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Benutzername: 
sabisteb
Wohnort: 
Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2012
Krabat
Preußler, Otfried

Krabat


ausgezeichnet

Die Lausitz während des Großen Nordischen Kriegs Anfang des 18. Jahrhunderts. Der 14-jährige Waisenjungen Krabat schlägt sich mit anderen Waisenjungen mehr schlecht als recht durch, bis er Lehrling in der Mühle im Koselbruch bei Schwarzkollm wird. Diese Mühle jedoch ist mehr, als sie auf den ersten Blick erscheint. Die ist ein "Schwarze Schule", eine Schule dunkler Magie und der Müller ist der Meister, der seine zwölf Mühlknappen in der Schwarzen Kunst unterweist. Krabat verfällt langsam dem Lockruf der Macht, aber Macht hat ihren Preis und in Schwarzkollm ist dieser Preis das ein Leben, das jedes Jahr zu Sylvester gezahlt werden muss. Einmal Müllerknappe immer Müllerknappe, denn der Meister entscheidet wer lebt oder stirbt.

Der Roman Krabat wurde 1972/73 mit Preisen überhäuft, umso erstaunlicher, dass er erst 2010 vom WDR unter der Regie von Angeli Backhausen zum Hörspiel verarbeitet wurde. Die Musik lieferte Rainer Quade.
Wenn das Hörspiel im Radio läuft, muss man ein wenig aufpassen, denn es gibt zwei Versionen, eine gekürzte Version, die oft am Stück gesendet wird und die auf CD erhältliche Version, die meist über mehrere Tage verteilt wird:

Die Mühle im Koselbruch (1. Teil)
Zauberlektionen (2. Teil)
Das zweite Mühlenjahr (3. Teil)
Kampf gegen dunkle Mächte (4. Teil)

Man sollte das Hörspiel auch nicht mit der Tonspur des Film verwechseln, die es auch als nicht so richtiges Hörspiel zu kaufen gibt.
Die Umsetzung ist extrem gelungen und weit über so mancher direkt für den Hörspielemarkt produzierten Vertonung. Die Geräuschkulisse ist passend aber sparsam, die Musik stimmig und stimmungsvoll und dabei sehr sparsam eingesetzt, denn ein klassisches Radiohörspiel setzt auf die Dialoge, um die Handlung zu erzählen.
Die Sprecher sind durchgehend äußert gut und sehr passend besetzt, viel besser als man das aus einigen Hörspielelabels so kennt, dabei werden jedoch eher unverbrauchte Stimmen eingesetzt, die noch nicht so sehr mit Rollen belegt sind, wie die oft von Hörspielelabels eingesetzten Synchonsprecher.

Sprecher:
Meister: Michael Mendl
Tonda: Wanja Mues
Krabat: Max Mauff
Kantorka: Laura Maire
Juro: Nic Romm
Lyschko: Jesco Wirthgen
Lobosch: Oskar Köppen
Micha: Jonas Baeck
Merten: Fjodor Olev
Andrusch: Marlon Kittel
Gevatter: Siemen Rühaak

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2012
(6) Irmis Ehre

(6) Irmis Ehre


gut

Ein kleines, beschauliches Städtchen in Bayern. Hier geht es eher um Hochzeiten unter Einwohnern und um Klatsch und Tratsch. Eine Leiche, die ans Flussufer gespült wird, sorgt daher für einige Aufregung, zumal wenn es sich um einen verurteilten Zuhälter aus dem Münchner Rotlichtmilieu handelt. Was wollte dieser Mann im beschaulichen Bruck am Inn und vor allem, wer hat ihn ermordet und dann mitsamt Auto im Fluss entsorgt? Die Polizei tappt im Dunkeln, denn das Rotlichtmilieu von Bruck ist eher überschaubar.

Die Bayern sind stolz auf ihren Dialekt und das merkt man diesem Hörspiel an, hier redet kaum einer Hochdeutsch, man sollte diesen Dialekt also verstehen oder zumindest ertragen können, wenn man dieses Hörspiel anhört. Der Fall an sich ist eher schlecht bis offensichtlich konstruiert. Wenn man davon ausgeht, dass der Täter einer sein muss, der im Hörspiel vorkommt und eine Rolle spielt, dann ist schon sehr früh klar wer verwickelt ist, auch wenn erst spät rauskommt warum. In diesem Krimi scheint der Fall eher schmückendes Beiwerk zu sein. Es geht vielmehr um bayrisches Kleinstadtleben, das Bayrisch sein, das anders sein. Gut anhörbar, aber kein wirklich befriedigender Fall, auch wenn die Ermittlung sauber ausgeführt ist. Er ist einfach zu offensichtlich und zu übersichtlich konstruiert und der Titel ist der größte Spoiler.

Bewertung vom 03.05.2012
Radio Tatort.Der Emir
Diverse

Radio Tatort.Der Emir


sehr gut

Nadir Tarakis letzter Undercovereinatz endete in einer Katastrophe. Nadir Taraki, Beamter des LKA Düsseldorf mit afganischem Vater und deutscher Mutter, hatte sich beim libanesischem Menschenhändler Rafik Lahoud, genannt der Emir, eingeschleust und mit dessen jüngerem Bruder Ziad angefreundet. Als Ziad im Laufe dieser Ermittlungen ums Leben kommt gibt Taraki sich die Schuld. Das LKA verbannt ihn erst einmal in den Keller, wo er alte Fälle auswertet und daher lieber Backgammon spielt, statt arbeiten zu gehen, zum Leidwesen seiner Freundin Siad. Da erregt der Emir erneut das Interesse des LKA und Nadir will mit Lahoud abrechnen. Er will wieder zurück ins Ermittlergeschäft und geht dafür ein hohes Risiko ein.

