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Buchdoktor
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Deutschland
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Romane, Krimis, Fantasy und Sachbücher zu sozialen und pädagogischen Tehmen interessieren mich.

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 04.01.2017
Entfesseltes Blitzen
Gockel, Tilo

Entfesseltes Blitzen


ausgezeichnet

Tilo Gockel stellt in seinem Buch die Möglichkeiten des entfesselten Blitzens vor, also der Technik Blitze von der Kamera losgelöst im Setup aufzustellen. Dabei liegt sein Hauptaugenmerk auf Aufsteckblitzen, wie sie die Kamerahersteller und viele Zubehörfirmen anbieten. Mir hat dabei gut gefallen, dass er sehr bewusst nicht die teuren, herstellerorientierten Lösungen vorstellt, sondern viele Lösungen anbietet, wie man mit günstigen Geräten und einfachen, kostengünstigen Hilfsmitteln professionell arbeiten kann.

Das Buch selbst ist nicht unbedingt auf absolute Anfänger in der Fotografie und Blitztechnik ausgelegt. Es geht vielmehr davon aus, dass der Leser sich tiefer in die Materie einarbeiten will und auch bereit ist, sich ggf. entsprechendes Equipment zu beschaffen, das aber zu erträglichen Preisen. Entsprechend ist das Buch aufgebaut, nach einer kurzen, aber sehr intensiven Einführung in die Theorie stellt Tilo Gockel diverse verschiede Blitzsets für nahezu alle relevanten Einsatzbereiche vor. Von der Modelfotografie über Food- bis zur Produktfotografie ist zu praktisch jedem Bereich ein Beispiel vorhanden, das viel Anregung für eigene Arbeiten gibt. Die Kapitel sind durch sehr gute Ergebnisbilder, Zwischenergebnisbilder und Zeichnungen der jeweiligen Setups ergänzt, so dass sich die Setups leicht nachvollziehen lassen. Aufgelockert werden die einzelnen Abschnitte jeweils durch detailliertere Erklärungen zur Hardware-Technik oder zur Blitztechnik. Das Ganze liest sich sehr locker und leicht und der Text enthält viele kleine Tipps sowie Hinweise zu weiterführenden Informationen. Auch für Anfänger ist das Buch mit Sicherheit eine Hilfe, die Möglichkeiten der Technik zu erkennen und sich bei späteren Zukäufen zu orientieren. Außerdem macht die Aufmachung des Buches einfach Lust darauf, das Gezeigte selber auszuprobieren.

Ergänzt wird das Buch durch ein umfangreiches Wörterbuch mit Erklärungen des Vokabulars der Strobisten und Bezugsquellen für die verwendete Technik und die Hilfsmittel.

Das einzige, was ich mir an dem Buch wünschen würde - gerade im Hinblick auf die weniger fortgeschrittenen Leser - ist im Anschluss an die theoretischen Grundlagen eine Vorstellung der später benutzten Blitz-Hardware, insbesondere der Blitze und der Funktechnik. Interessierten Anfängern würde der Einstieg in die Materie dadurch erleichtert.

Was man von dem Buch nicht erwarten sollte, ist eine genaue Beschreibung der Einstellungen der Geräte. Das würde in mehrerer Hinsicht keinen Sinn machen: die Hardware ist zu vielfältig, die Anforderungen an die Setups sind zu unterschiedlich und die tatsächlichen Lichtverhältnisse nicht vorhersehbar. Trotzdem geben die den Bildern beigefügten Hinweise und Daten viele Informationen, auf denen man selbst aufbauen kann.

Für mich war das Buch seit langem wieder eine Lektüre, die meinen Erwartungen voll entsprochen hat, locker zu lesen ist, die auch dem interessierten und/oder fortgeschrittenen Amateur und manchem Profi viel an neuem Wissen vermittelt und später zum Nachschlagen geeignet ist.

