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La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 633 Bewertungen
Bewertung vom 05.05.2023
Malibu Rising
Reid, Taylor Jenkins

Malibu Rising


ausgezeichnet

Die Geschichte spielt Ende August Anfang der 80er Jahre in Malibu, „wo die reichen Weißen lebten.“ Die legendäre Party der Riva-Geschwister, zu der jeder eingeladen ist, der weiß, wo die Gastgeberin wohnt, steht bevor. Bis zum darauffolgenden Tag um 7 Uhr morgens schreiten stündlichen die Uhrzeit-Kapitel voran und erzählen von den Vorbereitungen auf die Nacht und vom Ablauf der Party. Eingestreute Rückblenden, beginnend im Jahr 1956, berichten wie die Riva-Dynastie ihren Anfang nahm.

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Das ist mein erster Roman der Autorin Taylor Jenkins Reid und ich kenne das Buchuniversum, in dem alle ihre Figuren angesiedelt sind, nicht gut genug, um all die Querverweise zu erkennen, von denen es wohl viele gibt. Das trübt aber nicht das Lesevergnügen. Daher hatte ich keine besonderen Erwartungen und bin ziemlich begeistert von dem Roman. Der lockere Schreibstil macht süchtig und hat dafür gesorgt, dass ich das Buch kaum aus der Hand gelegt habe.

Vor allem die Entwicklung der Hauptfigur Nina River hat mich berührt. Es geht an keinem spurlos vorbei, was den Geschwistern widerfahren ist und ihr Zusammenhalt hat mich bewegt und inspiriert. Jeder von ihnen hat seine eigenen Probleme und Herausforderungen, auf die eingegangen wird. Erst im zweiten Teil (ab der Mitte des Buches) geht es um die legendäre Party. Diese chaotischen Nacht ist voller Drogen, Alkohol und Sex, mit weinenden Models, rauchenden Rockstars, Überraschungsgästen und viel Glamour. Das ist aber nur die Oberfläche, denn viel weitreichendere Geschehnisse, ereignet sich in dieser Nacht und führen zu mutigen Veränderungen.

Es ist ein Roman mit vielen Themen: Surfen, Armut und Reichtum, Alkoholismus, toxische Beziehungen, Superstars und Berühmtheit, aber im Vordergrund steht das Familiendrama, Geschwisterliebe, Pflichtbewusstsein und was bei der Liebe wirklich zählt. Dadurch verstecken sich in diesem Buch wunderbare Botschaften, über Krankheiten mit vielen Gesichtern und winzigen Taten, die großen Schaden und großes Glück anrichten.

Ich mochte die faszinierenden Figuren, die durchweg interessante Handlung und alles dazwischen: der Flair der 80er Jahre und die ungezwungene Sommer-Vibes. Es wird zu keiner Zeit langweilig, denn bei den vielen Verstrickungen ist klar, dass alles irgendwie zusammenhängt. Lediglich die vielen Namen lassen einen manchmal straucheln. Auch die Wahl der Erzählweise (Dritte Person) fand ich passend.

Das emotionale Finale hat mich gefesselt und brachte die Geschichten zu einem runden Abschluss (wortwörtlich). Ein Roman, den ich unbedingt empfehlen kann.

Bewertung vom 05.05.2023
Wolf
Stanisic, Sasa

Wolf


sehr gut

„Ich höre schon die Zecken mit den Zungen schnalzen.“ Das klingt doch nach purer Vorfreude auf die Zeit im Ferienlager, oder?

Kemi ist der Ich-Erzähler dieser besonderen Geschichte, der seinen Namen erst ganz zum Schluss nennt. Denn es geht nicht (nur) um ihn. Er liest lieber Bücher über Abenteuer, als selbst welche zu erleben, weiß immer alles besser, bis seinem Gegenüber die Argumente ausgehen, und wird nicht müde, zu betonen, dass er die Natur ablehnt und absolut unfreiwillig in dieser „Aktivitätenhölle“ gelandet ist. Eine Woche soll Kemi in dem Ferienlager verbringen. Ein Naturerlebnis im Wald, mitten in Brandenburg, wo neben Zecken und Mücken noch Wandern, Basteln und Klettern auf dem Liste steht.

Eigentlich gehts hier aber um Jörg, mit dem sich Kemi einen Schlafplatz teilt. Der ruhige Junge mit dem Zauberwürfel, der Freunde an der Natur hat und Mobbingziel von Marko und den Dreschke-Zwillingen ist, die immer wieder neue Gemeinheiten aushecken. Jörg lässt es über sich ergehen und nur Kemi scheint zu bemerken, wie die Sache allmählich eskaliert. Nachts begegnet ihm ein mutiger Wolf in seinen Träumen und Kemi spürt, er möchte kein Feigling sein, der wegschaut.

