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Benutzername: 
Uli Geißler
Wohnort: 
Fürth/Bay.

Bewertungen

Insgesamt 768 Bewertungen
Bewertung vom 25.06.2013
Später Frost / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.1
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Später Frost / Ingrid Nyström & Stina Forss Bd.1


sehr gut

Späte Rache
Die Spannung beginnt langsam und baut sich nach und nach auf, wenngleich das Autorenpaar in ihrem Debütroman auf blutrünstige Szenen und wilde Actionszenen verzichten. Geradezu privat erzählen sie vom Umzug der Berliner Jungermittlerin und Halbschwedin Stina Foss mit dennoch ausreichend Diensterfahrung nach Schweden und ihre ersten „Schritte“ bei der dortigen Polizei, die sich ja so ganz anders vorgestellt hatte. Dass sie die Polizeischule besuchen soll, trifft ihre professionelle Seele schon hart.

Trotzdem entspinnt sich mit der relativ kurzfristig und spontan in das Amt der Leiterin der Kriminalpolizei von Vaxjö katapultierten Ingrid Nyström doch eine ganz gute Zusammenarbeit. Der Insektenforscher Balthasar Melchior Frost wurde ermordet und übel verätzt. Zudem ergeben sich mit jeder Information, die sich den beiden recherchierenden Frauen Fragen über Fragen, beispielsweise mit der Entdeckung, dass der Tote im Gewächshaus homosexuell war. Kurzzeitig wird darin die Motivlage vermutet. Nebenbei bekommt man einiges über die beiden Frauen mit, ohne dass diese Nebenthemen die Kernhandlung des Geschehens stören. Diese Detailfreudigkeit bietet in einem ausgewogenen Maß genug Atmosphäre und macht die Geschichte trotz der abstrusen Mordgeschichte glaubhaft.

In angenehm kurzen Kapiteln bekommt man verschiedene Perspektiven erzählt und es ist absolut spannend, mehr und vor allem die lange zurückliegenden Hintergründe über den Toten zu erfahren. Die knappen und doch Inhaltsreichen Sätze sorgen für angenehme Leichtigkeit bei gleichzeitigem Tiefgang. Der Roman ist in keiner Weise oberflächlich, sondern glänzt durch niveauvolle Dialoge und reichlich Informationen und nachvollziehbare Handlungen der Protagonisten.

Stück für Stück kommt man hinter das Geheimnis und beginnt, Verbindungen und Begründungen miteinander zu verknüpfen, ermittelt quasi mit und versucht das doch überraschende Ende vorherzusehen. Da das nicht gelingt, bleibt die Geschichte bis zum Schluss an- und aufregend. Auch wenn die Geschichte einem nicht den Atem raubt vor Hochspannung den Pulsschlag erhöht, so kann man sich dennoch auf die nächste Geschichte mit dem weiblichen Ermittlerinnen freuen und hoffen, dass das Autorenteam ebenfalls mit der Zeit immer besser zusammenarbeitet. Der Anfang mit „Später Frost“ lässt das auf jeden Fall vorhersehen.

(c) 6/2013, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.06.2013
Handbuch Kulturelle Bildung

Handbuch Kulturelle Bildung


gut

Grundlagenwerk von der Theorie zur Praxis

„Kulturelle Bildung“ steht zwangsläufig in einem fortlaufenden Diskursprozess, zu schnell verändern sich Zielsetzungen, Inhalte, Methoden, Rahmenbedingungen und Ausdrucksformen. Dennoch gibt es – so schätzen es zumindest die 181 Autorinnen und Autoren dieses Theorie-„Wälzers“ ein – diese 1,8 Kilogramm schwere Bestandsaufnahme und Darstellung der vielfältigen Gestalt von Bildung in kreativen Handlungsfeldern, welche - eine Weile zumindest -grundlegend sein sollte.

Die Fachprofunden Herausgebenden werden von einem nicht minder kompetenten Beirat und besonders von den zahlreichen im Segment des Themas aktiven oder forschenden Autorinnen und Autoren unterstützt. So bietet das Handbuch eine durch tätige Praxis gesicherte und bestätigte Theorie und ist somit selbst kulturell bildend, ganz im Duktus der Handbuchinhalte.
Das nicht gerade handliche Werk bietet im Teil I Grundlagen Kultureller Bildung mit ausführlichen Darlegungen theoretischer Erkenntnisse und Festlegungen zu Mensch und Kultur, Bildung, den Künsten und der Gesellschaft. Der zweite Teil zeigt die Praxisfelder auf, befasst sich also mit Rahmenbedingungen, Handlungsfeldern, Adressatengruppen, Professionalisierung und Evaluation.

