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Europeantravelgirl

Bewertungen

Insgesamt 327 Bewertungen
Bewertung vom 28.12.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

Die Nebel der Vergangenheit

Es ist eine rätselhafte, bildgewaltige Reise in die Vergangenheit, die uns in drei Zeitebenen führt. 1943 entsteigt ein gefangen gehaltener Junge den Trümmern des Graphischen Viertels in Leipzig nach dessen nahezu vollständiger Zerstörung. 1933 erleben der Buchbinder Jakob Steinfeld und sein jüdischer Gehilfe Grigori Gomorov am eigenen Leib, wie die Nazis mit Gewalt nach der Macht greifen. 1971 ist der Buchhändler Robert Steinfeld auf der Jagd nach seltenen Büchern. Die Geschichte in allen Zeitebenen wandelt auf den Spuren der Verlegerfamilie Pallandt sowie des Buchbinders Jakob Steinfeld und später dessen Sohn Robert.

Der Roman besticht vor allem durch seine bildhafte Ausgestaltung. Allein mit Worten webt der Autor geheimnisvolle Kulissen wie das Graphische Viertel mit seinen niemals stillstehenden Druckmaschinen, dem stets in der Luft liegenden Ruß, mysteriösem Nebel und den verwinkelten Gassen. Das historische Zeitgefühl aller Ebenen ist hervorragend getroffen. Da wäre das Jahr 1933 mit dem Aufstieg der Nazis, die überall zu spürende Judenfeindlichkeit. Die Gefahr ist fühl- und sogar regelrecht greifbar. Die Zeitebene von 1971 hingegen führt uns nicht nur in die 70er Jahre in München mit Mode und Lebensgefühl, auch die damalige DDR wird überzeugend geschildert.

Die Geschichte selbst lebt und atmet die Magie der Bücher. Ob Buchdrucker oder Buchbinder, Buchhändler oder gar Verfasserin, sie alle verbindet die Hingabe an die Welt des geschriebenen Wortes. Dabei gelingt es dem Autor, nicht nur an historischen Fakten zu verhaften, sondern auch mystische Elemente einzubringen, phantastische Möglichkeiten anzudeuten. Dieses Spiel übt beim Lesen einen unwiderstehlichen Sog aus und man taucht immer tiefer in die Geschichte ein.

Am Schluss des Buchs arbeitet sich der Autor beinahe sachlich an der Aufklärung aller Rätsel ab, da hätte nach dem hervorragend komponierten Roman und dem Spannungsaufbau auch gerne noch ein Knalleffekt kommen dürfen, aber dies ist Meckern auf allerhöchstem Niveau.

Über ein kleines Rätsel hüllt der Autor jedoch einen mystischen Nebel, und so bleibt am Ende das Spiel mit der Magie.

Bewertung vom 26.12.2022
Wenn ich falle / Dark Ivy Bd.1
Hotel, Nikola

Wenn ich falle / Dark Ivy Bd.1


ausgezeichnet

Dark Academia at its best

Dank eines Stipendiums kann Eden Collins ein Studium an der renommierten Woodford Academy antreten, wo sie sich anfangs zwischen all den privilegierten Studenten fremd fühlt. Doch es ist nicht nur der soziale Hintergrund, der sie von den anderen trennt, es ist auch ein dunkles Geheimnis, eine Schuld, die sie niemandem anvertrauen will. Dennoch findet Eden rasch Anschluss, wobei sie vom ersten unfreiwilligen Zusammenstoß an fasziniert ist von Will. William Grantham III. genaugenommen. Niemand geringeres als der Enkel eines Mäzens der Academy. Vermeintlich vom Schicksal begünstigt und ein reicher Schnösel. Doch hinter Wills Maske verbirgt sich ein sensibler und mitfühlender Mensch. Und eine Maske trägt er wirklich, denn ein großes Feuermal ziert sein Gesicht.

