Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 633 Bewertungen
Bewertung vom 08.06.2023
Die Verborgenen
Geschke, Linus

Die Verborgenen


gut

Ein Eindringling, Phrogger genannt, wohnt unbemerkt im Haus der Familie Hoffmann - doch er hinterlässt Spuren und treibt ein Spiel mit den Bewohnern, indem er Gegenstände verschwinden lässt, gekonnt manipuliert und Zwietracht sät. Dadurch bröckelt die Fassade der Familie und legt intime Geheimnisse frei.
Eine beklemmende Vorstellung, wie ein heimlich Gast in die scheinbar sichere Privatsphäre eindringt, sich am Kühlschrank bedient und die Habseligkeiten durchwühlt. Linus Geschke hat diese angespannte Atmosphäre lebendig werden lassen, was den Thriller so reizvoll macht. Hier warten einige Gänsehaut-Momente, in einer befremdlichen Du-Perspektive. Der Phrogger scheint es zu dem auf die siebzehnjährige Tabea abgesehen zu haben. Parallel ist gerade ein Mädchen in ihrer Jahrgangsstufe spurlos verschwunden. Wer ist der Phrogger? Treibt ihn ein persönlicher Groll? Was ist mit dem Mädchen passiert?
Erzählt wird u.a. aus der Ich-Perspektive der Familie Hoffmann. Geschke nimmt sich Zeit, die Protagonisten vorzustellen und eröffnet ihre intimsten Geheimnisse. Im weiteren Verlauf kommen mehr Protagonisten hinzu und es wird klar, es geht hier nicht vordergründig um Phrogging. Das familiäre Drama rückt zunehmend in den Fokus, bis schließlich alle losen Fäden zusammenlaufen. Der Erzählstil bietet dabei angenehme Abwechslung.
Insgesamt konnte mich "Die Verborgenen" aber nicht so richtig packen. Für meinen Geschmack war es zu konstruiert, die Protagonisten wirken wie Statisten. Das große Finale war spannend inszeniert, ließ mich aber mit ein paar Fragen zurück.

Bewertung vom 08.06.2023
Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1
Rosslow, Barbara

Der Fluch der magischen Pfote / Cosmo Zauberkater Bd. 1


ausgezeichnet

In diesem fantasievollen Kinderbuch wird erzählt, wie der Straßenkater Cosmo zum Tiergefährten auserwählt wird, neue Freunde findet und das liebenswert schusselige Zaubermädchen Aywa kennenlernt. Im Trainingscamp für Tiere, auf der Zauberschule in Wickfield, passieren seltsame Vorkommnisse. Gemeinsam mit Aywa geht Cosmo diesen Ungereimtheiten schließlich auf den Grund. Ein zauberhaft-magisches Abenteuer erwartet die Freunde, welches besonders zum Ende hin an Tempo und Spannung gewinnt.

Der sympathische Zauberkater hat unser Herz im Sturm erobert, denn obwohl ihm die Ausbildung nicht leicht fällt, gibt er nicht auf. Cosmo musste auf der Straße überleben, ohne zu wissen, welche Magie in ihm schlummert. Ausgerechnet Höhenangst ist seine größte Schwäche, obwohl auf einem Besen reiten absolutes Pflichtprogramm für Tierbegleiter ist. Mit dem verkuschelten Cliff entsteht eine besondere Freundschaft. Außerdem sorgt das dramatisierende Flughörnchen für einige Lacher.

