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Benutzername: 
BlueNa
Wohnort: 
Remchingen

Bewertungen

Insgesamt 268 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2011
Schafskälte
Minte-König, Bianka

Schafskälte


ausgezeichnet

Der Krieg zerstört Seelen

Der 18-jährige David zieht mit seiner Mutter in das Dörfchen Kleinhinneken direkt am Deich. Seine Mutter Helen übernimmt nach ihrer Scheidung eine Landarztpraxis und sie ziehen zusammen in das alte Schäferkotten am Dorfrand. Doch die Dorfbewohner verschweigen den beiden Dorfneulingen eine schreckliche Tragödie, die sich vor über 50 Jahren dort auf dem Deich zugetragen hat. Damals sind 17 Schafe auf grauenvolle Weise zu Tode gekommen und hat den Schäfer in den Selbstmord getrieben. Doch war es wirklich der Schäfer?

„Schafskälte“ von Bianka Minte-König ist ein sehr intelligentes kleines Büchlein, dessen Aktualität und Brisanz man ihm nicht auf den ersten Blick ansieht. Man erwartet eine Kriminalgeschichte vom Dorfe und erhält eine aufwühlende Wanderung in die dunkle Tiefe einer vom Krieg gezeichneten, kranken Seele. Ausnahmsweise empfinde ich es als schwierig, über dieses Büchlein zu sprechen und nicht zu viel zu verraten. Denn die Auflösung enthält nicht nur die Antwort auf die Frage, wer im Juni 1956 die Schafe umgebracht hat, sondern auch eine Moral und eine Mahnung gegen das Vergessen!

Aus wechselnder Sicht unterschiedlicher Protagonisten begibt man sich sofort ins Jahr 1956 und liest Augenzeugenberichte zur Tragödie, bei der 17 Schafe in Kleinhinneken ihr Leben lassen mussten. Doch bald lernt man auch David und seine Mutter Helen kennen, die sich 2008 entschließen in das Dörfchen am Deich zu ziehen. Es wird abwechselnd aus der Sichtweise verschiedener Personen berichtet und somit unterscheidet sich auch der Schreibstil von Abschnitt zu Abschnitt von Person zu Person. Mal kann man sich besser, mal weniger gut in die Ereignisse hineinversetzen, es kommt immer auf die Person an, die gerade an der Reihe ist.

Somit erfährt man auch viel über die Hauptpersonen Helen und David, die versuchen nach der Scheidung von Ehemann und Vater ein neues Leben zu beginnen. Sie sind beide auf der Suche nach einer Zukunft und nach einem neuen Glück und sie müssen sich in einer alteingesessenen Dorfgemeinschaft einfinden und behaupten. Vor allem die Mauer des Schweigens, was die Ereignisse um das Schäferkotten, in dem sie nach der Renovierung wohnen, vor 50 Jahren angeht, macht ihnen zu schaffen. Aber zum Glück gibt es da noch den Lehrer und die hübsche Krankenschwester Luise, zu der David sich hingezogen fühlt. Helen und David sind die einzigen Personen, die „greifbar“ sind, alle anderen sind nur Nebendarsteller, die zwar etwas zu sagen haben, aber nicht unbedingt ihren Charakter preisgeben.

Die Umschlaggestaltung des 176 Seiten dünnen Hardcovers setzt hier auf das Motto „weniger ist mehr“: Ganz in Weiß hebt sich der Buchtitel in kühlem blau-violett darauf ab. Ein schwarzes Schaf mit blau-violettem Schatten komplettiert das Coverbild. Ich finde, dieses Cover passt hervorragend zum Inhalt dieses Buches!

Eine tolle Novelle, die, gekleidet in ein mysteriöses Verbrechen, aufzeigt, dass wir unsere Vergangenheit nicht vergessen dürfen, dass es auch eine emotionale Seite gibt und sie nicht nur noch aus Zahlen und Fakten besteht, die man heutzutage im Geschichtsunterricht mitbekommt. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 14.03.2011
Für die Krone / Magierdämmerung Bd.1
Perplies, Bernd

Für die Krone / Magierdämmerung Bd.1


ausgezeichnet

Ist das Chaos im Magiegefüge noch aufzuhalten?