Bewertung vom 04.01.2017
Das Blubbern von Glück
Jonsberg, Barry

Das Blubbern von Glück


sehr gut

Candice Phee hat strenge Grundsätze und mag Regeln. Sie ordnet im Federmäppchen ihre Stifte mit der Spitze in eine Richtung und bemüht sich beim Schreiben um exakte Formulierungen. Auch wenn Candices Lehrerin Miss Bamford sie ermuntert, ein Aufsatz sollte auch unterhalten und Candice das so gar nicht liegt, verehrt Candice ihre Englischlehrerin. Wenn eine Zwölfjährige im realen Leben keine Freunde hat und lieber Nachrichten schreibt als sich zu unterhalten, könnte man sie für behindert oder in ihrer Entwicklung gestört halten. Candice hat eine Brieffreundin in New York, die ihr auf ihre vielen Briefe noch nie geantwortet hat, einen ROB (= reichen Onkel Bob), eine kleine Schwester, die im Babyalter gestorben ist, eine an Depressionen erkrankte Mutter, einen Vater, der allein mit ferngesteuerten Flugzeugen spielt, und neuerdings – Douglas, einen Freund, der aus einer anderen Dimension stammt. Jedenfalls behauptet Douglas, der neue Schüler in Candices Klasse, er könnte im Geäst eines bestimmten Baumes in eine andere Welt übertreten und seine Eltern könnten auf keinen Fall seine leiblichen Eltern sein. Die Begegnung mit Douglas wirft in Candices deprimierendem Leben förmlich das Ruder herum. Douglas Mutter stellt die richtigen Fragen, ob Candice vielleicht autistisch sein könnte. Douglas bemerkt, was in Candice Leben wirklich wichtig ist, nämlich dass über den Tod des Babys Frances nicht gesprochen wird und Candice sich kaum unter andere Mädchen traut, weil sie noch keinen Busen hat. Auf welch grotesken Wegen Candice ihre sprachlose Familie wieder zum Lachen bringt, erzählt sie streng in der Reihenfolge des Alphabets, wie Miss Bamford es der Klasse als Aufgabe aufgetragen hat.

Ein sehr gutes Kinderbuch verdient ein sehr gutes Lektorat und eine sorgfältige Übersetzung. Formulierungen wie „Und vielleicht war Mum wegen ihrem Brustkrebs und dem Tod ihrer Tochter unglücklich.“ (Seite 88) gehören ebenso wenig in einen guten Text für Kinder wie die holprige Übersetzung von Notlüge mit „weiße Lüge“.

Die tröstliche Botschaft des Buches vermittelt Barry Jonsberg seiner Zielgruppe von Lesern ab 10 Jahren in grotesk komischer Weise: Da im realen Leben keine Fee mit dem Zauberstab kommen wird, um Probleme aus dem Weg zu schaffen, muss man miteinander reden und die richtigen Leute miteinander bekanntmachen. Wie es sich für ein gutes Kinderbuch gehört, entwickeln in Jonsbergs verrückter Geschichte Kinder die ungewöhnlichen Lösungsvorschläge, wenn auch Erwachsene die Entwicklung unterstützen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2017
Welt in Flammen
Monferat, Benjamin

Welt in Flammen


ausgezeichnet

Der Simplon-Orient-Express bricht 1940 von der Gare de l'Est zu seiner letzten Fahrt von Paris nach Istanbul auf. Außer einem Gepäckwagen und den Schlafwagen führt der Zug den legendären 'Wagon de L'armistice' mit, in dem am 11.11.1918 im Wald von Compiègne der Friedensvertrag unterzeichnet wurde. Der Waggon soll Hitlers anrückender Wehrmacht nicht in die Hände fallen und möglichst vom Zielort Istanbul aus nach Syrien oder in den Libanon in Sicherheit gebracht werden. Dieser Zug symbolisiert Frankreichs ehemalige Größe. Rein taktisch gesehen ist mitten im Krieg ein Zug ein leicht zu treffendes Ziel. Die Konzentration wichtiger und sich wichtig fühlender Persönlichkeiten auf engem Raum lässt die Waggons wie ein Topf unter Druck wirken, der jeden Moment explodieren könnte. Für einen Teil der Reisenden ist diese Zugfahrt die letzte Möglichkeit, vor den Nationalsozialisten zu fliehen. Die Endgültigkeit dieses Schritts ohne Rückkehr scheint noch nicht jedem klar zu sein.