Der Roman lebt von Kemis gutem Durchblick auf die Geschehnisse, die er unkonventionell direkt und rebellisch zum Besten gibt. Seine humorvolle Art steht im Kontrast zum ernsten Buchinhalt und seiner kritischen Draufsicht, auch was das Verhalten der Betreuer angeht. Es ist erfrischend, wie Kemi aus der Reihe tanzt und lieber Gespräche mit dem philosophischen Koch führt, als sich Gleichaltrigen anzuschließen. Trotzdem ist die Geschichte mit knapp 200 Seiten sehr fokussiert auf das Thema Anderssein und Ausgrenzung und der entstehenden Freundschaft zwischen Kemi und Jörg. Der Schreibstil ist manchmal eigenwillig, aber hat man sich daran gewöhnt, weiß man die Abwechslung und den Humor zu schätzen.

Fazit: Ein wertvolles Buch über Außenseiter, den inneren Mut-Wolf und die Chance, über sich hinauszuwachsen und für andere einzutreten. Mit ungewöhnlichen Illustrationen, die den Humor grandios unterstreichen.

Bewertung vom 05.05.2023
Going Zero
Mccarten, Anthony

Going Zero


ausgezeichnet

Zehn Kandidaten haben in einem Betatest der US-Geheimdienste die Chance auf drei Millionen Dollar Preisgeld, wenn sie es schaffen, dreißig Tage unterzutauchen, ohne gefunden zu werden.

"Going Zero" hat mich von Anfang an gefesselt. Der Countdown, die Perspektivenwechsel, der Einfallsreichtum der Kandidaten, um nicht gefasst zu werden, die kritische Betrachtung der Überwachung und derer erschreckend vielfältigen Möglichkeiten - all das fand ich faszinierend und klug inszeniert. Der Stil von Anthony McCarten ist prägnant, tempo- und handlungsreich. Die Kapitel sind dementsprechend kurz, häufiger Szenenwechsel und mit jeder Seite wird man schlauer. Während sich der erste Teil noch der Jagd widmet und die Zahl der gefassten Kandidaten rasant voranschreitet, überrascht Anthony McCarten im zweiten Teil mit einem Twist und einer zähen Bibliothekarin, die keiner auf dem Schirm hatte. Sehr unterhaltsam, wenn ich an die Überheblichkeit mancher Kandidaten denke, die glaubten, spielerisch leicht das Überwachungssystem zu überlisten und die so normal erscheinende Kaitlyn, die als letzter Zero im Fokus steht.

Fazit: Spannende und temporeiche Verfolgungsjagd mit überraschender Wende, tollem Schreibstil und einer Vielzahl an Überwachungsmöglichkeiten. Könnte mir eine Verfilmung gut vorstellen.

Bewertung vom 05.05.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


sehr gut

In "Als wir Vögel waren" ist in jeder Hinsicht ein besonderes Buch. Warum, erklärt die Autorin zum einen im Nachwort: der Bezug zu Trinidad und die Übersetzung aus dem trinidad-kreolischen Englisch. Außerdem fasziniert der besondere Stil und die bezaubernden Figuren. Erzählt wird die Geschichte aus zwei Perspektiven. Zum einen ist da Darwin, der als Totengräber in Port Angeles auf dem Friedhof einen neuen Job anfängt. Und zum anderen Yejide, die nach dem Tod ihrer Mutter völlig unvorbereitet deren Gabe übernimmt, die Toten wahrzunehmen und Sterbedaten vorauszusehen. Beide lernen sich schicksalshaft auf dem Friedhof kennen. Das ist mal etwas ganz anderes.

Ayanna Lloyd Banwo schreibt poetisch, detailverliebt und schafft es, sowohl Darwin also auch Yejide ganz eigene Stimmen zu verleihen. Sie nimmt sich Zeit für die Einführung ihrer beiden Hauptfiguren, die sich erst mittendrin kennenlernen. Schmückt ihre Welt und ihren Alltag bunt und magisch aus. Es ist zwar eine Liebesgeschichte der außergewöhnlichen Art, aber es geht eben nicht nur darum: kulturelle, mystische, geisterhafte Einflüsse sind ebenso tragend. Das Ende fand ich wunderbar und würde es allen empfehlen, die Lust auf etwas Ungewöhnliches und neue Eindrücke haben.