Im atlantischen Ozean ist der Magier Wellington auf der Suche nach Atlantis und somit nach der wahren Quelle der Magie. Als er sie findet und das Siegel bricht, entsteht ein Chaos im Magiegefüge, was auch vom ersten Lordmagier Dunholm im London des Jahres 1897 nicht unbemerkt bleibt. Er begibt sich zu Fuß in die Londoner Nacht hinaus, um in der Bibliothek des Magier Ordens nach einer Erklärung für die magische Erschütterung zu suchen. Unterwegs wird er angegriffen und tödlich verletzt. Zufällig kommt der junge Reporter Jonathan Kentham am Tatort vorbei und ist der letzte Mensch, mit dem Dunholm sprechen sollte. Daraufhin ändert sich alles in Jonathans Leben und ein Wettlauf um Leben und Tod beginnt. Können Dunholms Anhänger den wahnsinnigen Wellington aufhalten?

Bernd Perplies hat mit „Magierdämmerung Band 1: Für die Krone“ einen Roman vorgelegt, der in der Fantasy-Buchlandschaft positiv auffällt. Das Thema „wahnsinniger Magier will die Weltherrschaft an sich reißen“ ist nicht brandneu, aber die Ausführung ist einfach fantastisch! Der Autor hat geschickt eine magische Geschichte in die Kulisse des viktorianischen London eingeflochten, die nicht nur spannend, sondern auch anspruchsvoll ist, aber auch mit einer großen Portion Humor um die Ecke kommt.

Der Schreibstil ist anspruchsvoll und der Zeit, in der die Geschichte spielt, von der Ausdrucksweise wunderbar angepasst, aber dennoch sehr angenehm zu lesen. Es ist kein Buch, das man einfach so weg lesen kann, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Nein, sich seine eigenen Gedanken zu den Ereignissen zu machen, ist durchaus erlaubt und erwünscht! Zwar beschreibt der Autor die meisten Umgebungen, Personen und Ereignisse sehr plastisch, lässt aber genauso viel Raum für die eigene Fantasie, so dass man das eigene Kopf Kino auf jeden Fall einschalten MUSS!

Die Personen sind ganz toll ausgearbeitet, die Namen zwar am Anfang etwas verwirrend, aber das gibt sich ganz schnell, denn jeder einzelner Charakter, sei es Haupt- oder Nebendarsteller, haben ihre ganz eigenen Charakterzüge und Eigenarten, so dass eine Verwechslung bald ausgeschlossen ist! Besonders gut kreiert sind Jonathan, Randolph und Mr. Holmes. Jonathan, der junge Reporter, der in die Magier Welt einfach hineinkatapultiert wird, Randolph der raue Kutscher und treuerster Anhänger Dunholms und Mr. Holmes, der exzentrische Magier, der öfter mal für einen Skandal gut ist. Aber auch die junge Kendra und ihr Großvater McKellan spielen eine große Rolle und haben ihren ganz eigenen Handlungsstrang, neben dem um Jonathan.

Die Covergestaltung des Paperbacks ist ein wenig irreführend, denn sie lässt mit ihren eisenartigen Ornamenten, den Zahnrädern und der vergilbten Tauchboot-Zeichnung in der Mitte des Coverbildes auf Steampunk schließen. Das haben wir hier aber nicht, sondern eher einen Roman aus der Richtung pseudohistorischer Fantasy, die magische Handlungen und Ereignisse in einen historisch weitestgehend korrekten Background packt.

Bernd Perplies‘ „Magierdämmerung“ hat mich gepackt, denn hier vermischt sich eine intelligente Geschichte mit ganz viel Magie und Fantasie zu einem fulminanten Ganzen, das einfach nur Spaß macht, gelesen zu werden!

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Bewertung vom 03.03.2011
Im Zauber der Sirenen
Rayburn, Tricia

Im Zauber der Sirenen


sehr gut

Männermordende Schönheiten

Justine ist Vanessas ältere Schwester, ihr Vorbild, ihre Beschützerin. Mit ihr und den Charmicheal-Brüdern Simon und Caleb verbringt die 17-jährige Vanessa seit sie denken kann ihre Sommerferien in Winter Harbour, wo ihre Familie ein Sommerhaus besitzt. Justine und Caleb sind ein Paar, doch davon sollen ihre Eltern nichts mitbekommen. Doch plötzlich ist Justine nicht mehr da, sie ist von einem Kliff ins Meer gesprungen und ertrunken. Vanessa macht sich auf, um die Wahrheit herauszufinden, denn sie glaubt nicht an einen Unfall. In Winter Harbour sucht sie Caleb, denn dieser war bis zuletzt mit Justine zusammen. Doch Caleb ist verschwunden und will nicht gefunden werde. Simon und Vanessa suchen ihn verzweifelt und kommen dabei einem Geheimnis auf die Spur, das selbst Vanessas Leben für immer verändern wird!

