimi mit einer einnehmenden, interessanten und fesselnden Story und zweier äußerst sympathischen Protagonisten mit Ecken und Kanten.

Bewertung vom 07.06.2013
Sterbensschön / Archie Sheridan Bd.5
Cain, Chelsea

Sterbensschön / Archie Sheridan Bd.5


sehr gut

Gretchen ist zurück

Drei Monate sind seit der großen Überschwemmung durch den Willamette River vergangen, in Portland sind immer noch vereinzelte Zeichen der Verwüstung zu sehen und auch Archie Sheridans Freund und Kollege Henry Sobol leidet noch unter den Geschehnissen, die sich am „Totenfluss“ vor drei Monaten zugetragen haben. Doch zur Ruhe kommen die beiden Detectives nicht. In einem Park finden Spaziergänger einen Erhängten, der grausam zugerichtet wurde. Kaum haben Sheridan und sein Team die Ermittlungen aufgenommen, meldet sich Gretchen Lowell aus der psychiatrischen Klinik. Die Beauty-Killerin behauptet, Informationen über den Mörder zu besitzen. Archie ist skeptisch, spielt Gretchen wieder einmal eines ihrer perfiden Spielchen mit ihm oder geben ihre Informationen zusätzlich sogar Einblick in ihre rätselhafte Vergangenheit?

Mittlerweile hat Archie seine Tablettensucht im Griff, sein neues Loft bezogen und er scheint sich auch langsam immer mehr Gretchens Einflussnahme entziehen zu können. Hiermit ist es allerdings schnell vorbei als Gretchen über die Journalistin Susan Ward mit ihm in Kontakt tritt und behauptet, mehr über den Mörder zu wissen. Da sich am Tatort keine brauchbaren Spuren sicherstellen lassen und auch kein Motiv für den Mord zu finden ist, hört sich Archie das Interview von Gretchen an, in der Hoffnung, hier Hinweise zu finden. Gretchen behauptet in diesem Interview mit 16 Jahren ihren ersten Mord begangen zu haben, beschreibt diesen ausführlich bis in die kleinsten grausamen Details. Archie ist überzeugt, dass die Killerin ihm mit diesem Interview Informationen zu liefern versucht, die ihn zum Mörder führen könnten. Dem Detective bleibt nichts anderes übrig, als wieder mit Gretchen in Kontakt zu treten.

Endlich erfährt man im 5. Band ein wenig über Gretchens Vergangenheit, welche bisher ja vollkommen im Dunkeln lag. Die Story entwickelt sich von Anfang an sehr wendungsreich, es werden verschiedenen Spuren nachgegangen und anfangs scheinen die Informationen von Gretchen kaum mit dem aktuellen Fall in Verbindung zu stehen. Chelsea Cain erzählt wieder einmal spannend und fesselnd, aber so ein richtiger Nervenkitzel kommt erst im letzten Drittel des Thrillers auf, aber dann wirklich nicht zu knapp. Aber in der Zwischenzeit fühlt man sich bestens unterhalten, rätselt mit Archie und seinen Kollegen ob der Auflösung des Falls, verfolgt gebannt die ersten Annäherungen zwischen Gretchen und Archie in der Psychiatrie und fragt sich mehr als einmal, welche Interessen die neue Mieterin bei Archie verfolgt.

Chelsea Cain versteht es mit ihrem einnehmenden, lebendigen und oft auch einfühlsamen Schreibstil gekonnt, einem unterhaltsame wie auch fesselnde Lesestunden zu bereiten, wobei die Autorin aber auch wieder nicht davor zurückschreckt, die Verstümmelungen der Mordopfer detailliert zu beschreiben. Die Ermittlungen stehen zwar immer im Vordergrund, dennoch findet die Autorin noch genug Raum, auch wieder auf das Privatleben von Archie einzugehen und damit zwangsläufig auch auf seine Abhängigkeit zu Gretchen Lowell. Und auch seine Kollegen Henry und Claire werden ein wenig mit ihrem Privatleben eingebunden. Natürlich darf auch nicht die etwas eigensinnige, mittlerweile als freie Journalistin arbeitende Susan fehlen, die Archie wieder aktiv bei seinen Ermittlungen unterstützt und nach wie vor noch mit dem etwas rätselhaften Sohn eines Drogenbosses befreundet ist. Und auch die rebellische Pearl, der Teenager aus „Totenfluss“, die Archie Sheridan mit einem Elektroschocker außer Kraft gesetzt hatte, spielt eine entscheidende Rolle in „Sterbensschön“.

Fazit: Ein gelungener 5. Band, der mit einer komplexen wie interessanten Story aufwartet und wieder einmal spannend erzählt wird, bei dem man sich allerdings in Bezug auf Hochspannung bis zum Ende hin gedulden muss.

Bewertung vom 05.06.2013
Geheimes Verlangen / Shades of Grey Trilogie Bd.1
James, E L

Geheimes Verlangen / Shades of Grey Trilogie Bd.1


schlecht

Was war das denn??

