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Bibliomarie

Bewertungen

Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2020
Die Saubermacherin
Kunz, Sabine

Die Saubermacherin


sehr gut

Der tüchtigen Millie würde wohl jeder seinen Haushalt anvertrauen. Putztechnisch kann man ihr nichts vormachen. Was ihre Auftragsgeber allerdings nicht wissen: Millie kennt nicht nur den Inhalt des Putzschranks – den sie auch immer wieder kreativ anzuwenden versteht – sie kennt auch ihre E-Mails und ihren Schreibtisch. Denn der Putzjob ist nur eine perfekte Tarnung für die Organisation PSA Austria, die PutzfrauenSpyAgency, ein Netzwerk hochqualifizierter Agentinnen.

Millies aktueller Auftrag ist kompliziert und gefährlich, eine Bande will sich Politiker mit manipulierten Lebensmitteln gefügig machen und hat sich schon international ausgebreitet.

Die wirklich witzige Persiflage auf Spionageromane ist der Autorin gelungen. Ich habe mich über Millie und ihre Kollegen köstlich amüsiert. Denn wenn sie unter die Betten ihrer einflussreichen „Kundschaft“ schaut, findet sie nicht nur Staubflusen. Dass ihr Auftrag aus dem Ruder läuft, hat nichts mit ihren Fähigkeiten, eher mit einem findigen Finanzbeamten zu tun. Ja, ja, das Finanzamt, das hat ja auch Al Capone schon zur Strecke gebracht.
Sehr witzige Dialoge voller Anspielungen bringen noch eine Extraportion schwarzen Humor in die Geschichte. Da wird sehr gekonnt mit den Vorurteilen gespielt, wenn zum Beispiel die Hausfrauen ihre Reinigungskräfte mit „Du putzen heute Bad“ in gehobener Lautstärke ansprechen und meinen dadurch verständlicher zu sein.

Ein wirklich vergnüglicher Lesespaß mit einem gelungen Ende.

Bewertung vom 28.08.2020
Helle und der falsche Prophet / Kommissarin Helle Jespers Bd.3
Arendt, Judith

Helle und der falsche Prophet / Kommissarin Helle Jespers Bd.3


ausgezeichnet

Helle Jespers, die eigenwillige Chefin einer ländlichen Dienststelle in Skagen, genießt einen Familienurlaub in Südfrankreich. Ein Anruf beendet ihre Auszeit, eine junge Frau wurde tot aufgefunden. Helle fühlt sich persönlich betroffen, es ist die Tochter ihrer Nachbarn und seit Kindertagen eine Freundin ihres Sohns. Natürlich will sie ermitteln und den Nachbarn beistehen. Gleichzeitig häufen sich Meldungen von Vorkommnissen, die ein junges Paar auf der Flucht betreffen und es scheint, auch die tote junge Frau ist diesem Pärchen begegnet.

Die Ermittlerin Helle ist eine sehr sympathische Frau im mittleren Alter. Ihre Ermittlungen werden durch ihre Lebenserfahrung geprägt, sie ist empathisch aber nicht unbedingt eine Teamplayerin. Oft agiert sie eigenwillig und ohne Rücksicht auf Kompetenzen. Aber ihr Erfolg ließ ihre Vorgesetzten oft darüber hinwegsehen. Nun hat aber ihre Dienststelle eine neue Chefin bekommen und Helle bekommt Gegenwind. Diese Konflikte bereichern den Ablauf der Ermittlungen und machten für mich auch einen Teil der Spannung aus. Dazu finde ich das Thema – es geht um eine Sekte und ihren charismatischen Führer – sehr interessant.

Das Grundgerüst des Plots ist schon gekonnt aufgebaut und wird mit tollen atmosphärischen Beschreibungen Dänemarks abgerundet. Der etwas raue Norden, stürmische Herbstwinde – ich konnte mich wunderbar in die Gegend versetzen. Auch Helles Familie wird in die Handlung mit eingebaut und wirkt als Gegenpart zur reinen Polizeiarbeit. Ich habe das Buch sehr gern gelesen, genau wie seine zwei Vorgänger. Die Autorin überzeugt mich mit ihrem flüssigen Schreibstil und ihren realistisch-lebendig beschriebenen Figuren.

Ich habe ungeduldig auf den dritten Band gewartet, aber auch Erstleser werden wohl ohne Probleme mit Helle und ihren Kollegen warm werden. Das Buch hat mich wieder von der ersten Seite an in Bann gezogen und jetzt darf ich wieder mit Spannung auf die Fortsetzung warten.