Zuerst dachte ich, “Im Zauber der Sirenen“ ist nur ein weiteres Buch aus dem Genre Romantasy und ließ es erst mal eine Weile liegen. Doch jetzt kam der Zeitpunkt zum Lesen endlich und ich muss sagen, ich wurde positiv überrascht! Der übernatürliche Faktor nimmt eigentlich nur einen relativ geringen Teil der Geschichte ein, denn im Mittelpunkt stehen, die Suche nach der wahren Ursache von Justines Tod, die Suche nach Caleb, der nicht gefunden werden will und die zart aufkeimende Liebe zwischen Simon und Vanessa. Dass immer mehr Männer tot aus dem Meer gefischt werden und das Wetter über Winter Harbour wilde Kapriolen schlägt, erschwert die ganze Situation noch zusätzlich, aber Vanessa und Simon geben nicht auf!

Der Erzählstil Tricia Rayburns ist locker und leicht, so dass schnell ein Lesefluss entsteht und man ganz in die Geschichte um Vanessa und ihre Familie eintaucht. Der Autorin gelingt es auch den Spannungsbogen schnell ansteigen zu lassen und bricht Ereignisse plötzlich ab, um sie dann im nächsten Kapitel im Nachhinein aufzulösen. Dies steigert die Spannung nochmal immens! Vanessa fungiert hier als die Ich-Erzählerin und alle Ereignisse werden aus ihrer Sicht geschildert. So kennt man schnell ihre Gefühlswelt und kann sich gut in sie hineinversetzten.

Die Ausarbeitung der Charaktere hat mir wunderbar gefallen! Vor allem Justine und Vanessa, Simon und Caleb werden ganz konkret beschrieben und ihre Charaktereigenschaften und ihre äußere Erscheinung detailliert angegeben. Man hat wirklich keine Probleme sich die einzelnen Figuren gut vorzustellen und mit ihnen in die Geschichte einzutauchen. Aber auch Zara, Paige und Betty werden ausführlich geschildert. Ich wurde sehr schnell „warm“ mit den Charakteren, da sie so toll ausgearbeitet wurden.

Die Covergestaltung des 365-seitigen Taschenbuchs ist in guter alter Romantasy-Manier gestaltet: Die untere Gesichtshälfte einen Mädchens, lange wallende Haare und verschlungene Ornamente zieren das Cover. Die Farben sind Violett und Türkis. Es hebt sich also nicht von anderen Buchcovern diesen Genres ab.

Natürlich ist „Im Zauber der Sirenen“ nicht die originellste Geschichte, die ich je gelesen habe und der Schluss hat mich nicht sonderlich überrascht, aber durch den tollen Schreibstil und die wunderbaren Charaktere, hat mich Tricia Rayburn überzeugt, auch den nächsten Teil ihrer Sirenen-Reihe zu lesen, der am 12.08.2011 unter dem Titel „Der Klang der Sirenen“ erscheint. Für alle Verfechterinnen von Romantic Suspense absolut empfehlenswert!

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Bewertung vom 25.02.2011
Winterlicht
Marchetta, Melina

Winterlicht


ausgezeichnet

Finnikin von den Felsen

Der junge Finnikin und Sir Topher begeben sich in ein Kloster um dort eine Novizin abzuholen, die anscheinend weiß, wo sich der vor 10 Jahren verschollene und totgeglaubte Thronfolger von dem verfluchten Königreich Lumatere, Balthasar, aufhält. Er soll das Volk von Lumatere wieder einen und den Bannfluch lösen, der dem Königreich nach den fünf Tagen des Unsagbaren von einer Hexe auf dem Scheiterhaufen auferlegt wurde. Seit dem kann keiner das verfluchte Königreich betreten oder verlassen. Finnikin macht sich zusammen mit Sir Topher und der Novizin Evanjalin auf den Weg, den rechtmäßigen Thronfolger zu finden und den Fluch zu lösen, damit das Land endlich befreit würde und die vertrieben Lumaterer wieder nach Hause können! Eine schwierige Zeit liegt vor der kleinen Truppe, sie müssen viele Abenteuer bestehen und ihre Mission droht mehr als einmal zu scheitern!