An Bord befindet sich neben Mitgliedern einer Nebenlinie der Romanows u. a. Carol von Carpathien, Herrscher eines Karpatenstaates, den es nicht geben wird. Diverse Geheimdienste haben ihre Mitarbeiter und Mittelsmänner in Bewegung gesetzt; mancher Passagier des Zuges ist nicht derjenige, der er zu sein vorgibt. Man plustert sich auf, taxiert sich gegenseitig in einer aus den Fugen geratenen Welt, in der die Plakette Freund und Feind in kürzester Zeit wechseln kann. Darüber, wer seinen Auftrag ausführen kann und wer sein Ziel erreicht, darf gerätselt werden.

Auf einem räumlich begrenzten Schauplatz sorgt 'Benjamin Monferat' durch schnelle Szenenwechsel und eine Vielzahl von handelnden Personen für Spannung. Die angesichts des drohenden Untergangs geradezu lächerliche Demonstration der von den Figuren für sich beanspruchten Wichtigkeit ist treffend gezeichnet. Elemente des Gesellschaftsromans und historischer Abenteuergeschichten fügen sich zu einer spannenden Handlung.

Durch Oliver Rohrbecks äußerst vielseitige und wandlungsfähige Stimme werden die zahlreichen Figuren und ihre wechselnden Gemütslagen in der Hörbuchversion lebendig. Die vergangene Pracht der Salonwagen aus Messing und Holz wird u. a. in der gedrechselten Sprache der Diplomatie noch einmal zum Leben erweckt. Ein Einlegeblatt mit Namensliste und Skizze der Waggons unterstützt das überzeugende Hörerlebnis.

Bewertung vom 04.01.2017
Cobra / Bennie Griessel Bd.4
Meyer, Deon

Cobra / Bennie Griessel Bd.4


ausgezeichnet

Der junge Südafrikaner Tyrone Kleinbooi ist als Taschendieb an der Kapstädter Waterfront unterwegs, dem bei Touristen beliebten Einkaufsviertel. Tyrone ist dabei stets auf der Hut vor Überwachungskameras. Mit seinem Handwerk finanziert Tyrone das Medizinstudium seiner Schwester. Als ihn überraschend doch der Sicherheitsdienst der Einkaufsmeile schnappt, wird vor Tyrones Augen das komplette Überwachungsteam niedergeschossen. Tyrone ahnt, dass er Profis eines anderen Gewerbes in die Quere gekommen sein muss.

Zuvor musste Kaptein Bennie Griessel mit seinem Team zu Ermittlungen auf das Weingut La Peteite Margaux ausrücken. Dort sind zwei tote Mitarbeiter eines externen Sicherheitsunternehmens gefunden worden, auch ein Angestellter des Weinguts ist ums Leben gekommen. Die Person, die im vermieteten Gästehaus des Weingutes so aufwändig bewacht wurde, ist verschwunden. Am Tatort zurück blieb ein frisch gedruckter britischer Pass. Bennie beginnt seinen Dienst verpennt, zerknittert und sichtlich genervt von den Scherereien mit ausländischen Opfern. Früher jagte man wenigstens eindeutig südafrikanische Schurken. Griessels Team von der Valke, einer Spezialeinheit gegen Gewaltdelikte, hat es offensichtlich mit der Tat von Profis zu tun. Es geht um den Zugang zu einem Algorithmus für das SWIFT-Verfahren, mit dem sich im Kampf gegen internationalen Terrorismus und organisiertes Verbrechen illegale Finanzgeschäfte verfolgen lassen. Ein Anwender kann mit dem Algorithmus aber auch selbst krumme Geschäfte machen. Es ist nicht schwer zu erraten, dass auch Tyrone international agierenden Auftragskillern in die Quere geraten ist. Tyrone bleibt keine andere Wahl, als es mit ihnen aufzunehmen.

Bennie und seine Kollegen müssen sich die durch die Tat alarmierten Geheimdienste vom Leib halten, um überhaupt ihre Arbeit erledigen zu können. Jeder einzelne von ihnen setzt seinen Job aufs Spiel, falls sie gegen die ausdrückliche Weisung der Geheimdienste weiter ermitteln. Bennie hat erst kürzlich Nachhilfe von seinen Kollegen in IT-Fragen erhalten. Da er dennoch alles andere als sattelfest ist in den technischen Möglichkeiten, Verdächtige zu orten und selbst keine Spuren zu hinterlassen, ist sein Team in diesem Fall besonders auf kollegialen Zusammenhalt angewiesen. Der spannende Plot lebt vom Gegensatz dieser Teamarbeit außerhalb des Dienstwegs zu Tyrones Strategien als Einzelkämpfer. Mbali Kaleni als einzige Frau in einem multiethnischen, rein männlichen Team engagiert sich leidenschaftlich für ihren Beruf und wirkt durch ihr nebenberufliches Studium auffallend ehrgeizig. Bennie, mit bereits zwei Disziplinarverfahren in der Personalakte, stabilisiert sich in diesem Band. Als ehemaliger Alkoholiker darf er sich zukünftig keine Alleingänge mehr leisten.