Bewertung vom 05.05.2023
Inspektor Möhre - Ein Fall für vier Hufe Bd.1 (2 Audio-CDs)

Inspektor Möhre - Ein Fall für vier Hufe Bd.1 (2 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Es war einmal ein schlaues Minipony namens Möhre, das mit vielen anderen Tieren im Apfeltal auf einem alten Bauernhof lebte. Seine kleine Größe erwies sich als großer Vorteil, weil er so durch das Loch auf die Schulweide schlüpfen konnte, um heimlich am offenen Fenster dem Schulunterricht zu lauschen. Möhre verstand nämlich nicht nur die Menschen, er konnte auch lesen und rechnen, liebte Detektivgeschichten und verfolgte jeden Sonntag aus dem Hundekörbchen mit Oma Astrid einen Krimi im Fernsehen. Als auf dem Pfannkuchenhof seltsame Vorfälle geschahen, gründeten die Kinder Greta und Wolke die „Apfeldetektive“ und der Verdacht fiel vorschnell auf den neuen Mitschüler Jasper. Doch Möhre kam zu anderen Schlussfolgerungen und beschloss, den Anfänger-Detektiven als „Inspektor Möhre“ zu helfen. Doch wie sollte er sich ihnen mitteilen? Sprechen konnte er ja nicht…

Karl Menrad liest dieses humorvolle Hörbuch sehr mitreißend und verleiht den Figuren eine (mitunter grunzende) Lebendigkeit, als würde man einem Hörspiel lauschen. So kann Groß oder Klein wunderbar eintauchen in diese luftig ländliche Bauernhofidylle mit all den sympathischen Menschen und Tieren. Durch die vierzehn kurzen Kapitel kann man sich das Hören gut einteilen oder in einem Rutsch durchhören, denn es ist angenehm spannend, Möhre und den Kindern beim Lösen des Falles zuzuhören. Dieses schlaue Minipony ist einfach umwerfend toll. Wir sind bereits große Fans!

"Inspektor Möhre - Ein Fall für vier Hufe" ist ein tierisch kindgerechter Krimi, der einfach Spaß macht. Wunderbar liebevoll geschrieben und aufgenommen, inkl. eigenem Titelsong zum Mitsingen, macht diese schöne Geschichte nicht nur kleine Pferdefans ab fünf Jahren glücklich. Mal sehen, welchen Fall Inspektor Möhre als nächstes löst. Wir sind jedenfalls voller Vorfreude!

Bewertung vom 24.04.2023
Die schreckliche Adele 06
Mr. Tan;Miss Prickly

Die schreckliche Adele 06


ausgezeichnet

Der sechste Comic der schrecklichen Adele ist ein monstermäßiger Spaß, denn ihr ist es gelungen, einen Zombie zu erschaffen. Da kommen einige (witzige) Probleme auf Adele zu. Gemein, extra schonungslos, gewohnt rebellisch und ideenreich gibts zahlreiche neue, zusammenhängende Kurzgeschichten.

Mit dem Zombie Owen kommt wieder frischer Wind in die Comic-Reihe und Adele bieten sich zahlreiche fiese Experimente, die selbst Horrorfilm-Regisseure um den Verstand bringen. Doch Owen macht nicht immer was er soll. Adels Eltern stehen verbotenerweise auf dem Speiseplan und auch die schrecklichsten Experimente, können sich verselbständigen, wenn man nicht aufpasst.

Natürlich versucht Adele wieder ihre Katze Ajax loszuwerden, vernichtet die Valentinstagspläne von Gabriel und hält Jade und Miranda auf Trab. In"Der Ursprung von Adele“, beweist sie erneut, wie außergewöhnlich sie ist (und das sie ganz sicher nicht adoptiert ist). Diesmal probiert sie sich sogar an Hypnose, nimmt Redewendungen allzu wörtlich und erleidet am Ende einen Schock. Warum? Man darf sich auf der Fortsetzung freuen, die bereits im Juni erscheinen wird.

Fazit: Monstermäßiger Nachschub für alle Fans der schrecklichen Adele! Mein schauriger Favorit.

Bewertung vom 24.04.2023
One of the Girls
Clarke, Lucy

One of the Girls


sehr gut

Sechs Frauen treffen sich für ein Wochenende in einer abgeschiedenen Villa in Griechenland, um den Junggesellenabschied ihrer Freundin zu feiern. Am Ende wird jemand sterben. Nur wer und warum?