Dieses wundervolle Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen! Ich wollte es nicht mehr aus der Hand legen, denn die australische Autorin Melina Marchetta hat hier ein kleines Fantasy Juwel geschaffen, das nicht unentdeckt bleiben darf! In diesem Buch steckt eine Menge Liebe und Herzblut der Autorin, das merkt man von der ersten Seite an. Den Prolog, der die Geschichte einleitet, empfand ich allerdings als sehr verwirrend, auch wenn er die Vorgeschichte erzählt. So richtig klar wurde mir alles erst im Laufe des Buches selbst, als die Zusammenhänge erklärt wurden. Die Einleitung hätte etwas verständlicher sein können, aber da sich später alles zusammenfügt, kann man darüber leicht hinwegsehen.

Der Schreibstil der Autorin ist anders, als vieles, was ich bisher gelesen habe. Er ist irgendwie besonders und relativ anspruchsvoll für ein Jugendbuch. Wobei ich bei „Winterlicht“ nicht von einem reinen Jugendbuch sprechen, sondern es von vorneherein in das Genre All-Age-Fantasy einordnen würde. Melina Marchetta schreibt anspruchsvoll, aber dabei leicht wie eine Feder. Die Geschichte rauscht nur so dahin, wie ein Gebirgsbach und nimmt einen mit in das Land Sculdenore mit seinen verschiedenen Königreichen. Hier beweist die Autorin so viel Fantasie, mit der sie dieses Fantasy-Land uns vor allem das Königreich Lumatere erschaffen hat. Ihre Beschreibungen sind bildlich und die beiden gezeichneten Karten zu Beginn des Buches, leisten ihren Beitrag, um alles zu verstehen und nachvollziehen zu können.

Die Charaktere schließt man ganz schnell in sein Herz. Vor allem Finnikin von den Felsen, unser Hauptprotagonist, ist so liebenswert, so starrköpfig und selbstlos, dabei ist er nicht der übliche Held, sondern hält auch Fehler und Uneinsichtigkeit bereit. So, wie es eben normal ist, bei jungen Männern. Evanjalin ist geheimnisvoll aber sehr stark und eine Persönlichkeit, die von Anfang an weiß, wie sie ihre Geschicke zu lenken hat, um das zu bekommen, was sie will. Sir Topher ist der ehemalige Ratgeber des Königs und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Lumaterern eine neue Heimat zu geben und Finnikin auszubilden, nachdem sein Vater in Gefangenschaft geraten ist. Er ist weise und klug.

Die Covergestaltung ist wunderschön, wenn auch ein wenig irreführend. Schwarzsilberne Blumenornamente ranken sich um ein helles Mädchengesicht. Die Ornamente und der silberne Titel sind in Spotlackoptik aufgetragen. Hinter diesem Coverbild hätte ich jetzt eine 0815-übernatürliche-Liebesgeschichte erwartet und keine so wunderbare High-Fantasy-Geschichte!!! Ich hoffe sehr, dass dies dem Buch nicht eher schadet, als nützt, denn die zarte Liebesgeschichte zwischen Finnikin und Evanjalin steht nicht im Vordergrund! Auch wie der Titel „Winterlicht“ zur Geschichte passt, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. Hier ist der Originaltitel „Finnikin oft he Rock“ um einiges passender, denn dies ist seine Geschichte.