Der New-Adult-Roman und erste Teil einer Dilogie ist so ansprechend geschrieben, dass man die Seiten beim Lesen regelrecht verschlingt. Dabei setzt er auf bewährte Motive des Genres mit Internatsleben, neu geknüpften Freundschaften, spicy Szenen und dunklen Geheimnissen seiner Protagonisten. Letztere werden bei Eden unfreiwillig ans Tageslicht gezerrt, als eine Professorin die Geheimnisse ihrer Schüler in einem „Experiment“ zum Unterrichtsthema macht, so dass Eden gezwungen ist, sich der Vergangenheit zu stellen.

Was dieses Buch jedoch von anderen (Dark)-Academy-Stories unterscheidet, ist die besondere Kommunikation zwischen Eden und William. Die beiden tauschen sich zum einen über Wills Notizbuch aus durch geschriebene fiktive Szenen/Dialoge, die an Theaterszenen erinnern. Zum anderen widmen sie sich gegenseitig Blackout Poetry. Bei dieser Kunstform werden visuelle Gedichte auf vorhandenen Textseiten geschaffen, indem etwa weite Teile des Textes geschwärzt oder übermalt werden und die verbliebenen Worte die eigentliche Botschaft vermitteln. Dies hat für mich das Buch trotz vieler bekannter Dark Academia-Themen auf ein anderes Level gehoben!

Bleibt nach dem heftigen Cliffhänger am Ende nur die Frage, wie ich die Wartezeit auf Band 2 überbrücken soll!

Bewertung vom 23.12.2022
Für immer im Dezember (eBook, ePUB)
Stone, Emily

Für immer im Dezember (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Herzergreifende Dezembergeschichte

Es beginnt mit einem wortwörtlichen Zusammenstoß kurz vor Weihnachten. Josie bringt mit dem Fahrrad im abendlich dunklen London Max zu Fall und verändert dadurch beider Pläne. Beide hätten das Weihnachtsfest eigentlich allein verbracht – Josie weil sie es seit dem Tod ihrer Eltern nicht über sich bringt, in ihren Heimatort zu fahren, Max weil sein Flug verschoben wurde und er in London gestrandet ist. Aus dem anfänglichen Ärgernis entwickelt sich ein gegenseitiges Kennenlernen, sie fassen Vertrauen zueinander und erleben unbeschwerte, innige Weihnachtstage, kommen sich sogar nah. Dies allein wäre eine zauberhafte Weihnachtsgeschichte, doch hier kommt alles ganz anders, denn nach diesen wunderschönen Tagen verlässt Max Josie ohne Aussicht auf ein Wiedersehen.

Doch das Schicksal lässt sich nicht so einfach überlisten, und so kreuzen sich die Wege der beiden im Verlauf des nächsten Jahres auf geradezu wundersame Weise immer wieder.

Die Geschichte ist einfach herzerwärmend erzählt und liest sich ganz wunderbar, man fliegt geradezu durch die Seiten und kann den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen. Das weihnachtliche Setting in London versprüht perfekte Weihnachtsstimmung mit dem Winter Wonderland, gemütlichen Pubs und nächtlichen Straßen. Auch weitere Handlungsorte wie New York und Schottland sind so liebevoll und detailliert geschildert, dass sie einen perfekten Rahmen bilden.

Es ist jedoch keineswegs eine zuckersüße Weihnachtslovestory, sondern birgt auch Schmerz, Verlust und Trauer und gewinnt damit an Tiefe und Tragik. Die Story ist aus den wechselnden Perspektiven der beiden Protagonisten erzählt, so dass man beim Lesen sowohl Josie als auch Max und ihre Gefühle, Zweifel und Motivation eindringlich begreifen kann, wobei die wahre Tragik beim Lesen längst erahnt, aber erst sehr spät enthüllt wird. Die Liebesgeschichte ist gleichermaßen schön und schrecklich, zauberhaft und zerstörend, aber dennoch voller Hoffnung und damit eine herzergreifende Lektüre nicht nur zu Weihnachten. Taschentücher bereithalten!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.12.2022
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