Deon Meyers vierter Band mit Bennie Griessel überzeugt durch die starken Figuren des Taschendiebs Tyrone und der Ermittlerin Mbali Kaleni. Das Setting eines Ermittlertemas, dem die Geheimdienste im Nacken sitzen, hat mir sehr gut gefallen. Da die Gründe für Mbalis ungewöhnliches berufliches Engagement bisher offen geblieben sind, können Bennie-Griessel-Fans auf eine Fortsetzung der Reihe hoffen.

Bewertung vom 04.01.2017
Gated - Die letzten 12 Tage
Parker, Amy Christine

Gated - Die letzten 12 Tage


ausgezeichnet

Der Mann, der sich Pioneer nennt, hat den absoluten Tiefpunkt im Leben von Lylas Eltern abgepasst. Er schleicht sich ins Vertrauen der Familie, als sie um ihre verschwundene Tochter Karen trauert. Pioneer verkündet als selbsternanntes Oberhaupt einer Weltuntergangssekte die Prophezeiungen zweier geheimnisvoller Brüder, die niemand je im realen Leben getroffen hat. Der Einsturz der Twin Towers und der Tsunami im Indischen Ozean bestätigen Pioneers Gefolgschaft darin, dass der Weltuntergang kurz bevorsteht und sie sich deshalb bald mit Gewalt gegen die Flüchtlinge zur Wehr setzen müssen, die aus aller Welt nach Mandrodrage Meadows eindringen werden. Die Struktur der Gruppe, die nach außen „nur“ ein einfaches Leben ähnlich wie die Amish führen will, erfüllt alle Merkmale einer Sekte. Der gefürchtete Feind lauert außerhalb, nur Pioneer verfügt über Zugang zu Fernsehen, Radio und Computer, er fällt alle Entscheidungen allein, Zweifel an seinen Beschlüssen oder die Möglichkeit, dass er mit seiner Interpretation des Weltgeschehens im Irrtum sein könnte, sind nicht zugelassen. Der Schwachpunkt in Pioneers Diktatur sind die wenigen Kontakte seiner Schäfchen zur Außenwelt, wenn für Mandrodrage Meadows eingekauft werden muss. Zwei Jugendliche sind bereits aus der erzwungenen Gemeinschaft geflüchtet.

Die siebzehnjährige Icherzählerin Lyla hat ihre gesamte Jugend unter Pioneers Herrschaft verbracht. Ihr vorgezeichneter Lebensweg wird die Ehe mit dem gleichaltrigen Will sein, dem Pioneer sie zugeteilt hat. Lyla fehlen alle Voraussetzungen, auf eigenen Füßen zu stehen, weil sie noch nie eigene Entscheidungen treffen durfte, seit sie in der Sekte lebt. Als der Sheriff des Ortes in Mandrodrage Meadows ermittelt und dazu seinen Sohn Cody mitbringt, setzt diese Begegnung eine überaus spannend erzählte Spirale von Ereignissen in Gang. Bisher hatte Lyla die Widersprüche des Systems Pioneer zwar beobachtet, sich selbst aber als zu schwach eingeschätzt, um allein Veränderungen in Gang setzen zu können. Die Begegnung mit Cody, die ihr ganz anders als bei Will Kribbeln im Bauch verursacht, setzt in Lyla eine erstaunliche Entwicklung in Gang.