Bewertung vom 26.08.2020
Kalte Liebe in Cuxhaven
Oetting, Doris

Kalte Liebe in Cuxhaven


sehr gut

Nina genießt nach der Trennung von ihrem Mann ihre neue Unabhängigkeit in einer hübschen Wohnung in Cuxhaven. Ihre Vermieterin ist eine reizende alte Dame, nur der plötzlich auftauchende Enkel ist ihr in höchstem Maß unsympathisch.

Doch dann schleicht sich eine Bedrohung in ihr Leben. Zuerst verstörende SMS, aber auch das Gefühl, dass jemand in ihrer Wohnung war und sie unter ständiger Beobachtung steht. Die Drohungen werden immer unverhüllter und Nina fühlt sich allein gelassen. Auch ihr sonst immer so fürsorglicher Stiefvater scheint sie und ihre Ängste nicht ernst zu nehmen.

Dieser Krimi beginnt ganz leise, mit einem Angstgefühl, dass das Leben der Protagonistin immer mehr überschattet. Die Hilflosigkeit von Nina ist sehr realistisch beschrieben und die bedrohliche Atmosphäre kommt sehr gut rüber. Auch das Gefühl, allein zu sein, weil weder Freundin noch Stiefvater eine echte Stütze sind, ist für mich richtig nachvollziehbar.

Der Autorin gelingt es mich immer wieder mit einer geschickten Wendung zu überraschen. Mir schien es von Beginn an klar zu sein, wer hinter den Drohungen steckt, aber so einfach macht es Doris Oetting den Lesern nicht, dadurch fesselte mich das Buch durchgehend. Die Figuren fand ich sehr realistisch gezeichnet, ihre Handlungen immer nachvollziehbar und schlüssig.

Das Ende des Romans ist ein dramatischer Paukenschlag, vielleicht ein wenig dramatisch für meinen Geschmack, aber durchaus logisch in der Konsequenz.

Der Kriminalroman von Doris Oetting hat mich überzeugt.

Bewertung vom 22.08.2020
Wilde Freude
Chalandon, Sorj

Wilde Freude


gut

Nach einem Arztbesuch ist die Welt für Jeanne nicht mehr die gleiche. Sie hat jetzt eine Patientenakte mit einem großen „K“ auf dem Deckblatt. Ihr Mann ist ihr keine Stütze, dass er mit Krankheit und Leid nicht umgehen kann, weiß sie schon seit dem Tod ihres Sohnes. Aber dass er sich so schnell und mit solch harten Worten aus dem Staub macht, hätte sie nicht erwartet.

Aber dann trifft sie in der Chemo auf Brigitte, Assja und Mélody, das Schicksal eint sie. Jeanne, die bald von Brigitte Jeanne Sorry genannt wird, weil sie sich an allem, selbst an ihrer Krankheit die Schuld gibt und sich ständig entschuldigt, lässt sich von Brigittes Kraft anstecken. Und dann hecken die Frauen einen abenteuerlichen Plan aus.

Die Geschichte ist wirklich abenteuerlich, der Plan für den Juwelenraub einfach fantastisch und spannend. Aber über allem schwebt die Bedrohung der Krankheit und lässt aus vier Frauen Freundinnen werden, die sich stützen und Kraft geben und besonders Jeanne, die ich als die Hauptfigur ansehe, profitiert davon. Aber das Schicksal lässt sich nicht austricksen.

Es ist ein ernstes Thema, dass der Autor anpackt und dass er sich als Mann so in das Gefühlsleben der kranken und verletzlichen Jeanne versetzen kann, hätte ich nicht erwartet. Ich bin ein bisschen schwer ins Buch gestartet und brauchte einige Zeit um den Protagonistinnen nahe zu kommen. Das ist mir später etwas besser gelungen. Dazu trägt auch der Schreibstil des Autors bei, der mir gut gefallen hat. Ein wenig melancholisch, dann wieder kraftvoll und ironisch, die Mischung fand ich gut austariert.

Aber trotzdem fehlte mir etwas, das ich gar nicht so richtig benennen kann. Für mich war die Geschichte nicht ganz rund auch wenn ich das Buch ganz gern gelesen habe.