gut

Tabubruch mit Ansage

Dass dieses Buch Grenzen überschreiten möchte, kündigt bereits das Cover plakativ an.
Plakative, große Sätze kommen mir da entgegen. Dieser Roman wurde „gebaut“, nicht geschrieben. Mehr ist mehr. Oder vielleicht doch nicht? Die Sprache ist stark, laut. Man muss entgegen der Meinung der Lektorin die Sätze auch nicht zweimal lesen, denn sie werden mir auf wenig subtile Weise entgegengebrüllt. Die beste Beschreibung hat uns die Autorin im Roman selbst geliefert, als sie Max ein Bild beschreiben lässt: „sehr plakativ und auf die Zwölf“.
Inhaltlich wartet der angekündigte Tabubruch mit einer intensiven, schmerzhaften Beziehung und dem nicht weniger intensiven Ausscheiden von Körperflüssigkeiten und -inhalten aller Art. Leider kann das nicht wirklich schockieren, denn die „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche haben bereits vorgemacht, wie das geht. Schälen wir also das Blut und die K?tze herunter und betrachten die eigentliche Geschichte: Es bleibt eine junge Frau mit schwerer Kindheit, die sich erschreckend in eine Beziehung mit einem depressiven, labilen Partner ergibt. Beim Lesen schmerzt der Opferungswillen von Lio, und ich muss einräumen: Ja, hier geht der Roman endlich dorthin, wo es weh tut. Hier im Kern kommen die wahren Konflikte endlich zum Vorschein, und nun erkenne auch ich das Funkeln des Juwels.

Bewertung vom 12.12.2022
Anatomy
Schwartz, Dana

Anatomy


ausgezeichnet

Die Aristokratin und der Auferstehungsmann

Hazel möchte Ärztin werden. Das wäre an sich ein ganz normaler und legitimer Wunsch. Wenn es sich bei der jungen Dame nicht um Lady Hazel Sinnett und das Jahr 1817 handeln würde. Diese Umstände machen die Erfüllung ihres Wunschtraums für die von der Medizin und vor allem der Chirurgie besessene kluge Hazel unmöglich. Wirklich unmöglich? Denn Hazel ist auch äußerst willensstark und vollbringt tatsächlich das Kunststück, mit dem legendären Medizindozenten Dr. Beecham in Edinburgh eine Wette einzugehen: Wenn sie es schafft, die Medizinprüfung zu bestehen, lässt er sie zum Studium zu. Fachliteratur kann Hazel sich beschaffen, aber was ist mit den praktischen Studien zum Sezieren? Wie gut, dass der Auferstehungsmann Jack Currer ihren Weg kreuzt. Er verdient sein Geld mit dem Ausgraben von Leichen und deren Weiterverkauf an die Medizin. Bald sind die unerschrockene Hazel und Jack in verbotener Mission unterwegs und kommen sich dabei unwillkürlich näher, obwohl Hazel doch eigentlich standesgemäß verlobt ist.

Dieser Roman hat mich von der ersten Seite an völlig begeistert! Wer viel liest, kommt unweigerlich an den Punkt, wo sich Themen und Konstellationen wiederholen und ein gewisser Überdruss einsetzt. Hier kommt endlich einmal eine frische, innovative Geschichte mit einer hinreißenden, unkonventionellen und vor allem selbstbewussten Heldin. Verpackt in einen Jugendroman, ist die aufregende Story dennoch auch für Erwachsene lesenswert. Historisch interessant und realitätsnah geschildert mit vielen medizinischen Details und einer klug beobachteten Schilderung der Gesellschaft und ihrer Konventionen, entwickelt sich eine temporeiche und aufregende Geschichte rund um Hazels Ambitionen und Ungereimtheiten, die sich bei der Exhumierung der angeblich am Römischen Fieber verstorbenen Leichen ergeben.

Ohne zu spoilern sei verraten, dass am Ende ein wahrer Knaller wartet!

Für mich war dieser Jugendroman eine absolute Entdeckung zum Jahresende und ich kann eine begeisterte Leseempfehlung aussprechen, wobei ich aufgrund der Altersangabe von 14 Jahren auf die anschaulichen anatomischen Details hinweisen möchte.