Der Einsatz eines Icherzählers in einer Romanhandlung birgt häufig die Gefahr, dass aufgrund der eingeschränkten Perspektive dieser Person oder ihrer fehlenden Entwicklung die Handlung zu flach bleibt. „Gated“ hat mich mit einer glaubwürdigen Hauptfigur und deren Entwicklung positiv überrascht. Besonders spannend war für mich, dass ich Lyla ihre erstaunlichen Kräfte früher zugetraut habe als sie sich selbst. An keiner Stelle habe ich eine utopische oder dystopische Geschichte in dem Buch gesehen; denn zu Beginn der einzelnen Kapitel laufen Zitate mit, die zunächst Pioneers Geisteshaltung verdeutlichen, um bald in Zitate von Charles Manson, David Koresh und Jim Jones überzugehen. Dadurch haben Lylas Erlebnisse auf mich beklemmend realistisch gewirkt. Weil die Hauptrollen des Buches mit Jugendlichen besetzt sind und auch die für die Handlung entscheidenden Impulse von Jugendlichen ausgehen, ordne ich „Gated“ als äußerst spannenden Jugendroman für die Altersgruppe ab 14 ein.

Bewertung vom 04.01.2017
Absolute Mädchensache
Thor-Wiedemann, Sabine

Absolute Mädchensache


ausgezeichnet

Sabine Thor-Wiedemann kann sich knapp und für ihre Zielgruppe ab 11 Jahren verständlich ausdrücken. Die einzelnen Beiträge umfassen meist eine halbe bis eine Buchseite, enthalten zahlreiche Begriffserklärungen und sind ansprechend illustriert. Themen sind die körperliche und seelische Entwicklung in der Pubertät, Menstruation, die weibliche Brust, Körperpflege und der geheimnisvolle zu entdeckende Kontinent „Jungen“. Das Buch vermittelt Mädchen ein positives Körpergefühl, geht aber auch auf Selbstzweifel am eigenen Aussehen ein. Die Illustrationen zeigen zu Beginn des Buches eher burschikose Mädchen, deren körperliche Entwicklung noch nicht zu erkennen ist, was dem Selbstbild vieler Mädchen zu Beginn der Pubertät entspricht. Was einen Erwachsenen vom Jugendlichen unterscheidet, kommt ebenso zur Sprache wie der allgemeine Weltschmerz in diesem Alter, was ein nicht volljähriges Mädchen über seine Rechte und seine Verantwortung in einer sexuellen Beziehung wissen sollte, das Sex mit seinem Freund haben möchte, oder was vom Männer- und Frauenbild zu halten ist, das durch Pornografie vermittelt wird. Beim Thema Geschlechtsverkehr geht die Autorin der Frage nach, wie weit ein Mädchen selbst gehen will und wie sie ihre Vorstellungen in einer Beziehung durchsetzen kann.

Im Vergleich zu älteren Büchern zur Sexualaufklärung Jugendlicher, die inhaltlich weiterhin völlig korrekt sind, klärt dieser Titel auch über Online-Kontakte, Cyber-Mobbing, Cyber-Grooming und Sexting in Sozialen Medien auf. Im Vergleich zum Buch Jungensache gibt es nur geringe Unterschiede, hier wird etwas ausführlicher behandelt als im vergleichbaren Kapitel für Jungs, wie Jungen ticken und das Thema Grooming kommt direkter zur Sache als im Jungenbuch. Dass Eltern sich um Töchter stärker sorgen, die abends weggehen, als um ihre Söhne, wird hier am Umfang des Themas deutlich. Mädchen interessiert die Pubertät und ihre körperliche Entwicklung schon vor dem 11. Lebensjahr. Das Buch mit seinen kurzen Texten ist bei Interesse auch für diese jüngeren Leserinnen geeignet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2017
Der Schwimmer / Klara Walldéen Bd.1 (MP3-Download)
Zander, Joakim