Die 181 Schreibenden zeugen von der vom Herausgeberteam offensichtlich gewünschten Pluralität der theoretischen Sichtweisen zum Themenfeld. Kaum erkennbar sind Praxisnahe Umsetzungen, Projekte, Forderungen und Zielformulierungen der freien, außerschulischen, freizeitlichen Kultur junger Menschen, geschweige konkrete Hinweise auf die Mannigfaltigkeit der hohen Kultur auf der „Bühne des Lebens“ von engagierten und kreativen Kindern und Jugendlichen allerorten. Da hat die Theorie mal wieder die Praxis plattgedr_u_ckt. Schade, denn Kulturelle Bildung hätte weise Theorien doch so viel mehr ergänzen können.

Zudem scheinen alle Erkenntnisse kreativer Lern-, Vermittlungs- und Gestaltungstheorien an den Macherinnen und Machern des Machwerks vorüber gegangen. Kein einziges Foto, keine Illustration, nicht mal eine lithographische Idee lockern die in 8-Punktschrift nur mühsam und beschwerlich zu lesende und mit 1080 Seiten unendlich wirkende Textwüste auf. Es ist keine Handlungsanweisung und es ist auch keine Arbeitshilfe und auch keine Projektdokumentation. Doch selbst ein eigenständiges Kulturstück wie ein Grundlagenwerk verdient es, anregend gestaltet zu sein.

Das dicke Buch bietet eine Fülle an Nachdenkens werten, informativen, fundierten, wissenschaftlich gesicherten, Kultur- und Bildungspolitischen Erkenntnissen und Positionierungen. Für den Alltag kultureller Kinder- und Jugendbildung werden wohl die Bedingungen und die Erfordernisse vor Ort Massstab für das Gelingen und Erreichen hehrer Bildungsziele entscheidend sein.

(c) 6/2013, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Spiel- und Kulturpädagoge, Fürth/Bay.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.06.2013
Die Meisterdiebe von Nürnberg / Paul Flemming Bd.4
Beinßen, Jan

Die Meisterdiebe von Nürnberg / Paul Flemming Bd.4


gut

Mordverdacht nach Blackout

Der Freie Fotograf Paul Flemming wird mit den vermeintlichen Folgen einer wilden Nacht kurz vor seinem 40. Geburtstag konfrontiert, die ihm nicht unerhebliche Schwierigkeiten bereiten. Der makabre Tatort ist das düstere Lochgefängnis unter dem Nürnberger Rathaus. Ein attraktives Fotomodel wurde tot aufgefunden und die ersten Tathergangsphantasien führen dummerweise, aber glaubwürdig zu Flemming.

Da der lebenslustige Journalist sich nicht mehr erinnern kann und sogar selbst glaubt, etwas mit dem Mord zu tun haben könnte, lassen die Anspannung des auf eigene Faust ermittelnden Paul nachvollziehen. Immer wieder begibt man sich mit dem mit der Frankenmetropole geradezu verwachsenen Single durch die Gassen der Stadt und lebt quasi seinen aufregenden Alltag mit.

Doch nicht nur der ungeklärte Tathergang und der massive und bedrückende Vorwurf, mit dem Tod der jungen Frau zu tun zu haben, sind belastend für den um seine Entlastung kämpfenden Mann, sondern auch noch die ungeklärte Beziehung zu Katinka in Berlin und weiteren zwei „Eisen im Feuer“, die für Paul einen unangenehmen schwebenden emotionalen Zustand verursachen.

Die Verknüpfung der Modeaufnahmen und vor allem der tödliche Ausgang des Fotoshootings in der morbiden Kulisse mit einer zeitgleich im Rathaus stattfindenden Ausstellung der aus Wien ausgeliehenen Reichskleinodien und einem eventuellen Fälschungsskandal sorgen für die für einen spannenden Roman nötige Vielschichtigkeit der Geschichte.

Klar spielt das erwünschte Lokalkolorit dieses Kriminalromans eine wichtige Rolle und auch die vom Autor geschaffenen Figuren brauchen immer wieder ihre Aufgabe, so dass bisweilen das Gefühl von unnötig etwas hölzern herbeigeführter Bedeutung der Personen entsteht, was der Tiefe des Geschehens etwas nimmt.