Die Buchidee ist einfach rund und es ist toll, dass ein Kater hier die Hauptrolle spielt. Gleichzeitig erleben wir die Geschichte aber nicht nur durch den Zauberkater, sonder auch Aywas Gefühlswelt wird in einigen Kapiteln mit einbezogen. Ohne Freunde ist sie manchmal sehr einsam und sie hat sich immer einen Gefährten gewünscht. Erzählt wird in der dritten Person und der Stil ist sehr kindgerecht und eignet sich gut zum Selberlesen, aber auch zum Vorlesen. Das liegt nicht zuletzt an den tollen schwarz-weiß Illustrationen, die sehr gut mit dem Text (inkl. Umblättern) abgepasst wurden. Insgesamt ist das Buch richtig toll gestaltet: das glitzernde Cover, der funkelnde Buchrücken (der im Buchregal gleich ins Auge fällt), eine farbige Landkarte von Wickfield und zahlreichen Illustrationen, die im Buch verstreut sind, aber auch ein paar Doppelseiten verschönern. Die Situationsauswahl ist dabei auch sehr gelungen. Jedenfalls waren es oft die Momente, wo wir beim Vorlesen dachten, dass jetzt eine Zeichnung toll wäre und da war sie schon. Absoluter Favorit von uns ist das Besenrennen mit all den Zauberkindern und ihren Tiergefährten. Es ist zwar eine abgeschlossene Geschichte, der man die Einleitungen aber deutlich anmerkt. Es verlangt praktisch nach einer Fortsetzung, nachdem sich alle Charaktere kennengelernt haben und Cosmo seine magische Pfote entdeckt hat. Viel Stoff für weitere Bände gibt es auf jeden Fall und wir wollen unbedingt Lesenachschub.

Ich glaube, jeder der magische Geschichten liebt, kann hier nichts falsch machen. Es ist ein wunderbares Kinderbuch über Magie, Freundschaft und Abenteuer, das die Fantasie anregt, spannend und lustig geschrieben ist und mit (tierisch) sympathischen Figuren begeistert. Für Kinder ab 9 Jahren empfohlen.

Bewertung vom 08.06.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


sehr gut

Masaki ist Bandenmitglied einer Pop-Gruppe, Schauspieler und Idol vieles Fans, besonders für die junge Akari. Sie führt einen Fan-Blog, analysiert und liest alles über Masaki, was es gibt. Angetrieben von dem Wunsch, hinter seine Fassade schauen, um ihn besser zu verstehen, besucht sie Konzerte, kauft Merch und gibt ihr gesamtes Geld dafür aus. Akari wirkt dabei wie eine „unbeteiligte Beobachterin“ ihres eigenen Lebens, während sie lediglich für ihr Idol zu einer Form von Leidenschaft und Fleiß fähig scheint. Gefühle versucht sie im Keim zu ersticken, um keine Schwäche zu zeigen. Für sie hat die „Distanz, die durch einen Handy- oder Fernsehbildschirm oder den Abstand zwischen Bühne und Publikum entsteht, etwas Rücksichtsvolles und Tolerantes“. Es ist eine „Beziehung“, die nicht kaputt gehen kann, weil niemand etwas falsch macht. Das gibt Akari Sicherheit, sich wenigstens einer Sache völlig hinzugeben, in ihrem sonst so beschwerlichem Leben, indem ihr jeglicher Antrieb fehlt. Das sind interessante Einsichten, die diesen Roman für mich lesenswert gemacht haben. Der Schreibstil ist einseitig, aber auch eindringlich, was nicht zuletzt an der Ich-Perspektive liegt. Rin Usami’s Schreibkunst lässt einen, trotz der nüchternen Beschreibungen, ganz in die Geschichte eintauchen. Das liegt sicher auch an der gelungenen Übersetzung von Luise Steggewentz. Dabei gibt es immer wieder erschreckend Details, die durchaus als Kritik verstanden werden dürfen. Usami zeigt, wie fragil Fankultur sein kann. Akari auf diesem fanatischen Weg über Jahre zu begleiten, hat etwas deprimierend verstörendes und es fällt schwer, wirklich Verständnis für sie aufzubringen. „Mein Idol wird für immer und ewig nur er bleiben. Nur er bewegt mich, spricht zu mir und akzeptiert mich.“ Es wird jedoch deutlich, dass diese Obsession ihre Überlebensstrategie ist und zum Ende wirkt Akari überraschend reflektiert und gefasst. Eine hoffnungsvolle Botschaft, einen wirklich stabilen Halt im Leben zu finden, statt sich von der Angst abzulenken, womit auch immer.