Der Schwimmer / Klara Walldéen Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Der Schwimmer zieht seine Bahnen in einem Schwimmbad in Langley, Virginia. Es ist ein beruflich kaltgestellter Geheimdienstmitarbeiter, dem seine Vorgesetzten keinen weiteren Einsatz mehr in den Konfliktgebieten dieser Welt zutrauen. Der Mann war vor Jahrzehnten im Nahen Osten eingesetzt; nun ist es Zeit für eine persönliche und berufliche Bilanz. Er müsste sich eingestehen, dass die Waffen, die die USA und die Westmächte damals in Krisengebiete lieferten, heute auf die eigenen Soldaten gerichtet sein könnten. Hat es sich gelohnt, nie Fuß zu fassen, sich niemals zu binden, mit jedem Einsatz wieder die Identität zu wechseln? Zur Dienstzeit des „Schwimmers“ in Damaskus überlebte allein ein Baby einem Bombenanschlag. Erinnerungen an das Ereignis lassen den Mann nicht los. In Schweden bereitet sich der ehemalige Elitesoldat Mahmoud Shammosh auf eine akademische Karriere vor. Auch er hat einen Einsatz in einem Krisengebiet hinter sich, er diente während des Kriegs in Afghanistan dem Westen mit seinen Arabisch-Kenntnissen. Mahmoud wird offenbar von seiner Vergangenheit eingeholt und wendet sich um Hilfe an Klara Walldéen, eine EU-Politikerin mit persönlichen Bindungen an Mahmoud.

Auf mehreren Zeitebenen und an verschiedenen Schauplätzen nimmt Joakim Zander Handlungsfäden auf, deren raffinierte Verknüpfung erst noch die privaten und beruflichen Beziehungen zwischen seinen Figuren zeigen wird. Die Lösung der Verwicklungen ist zwar schon bald voraussehbar, entscheidend in Zanders Agententhriller ist die Wirkung, die er mit Stimmungen zu bewirken vermag. Seine Geschichte, die in der Weihnachtszeit endet und deshalb gut in die Wintermonate passt, hat mich mit ihrer glasklaren Sprache gefesselt, aber auch mit der Melancholie, die die Lebensbilanzen seiner Figuren umgibt.

Der Plot eines komplizierten Thrillers auf mehreren Zeitebenen lässt m. A. sich nur schwer als Hörbuch vermitteln, weil die optische Wirkung von Ort und Datum über den einzelnen Kapiteln fehlt. Die Hörbuchversion löst dieses Problem mit zwei ausgezeichneten Sprechern, der Frauenstimme Nina Hoyers, die als neutrale Erzählerstimme Klara folgt, und der Männerstimme Reinhard Kuhnerts als Icherzähler aus der Sicht des „Schwimmers“. Beide Sprecher artikulieren exakt, beide meistern souverän die fremdsprachigen Orts- und Personennamen. Als Hörbuchversion ein ausgezeichneter Agententhriller.

Bewertung vom 04.01.2017
Mein kleines Stück Alaska
Short, Sharon

Mein kleines Stück Alaska


gut

Aus der Distanz von vierzehn Jahren erzählt Donna aus der Ichperspektive von ihrer Kindheit in den 50ern in Groverton/Ohio. Sie und ihr jüngerer Bruder Will wachsen mutterlos auf. Seit dem Verschwinden der Mutter hat ihr Vater sich in seine eigene Welt zurückgezogen, so dass Donna allein die Familie zusammenhält. Den Lebensunterhalt verdient die Großmutter mit ihrem Café, in dem auch Donna mit anpacken muss. Die Siebzehnjährige spart darauf, später einmal in New York Modedesign studieren zu können. Donnas Mutter Rita hat nicht nur ihr Auto, sondern auch ihre Kleider zurückgelassen, aus denen Donna sich mit ungewöhnlicher Begabung Kleider nach eigenen Entwürfen schneidert. Einfach nur weg aus Groverton wollen andere Jugendliche auch. Donna arbeitet sehr viel entschlossener als andere für die Verwirklichung ihrer Träume. Wie viele Mädchen ihrer Generation ist sie im Konflikt zwischen ihren Träumen, dem Frauenbild jener Zeit und ihrer Verantwortung gegenüber dem erst zehnjährigen Will gefangen. Sie wird sich zwischen ihrer ersten großen Liebe zu einem jungen Mann aus wohlhabendem Haus, einem eigenen Beruf und ihrer Loyalität gegenüber Will entscheiden müssen.

Auch Will arbeitet in seiner Freizeit. Er kauft von seinem Geld Cornflakes und sammelt die Coupons von der Verpackung. Für die gesammelten Abschnitte hat der Hersteller seinen Käufern ein 5 cm²-Stück Grund in Alaska versprochen. Alaska ist Wills Sehnsuchtsort, seit seine geliebte Radiosendung um den Husky Trusty zu Fernsehserie geadelt wurde und seit er beschlossen hat, den Husky vom nahen Schrottplatz in seine ursprüngliche Heimat zurückzubringen.