„Die Meisterdiebe von Nürnberg“ sind dennoch ein aufgrund unkomplizierter Sprache und eines einfach nachvollziehbaren Handlungsstranges gute Unterhaltung aus Franken, die über regionale und Landesgrenzen hinaus anspricht.

(c) 5/2012, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.05.2013
Teamspiele
Birnthaler, Michael

Teamspiele


ausgezeichnet

Klasse Sammlung Gruppendynamischer Spiele

Mehr denn je sind Kooperation und ein gutes Miteinander wichtig. Ganz spielerisch lassen sich diese Grundbedingungen für eine gute Gruppenarbeit fördern und unterstützen. Die vorliegende Spielesammlung bietet ausreichend erprobte und bewährte Ideen, spannend und nachhaltig Kinder, Jugendliche oder Erwachsene im Spiel zu einem guten Zusammenwirken zu bringen.

Unterteilt in die Kapitel Strategiespiele, Sportspiele, Bauprojekte, Expeditionen, Vertrauens-, Blind-, Orientierungs-, Gelände- und Nachtspiele sowie Abenteuerprojekte sind alle Anleitungen zum gemeinsamen Spiel auf jeweils einer Doppelseite übersichtlich und mit anregenden Fotos dargestellt, es gibt eine Informationsleiste mit Angaben zu Material, Spielort, Gruppe und Zeit. Am Ende jeder Spielanleitung weisen rot hervorgehobene Hinweise auf pädagogisch Beachtenswertes oder besondere Eignungen eines Spieles hin.

Im Anhang des Buches finden sich erläuternde Illustrationen zu bestimmten Spielaufbauten, Parcour-Verläufen, Spielfeldern oder Kopiervorlagen von Spielmaterial. Nicht zuletzt gibt es ein Literaturverzeichnis und ein Register mit den Spieletiteln.

Das Buch eignet sich für alle erfahrenen Spieleanleiterinnen und –anleiter, die Gruppen unterschiedlicher Art ab etwa der Altersstufe 10 Jahre unterstützen wollen, ein starkes und tragfähiges Team zu werden, miteinander Spaß und an- oder aufregende Erfahrungen miteinander zu machen.

(c) 5/2013, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Spiel- und Kulturpädagoge, Fürth/Bay.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.05.2013
Claraboia oder Wo das Licht einfällt
Saramago, José

Claraboia oder Wo das Licht einfällt


ausgezeichnet

Alltagstristesse als Lebensprinzip

Voreingenommen durch die Meisterwerke des Autors las ich das verschollen geglaubte und nun veröffentlichte Frühwerk mit Interesse und gefestigter Position gegenüber dem Autor, immerhin Literaturnobelpreisträger.

Schnell wird man Nachbar und Beobachtender des Lissabonner Lebensalltags zur Zeit der bis 1974 andauernden Diktatur des Antonio de Oliveira Salazar und kämpft gedanklich mit ums schöne Überleben der Protagonistinnen und Protagonisten.

Der Fado des Lebens ist allgegenwärtig und die Frage nach dem je individuellen Glück der so Lebensnah beschriebenen Charaktere und Personen im als Handlungsort gewählten Mietshaus bestimmen jede Zeile des Romans.

Durchsetzt von den Sehnsüchten nach Liebe, Frieden, Lebensqualität erzählt der junge Saramago von den Hoffnungen des Schusters mit seinem kleinen Laden, der von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang mit Näharbeiten ihren kargen Lebensunterhalt verdienenden Frauen-Zweck-Wohngemeinschaft, den Liebeschancen der ungewollt korrumpierten Dona Lídia oder der Not einer vom Leben und von der Liebe enttäuschten Justina. Melancholie und Neid bestimmen das Geschriebene.

Claraboia ist ein starkes Buch, welches das eigene – offensichtlich - bessere Leben als Gegenüber aufkeimen und dieses Gefühl der Stärke die Not der gewesenen Existenzen leichter ertragen lässt.

Im Kontext der schon bekannten Saramago-Texte ist das Buch ein posthumer Nachweis entstehender literarischer Qualität. Als zuerst erschienenes Werk wären die Erwartungen an folgende Romane extrem hoch gewesen und es bleibt freilich unbeantwortet, ob der Autor diesem frühen Druck dann Stand gehalten hätte. Heute ist klar: er hat!

(c) 5/2013, Redaktionsbüro Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.