Ein interessanter Ermittler dieser Nadir. Hier einmal die Sichtweise der Mitbürger mit Migrationshintergrund. In diesen Fällen wird durchaus einiges auf arabisch gesprochen und nicht übersetzt, da werden sicherlich besonders Zuhörer, die dieser Sprache mächtig sind, ihren Spaß haben. Nadir ist stur, geht seinen eigenen Weg, pfeift auf Regeln und trifft eigenen Entscheidungen, zum Leidwesen seiner Vorgesetzten. Er ist eben kein braver deutscher Beamter, er hat heißes Blut und kann oder will sich nicht anpassen. Er ist stolz auf seine Außenseiterrolle, pflegt die Sprache seines Vaters, ist aber hin und her gerissen zwischen Seinem Leben als Afghane und Deutscher. Er sieht beide Seiten der Probleme und gerät darüber mit seiner Freundin immer wieder in Streit.
Der Fall ist sauber ermittelt, Nadir eine interessante Ermittlerpersönlichkeit und die Sprecher durchweg sehr gut. Hier wieder ein wirklich sehr gelungener Radio Tatort, diesmal vom WDR produziert.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.05.2012
110 - Ein Bulle hört zu
Gutenrath, Cid J.

110 - Ein Bulle hört zu


ausgezeichnet

Cid Jonas Gutenrath bezeichnet sich selbtironisch als Telefonistin. Nach einer rauen Kindheit und Jugend auf der Reeperband als Türsteher und Sicherheitsmann, einer Ausbildung zum Kampftaucher, Einsätzen als Grenzschützer und letztendlich als Streifenpolizist in Berlin, ist er nun an der Berliner Telefonhotline der Polizei und verdient seine Brötchen mit quatschen und zuhören. Das klingt so einfach oder bestenfalls langweilig, ist es aber mitnichten. Gutenrath erzählt von den Anrufen, die bei im eingehen, und die sind durchaus sehr unterschiedlich. Von kleinen Kindern, die nachts Angst vor einem Gewitter haben, über Menschen, die einfach jemanden zum Reden brauchen, über Jugendliche Mutproben, über Selbstmörder, Mörder und Ermordete. Hilflos, nur durch das Telefon mit seinem Gesprächspartnern verbunden, ist es Gutenraths Aufgabe nur durch Worte die Situation zu stabilisieren und zu retten bis die Einsatzkräfte vor Ort sind.
Es fällt mir schwer dieses Buch zu beschreiben oder zu klassifizieren. Beim Verlag läuft es als Sachbuch, was es sicherlich auch ist, denn es ist ein Tatsachenbericht aus dem Leben eines Polizisten. Andererseits ist jedes Kapitel fast wie eine eigene Kurzgeschichte. Teils plappert der Autor aus dem Nähkästchen, erzählt von seiner alles anderen als behüteten Kindheit und Jungend, lässt einen an seinem Leben teilhaben und dann kommt es teils hammerhart, wenn er wieder von einem Fall berichtet, der aus der Feder eines Horrorautors stammen könnte. Teils fragt man sich, wie ein Mensch das täglich verarbeitet, wenn er einen Sterbenden am Telefon begleitet und die letzte Stimme ist, die dieser hört. Es sind wohl die Lichtblicke dieses Jobs, die einen durchhalten lassen, wenn man es doch schafft, einen Abgestochenen durchhalten zu lassen, bis die Einsatzkräfte vor Ort ihn im Park doch noch finden, bevor es mit ihm zu Ende geht.
Licht- und Schattenseiten des Jobs werden beleuchtet. Es geht um den Autor, seine Vergangenheit, seinen Job. Aber auch darum, wie wir miteinander umgehen oder wie manche Menschen die Polizei wahrnimmt, die doch nur helfen will. Der Autor verteidigt dabei nicht den Berufsstand des Polizisten, er weiß selber, dass einige seiner Kollegen jedes Vorurteil verdient haben mit dem man ihnen begegnet. Aber in jeder Berufsgruppe gibt es diese Kollegen.
Gutenrath bestreitet nicht, dass er eher speziell ist. Er hat einen sehr schrägen Humor, er liebt die schrägen Blickwinkel auf eine Situation und es kann schon mal sein, dass einer, der bei der Polizei anruft, um sich Luft zu machen, von ihm nach Strich und Faden verarscht wird, bis beide Seiten lachen. Das macht einem die Polizei sympathisch und so einige Male dachte ich mir, mit den würde ich gerne mal telefonieren, ich werde aber Rücksicht auf den Wunsch des Autors nehmen und nicht, wenn ich mal wieder in Berlin bin die 110 anrufen und nach Herrn Gutenrath fragen, nur weil ich wissen will, wie seine Stimme klingt. So wie er sich beschreibt, ist er wohl der Held so mancher Singlefrau, er redet gerne und viel, ist ein harter Kerl, aber mit sehr weichem Kern, der schon mal in Tränen ausbricht. Die Sorte sanfter Krieger, nach der Frau sich sehnt und natürlich verheiratet, wie sollte es anders sein.
Gutenrath sieht dieses Buch durchaus als PR für die Berliner Polizei, eine PR der anderen Art. „Es transportiert soziale Kompetenz, Sachverständnis, Bürgernähe und all die anderen schleimigen Fachvokabeln, die uns auf Plakaten keiner abkauft.“ (S. 163).

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.