Bewertung vom 09.12.2022
Ein Schuss Whiskey / Kulinarische Kriminalromane Bd.3
Henn, Carsten Sebastian

Ein Schuss Whiskey / Kulinarische Kriminalromane Bd.3


sehr gut

Der Club der betrunkenen Dichter

Janus möchte ein Buch schreiben. Dafür ist er sogar nach Dublin gezogen, der Inspiration wegen. Weil auch das nicht helfen will, versucht er die Muse durch einen Vollrausch herbeizulocken und trinkt sich durch sämtliche Dubliner Pubs. Kaum hat er diesen Zustand erreicht, keineswegs jedoch die literarische Inspiration gefunden, strandet er am Ufer der Liffey und wird dort Zeuge des Mordes an einer wunderschönen Frau, die Literatur zitierend erschossen wird. Weil ihm die Garda, die Dubliner Polizei, keinen Glauben schenkt, ermittelt er auf eigene Faust. Damit wird eine regelrechte Kettenreaktion in Gang gesetzt. Janus kommt der geheimen „Drunken Poet Society“ auf die Spur, deren wahre Motivation und Ziele zunächst nebulös sind.

Ein guter Whiskey besteht ja aus ganz vielfältigen Aromen wie beispielsweise Beeren, Holz, Vanille oder weißem Pfeffer. Irgendwie ist es mit diesem Buch ähnlich, es ist eine aufregende Mischung aus einem Kriminalroman, hingebungsvollen Schwärmereien über die irische Literatur, Einblicke in Dublin und seine Destillerien und vor allem eine Liebeserklärung an den irischen Whiskey. Der Einstieg in die Story gelang mir nicht ganz reibungslos, da ich den Aufbau, die Geschehnisse und Gruppierungen anfangs recht undurchsichtig fand. Die verschiedenen Perspektiven und das Konstrukt des „Romans im Roman“ trugen auch nicht zum raschen Erfassen der Zusammenhänge bei. Im Verlauf der Geschichte konnte sich die Handlung jedoch wie ein guter Whiskey im Glas entfalten und in allen Facetten präsentieren. Mit den teilweise recht skurrilen Mitgliedern der Drunken Poet Society erinnerte der Roman in weiten Strecken herrlich ans absurde Theater, was nach turbulenten Entwicklungen in einem furiosen Finale mündete. Mein Favorit war übrigens Janus´ Vater mit seinen SMS, die mich jedes Mal schallend auflachen ließen!

Der Roman ist das dritte Buch des Autors zu verschiedenen Drinks, wobei es sich nicht um eine Reihe im eigentlichen Sinn, sondern um unabhängig voneinander lesbare Geschichten handelt. Typisch für die Reihe und auch hier ein besonderes Highlight sind die eingeschobenen Passagen zur Geschichte und Herstellung des irischen Whiskey.

Bewertung vom 07.12.2022
Bleib bei mir, Sam
Thao, Dustin

Bleib bei mir, Sam


sehr gut

Wenn es ganz anders kommt

Julie und Sam sind seit 3 Jahren zusammen und glücklich, haben gemeinsame Träume und Zukunftspläne. Doch plötzlich wird Sam bei einem schrecklichen Verkehrsunfall mitten aus dem Leben gerissen, und Julie bleibt ganz allein zurück.

Der Jugendroman setzt unmittelbar nach Sams Tod ein, als sich Julie in einer Art Schockstarre befindet. Sie zieht sich völlig zurück, bricht jeglichen Kontakt zur Außenwelt ab und geht nicht einmal zur Beerdigung. Ihre Freunde reagieren teilweise mit Unverständnis, fühlen sich von ihr zurückgestoßen und als ob sie nicht nur Sam, sondern auch Julie verloren hätten.

Da geschieht das Unglaubliche: In ihrer Verzweiflung wählt Julie Sams Nummer auf dem Handy, und der geht tatsächlich auch dran!

Es sind verschiedene Stufen der Trauer, die Julie durchläuft. Nicht alle sind wirklich nachvollziehbar oder nachfühlbar, besonders wenn sie andere Menschen vor den Kopf stößt und sich immer wieder von der Welt zurückzieht und stattdessen krampfhaft an der Vergangenheit, an Sam und den Telefonaten mit ihm festhält und ihn nicht loslassen will. Aber jeder trauert nun einmal anders. Das müssen Julies Freunde und Familie erkennen, das erkennen auch wir beim Lesen.