Die spannende Frage, wie es Donna gelingen kann, ihre Träume zu verwirklichen und ihrer Verantwortung gegenüber Will zu genügen, und Wills Fürsorge für einen vernachlässigten Hund garantieren eine durch und durch herzerwärmende Geschichte. Donnas Rückblick in die 50er mit der Homophobie jener Zeit und der Kommunistenhatz des Senators McCarthy fand ich zu Beginn des Buches noch sehr atmosphärisch. Sharon Short überfrachtet ihre Geschichte dann jedoch mit zu vielen Schicksalsschlägen, anstatt sich konsequent auf die Innensicht ihrer siebzehnjährigen Hauptfigur zu beschränken. Indem sie selbst die Erzählperspektive aus den Augen verliert und bei der Figurenzeichnung zu dick aufträgt, verliert Short mich als Leserin. Ein überforderter und deprimierter Vater genügt nicht, es muss ein Alkoholiker sein, Jimmy darf nicht einfach liebenswürdig sein, er muss als Sohn wohlhabender Eltern unfreiwillig zugleich Schachfigur in der lokalen Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitern der Papierfabrik sein. Weniger beladen und überladen wären Shorts Figuren glaubwürdiger gewesen.

Sharon Short verzettelt sich zum Ende in den Schicksalen ihrer Figuren und bringt ihre Handlungsfäden deshalb zu einem weniger überzeugenden Schluss.

Bewertung vom 04.01.2017
Der Junge und der Elefant
Campbell-Johnston, Rachel

Der Junge und der Elefant


ausgezeichnet

Bat, die Fledermaus, wird der 7-jährige Nakisisa genannt. Der Junge lebt bei seiner Großmutter und hütet in der afrikanischen Savanne ein paar Rinder. In Afrika ist es nicht ungewöhnlich, dass Kinder nicht bei ihren leiblichen Eltern leben. Von Bats Dorf Jambula zeichnet Rachel Campbell-Johnston ein archaisches, zeitloses Bild. Die Menschen leben in traditionellen grasgedeckten Lehmhütten, Frauen und Mädchen wickeln sich in Tücher und das Wasser wird von der Wasserstelle in Tonkrügen zu den Hütten getragen. Bat wächst inmitten einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt auf. Als der Junge ein winziges Elefantenbaby findet, dessen Mutter vermutlich von Wilderern getötet wurde, möchte er die kleine Elefantenkuh Meya gern aufziehen. Die weitere Handlung folgt der unrealistischen Annahme, dass Bats Großmutter, die selbst von ein wenig Handel lebt, auf Bats Arbeitskraft verzichten kann und ein Haustier duldet, das 20 Stunden am Tag frisst. Bat hat mehr Freiheiten, sich um Meya zu kümmern, weil das Mädchen Muka ihn als Hirtin vertritt; mit Muka im Haushalt muss nun wiederum der Lebensunterhalt für drei Personen und den jugendlichen Elefanten verdient werden.

Mensch und Elefant sind direkte Konkurrenten um einen schwindenden Lebensraum. Auf der Suche nach Futter und Wasser zerstören Elefanten Felder und Wasserstellen der Menschen, in Panik sind die riesigen Grasfresser für Menschen lebensgefährlich. Vom Fischer Bitek lernen die Kinder eine Menge über die Bedürfnisse und das Verhalten der Elefanten. Bitek dringt darauf, dass die inzwischen dreijährige Meya in eine vorbeziehende Elefantenherde ausgewildert werden soll.

Im zweiten Teil der Handlung werden Gerüchte Wirklichkeit über entführte Kinder, die als Soldaten in eine Rebellenarmee gepresst werden. Bat und Muka werden von den Rebellen entführt. Aus Angst verlassen die Menschen ihre Dörfer und ziehen in Flüchtlingslager. Entscheidend für das Schicksal der Kinder werden Bats Wissen über Elefanten sein und die jahrhundertealten Wege der Herdentiere.