Bewertung vom 08.06.2023
Über Leben in der Klimakrise
Glimbovski, Milena

Über Leben in der Klimakrise


ausgezeichnet

Milena Glimbovski macht die drastische Klimakrise nur allzu deutlich und schreibt über mehrere Kapitel von wissenschaftlichen Fakten, ihren eigenen Erfahrungen, erklärt die Zusammenhänge, berichtet von Experimenten, die mögliche Lösungsansätze zeigen und gibt Tipps für das eigene Leben. Mir hat besonders gefallen, dass sie auch über Marketinglügen der Industrie oder Protestbewegungen aufklärt und mögliche Lösungen auch aus anderen Blickwinkel betrachtet. Nach dem Motto: Alles hat sein Für und Wider. Das ausführliche Inhaltsverzeichnis macht es übrigens möglich, auch querbeet zu lesen. Glimbovski geht anschaulich auf bereits fortschreitende Veränderungen und ihre Folgen ein, und nimmt damit die Frage auf, wie unsere Zukunft als klimaresiliente Gesellschaft aussehen könnt - in welchen Bereichen wir uns jetzt anpassen müssen. Damit entgegnet sie Resignation und Angst mit Wissen und Tatendrang. Wenn man weiß, was einem bevorstehen könnte, kann man klarer handeln.

Den Schreibstil fand ich anschaulich und sehr persönlich, die Vielzahl an Informationen herausfordernd und das Engagement der Autorin beeindruckend. Milena Glimbovski schreibt trotzdem hoffnungsvoll über die drohende Klimakatastrophe, betrachtet das Thema umfassend und bietet Aufklärung und konkrete Vorschläge, die wirklich weiterhelfen. Insgesamt richtet Glimbovski die Aufmerksamkeit dahin, wo sie hingehört. Empfehlenswert!

Bewertung vom 08.06.2023
Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Ironmonger, John

Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen


ausgezeichnet

Dies ist mein erster Roman von John Ironmonger, den ich vor allem lesen wollte, weil er sich einfallsreich unterhaltsam und anschaulich mit dem Klimawandel beschäftigt, mich aber auch nachdenklich und betroffen gemacht hat. Diese emotional mitreißende Mischung aus Aktualität, überraschendem Handlungsverlauf und prägenden Charakteren hat mich bei "Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen" besonders beeindruckt. Der Erzählstil ist wunderbar und man begleitet die Hauptfiguren über viele Jahre hinweg. Da wäre zum einen Tom, ein sehr eindringlicher und prägender Charakter, der sich für die Umwelt einsetzt und auf die Klimakrise aufmerksam macht. Der Politiker und Klimaleugner Monty lässt sich auf eine Wette mit ihm ein, die diese beiden Männer auf ewig verbinden wird. Ich mochte die ruhigen und auch die mitreißenden Passagen, die mich an ganz beeindruckende Orte geführt haben, die tragische Dramatik, die mich berührt hat und das starke Ende, das ich nicht so schnell vergessen werde. Ein unvergessliches Buch, das leidenschaftlich Dimensionen verdeutlicht. Es gibt außerdem einige schöne Zitate. Eine treffende Aussage zeigt, wie wichtig es ist, einander zuzuhören und das Worte manchmal nicht ausreichen, um zu verstehen. Ein wunderbar hoffnungsvolles Buch. Ich bin auf den Geschmack gekommen und werde auch die anderen Romane von John Ironmonger lesen

Bewertung vom 22.05.2023
Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1
Stern, Anne