Leider schöpft die Geschichte ihr Potenzial nicht völlig aus, vor allem im langen Mittelteil hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe gewünscht. Da wird auch gerade in den Telefonaten viel Zeit für Alltäglichkeiten verwendet anstatt unter die Oberfläche zu den wirklich wichtigen Themen einzutauchen. Ich selbst habe mir beim Lesen die Frage gestellt, was ich bei so einem Gespräch sagen würde. Schwierig, aber ich bezweifle sehr, dass ich wie Julie über den aktuellen Klatsch aus der Schule reden würde. Zum Glück kriegt die Geschichte im letzten Viertel aber die Kurve bzw. mehr Tiefgang, und es kommt zu einem tatsächlich sehr emotionalen Ende.

Alles in allem ein außergewöhnliches Jugendbuch, das die trauernde Julie auf dem Weg zurück ins Leben begleitet.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


ausgezeichnet

„Du bist perfekt, sogar in deiner Unvollkommenheit“

Mein erster Roman von Taylor Jenkins Reid! Und dann ein Buch über Tennis? Ernsthaft?

Ich möchte es gleich vorweg feststellen: Believe the hype!!!

Der Roman erzählt von der fiktiven Tennisspielerin Carrie Soto, die in ihrer aktiven Zeit Rekorde für die Ewigkeit aufgestellt hat und dann wegen einer Verletzung ihre Karriere beenden musste. Nun passiert das für sie Unerträgliche: Ein neuer Star am Himmel stellt ihren alten Rekord an Grand-Slam-Siegen ein! Das kann Carrie so nicht stehen lassen, und so beschließt sie, noch einmal anzugreifen: Carrie Soto is back! In Rückblenden erfahren wir, wie und unter welchen fast unmenschlichen Anstrengungen und Entbehrungen es Carrie überhaupt an die Spitze geschafft hatte, ehe wir sie hiernach auf dem harten Weg ihres Comebacks begleiten.

Obwohl Tennis nicht wirklich zu meinen Leidenschaften gehört, war ich von der ersten Seite an gefesselt von der Story und von Carries Persönlichkeit. Der Autorin gelingt es auf unvergleichliche Weise, Spannung zu erzeugen und gleichzeitig die Entwicklung der Heldin voranzutreiben. Die Schilderung des Tenniszirkus ist faszinierend, dazu kommen wahnsinnig spannende Matches, die man beim Lesen atemlos Punkt für Punkt verfolgt. Angereichert wird alles mit viel Lebensgefühl der 1990er Jahre und realen Facts, die einen beim Lesen vergessen lassen, dass die Figur der Carrie Soto eine fiktive ist. Überhaupt ist diese Persönlichkeit so rund und stimmig angelegt in all ihrem Ehrgeiz, ihrer Besessenheit und Kompromisslosigkeit, aber auch in all den Brüchen ihrer Entwicklung: „Lange Zeit war mein Ehrgeiz bedrückend. Er ist keine Freude – er ist ein Meister, dem ich gehorchen muss,…“ Denn Carrie ist wahrhaftig nicht Everybody´s Darling, sondern gilt als eiskalte „Kampfmaschine“ und stößt mit ihrer direkten, unbeschönigten Art Fans und Gegnerinnen vor den Kopf. Vor allem aber verkörpert sie ein starkes Frauenbild!

Ich kann für dieses Buch eine klare Leseempfehlung aussprechen und reihe mich begeistert in die Fangemeinde von Taylor Jenkins Reid ein!

