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TheSilencer
Wohnort: 
Berlin

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Insgesamt 355 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2010
Wanderjahre
Krüger, Hardy

Wanderjahre


gut

Sean Connery, John Wayne, Helmut Schmidt, Tito, Conrad Adenauer, Richard Brooks ... all' diesen Menschen ist Hardy Krüger in seiner Laufbahn begegnet. Von all' diesen Größen kann er Anekdoten erzählen.

Besonders berührt jedoch der Start der Schauspielerkarriere.
Als Elite-Arier-Nachwuchs an einer Nazi-Schule wird er als 15jähriger im Sinne des Führers zurechtgebogen. Für einen Propagandafilm steht er kurz darauf vor der Kamera - und begegnet Hans Söhnker; Schauspiellegende seiner Zeit. Als Künstler verabscheut Söhnker die herrschende Ideologie und wird für Krüger der Wegbereiter aus dem Hitler-Irrsinn.

Leider holt Krüger in einigen Kapiteln zu weit aus.

Dennoch zeichnet der Autor überwiegend unterhaltsam einen Weg in den 50iger und 60iger Jahren nach, der das damalige Deutschland im Aufbruch widerspiegelt.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2010
Die 7. Stunde / Joachim Vernau Bd.2
Herrmann, Elisabeth

Die 7. Stunde / Joachim Vernau Bd.2


ausgezeichnet

Joachim Vernau ist relativ weit unten angekommen. Zwar betreibt er mit seiner Kollegin Marie-Louise Hoffmann noch eine Rechtsanwaltskanzlei, aber die Mandate sind recht übersichtlich.
Marie-Louise schanzt ihm deshalb einen etwas anderen Job zu: an einer privaten Elite-Schule benötigt man einen Rechtsanwalt als Berater bzw. Lehrer für eine Jura-AG.
Den finanziellen Bankrott vor Augen stimmt Vernau widerwillig zu.

Ihm entgeht nicht, daß man ihm eine Menge verschwiegen hat. Nicht nur, daß diese Jura-AG für kleine Vergehen zweifelhafte Urteile spricht, auch den Selbstmord einer Schülerin muß er alleine herausfinden.

Und zu allem Überfluß scheint die gesamte Schule fanatische Rollenspiele zu favorisieren.
Überall stößt Vernau auf eine Mauer des Schweigens.

Die Autorin macht es sich nicht leicht. Nach "Das Kindermädchen" hätte sie einen 08/15-Roman folgen lassen können; der Erfolg des ersten Teiles hätte auch diesen verkauft.
Doch sie wechselt komplett den Spielraum und eröffnet nie langweilige Möglichkeiten.

Wie Teil 1 fesselt nicht nur die Handlung, sondern man "schaut den Figuren einfach gerne zu", denn selten werden Dialoge so nah am Leben verfaßt.

Höchstwertung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.08.2010
Tod im Apothekenhaus
Serno, Wolf

Tod im Apothekenhaus


gut

Was tust Du, wenn Du nach Hause kommst ... und schon da bist?

Im Jahre 1716 geschied dem Apotheker Toedorus Rapp genau dies: nach einem Überfall erwacht er in der fremden Kleidung eines Hafenarbeiters und macht sich zu Fuß auf den Weg zu seiner Apotheke. In dieser steht aber bereits ein Rapp und erledigt dessen Arbeit.

Verwirrt, an seinen Sinnen zweifelnd, gewinnt der Wissenschaftler in ihm aber Oberhand und er beginnt auf eigene Faust nach der Lösung seines Problems zu forschen. Denn der örtlichen Ordnungsmacht braucht er in seinem Aufzug nicht unter die Augen zu treten; man würde ihm nicht glauben.