Bewertung vom 18.08.2020
Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6
Roslund, Anders

Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6


ausgezeichnet

Ein normaler Einbruch, bei dem nicht mal etwas gestohlen wurde, wäre sicher kein Fall für Ewert Grens. Es ist die Adresse, die ihn stutzig macht, denn er wurde schon einmal zu dieser Wohnung gerufen. Diesen Tag wird er in seinem Berufsleben nie vergessen. Tagelang laute Musik und ein immer stärker werdender Geruch hat die Nachbarn alarmiert.

In der Wohnung findet Grens ein kleines Mädchen, das auf seine Geburtstagstorte schaut, die Kerzen längst niedergebrannt und um sie herum die Leichen der Eltern und Geschwister. Gezielt per Kopfschuss hingerichtet. Ein Fall der nie gelöst werden konnte, das kleine Mädchen wurde mit falscher Identität in ein neues Leben geschickt. Und nun holt der alte Fall Ewert Grens wieder ein.

Ich habe selten einen so beeindruckenden Auftakt zu einem Thriller gelesen, wie hier. Die Szenen mit dem Mädchen allein in der Wohnung werde ich nicht so schnell vergessen. Damit hat mich der Autor gepackt und auch im weiteren Verlauf des Buches nicht mehr ganz losgelassen.

Ich fand den Plot nicht nur aktuell und ausgesprochen realistisch, auch die Einbeziehung von realen Ereignissen hat mir gut gefallen, denn die Spuren führen in ein nicht grade rühmliches Kapitel der jüngeren europäischen Geschichte. Wie Roslund das mit seiner Story verquickt, ist schon sehr gekonnt und klug. Auch der zweite Handlungsstrang fügt sich perfekt in die Geschichte ein. Allerdings musste ich in der Mitte des Romans ein paar Längen überwinden. Klar, das Geschehen kann nicht immer so hochdramatisch bleiben und manche Szenen brauchen eben auch einen breiteren Hintergrund.

Aber bis zur spektakulären und für mich überhaupt nicht absehbaren Auflösung, hat mich der Autor wieder gepackt. Gut gezeichnete, vielschichtige Charaktere, die ich mir sehr gut vorstellen konnte und Roslunds Stil haben mir gefallen. Ich bin kein ausgesprochener Skandinavien-Thriller Fan, die meisten sind mir zu düster und zu negativ, aber hier bin ich wirklich auf meine Kosten gekommen.

Ich wusste nicht, dass dieses Buch ein zweiter Band mit Ewert Grens ist, aber ich hatte nie das Gefühl, das mir Vorwissen fehlt.
Empfehlenswert!

Bewertung vom 17.08.2020
Lady Arrington und die tödliche Melodie / Mary Arrington Bd.2
Gardener, Charlotte

Lady Arrington und die tödliche Melodie / Mary Arrington Bd.2


gut

Krimiautorin Mary Arringtons letzte Fahrt auf der Queen Anne brachte ihr nicht nur eine Menge Abenteuer sondern auch reichlich Input für ihren letzten Roman. Jetzt hofft sie mit einer erneuten Kreuzfahrt ihre Schreibblockade zu beenden.
Kapitän MacNeill heißt sie zwar willkommen, hofft aber vergebens darauf, dass Mary sich nicht wieder als Detektivin betätigt. Aber bald findet er in Mrs Arrington eine echte Verbündete in einem rätselhaften Mordfall auf dem Schiff. Der Pianist ruiniert am ersten Abend spektakulär einen Auftritt der Operndiva Botticelli und wird am nächsten Morgen tot aufgefunden. Der Vorfall soll nach Willen der Schiffseigner vertuscht werden, aber nicht mit Mary Arrington – sie geht der Sache auf den Grund!
Während die Queen Anne nordwärts fährt, beginnt Mary mit ihren Recherchen, verlassen kann sie sich auf das Zimmermädchen Sandra, die ihr begeistert zur Seite steht und ihr Auge und Ohr in den Bereichen des Kreuzfahrtschiffs ist, der Passagieren verschlossen bleibt. Die Nachforschungen bleiben nicht unbemerkt und Mary gerät in Gefahr. Aber dieses Mal arbeitet sie mit dem Kapitän zusammen und entdeckt ganz andere Seiten an ihm, sollte sich da was entwickeln?
Ein zweiter Fall für eine moderne Nachfahrin der Miss Marple. In sich völlig geschlossen, kann man das Buch auch ohne Vorkenntnis genießen. Spritzige Dialoge und skurrile Figuren machen viel Spaß, wie es sich für einen Cosy Krimi gehört. Die Atmosphäre auf dem Schiff, die Passagiere und alle Beteiligten wirken wie aus einer längst vergangenen Zeit, dass sich der Fall in der Gegenwart abspielt, merkt man nur am Gebrauch von Handys und Laptops. Das wirkt manchmal wie ein Stilbruch.
Zwar darf es beim Cosy Krimi gerne gemütlich zugehen, das Versprechen löst das Buch auch ein, aber einige unlogische Wendungen und Lösungen haben mir nicht so gut gefallen, da wird so manche Erklärung aus dem Hut gezaubert.
Auch wenn noch Luft nach oben ist, ein Lesevergnügen war dieser Krimi trotzdem.