Bewertung vom 27.11.2022
Das Gesetz der Natur
Winter, Solomonica de

Das Gesetz der Natur


gut

Archaisch, brutal, verstörend

Dieses Endzeit-Epos spielt in einer Welt nach der Nuklearkatastrophe. „Jener Tag“ hat die alte Welt zerstört, was die völlige Verwüstung der Lebenswelt und Mutationen zur Folge hatte. Aus der Asche erhoben sich neue Völker, die alle nach dem „Gesetz der Natur“ leben. Das geschriebene Wort existiert nicht mehr, nur noch einige Gesetzesrollen, die auch wiederum nur wenige Ausgewählte lesen können. Bereits hier deutlich biblische Anklänge an die Zehn Gebote. In dieser archaischen, mittelalterlich anmutenden Welt in Neuamerika lebt verborgen die letzte Mutantin, Gaia. „Entstanden aus den Tiefen der Deformation“, was sich bei ihr vordergründig in entstellter Haut an Händen und linker Kopfhälfte manifestiert. Sie wird fernab der Welt von zwei geächteten Männern aufgezogen – dem Lehrer und dem Jäger. Von ihnen lernt sie das Lesen und das Töten. Es entspinnt sich eine Endzeitgeschichte, während der Gaia in Gefangenschaft gerät und dann auf eine Mission geschickt wird, um die letzten Bücher zu finden und damit die Neue Welt zu verändern.

Der Schreibstil orientiert sich deutlich an der Bibel; es gibt Phrasen wie „Selig sind …“ und psalmenhafte Passagen. Bei der Handlung geht es entgegen des Klappentextes lange Zeit nicht um die Rettung der Bücher; stattdessen wählt Gaia den Weg als Kriegerin und Schlächterin. Brutales Töten und Abschlachten nehmen eine zentrale Rolle in diesem Roman ein. Fantasy-Elemente durchbrechen das Genre des reinen Endzeit-Epos. Schwierig wurde es für mich bei der Rechtfertigung allen Mordens und Tötens durch Gaia. Für sie ist dies das probate Mittel zum Schutz ihres Sohnes. Diesem wird in Jesus-Christus-artiger Manier überhöht eine Zukunft als „der Gerechte“ vorbestimmt.

Während der biblische Schreibstil und die primär alttestamentarischen Anspielungen in diesem Buch durchaus als Kunstkniff gelten dürfen, hat mich vor allem die rohe Brutalität abgeschreckt. Besonders die Rechtfertigung der Gewalt fand ich verstörend.

Bewertung vom 26.11.2022
Nordlicht-Liebeszauber
Lagom, Kristina

Nordlicht-Liebeszauber


ausgezeichnet

Das perfekte Winterbuch

Dieser Roman ist mein Winterhighlight des Jahres! Der Roadtrip durch Finnland im Winter hat mein Herz im Sturm erobert, diese Geschichte ist so schön wie die finnische Schneelandschaft, so abwechslungsreich wie Helsinki und so wundervoll wie Korvapuusti (Zimtschnecken)!

Aber worum geht´s eigentlich?

Kurz bevor Louisa aus Berlin nach Bali auswandert, bekommt sie im November noch einen Auftrag für eine Reisereportage aufs Auge gedrückt. Aber nicht etwa Advent unter Palmen in der Karibik oder schick in einem Nobel-Skiort, nein, sie wird ins dauerdunkle, eisige Finnland geschickt! Dann geht auch noch ihr Koffer verloren und ihr Fotograf fällt aus. Da läuft ja wirklich alles schief, und nun sitzt sie mit dem wortkargen Ersatzfotografen Miro in Helsinki fest, weil auch noch ein Pilotenstreik die Weiterreise von Helsinki in den Norden unmöglich macht. Eine einzige Katastrophe Die einzige Lösung scheint ein Roadtrip mit diesem finnischen Ian-Somerhalder-Verschnitt Miro in dessen Van durchs verschneite Finnland. Wie großartig! Nicht.

Der wunderbare Winterroman besticht durch viel Humor, witzige Dialoge und dazu eine Riesenportion Finnlandliebe! Schon nach wenigen Seiten litt ich unter sehnsüchtigem Fernweh! Die Liebe zu dem Land und seinen Bewohnern bringt diese Geschichte förmlich zum Leuchten. Da gibt es Rentiere, eine gewitzte Oma und jede Menge besagter Korvapuusti. Dazu ist die Geschichte von Lou und Miro so schön geschrieben, dass ich nur so durch die Seiten geflogen bin und das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte!

Ganz klare Leseempfehlung für diese zauberhafte Winterreise!