Lexi Lowe ist überglücklich. Ed Tollock hat ihr einen Antrag gemacht und die Hochzeit steht kurz bevor. Gemeinsam mit zwei langjährigen Jugendfreundinnen, ihrer zukünftigen Schwägerin und zwei weiteren Freundinnen verreist sie nach Griechenland in eine abgeschiedene Villa mit Privatstrand. Die Erzählweise finde ich gut gelöst: abwechselt lernt man die sechs Frauen kapitelweise besser kennen, kann so in mehrere Perspektiven eintauchen und ist nah dran, obwohl die Geschichte in der dritten Person geschrieben ist.
Lexi ist der strahlende Mittelpunkt der Gruppe: Braut und Yogalehrerin mit einer umwerfenden Ausstrahlung. Bella ist ihre beste Freundin und Trauzeugin. Fen ist mit Bella zusammen, allerdings kriselt es in ihrer Beziehung. Robyn ist die Gewissenhafte und kennt Lexi schon seit ihrer Jugend. Sie ist geschieden und geplagt von Minderwertigkeitsgefühlen. Eleanor ist die Schwester von Ed und vor Kurzem ist ihr Verlobter Sam tragisch gestorben. Die letzte im Bunde ist Ana, die Lexi beim Yoga kennengelernt hat. Sie arbeitet als freiberufliche Gebärdensprachdolmetscherin und ist Mutter eines Teenagers.

Zur Spannung tragen die kurzen Sneack Peeks bei, die aus der Zukunft rückblickend erzählt werden. Richtig packend wird es erst im letzten Drittel. Wer glaubt, die Sache schnell zu durchschauen, könnte irren, denn die Handlung nimmt raffinierte Wendungen und führt einen gekonnt an der Nase herum. Das Ende konnte mich jedenfalls überraschen und hat mir gut gefallen. Mit dem Schreibstil hatte ich allerdings meine Probleme. Geprägt von Wiederholungen, unglücklicher Wortwahl und Ausschweifungen konnte man sich zumindest in die griechische Atmosphäre fallen lassen, während man die Frauen kennenlernt und sich dem dramatischen Ende nährt. Ein Thriller mit subtiler Spannung und packendem Finale.

Bewertung vom 24.04.2023
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


ausgezeichnet

Die 25-jährige Takako leidet unter gebrochenem Herzen. In dieses Krise zieht sie sich zurück und kündigt ihren Job. Als ihr Onkel ihr anbietet bei ihm zu wohnen und in der Buchhandlung auszuhelfen, nimmt Takako das Angebot wiederstrebend an, weil sie die Miete für ihre Wohnung schon bald nicht mehr bezahlen kann. Ich fand besonders schön, wie sich die Beziehung zwischen Onkel und Nichte entwickelt. Zuerst fürchtet sich Takako vor der Direktheit ihres Onkels, der bereits in dritter Generation das Antiquariat führt. Doch schließlich ist es die Buchhandlung und ihr Onkel, die wesentlich zu ihrer Heilung beitragen. Denn auch ihr Onkel weiß, was es bedeutet, verlassen zu werden. Kakaos Tante Momoko ist vor fünf Jahren einfach fortgegangen.

Satoshi Yagisawa erzählt Takakos Geschichte in klaren Worten, was mir sehr gefallen hat. Diese ruhige und fokussierte Erzählweise in der japanischen Literatur, empfinde ich als angenehme Abwechslung. Es geht darum, Innezuhalten, Wahrzunehmen und der Roman macht an einigen Stellen nachdenklich, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen. Es geht um Neuanfänge, die heilsame Kraft des Lesens und die wunderbare Atmosphäre einer Buchhandlung, Liebe, familiäre Beziehungen und Hoffnung. Viele ermutigende Themen und eine wärmende Geschichte über das Leben.

Bewertung vom 24.04.2023
Lebendige Nacht
Kimmig, Sophia

Lebendige Nacht


ausgezeichnet

„Unsere ganze Geschichte ist bloß die Geschichte des wachenden Menschen. An die Geschichte des schlafenden hat noch niemand gedacht.“