Bewertung vom 17.08.2020
Zauberblütenzeit / Im Alten Land Bd.3
Engelmann, Gabriella

Zauberblütenzeit / Im Alten Land Bd.3


gut

Mit der Zauberblütenzeit gibt es die dritte Begegnung mit den Freundinnen Stella, Leonie und Nina. Viel haben die Freundinnen schon im Lauf der Jahre zusammen erlebt und die Freundschaft ist eher noch fester geworden.

Auch in diesem Band wird das Leben der Frauen durcheinander gerüttelt. Nina wird von ihrem Lebensgefährten verlassen und muss wieder mit der Enttäuschung und dem Alleinsein fertigwerden.

Leonies Pension, in die sie so viel Energie und Kapital gesteckt hat, bleibt mit den Buchungen weit hinter den Erwartungen zurück und allmählich werden ihre Sorgen größer, auch wenn ihr Mann Markus ihr eine Stütze ist.

Stella, glücklich verheiratet, muss ihren anspruchsvollen Beruf und ihr Leben als Mutter unter einen Hut bringen.

Also der ganz normale Wahnsinn, in dem sich viele Leserinnen sicher wiederfinden können, auch wenn es in der Realität wohl anders aussieht. Die Autorin beschreibt das sehr unterhaltsam, trotz aller Widrigkeiten bleibt der Humor der Freundinnen nicht auf der Strecke, dafür sorgen auch die Dialoge. Natürlich endet alles wieder in einem harmonischen Happy End.

Für mich gab es nur einen Kritikpunkt. Die Protagonistinnen sind mittlerweile in ihren Vierzigern angekommen, aber besonders Nina agiert wie mitten in der Teenagerzeit. Da musste ich schon manchmal mit den Augen rollen.

Ich habe das Buch gern gelesen und mich mit der Geschichte im Alten Land wieder so richtig heimisch gefühlt. Es ist beste Unterhaltung für einen Sommernachmittag auf dem Balkon, man kann sich für einige Stunden verzaubern und vom Alltag ablenken lassen.

Da einige Handlungsfäden noch offen bleiben, hat die Autorin Neugierde auf eine Fortsetzung geweckt, mal sehen, wie es dann mit den Freundinnen weitergeht.

Bewertung vom 13.08.2020
Abschiedsfarben
Schlink, Bernhard

Abschiedsfarben


ausgezeichnet

Abschiede gibt es in allen Bereichen des Lebens. Abschied von einem geliebten Menschen, Abschied von einem Lebensabschnitt, Abschied von einer Illusion – Bernhard Schlink gibt in seinem Erzählband jeder Form eine Platz.

Die Erzählungen sind kurz, scheinbar so einfach erzählt, manchmal in Ich-Form als lausche man den Erinnerungen des Erzählers, aber sie gehen sehr tief. Jede Geschichte hat mich auf ganz unterschiedliche Weise berührt. Es ist die große Kunst eines Schriftstellers Gefühle zu verdichten und dem Leser in einer Kurzgeschichte die Essenz nahezubringen. Auch wenn mir manche Geschichten thematisch näher waren, als andere – kaltgelassen hat mich keine.

Jede Episode entwickelt sich langsam und leise nähert sich der Leser den Protagonisten an. Deren Gefühle und Gedankenwelt sind tiefgründig erfasst und auf wenigen Seiten entfaltet sich deren ganzes Leben. Ob gescheiterte Beziehungen, Verrat am Freund, übermächtige Schuldgefühle und Erinnerungen, es ist großartig, wie der Autor den Leser einbezieht.