Fazit: Eine spannende Reise durch ein unbekanntes Land mit einem Geheimnis, das sich lohnt, gelüftet zu werden!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.02.2011
Die Ludwig-Verschwörung
Pötzsch, Oliver

Die Ludwig-Verschwörung


sehr gut

Der rätselhafte Märchenkönig

Ein netter alter Mann besucht Antiquar Steven Lukas nachmittags in dessen Laden. Ein wenig gehetzt wirkt der alten Mann und ist dann plötzlich verschwunden. Zurückgelassen hat er ein altes verziertes Holzkästchen mit einem, in Geheimschrift verfassten Tagebuch, ein paar alter Fotos und einer schwarzen Haarlocke darin. Das Tagebuch wurde von Theodor Marot, einem Vertrauten des König Ludwig II., verfasst und birgt das Geheimnis um König Ludwigs rätselhaften Tod. Doch verschiedene Parteien wollen das Kästchen samt Tagebuch in ihre Finger kriegen, sei es, um zu vertuschen oder es zu veröffentlichen. Mithilfe der jungen Kunstdetektivin Sara begibt sich Steven auf eine gefährliche Rätselreise durch das Land und die Fantasiewelt des letzten großen deutschen Monarchen, an deren Ende eine große Überraschung steht!!!

Oliver Pötzsch weiß zu verzaubern! Das war der erste Gedanke, der sich in mein Hirn schlich, nachdem ich „Die Ludwig-Verschwörung“ zugeklappt hatte. Es ist nicht alleine die Geschichte, die sich, wie ich finde, nicht eindeutig einem Genre zuordnen lässt. Auf der einen Seite ist da der brutal spannende Thriller, der die Queste von Steven und Sara zum Inhalt hat und zum anderen sind da die Tagebuchaufzeichnungen des Theodor Marot, die einen eintauchen lassen in die Zeit vor über 100 Jahren. Als König Ludwig noch lebte und zu einer tragischen Figur in der neuen deutschen Geschichte wurde. Man erfährt sehr viele, gut recherchierte Fakten über Ludwig II. und seine Schlösser und es tauchen viele historisch belegte Namen auf. In einem Glossar am Ende des Buches fasst Oliver Pötzsch nochmals alle Fakten und Personen zusammen, was ich persönlich sehr gelungen finde!

Es ist auch der Schreibstil von Autor Oliver Pötsch, der den Leser an die Seiten fesselt. Flüssig, rasant und doch anspruchsvoll schildert er die Ereignisse um den etwas verschrobenen Antiquar, die sich, bald nachdem er das Kästchen mit dem Tagebuch erhält, beginnen sich zu überschlagen. Hier legt er ein schnelles Erzähltempo vor, während man in den Tagebuchpassagen das Flair eines anderen Jahrhunderts zu spüren bekommt. Hier achtet der Autor sehr auf Wortwahl und Ausdruck, so dass die Aufzeichnungen des Vertrauten des Märchenkönigs sehr authentisch rüberkommen. Durch den Wechsel der Passagen hält er den Spannungsbogen jederzeit sehr hoch!

Bei der Ausgestaltung der Charaktere war Oliver Pötzsch nicht minder akribisch und fantasievoll. Steven Lukas ist wirklich wie aus einer anderen Zeit. Er steht dem Internet sehr skeptisch gegenüber und verkriecht sich lieber in seinen alten Büchern, als sich in Gesellschaft anderer Menschen zu begeben. Dabei ist er gerade mal 40! Dennoch muss einem der Antiquar von Anfang an sympathisch sein mit seiner schrulligen Art! Sara Lengfeld stößt sehr schnell zu ihm und rettet ihm gleich mal seinen Allerwertesten vor fiesen Schlägern, mit denen sie es im Laufe der Story noch öfter zu tun kriegen. Sara ist eine hippe, junge Kunstdetektivin, frech und vorlaut und mit einem Faible für ältere Männer. Ich finde beide sehr gut gelungen und sie kommen authentisch rüber.

Das Taschenbuch hat eine tolle Aufmachung. Auf dem Coverbild ist Schloss Neuschwanstein zu sehen und es weist ein paar Blutflecken auf. Der Titel ist erhaben und in roten Lettern draufgeprägt. Ein Blickfang ist auch die allererste Seite und die Innenseite des Buchdeckels, sowie die letzten beiden Seiten, diese sind nämlich blutrot.

Ein unterhaltsamer Genre Mix aus historischem Kriminalfall und spannendem Thriller ist dem Autor hier geglückt, auch wenn das Ende dann doch nicht ganz so überraschend war, wie ich zuerst angenommen habe! Das war jedoch nicht weiter schlimm!

Bewertung vom 19.02.2011
Das Flüstern der Nacht / Dämonenzyklus Bd.2
Brett, Peter V.

Das Flüstern der Nacht / Dämonenzyklus Bd.2


ausgezeichnet

Wer ist der echte Erlöser???