Sophia Kimming schreibt voller Leidenschaft von an den seltsam geformten oder geschmückten Tieren und den merkwürdige Dingen, die nachts vorgehen, während wir seelenruhig schlafen. Ausführlichere Kapitel und skurrile Fakten findet man zu Bilchen (Siebenschläfer, Gartenschläfer, Haselmaus), Eulen, Fledermäusen, Waschbären und Nachfaltern. Außerdem geht es darum, warum Tiere überhaupt in die Nacht ausweichen und welche kulturellen Bedeutung die Nacht hat. Viele interessante Themen, wie die Macht des Mondes, aber auch Ernsthaftes, wie Lichtverschmutzung und die Bewahrung der Dunkelheit. Es ist ein thematisch vielfältige Hommage an die lebendige Nacht und das, was wir wissen (und nicht wissen), wunderbar unterhaltsam und lebendig geschrieben. Denn hinter einer beantworteten Frage warten unzählige offene Rätsel. Gekrönt wird das schöne Buch durch ein paar (witzige) s/w-Fotos und Illustrationen der Autorin. Beim Lesen sensibilisiert Sophia Kimmig für die Wunder der Natur und die artenreiche Tierwelt, die man auch ganz ohne Eingreifen genießen kann.

„Es ist, als wären wir alle gehörlos in einer Welt voller Klänge. Ich finde, Fluoreszenz ist ein wunderschönes Beispiel aus der Natur dafür, wie wenig wir auf unsere subjektive Meinung oder Sicht auf die Welt geben sollten.“

Den plauderhaft ironischen und humorvollen Schreibstil mochte ich sehr. Es ist eine schöne Mischung aus bildhaft beschriebenen (persönlichen) Geschichten und informativen Fakten, die zum Staunen und zur Achtsamkeit einladen. Die witzigen Storys (Stichwort Waschbären) möchte man direkt weitererzählen oder besser gleich das ganze Buch verschenken. Unverzichtbares Werkzeug für Neugierige ist dabei eine Suchmaschine, um sich direkt all die genannten Tiere und zahlreichen Hinweise auf Bildern angucken zu können. Dabei empfiehlt Sophia Kimmig auch ganz gezielte Recherche - mal spannend, mal sehr witzig.

Ein rundum empfehlenswertes Sachbuch, mit viel interessantem Wissen, wertvollen Denkanstößen und einer Menge Wertschätzung für die Nacht und ihre geheimnisvolle Dunkelheit.

Bewertung vom 24.04.2023
3000 Yen fürs Glück
Harada, Hika

3000 Yen fürs Glück


sehr gut

Es geht in "3000 Yen fürs Glück" um vier Frauen einer Familie, die in Japan leben. Sie alle stehen für verschiedene Lebensphasen und Bedürfnisse. Während die junge Miho ihre erste Liebe erlebt, hat ihre Mutter als Ehefrau andere Prioritäten. Ebenso ihre Großmutter, die sich um ihre Rente sorgt, während Mihos Schwester mitten in der Familienplanung steckt. Sie alle bewegt etwas anderes, aber es geht immer um die finanzielle Absicherung.

Mir gefällt die Mischung aus Sachbuch und Roman sehr. Man lernt eine Menge über die japanische Kultur und erhält zudem viele Anregungen zum Thema Finanzen, Sparen und den Umgang mit Geldsorgen. An vielen Stellen im Buch gibt es Inspirationsquellen zu entdecken, über die man unweigerlich reflektiert, auch wenn nicht alles auf Deutschland übertragbar ist. Das Thema Finanzen aus einer anderen kulturellen Perspektive zu betrachten, fand ich besonders spannend. Ein Kakeibo ist eine tolle Sache und genau so geordnet und unkompliziert empfand ich auch die anderen Anregungen. Die ergänzende Übersicht der handelenden Charaktere und das Glossar war übrigens sehr hilfreich. Das mag ich immer, wenn solche Extras geboten werden. Die ruhige und ungezwungen klare Schreibweise, schätze ich an japanischer Literatur sehr. Mika Harada schreibt angenehm und leicht verständlich, sodass man nicht gleich die Lust verliert, wenn einige Beträge und Begriffe fallen. Die Handlung fand ich leider etwas unspektakulär. Zudem blieben die Protagonisten sehr oberflächlich. Ich hatte das Gefühl, ich würde einer Dokumentation folgen, in der es um die Kunst des Sparens geht und die weiblichen Familienmitglieder dafür begleitet werden. Hier hätte ich mir für die Geschichte mehr Tiefe und zusätzliche Anreize gewünscht, dranzubleiben.

Insgesamt fand ich den Roman aber gelungen, weil er neue Wege beschreitet, viele Denkanstöße und kluge Überlegungen bietet, angenehm geschrieben ist und man viel daraus mitnehmen kann, wenn man sich darauf einlässt. Ich würde es jedem empfehlen, der sich für Japan interessiert und Lust auf einen inspirierenden Familienroman zum Thema Sparen hat. Aber auch resistenten Sachbuchverweigerern, denen ein paar Spartipps helfen könnten.