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1


sehr gut

„Die wahre Liebe ist nur ein Traum […] und das Leid ist des Menschen Schicksal.“

Die Geschichte spielt überwiegend im Jahr 1841 in Dresden, als das königliche Hoftheater eröffnet wurde. Elise Spielmann ist eine talentierte Hobby-Violinistin und träumt davon, auf der Bühne zu stehen. Doch eine arrangierte Ehe gibt ihren Weg als Ehefrau und Mutter vor, indem keine musikalische Entfaltung vorgesehen ist. Als sie sich in den rechtschaffenen Hofmaler Christian verliebt, ringen Herz und Verstand um eine Entscheidung, die nicht nur ihr Schicksal besiegelt. Erzählt wird der Roman aus mehreren Perspektiven in der dritten Person, wie die der Primaballerina Magdalene, die ihr Geheimnis nicht mehr verheimlichen kann. Dieser kleinen Einblicke anderer Figuren erweitern den Blick für ein Dresden dieser Zeit

Anne Stern hat, mich mit ihrer lebendigen Schreibkunst, absolut mitgerissen. Ihr Stil ist meisterlich unbeschwert und ich habe die Lektüre sehr genossen. Die berührenden und dramatischen Tragödien mancher Frauen gehen beim Lesen tief - sind sie doch so gnadenlos unfair -, und auch das ungleiche Verhältnis zwischen der Oberschicht der Gesellschaft, dessen strenger Regeln, und dem einfachen Volk ist schmerzhaft authentisch. Das hat mich fasziniert, genauso wie der Blick hinter die Kulissen des Opernhauses, die so detailreichen historischen Feinheiten, sorgsam recherchiert und atmosphärisch eingebaut - einfach toll. Ich mochte das rebellische Aufbegehren Kleinen, der unterdrückten Protagonistinnen, den gezielten Anfangsgedanken der späteren Revolution und das authentische Stadtbild. Es gibt viel Not und Elend, „viele verwirrte Seelen und Menschen, die sich selbst und anderen ein Leid antaten.“ Die Musik, die alle Figuren miteinander verbindet, zieht sich mit Faszination und Ehrerbietung durch den Roman. „Christian fühlte, wie ihn die Musik umfing und für die darin verborgene Empfindsamkeit einnahm, und ein großes Glücksgefühl stieg in ihm auf - wie immer, wenn er heimlich die Opernaufführungen im Königlichen Theater besuchte.“

Ein historischer Roman über die ersten Jahre der Semperoper in Dresden und die Rolle der Frau um 1841, Musik, eine unglückliche Liebe und tragische Schicksale. Großartig geschrieben voller spannender Themen, Menschen und Kultur. Absolut Empfehlenswert! Ich bin gespannt, auf die weiteren Bücher.

Bewertung vom 22.05.2023
Wenn Worte Töten: Hawthorne Ermittelt

Wenn Worte Töten: Hawthorne Ermittelt


sehr gut

Eigentlich wollte der Schriftsteller und „Sportsfreund“ Anthony Horowitz nur an einem Literaturfestival teilnehmen. Als seine Inspirationsquelle Daniel Hawthorne, Ex-Polizist und Privatdetektiv, jedoch auch eingeladen wird, und der Sponsor des Literaturfestivals schließlich ermordet aufgefunden wird, kommt es zu ungeplanten Ermittlungen und dem amüsanten Zusammenspiel der beiden. Während Hawthorne brillant das komplizierte Geflecht der zahlreichen Verdächtigen entwirrt, hält Horowitz alles schriftlich fest. Schließlich bedarf es jedoch noch einen weiteren Mord, um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Horowitz ist Autor dieses Krimis und agiert selbst als Assistent für seinen Ermittler. Sein neuer Fall ist raffiniert konstruiert, humorvoll und voller interessanter Charaktere und unerwarteter Wendungen.