Fort Krasia, mitten in der krasianischen Wüste: Die Krasianer tanzen seit Jahrhunderten den alagai’sharak und bekämpfen todesmutig und furchtlos die Dämonen im Labyrinth der Stadt. Auch der junge Ahmann Jardir wird, zeitgleich mit dem jungen Abban, in die Ausbildung zum sharum Krieger gegeben. Jardir erweist sich als äußerst geschickt und mutig, während Abban ängstlich und unbeholfen ist. Jardir bringt es weit, sehr weit, Abban jedoch muss sein Dasein als khaffit, im niedrigsten Stand der Krasianer, fristen. Tal des Erlösers: Der tätowierte Mann, die Kräutersammlerin Leesha und der musikalisch begabte Jongleur Rojer haben die Dorfbewohner im Tal gegen die Horclinge mobilisiert. Gemeinsam kämpfen sie jede Nacht, wie die Krasianer, gegen die Dämonen und feiern den tätowierten Mann als den Erlöser. Da kommen sich Jardir und der tätowierte Mann natürlich irgendwann ins Gehege, der eine sagt von sich, er sei der Erlöser, will aber alle Nordländer unterwerfen und der anderen wird zum Erlöser erhoben, obwohl er das gar nicht sein will.

Hui, mir fällt es sehr schwer die richtigen Worte für dieses Fantasy-Meisterwerk zu finden! Schon Band 1 „Das Lied der Dunkelheit“ ließ mich mit einer Leere zurück, nachdem die letzte Seite umgeblättert war, doch jetzt empfinde ich dieses Gefühl noch sehr viel stärker. Die über 1000 Seiten haben mich einfach gefangen genommen, mitgerissen und nicht mehr los gelassen. Wobei die ersten 300 Seiten Jardir vorbehalten sind und seinem Aufstieg an die Spitze des krasianischen Volkes. Erst dann trifft man wieder auf Arlen, Leesha und Rojer, auf die Charaktere, die man in „Das Lied der Dunkelheit“ so sehr in sein Herz geschlossen hat. Als weiteren Erzählstrang gibt es da noch den, um die junge Renna aus Tibbets Bach, der Arlen einst versprochen war, bevor er davonlief.

Insgesamt gibt es acht handelnde Personen mit ihrer jeweils eigenen Erzählperspektive. Die Szenen- und Perspektivwechsel, auch oft innerhalb einer einzelnen Szene, vollziehen sich meist abrupt und man taucht wieder in die Welt einer anderen Person ein, fiebert aber den anderen immer entgegen, weil man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Der Erzählstil des Autors ist so packend und mitreißend, wie im ersten Teil der „Painted Man“-Reihe. So wunderbar einfach und flüssig reihen sich Sätze und Abschnitte aneinander, getrennt von schönen Siegelzeichen. So weiß man immer sofort, dass einen eine andere Perspektive oder Szene erwartet.

Die Charaktere haben eine unheimliche Tiefe und sich ausgefeilter den je! Leesha, die starke, mutige Anführerin der Bewohner des Tal des Erlösers, die aber auch auf ihre Art und Weise zärtlich und verletzlich ist. Rojer, der Jongleur, der mit seiner Musik die Dämonen verhext, ist der unsichere Junge, der für eine unerreichbare Frau schwärmt. Jardir ist der grausame Anführer des Wüstenspeers, für den man aber wiederwillig Sympathien aufbaut, denn auch er ist nur ein Mensch und tut, was er für richtig hält. Arlen, der tätowierte Mann, ist und bleibt die undurchsichtigste Person, die von sich glaubt, dem Horc näher zu stehen, als der Menschenwelt und alles und jeden abweist und doch ist Arlen der heißkalte Held dieser Geschichte!

Das Cover steht dem von Band 1 um nichts nach! Kunstvolle Ornamente umranken den erhaben geprägten Buchtitel und ein einsamer schwarzer Reiter ist im unteren Teil des Titelbildes abgebildet.