Weil ihre Freundin krank ist, muss nun die 21-jährige Anastasia Steele das Interview für die Uni-Zeitung mit dem reichen Christian Grey führen. Schon vom ersten Augenblick an ist Ana fasziniert von dem charismatischen jungen Unternehmer. Und auch Christian ist von der tollpatschigen Studentin begeistert, aber ganz anders als Ana denkt. Die Beiden treffen sich wieder und nach und nach führt Christian sie in die dunkle Welt der Liebe ein.

Bisher habe ich mich ja erfolgreich gegen diese Reihe gewehrt, doch dann hat mir meine Nachbarin das Buch in die Hand gedrückt. Nun gut, jetzt lag es hier, also könnte man es ja mal lesen. Da ich einige Rezensionen zu dieser Reihe schon gelesen habe, waren meine Ansprüche an das Buch eher sehr gering. Aber anfangs war ich dann doch angenehm überrascht.

Doch diese angenehme Überraschung hielt nur ungefähr 150 Seiten an und die hatte ich auch recht flott gelesen, dank des lockeren, flockigen und schon sehr einfach gehaltenen Schreibstils von E.L. James. Tja, aber dann ging es los. Zwischendurch hatte mich zwar schon ein wenig die ständigen Wiederholungen von der „inneren Göttin“, den Hosen jeglicher Form, die so wunderbar auf Christians Hüfte sitzen und den ständigen Erwähnungen wie toll Christian aussieht, gestört. Da dachte ich aber noch, dass dies mit der Zeit nachlassen würde. Das Gegenteil trat jedoch ein. Irgendwann konnte ich dann auch wirklich nicht mehr lesen, wie grauenhaft Anas Haare nach dem Sex aussehen.

Aber die Wiederholungen sind ja noch nicht alles, was mich immer mehr störte. Zigmal liest man, wie charismatisch, überaus gutaussehend, erfolgreich, dominant, charismatisch, eifersüchtig usw. Christian ist, nein irgendwann fragte ich mich auch, welches Problem denn nun Ana hat. Jeder sagt ihr, wie klasse sie aussieht, angefangen von Christian, aber die Studentin hält sich für ein unscheinbares Mauerblümchen … passt irgendwie auf Dauer nicht. Irgendwann muss Ana doch mal merken, dass nicht nur Jose begeistert von ihr ist und mehr will, auch der Baumarktsohn macht ihr ständig Avancen und selbst ihre Freundin Kate sagt ihr oft, wie toll sie aussieht. Aber gut, dann ist es halt so.

Ach ja, so nach etwa 150 Seiten geht es auch dann mit den Bettszenen los. Ok, die erste war ja noch ganz nett, die zweite auch noch, aber auf Dauer langweilte dies auch nur noch. Kaum waren Ana und Christian zusammen und das sind sie praktisch das ganze Buch über, springen sie früher oder später in die Kiste bzw. in Christians Zimmer der Qualen. Da werden immer mal wieder neue Stellungen ausprobiert und ansonsten ist Ana eigentlich nur auf Christian fixiert, hat nur eines im Kopf und schmilzt regelrecht dahin, wenn Christian ihr in die Augen sieht. Und dann die ständigen Emails! Da Ana schlecht über ihre Gefühle reden kann, wenn sie Christian gegenübersteht, da ja da ihr Gehirn aussetzt bei seinem Anblick, schicken Beide sich ständig Emails, in denen Ana dann auf ihre Gefühle eingehen kann.

Fazit: Flacher Schreibstil, flache Story und noch flachere Charaktere. Das wird wohl das Flop-Buch 2013 für mich.

12 von 16 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2013
Die Bancroft Strategie
Ludlum, Robert

Die Bancroft Strategie


sehr gut

Genesis

Tod Belknap ist ein legendärer Geheimagent des amerikanischen Außenministeriums. Doch nach einem gescheiterten Auftrag befindet sich sein Stern im freien Fall, Belknap wird vom Dienst suspendiert. Vorher erfährt er aber noch von seinem Vorgesetzten, dass sein bester Freund und Kollege Jared Rinehart im Libanon entführt wurde. Anscheinend ist dessen Tarnung aufgeflogen und der Geheimdienst weigert sich, irgendetwas zu Rineharts Rettung zu unternehmen. Doch Belknap lässt seinen Freund nicht im Stich, verdankt er ihm doch mehrmals sein Leben.

Robert Ludlum steigt im Jahr 1987 in seinen Agententhriller ein und hierdurch erfährt man, wie Belknap und Rinehart sich in Ostberlin kennengelernt haben. Doch schnell ist man bei der Entführung von Rinehart wie auch beim misslungenen Auftrag von Belknap in Rom dabei.

Und so rasant der Autor seinen Thriller startet, so temporeich fährt er auch mit seiner Agentengeschichte weiter. Durch regelmäßige Perspektivwechsel lernt man unter anderem auch bald Andrea Bancroft kennen, die unverhofft Mitglied der berühmten Bancroft-Stiftung wird und schier überwältigt von deren Hilfsprojekten auf der ganzen Welt ist. Allerdings ist Andrea Historikerin und ihr Spezialgebiet ist es, hinter die Geheimnisse von Firmen zu kommen. Bevor Andrea sich selbst für ein Hilfsprojekt engagiert, forscht sie erst einmal in der Vergangenheit der Bancroft-Stiftung. Hierdurch tritt sie unbeabsichtigt in Kontakt mit Tod Belknap.