Dies ist mein erster Roman von Anthony Horowitz und ich mochte das ruhige und klassische Voranschreiten der Ermittlungen. Perfekt zum Miträtseln. Außerdem nicht vorhersehbar und mit ca. sechs Stunden Laufzeit schön kurzweilig. Uve Teschner trägt mit seiner angenehm beruhigenden Stimme spannend durch die Geschichte. Ich habe ihm gern zugehört, weil er die Dialoge so lebendig und vielseitig liest, aber trotzdem ein angenehmes Sprechtempo beibehält. Deswegen kann ich den Kriminalroman und ganz besonders das Hörbuch wärmstens empfehlen, weil es einfach Spaß macht, zuzuhören.

Bewertung vom 22.05.2023
Baddog und Goodboy
Olschi

Baddog und Goodboy


ausgezeichnet

Goodboy ist stets optimistisch, gut gelaunt, verspielt und zur Stelle, wenn jemand Hilfe braucht. Baddog ist das genaue Gegenteil und Bösewicht der Geschichte. Oder doch nicht? Neben den beiden Superhunden spielt das Mädchen Sarah eine wichtige Rolle. Sie ist sportlich, optimistisch und vorsichtig im Umgang mit Menschen. Beide Eigenschaften finden sich auch in den so unterschiedlichen Hunden wieder. Ich liebe Dackel, weshalb Baddog mit seiner berührenden Geschichte schnell mein Herz erobert hat. Wer Hunde, Superhelden und Manga liebt, findet hier eine tolle Mischung. Insgesamt hat mich "Baddog und Goodboy" wunderbar unterhalten und ich mochte das berührende Ende.

Dieser Manga eignet sich super für (kleine) Einsteiger, weil er ganz unkompliziert gelesen werden kann (westliche Leserichtung, klare Strukturen, angenehmer Zeichenstil) und, weil er ohne übertriebene Gewalt auskommt, dafür aber viel Action und - vor allem zum Ende hin - spannende Unterhaltung bietet. Auch sehr empfehlenswert als Leseflauten-Überbrückung, Wiedereinstieg oder kurzweilige Reiselektüre, weil man gerade etwas Leichtes mit hohem Unterhaltungswert braucht. Da es ein Einzelband ist, lässt die Geschichte viel Raum für Fantasie und die Story ist abgeschlossen, ganz ohne Cliffhanger. Davon findet man allerdings fünf am Ende der insgesamt sechs Kapitel, für die Extraportion unbedingt-Weiterlesen-wollen. Mit witzigen Szenen, besonders wenn Baddog unfreiwillig Gutes tut und etwas emotionaler Tiefe (Tierliebe, Trauma, Einsamkeit, Freundschaft), entsteht eine gelungene Geschichte. Dass die Handlung teilweise vorhersehbar ist, hat mich gar nicht gestört. Wer komplexe Storys sucht, sollte lieber auf eine Manga-Reihe zurückgreifen. Kann den Band sehr empfehlen!

Bewertung vom 05.05.2023
Mutterliebe
Selvig, Kim

Mutterliebe


gut

In "Mutterliebe" steht die Beschuldigte Sylvia Bentz vor Gericht. Sie hat ihren dreijährigen Sohn Linus getötet. Das Motiv ist noch unklar. Die ehrgeizige Journalistin Kiki Holland ist als Berichterstatterin im Gerichtssaal vor Ort. Durch ihre pfiffige Art und guten Kontakte erfährt sie pikante Details, die sie veranlassen, der Sache nachzugehen. Ich Gegensatz zu ihren berichtenden Kollegen, ist Kiki nämlich bereit, zu recherchieren, nachzufragen und alles zu tun, um die Wahrheit aufzudecken. Dabei verfügt sie über vielversprechende Fähigkeiten, beispielsweise imitiert sie Akzente und Gesten, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und so schneller an Informationen zu gelangen. Umso mehr Kiki erfährt, umso gefährlicher wird es. Sie erhält kryptische Botschaften und wird verfolgt. Zum Glück kann sich Kiki nicht nur auf ihren treuen Enzo, dem kleinen Fiat, verlassen, sondern auch auf ihren besten Freund Torte und den neuen Mann in ihrem Leben: Tom „Maulwurf“ Bergemann.