Diese Buchreihe ist neben „Der Name des Windes“ von Patrick Rothfuß, das Beste, was der Fantasy-Markt derzeit zu bieten hat!!!! Unbedingt lesen, ich bin begeistert, immer noch, weiterhin und darüber hinaus!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2011
Der Schattenseher / Die Hunt-Chroniken Bd.1
Nassise, Joseph

Der Schattenseher / Die Hunt-Chroniken Bd.1


sehr gut

Von Geistern und einer verzweifelten Suche

Jeremiah Hunt ist blind, aber nicht blind im herkömmlichen Sinne. Er kann in der Dunkelheit zumindest soweit sehen, dass er sich zurechtfinden kann. Und er sieht Geister! Eigentlich war Hunt einst ein liebender Familienvater und Professor für Altnordische Schriften, doch nachdem seine Tochter Elisabeth durch seine Unachtsamkeit spurlos verschwunden ist, ändert sich alles: Er richtet sein Leben auf die Suche nach seiner Tochter aus und das wird zum exzessiven Wahn, dem sich seine Frau nicht länger beugen wollte. Sie verlässt ihn. Ab jetzt hatte Hunt nichts mehr zu verlieren! Mittlerweile ist er Berater bei der Polizei und freier Exorzist. Sein neuester Fall führt Hunt in eine noble Wohngegend, in der die Opfer in merkwürdigen Posen aufgefunden werden. Hunt und die Polizei tappen lange im Dunkeln…

In erster Linie sucht Geister-Seher Jeremiah Hunt seine kleine Tochter Elisabeth. Er ist gezeichnet von diesem Verlust und einem unheimlichen Ritual, dem er seine Fähigkeiten verdankt. Um diese Suche zu finanzieren nimmt er Berater-Jobs bei der Polizei an und vertreibt Poltergeister aus Wohnhäusern. Der Autor hat mit „Der Schattenseher“ einen sehr spannenden, übernatürlichen Auftakt zu einer neuen Serie geschaffen, die anders ist, als manch andere paranormale Serie. Dies ist vor allem dem Hauptcharakter zu verdanken, denn Hunt ist mir zu Beginn sehr unsympathisch gewesen.

Der Schreibstil des Autors ist flüssig und sehr gut zu lesen. Es wechseln sich kurze Kapitel ab, die jeweils mit „Heute“ oder „Damals“ übertitelt sind und enthalten entweder den aktuellen Handlungsstrang oder eine Rückblende in Hunts Vergangenheit, ab dem Zeitpunkt, an dem Elisabeth verschwand. So erfährt man nach und nach, was geschehen ist und warum und wie Hunt zu dem wurde, was er nun ist. Mit Voranschreiten des Buches und je mehr von seiner Vergangenheit enthüllt wurde, desto mehr konnte ich mich in den gebeutelten Vater hineinversetzen und mit ihm mitfiebern. Auch wird so die Spannung auf beiden Handlungsebenen aufrechterhalten und man wird zum Weiterlesen angetrieben. Die Auflösung am Schluss, hat mich zu einem gewissen Maße überrascht!

Die Charakterisierung vor allem von Jeremiah Hunt ist sehr intensiv. Man erfährt viel über seine Beweggründe und seine Verzweiflung auf der Suche nach seiner Tochter. Auch, dass er sich völlig vor der Öffentlichkeit abschottet, kann man mit der Zeit gut nachvollziehen. Die weiteren Personen werden nicht ganz so detailliert beschrieben. Am meisten erfährt man noch von Denise Clearwater, die, ab der Hälfte des Buches eine wichtige Rolle in der Geschichte einnimmt. Dimitri und Detective Staton bleiben eher blass.

Die Covergestaltung des 350 Seiten starken Paperbacks ist sehr interessant geraten. Verwischte Grautöne, die einen steinernen Hintergrund suggerieren, dominieren das Titelbild. Der Titel und eine steinerne Teufelsfratze heben sich glänzend und erhaben vor dem Hintergrund ab.

Der Auftakt der „Hunt-Chroniken“ ist definitiv ein magischer Thriller mit viel Potenzial! Gerne möchte ich wissen, wie es Jeremiah Hunt in seinen Rollen als Jäger und Gejagter ergeht! Der zweite Teil „Geraubte Seelen“ wird am 06.02.2012 als Knaur TB erscheinen und klingt sehr vielversprechend!