Nach "Hexenkammer" ist dies mein zweiter Serno. Neben einem Ausflug ins Plattdeutsch taucht der Autor den Leser auch hier wieder in die Welt der Geschichte.
Manchmal etwas betulich, durchweg amüsant und immer wieder reduziert auf damalige Verhältnisse der Möglichkeiten, einen solchen Vorfall ausermitteln zu können, hält Serno den Leser bei der Stange, fordert ihm aber auch keine besonderen Synapsen-Verrenkungen ab.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2010
Killzone
Piccirilli, Tom

Killzone


sehr gut

Vor fünf Jahren begann ein Serienmörder sein Werk: er erstickte Kleinkinder mit einem Kissenbezug und malte auf diesen einen traurigen Smiley. Nach einer Pause scheint ihn das schlechte Gewissen einzuholen; er entführt Kinder aus zerrütteten Familie und bringt sie den Opferfamilien als Wiedergutmachung.

Eddie Whitt ist der Vater des ersten Opfers. Er schwor Rache. Denn nicht nur seine Tochter wurde ihm genommen, seine Frau mußte in eine geschlossene Anstalt eingewiesen werden.

Selbst sportlich trainiert, beginnt er unter den argwöhnischen Beobachtungen der Polizeibehörden mit der Suche - scheitert aber am fehlenden Wissen über echte Detektivarbeit. Und so nimmt Killjoy Kontakt mit Whitt auf: er schreibt ihm Briefe.

Zugegeben: der Beginn ist zäh. Aber selten habe ich diese depressive Tragik des Antihelden unterhaltsamer verabreicht bekommen. Die Depressionen sind auf den Seiten ertastbar. Der abstrakte Inhalt der Briefe verwirrt und wenn Whitt mit sich selbst telefoniert, fragt man sich, wer irrer ist: der Mörder oder er.

Piccirilli hat etliche Bücher geschrieben, die nun nach und nach übersetzt werden. Nur zu!

Auch ich frage mich allerdings, was "Killzone" in der Edition "Hardcore" zu suchen hat. Die Story unterscheidet sich zwar wohltuend vom üblichen 08/15-Schema eines Thrillers, hat mit "Hardcore" aber wenig zu tun.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2010
Die Stunde des Zorns
Finder, Joseph

Die Stunde des Zorns


weniger gut

In Boston wird eine Prostituierte der Sado-Maso-Szene getötet, nachdem sie einem bis dato Unbekannten eine Daten-CD entwendet hat.
FBI-Special-Agent Sarah Cahill sieht im Gegensatz zu ihren Kollegen weitaus mehr als nur einen Mord in der S/M-Szene.

Zeitgleich wird einem Ex-Top-Agenten, der in einem südafrikanischen Gefägnis einsitzt, von außen die Flucht ermöglicht. Einzige Gegenleistung: er soll seine alten Eigenschaften für einen Anschlag in den USA nutzen.

Wenn ich's richtig gefunden habe, müßte das Finders vierter Roman sein. Ein Musterbeispiel dafür, wie man's nicht macht: das Buch ist völlig überfrachtet mit Geheimdienst-Interna und der Geschichte des Terrors, so daß man sich zwischendurch mal fragt, ob man ein Sachbuch zur Hand genommen hat. Verwoben mit der Story blickt man auch irgendwann nicht mehr durch, was nun Fiktion oder Wahrheit ist.

Fast exakt ab Seite 300 (das Buch hat gute 500 Seiten) kommt dann endlich Spannung auf.

Die Figuren zeichnet Finder präzise, leider gehen diese in der Informationsflut einfach unter.

Bewertung vom 27.06.2010
Die Nachhut
Waal, Hans

Die Nachhut


ausgezeichnet

Als der letzte funktionsfähige Büchsenöffner abbricht und die Konserven sich mit aufgesetztem Bajonett nur mühselig knacken lassen, beschließen vier SS-Offiziere ihren Bunker zu verlassen und sich zur Reichshauptstadt durchzuschlagen.

Grundsätzlich keine besondere Geschichte, würde der Kalender nicht das Jahr 2004 schreiben.