Dieser Justiz-Krimi spielt sich wider Erwarten nicht im Gerichtssaal ab. Kiki ist stets unterwegs, um Spuren zu verfolgen und wird wiederholt daran gehindert, an den Verhandlungen teilzunehmen. In Rückblenden lassen die Autorinnen die Beschuldigte Sylvia Bentz und ihren Mann zu Wort kommen. Der Schreibstil ist für das Genre ungewöhnlich leicht und mitreißend. Kiki’s Eindrücke und Beobachtungen wird viel Raum gegeben. Trotz der dritten Person ist man ganz nah am Geschehen. Von der Handlung bin ich hin- und hergerissen. Einerseits mochte ich die Hauptprotagonistin Kiki und es gab spannende Szenen, Wendungen und gute Fügungen. Andererseits war der Fall vorhersehbar, unspektakulär und teilweise langatmig - gefesselt hat er mich leider nicht. Wahrscheinlich hatte ich einfach zu viel erwartet. Die letzten Seiten boten jedenfalls noch einmal unerwartete Dramatik. Leider hat sich hier ein Fehler eingeschlichen, der für Unstimmigkeiten sorgt, den ich aber nicht spoilerfrei nennen kann.

Ich würde "Mutterliebe" vor allem dann empfehlen, wenn man die kriminalistische Aufdeckung brisanter Verschleierungen mag, es eher realistisch bevorzugt und gut auf Gewalt und allzu konstruierte Überraschungen verzichten kann.

Bewertung vom 05.05.2023
Erinnere dich!
Reiter, Max

Erinnere dich!


sehr gut

Ulrike und Lukas, Maja und Arno, zwei Teenager-Pärchen auf einer gemeinsamen Wanderung in den Bergen, mit verheerendem Ende: Maja verschwindet. Seit 20 Jahren gilt sie als vermisst. Mittlerweile arbeitet Arno als Dozent in Berlin, hat die vergangenen Geschehnisse aber nie ganz verarbeiten können. Maja war seine erste große Liebe. Die Einladung zum Abiturtreffen nimmt der distanzierte Arno nur widerwillig an. Seit er Nachrichten von einem Unbekannten, der sich Lost & Found nennt, erhält, zweifelt er immer mehr an sich und seinen Erinnerungen von damals.

.........................................

Die trüben Gedanken des Ich-Erzählers Arno Seitz fördern verdrängte Erlebnisse zutage, bis er schließlich die Kontrolle über sein Leben verliert, weil sich etwas Dunkles in ihm ausbreitet. „Erinnere dich!“ - der Titel ist Program und wirkt eher wie ein Psychothriller, der einen in die Mangel nimmt. Das war manchmal anstrengend zu lesen, hat aber seinen Zweck nicht verfehlt.

Max Reiter nimmt sich Zeit, seine Hauptfigur einzuführen, schreibt eindringlich und streut gezielte Hinweise, wie die bizarren Geschichten von Edgar Allan Poe, die Arno in seinem Seminar behandelt, oder trügerische Andeutungen, die jede mögliche Spur, die man sich erdacht hat, wieder in eine andere Richtung lenkt. Ein schönes Verwirrspiel, das unterhält, ohne zu komplex daherzukommen und zum Ende an Tempo zulegt.

Auch, wenn sich meine Vermutung schließlich bestätigt hat, würde ich die Handlung nicht als vorhersehbar bezeichnen, sondern täuschend glaubhaft aufgebaut, um am Ende mit dem Überraschungs-Effekt zu trumpfen.

Ich hatte das Buch schnell durchgelesen und würde es allen empfehlen, die Psychospiele, Ich-Perspektiven und Thriller ohne Brutalität bevorzugen.