Ich möchte die Geschichten gar nicht einzeln beschreiben, jeder Leser sollte selbst den Zauber entdecken, aber hervorheben möchte ich „Daniel, my Brother“, die für mich – sicher auch aus persönlichen Gründen – der Höhepunkt des Erzählbands war.

Ein grandioses Leseerlebnis.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.08.2020
Modehaus der Träume / Das Lichtenstein Bd.1
Averbeck, Marlene

Modehaus der Träume / Das Lichtenstein Bd.1


sehr gut

Das Modehaus Lichtenstein in Berlin ist eine der ersten Adresse für Damenmoden. Konservativ in der Führung durch Vater Friedrich und Sohn Ludwig. Für Sohn Jacob Lichtenstein ist es schwierig, seine modernen Vorstellungen durchzusetzen und der Konkurrenz der neuen Warenhäuser Wertheim und Tietz etwas entgegen zu setzen.

Hedi beginnt als Ladenmädchen in der Krawattenabteilung, aber schnell fällt ihr Blick für Mode und für Schnitte auf, sie freundet sich mit Thea, einer der Näherinnen an. Doch ein verheerender Brand scheint alle Pläne zu durchkreuzen.

Die Jahre 1913-1918 sind der zeitliche Rahmen, in dem das Buch – Auftakt zu einer Trilogie – spielt. Eine turbulente Zeit in der neue Technik, Erfindungen sich Bahn brechen und der Weltkrieg das noch junge Jahrhundert beutelt. Das stellt die Autorin sehr lebendig und farbig dar, vor allem gelingt es ihr das Leben der „kleinen Leute“ sichtbar zu machen. Der historische Hintergrund des Romans, das Berlin vor 100 Jahren mit den gesellschaftlichen Verwerfungen, der Aufbruchsstimmung und auch der anfänglichen Kriegsbegeisterung haben mir gut gefallen und mich in die Zeit versetzt.

Man merkt, dass das Handlungsgerüst für mehrere Bände angelegt wurde, eine ganze Reihe von Figuren werden vorgestellt, Handlungsstränge angerissen und der Grundstock für weitere Entwicklungen skizziert. Sehr hilfreich ist dabei das ausführliche Personenregister, das dem Buch vorangestellt wurde.

Der Roman ist flüssig geschrieben, hatte für mich aber in der Detailfülle der einzelnen Handlungsstränge manchmal Längen, die wohl dem Gesamtprojekt geschuldet sind. Meine Haupt- und Sympathiefiguren waren unbestritten Jacob und Hedi. Aus zwei unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, aber einig in ihrer Begeisterung für Mode, sind sie für mich die Ankerpunkte in dieser Geschichte.

Das Buch ist schön erzählte Historie mit lebendigen Charakteren und spannenden Konflikten, es macht neugierig auf die Fortsetzung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.08.2020
Das Leben ist ein wilder Garten
Buti, Roland

Das Leben ist ein wilder Garten


gut

Das Leben ist ein wilder Garten – was für ein schöner Titel und was für ein einnehmender Klappentext.

Das nicht sehr umfangreiche Buch ist Carlos Sicht erzählt. Seine Frau Ana hat ihn verlassen, was er auch nach Jahren bedauert und nicht recht versteht, die Tochter studiert in London, ist ihm längst entfremdet. Seine Mutter lebt im Altersheim.
Er ist Gartenarchitekt und seine Firma läuft wohl gut. Einer seiner Angestellten ist Agon, ein Schrank von Mann mit einem sensiblen Charakter und so wie es scheint, sein einziger Vertrauter.

Eines Tages verschwindet die schon leicht demente Mutter aus dem Heim und Carlo findet sie im Heimatdorf in den Bergen, in einem Luxushotel. Den Bezug erfährt er ganz allmählich und erkennt, dass seine Mutter ein Leben vor Ehe und Mutterschaft hatte, sogar ein amouröses Verhältnis mit einem Hotelgast.

So mäandert das Geschichte durch die Seiten. Es passiert nicht viel, aber das auf eine schöne Weise. Buti hat einen sehr rhythmischen Sprachstil, das macht das Lesen wirklich angenehm. Aber trotzdem: mir fehlte was. Gedanken und Szenen werden angerissen und verlieren sich dann. Warum, zum Beispiel, wurde Agon angegriffen? Ein roter Faden, der die Geschichte vielleicht gestützt hätte, fehlt völlig, aber so plätscherte die Geschichte angenehm vor sich hin.