Bewertung vom 31.01.2011
Die russische Herzogin / Zarentochter Trilogie Bd.3
Durst-Benning, Petra

Die russische Herzogin / Zarentochter Trilogie Bd.3


ausgezeichnet

Ehejahre einer Zarentochter

Olga, Tochter des ehemaligen russischen Zaren Nikolaus und Kronprinzessin von Württemberg lebt in ihrer nicht sehr glücklichen Ehe mit Kronprinz Karl, die leider kinderlos geblieben ist. Olly hatte sich immer Kinder gewünscht, deshalb nimmt sie freudig an, als ihr Bruder, Zar Sascha, sie darum bittet ihr Patenkind Wera zu sich nach Stuttgart zu holen und sich um ihre Erziehung zu kümmern. Was Olly nicht weiß: Wera wird in Russland als sehr schwierig eingestuft, mit ungestümen Temperament und wilden Wutausbrüchen. Nach ihrer Ankunft wirbelt Wera Olgas und Karls Leben gehörig durcheinander. All das hält die Kronprinzessin und spätere Königin von Württemberg nicht davon ab, ihrer Nichte eine Engelsgeduld und ganz viel Liebe entgegenzubringen und sie so durch die schwierige Kinderzeit fern ab ihrer russischen Heimat und ihrer Eltern zu leiten. Auch als junge Frau ist Wera Wirbelwind und Sonnenschein, doch dann verliebt sich Ollys Ziehtochter unsterblich in einen württembergischen Herzog und unbelehrbaren Weiberhelden…

Mit „Die russische Herzogin“ hat Durst-Benning die Fortsetzung ihres wunderschönen Historischen Romans „Die Zarentochter“ geschrieben. Und dieser hat meine hoch liegenden Erwartungen voll erfüllt! Erneut konnte ich ins Höfische Leben um 1836 eintauchen und erfuhr neben gut recherchierten historischen Fakten viel über die Gefühlswelt von Königin Olga und ihrer Tochter Wera. Auch konnte die Autorin mir durch ihren überaus bildlichen Erzählstil Stuttgart und seine Umgebung näher bringen. Auf ihren Wanderungen mit Lutz von Basten lernt Wera nicht nur ihre Hyperaktivität in den Griff zu kriegen, sondern entdeckt auch ihre Liebe zu Büchern und ihre Begabung zur Poesie. Nur Olga, die niemals aufgibt, hat das Mädchen es zu verdanken, dass sie nicht in einer Irrenanstalt gelandet ist. Heutzutage bezeichnet man ihr Leiden als ADHS.

Der Schreibstil der Autorin hat mich sofort wieder in den Bann geschlagen. Ihre bildliche Art zu erzählen hat mich an die Seiten gefesselt und diese waren äußerst flüssig zu lesen! Petra Durst-Benning hält die Geschichte über die 500 Seiten des Buches lebendig und auch wenn kein wirklicher Spannungsbogen existiert, wird man doch nie müde, dass Buch wieder zur Hand zu nehmen um mehr über Olly und Wera zu erfahren.

Olga ist eine Wohltäterin, wie sie ihresgleichen sucht! Viele Kinderheime und Heilanstalten hat die Kronprinzessin und spätere Königin von Württemberg, oftmals mit ihrem Privatvermögen, ins Leben gerufen. Sie hatte sehr viel Liebe zu geben, die von ihrem Mann Karl nicht erwidert mehr wurde und die sie voll und ganz ihrer Nichte Wera schenken konnte. Wera hatte als Kind ihre Emotionen und auch ihre Gliedmaßen nicht unter Kontrolle. Sie war ein verängstigtes Mädchen, dem immer eingeredet wurde, sie sei ein böses Kind. Doch durch Ollys und Karls Liebe konnte sie zur Blume heranwachsen. Der König Karl selber ist launen- und sprunghaft, hat sich oftmals nicht unter Kontrolle. Mir war er fast immer, bis auf wenige Momente, unsympathisch.

Die Umschlaggestaltung des Hardcovers ist sehr stilvoll und im klassischen Stil. Eine hübsche junge Dame vor einem grünen Hintergrund blickt hoheitsvoll auf den Leser hinab. Aufgefallen wäre mir die schlichte Aufmachung wohl nicht.

Mir hat der Ausflug ins 19. Jahrhundert wiedermal sehr viel Spaß gemacht, denn ich habe eine sehr schöne Geschichte, voll Liebe, Leid und Hoffnung gelesen, die ich sehr gerne allen Liebhaber/innen dieses Genres weiterempfehlen kann!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.