Die Geschichte entwickelt sich von Anfang an recht wendungsreich und spannend. Robert Ludlum legt immer wieder falsche Spuren aus, lange fragt man sich, welche Verbindung es zwischen Andreas Recherchen und Belknaps Suche nach seinem Freund gibt. Mit der Beantwortung dieser entscheidenden Frage lässt sich Robert Ludlum lange Zeit, was zusätzlich noch die Neugier anregt.

Auch seine Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet, überraschen öfter einmal bei ihren Handlungen und manche bleiben lange Zeit schwer einschätzbar. Seine Protagonisten Andrea Bancroft und Tod Belknap ergänzen sich gut. Auf der einen Seite der versierte Spürhund, auf der anderen Seite die neugierige und einfallsreiche Historikerin, die sich von dem Einzelgänger Belknap nicht unbedingt etwas sagen lässt und gerne einmal ihren Kopf durchsetzt. Auch auf die Gefahr hin, dass dies für sie lebensgefährlich werden könnte.

Fazit: Eine spannende und sehr gut umgesetzte Agentenstory, die alles bietet, was man von solch einem Thriller erwartet.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.06.2013
Erzähl es niemandem!
Crott, Randi;Crott Berthung, Lillian

Erzähl es niemandem!


ausgezeichnet

Eine Reise an den Anfang

Durch Zufall lernen sich die junge Norwegerin Lillian und der deutsche Soldat Helmut im Jahr 1942 kennen und lieben. Eine Liebe, die eigentlich nicht sein darf. Norwegen ist von Nazi-Deutschland besetzt, das Leben der Norweger wird durch die Besatzer immer schwieriger. Doch Lilian und Helmut kämpfen um ihre Liebe und versuchen diese, so gut wie möglich geheim halten. Allerdings ist dies in der kleinen Stadt Harstad in Nordnorwegen unmöglich. Schon bald wenden sich Freunde von Lilian ab, das Verhältnis zu ihren Eltern wird immer schwieriger.

Randi Crott erzählt den Lebensweg ihrer Eltern dreigeteilt. Natürlich steht die Beziehung zwischen Lillian und Helmut im Vordergrund. Aber die Autorin geht auch ausführlich auf die politische Lage Nordnorwegens ein wie auch auf die Verfolgung der Juden. Denn Randi Crotts Vater ist Halbjude und konnte sich nur mit einem Trick in der Wehrmacht verstecken und damit möglicherweise sein Leben retten. Weiterhin beschreibt Randi Crott auch, wie es zu diesem Buch kam, warum sie erst jetzt die Lebensgeschichte ihrer Eltern aufschreibt und welche Nachforschungen sie getroffen hat, um mehr über ihre Familie zu erfahren.

Anfangs ist das Verhalten der Einwohner von Harstad, einer Hafenstadt auf Hinnoy, eher noch verhalten neutral gegenüber den deutschen Wehrmachtsoldaten und manche sehen auch eher den Menschen hinter der Uniform, so wie Lillians Vater. Doch als die Situation immer schwieriger für die Einwohner wird, die Lebensmittel knapper, Radios und Autos beschlagnahmt werden, die Harstader immer mehr der Willkür der Wehrmacht ausgesetzt sind und erste Menschen deportiert werden, schlägt die Stimmung merklich um. Keine guten Voraussetzungen für Lilian und Helmut.

Die politische Lage berichtet Randi Crott mehr sachlich informativ und sehr interessant, die Geschichte ihrer Eltern und ihre Nachforschungen dagegen beschreibt die Autorin sehr lebendig und einfühlsam. Immer wieder ist die Biografie durchsetzt mit Bildern, zumeist von ihren Eltern aus den 1940er Jahren, aber auch Bilder aus Nordnorwegen sind dabei, wie auch von ihren Großeltern väterlicherseits. Und immer wieder führt die Autorin auch Briefe auf, welche Lillian und Helmut sich damals schrieben. Aber Randi Crott geht auch auf das Leben der Familie Crott in Wuppertal ein, den Eltern von Helmut. Seine Mutter ist Jüdin. Entsprechend sind seine Eltern der Tyrannei der Nazis ausgesetzt bis hin zur Deportierung seiner Mutter und seiner Tante.

Aber auch nach dem Krieg wird das Leben für Lillian und Helmut anfangs nicht leichter. Helmut wird nach Deutschland zurückgeschickt, doch Lilian hat keine Möglichkeit, ihm zu folgen, da die Grenzen dicht sind. Allerdings auch hierfür finden Beide eine Lösung.

Fazit: Das bewegende Schicksal ihrer Eltern beschreibt Randi Crott einfühlsam und gibt zudem noch einen ausführlich recherchierten Einblick in das Leben Nordnorwegens während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.