Die vier Greise haben in einem luxuriösen Bunker das Kriegsende verpennt; im Grunde genommen ihr komplettes Leben. Denn noch immer den Idealen, der Moral und der Logik eines Führers unterworfen, waren sie von der Umwelt abgeschnitten, strikt auf den Endsieg wartend.
So staunen sie nicht schlecht, wie die "Kriegswirren" der Gegenwart auf sie wirken.

Dieses Buch ist schlicht wunderbar.

Waal weiß den braunen Schwachsinn wie den zahnlosen Tiger der "Gegen-Rechts"-Bewegung bloßzustellen.

Und das tut einfach mal gut.

29 von 29 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.06.2010
Gegen die Uhr
Nance, John J.

Gegen die Uhr


schlecht

Ein alternder Doktor mit einem tödlichen Virus in der Blutbahn, entkommt seinen Häschern durch einen einfachen, unbürokratischen Trick und steigt in Deutschland eine Linienmaschine Richtung USA. Es dauert nicht lange und die Boeing wird zum Spielball der Mächtigen dieser Welt und steht vor dem Abschuß.

Die Story scheint einem irgendwie bekannt. Ein Vergleichsplot fällt mir allerdings nicht ein.

Der Autor verschießt sein gesamtes Pulver an Spannung auf den ersten 100 Seiten. Ihm scheint's auch aufgefallen zu sein, denn dann werden Geheimdienste und unbekannte Übergrößen in die Handlung eingepflegt.
Der Charakter des Piloten wandelt zwischen dem taffen Ex-Soldaten und dem Ratlosen, der sich Tips von der Stewardess holt, hin und her.
Und zu guter Letzt bemüht Nance dann auch noch "böse Menschen aus dem Irak" (die Wörter "Moslem" oder "Islam" fallen kein einziges Mal), via Hilfestellung der Russen.

Lange vor 9/11 bleibt das alles aber harmlos und nur ganz vage.

Alles in allem ist die Handlung völlig überladen, was den Verlust der Spannung zur Folge hat. Ich habe mich dabei erwischt, zunächst einige Zeilen zu überspringen, zuletzt ganze Absätze.

Nee, nicht zu empfehlen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2010
Kristof Kryszinski Reihe 02 -- Prickel
Jörg Juretzka

Kristof Kryszinski Reihe 02 -- Prickel


sehr gut

Prickel heißt eigentlich Bernd Roselius. Bernd ist etwas anders als andere. Geistig zurückgeblieben, in seiner eigenen Welt, megamäßig introvertiert. Irgendwas dazwischen. Sein Spitzname drängt sich irgendwie auf; den einzigen Satz, den er zustande kriegt, ist: "Das finde ich gar nicht prickelnd."

Genau so findet er es auch nicht, als er neben einer Gelegenheitsprostituierten zu sich kommt, denn jene Dame wurde bestialisch mit einem Messer dahingemetzelt. Und Prickel hält das Messer in seinen Händen.

Kryszinski, klassischer Ruhrpott-Detektiv zwischen Philip Marlowe und Schimanski, soll für Prickels Anwältin ein wenig recherchieren, denn die traut ihrem einfach gestrickten Mandanten eine solche Tat nicht zu. Lenken Kryszinski anfänglich noch andere Fälle von seinem neuen Auftrag ab, steckt er irgendwann mittendrin in Prickels Fall. Blöd nur, daß Prickel nur wenig kommunikativ ist ...

Klar, die Story ist einfachste Krimi-Kost. Der Fall ist eigentlich auch irgendwie Nebensache. Viel mehr Drall geben die ausschweifenden, frechen und wortreichen Umschreibungen Juretzkas. Neben neuen Wortschöpfungen, die den Nagel auf den Kopf treffen, scheint der Autor auch über einen überdurchschnittlich großen Wortschatz zu verfügen, der das Lesen einfach nur zum Kicher-Vergnügen macht.

Ja, ich bin infiziert.

Vom Serien-Helden sind bislang zehn Folgen erschienen. Dann mal auf.