Nicht gefallen hat mir die verwirrende Bezeichnung der durchziehenden Elefantenherde als Wildelefanten (S. 140). Diese Wortwahl könnte suggerieren, dass es sich bei den frei lebenden und den in Gefangenschaft aufgezogenen Tieren um zwei unterschiedliche Arten handelt oder dass die Handaufzucht von verlassenen Jungtieren der Normalzustand wäre. Den Einblick in die Emotionen der Kindersoldaten in der zweiten Hälfte des Buches finde ich dagegen durchweg gelungen. Ohne die Gründe für den bewaffneten Konflikt weiter zu vertiefen, wird hier die Verletzlichkeit und Verlorenheit der Kinder deutlich, die in einem verwüsteten Land gar nicht wüssten, wohin sie vor ihren erwachsenen Unterdrückern fliehen sollten, falls sich eine Chance zur Flucht bieten würde.

Rachel Campbell-Johnstons Stärke sind ihre Naturbeschreibungen, die jüngere Leser vermutlich weniger interessieren werden. Über das Verhalten von Elefanten fließt eine Menge Wissen in das Buch ein. Die Autorin schildert ein Afrika wie aus dem Museum, das man in dieser Form nur noch selten antreffen wird. Die Handlung beruht auf realen Ereignissen in Uganda 1986 und Interviews der Autorin mit Kindersoldaten. Die im Buch gezeigte Dorfidylle bleibt nicht klischeefrei, das Buch vermag jedoch gerade aufgrund seiner Zeitlosigkeit dem Afrikabild aus europäischer Perspektive neue Facetten hinzuzufügen.

In einem Jugendroman mit dem Thema Kindersoldaten hätte ich mir gewünscht, dass dieses besonders Jungen ansprechende Thema zügiger zur Sprache gekommen wäre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.01.2017
Safari
Kainen, Dan;Kaufmann, Carol

Safari


ausgezeichnet

Das Buch erinnert äußerlich an Fotoalben vom Anfang des 20. Jahrhunderts, bei denen die Fotos auf einen Einsteckkarton geklebt wurden, den man dann vom oberen Schnitt aus zwischen die gefaltete und mit Aussparungen versehene Albumseite steckte. Mancher mag sich beim Blick auf das quadratische Titelblatt auch an die Wackelbilder seiner Kindheit erinnern. Wackelbilder sind Linsenraster- oder Prismenrasterbilder, die durch den Einsatz von Prismen aus Kunststoff beim Betrachter ein dreidimensionales oder bewegliches Bild erzeugen. Die Buchreihe zu Naturthemen im Retrolook spielt in einer ganz anderen Liga. Die Idee dazu entstand durch den Einfluss von Dan Kainens Vater, der am Smithonian Instistute in Washington als Kurator für Grafiken tätig war. Für die bewegten Bilder afrikanischer Tiere werden Fotoreihen eingescannt, digital in feine Streifen zerlegt, auf eine Folie gedruckt, die man dann zwischen die Linsenrasterfolie laminiert. Schlägt man den Deckel des Buchs auf wie bei einem Schatzkästchen und blickt seitwärts in die Tasche, die die Folie hält, erkennt man das von zwei kräftigen Folienlagen umschlossene Bild. Die Bewegungssequenz wird durch die Bewegung beim Blättern der Buchseite nach oben erzeugt.

Der Gepard, der kraftvoll über die Fensteröffnung auf dem Titelblatt hinweg schnellt, ist ein ideales Motiv, um Bewegungsabläufe darzustellen. Der Retrolook des Buches setzt sich fort durch einen Safaribericht aus der Gegenwart, gedruckt auf künstlich gealtertes Papier. Die ausgewählten Tiere Gepard, Löwe, Gorilla, Nashorn, Zebra, Elefant, Gazelle und Giraffe repräsentieren die großen Säugetiere Afrikas, die die ersten Entdecker beeindruckten und Großwildjäger zum sinnlosen Abknallen bei der Jagd nach Trophäen veranlassten. Die Bildseite enthält jeweils Fakten zum vorgestellten Tier, die Textseite, die man hochklappt, erzählt vom Verhalten und Familienleben des vorgestellten Tiers.

Vom Verlag wird das Buch als Kindersachbuch für Leser ab 4 empfohlen, es wird sicherlich auch ein begehrtes Sammlerobjekt erwachsener Liebhaber werden. In den USA ist schon ein zweiter Band verfügbar. Ocean. A Photicular Book

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.