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Glüxklaus
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 617 Bewertungen
Bewertung vom 19.05.2022
Gretas Erbe / Die Winzerin Bd.1
Engel, Nora

Gretas Erbe / Die Winzerin Bd.1


gut

Eine schwere Kindheit, eine komplizierte Liebe und unerfüllte Träume - solider Auftakt mit kleinen Schwächen

Nachdem ihre Mutter Maria bei ihrer Geburt stirbt, wächst Greta als Waise bei der Winzerfamilie Hellert auf. Das Mädchen wird in der Familie geduldet, echte Liebe und Zuneigung der Zieheltern erfährt es allerdings nicht. Zu den beiden Söhnen der Hellerts hat Greta indessen eine besondere Beziehung. Um den Jüngsten Matze kümmert sie sich rührend, für Robert, den Rebellen der Familie, empfindet sie tiefere Gefühle. Greta geht gerne in die Schule, lernt mit Leidenschaft und hofft auf eine höhere Schulbildung, doch ihr Ziehvater Harald hat ganz andere Vorstellungen, was Gretas Ausbildung und ihre Zukunft betrifft. Ob Greta trotzdem ihren eigenen Weg finden wird?

Hinter dem Pseudonym der Autorin Nora Engel verbergen sich die Schriftstellerinnen Danela Pietrek und Tania Krätschmar. Sie schreiben leicht, gut verständlich und flüssig in der Vergangenheit. Der Prolog schildert einen zentralen Moment im Leben von Gretas Mutter Maria, ansonsten wird von 1970 an chronologisch erzählt. Zwischendurch kommt es immer wieder zu größeren Zeitsprüngen.
Das Cover ist recht schlicht gehalten und passt gut zur Handlung: Eine Frau in Arbeitskleidung schiebt ein Fahrrad, sie steht im Zentrum des Titelbilds.

Dass Greta ohne Liebe und das Gefühl von Geborgenheit aufwächst, stimmt natürlich traurig. Sie muss stets „funktionieren“ und ganz selbstverständlich hart auf dem Winzerhof mitarbeiten. Auf ihre eigenen Bedürfnisse wird dabei keine Rücksicht genommen. Wenn sie könnte, würde Greta ganz anders leben. Sie ist intelligent, wiss- und lernbegierig und liebt Literatur. Doch ihre Möglichkeiten, ihren Träumen von Bildung und höherer Schule zu folgen, scheinen begrenzt. In der Familie erhält sie wenig Unterstützung.
Auch die Söhne der Hellerts Matse und Robert sind nicht glücklich.
Während Greta sich meistens in ihre Rolle fügt und dabei ein wenig „blass“ und passiv agiert, sind auch die anderen Figuren nicht besonders tiefgründig und teilweise klischeehaft: Ziehvater Harald wird als stur, Ziehmutter Elfriede als sehr angepasst dargestellt. Die weiteren Kinder des Paares Renate und Johann wirken oft unsympathisch und teilweise recht tumb und grob. Die Charaktere hätten für mich durchaus genauer, individueller und differenzierter herausgearbeitet werden können.

Der Roman spielt im konservativen, traditionsbewussten Umfeld einer einfachen Pfälzer Winzerfamilie. Protagonistin Greta sucht wie auch Matse und Robert nach Selbstbestimmung und freier Entfaltung, was von der Familie aber nicht akzeptiert wird. Gretas Konflikt zwischen Tradition und Moderne, zwischen Pflicht, Anpassung und freier Entscheidung wird im Verlauf der Handlung immer offensichtlicher. Gleichzeitig wird die Stimmung, der „Geist“ der Siebziger Jahre, auch durch die wiederholte Erwähnung damals populärer Hits eingefangen. Im Anhang findet sich eine Zusammenstellung der Literatur, die Greta liest, und eine Playlist der in der Geschichte vorkommenden Musiktitel. Das hat mir recht gut gefallen, kann man doch die Titel anhören, um sich besser in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Auch werden bestimmte politische, gesellschaftliche und geschichtliche Ereignisse wie die Abtreibungsdebatte oder die olympischen Sommerspiele in München 1972 thematisiert und teils in das Geschehen mit einbezogen.
Die unterhaltsame Geschichte ist angenehm unkompliziert und schnell zu lesen. Gerade zum Ende hin wird es richtig spannend. Die Fragen, wie Greta sich entscheiden wird, mit welchen Widrigkeiten sie dabei zu kämpfen hat und ob ihr Glück in der Liebe vergönnt sein wird, beschäftigten mich beim Lesen durchgehend. Auch wenn die Handlung recht vorhersehbar und die Figuren doch recht plakativ und schwarz-weiß wirken, habe ich „Gretas Erbe“ gerne gelesen. Das Ende macht mich so neugierig, dass ich den zweiten Teil jetzt schon kaum erwarten kann. Eine prima Lektüre für ein erholsames Woc

Bewertung vom 19.05.2022
Wie Sheltie zu uns kam / Sheltie Bd.1
Clover, Peter

Wie Sheltie zu uns kam / Sheltie Bd.1


ausgezeichnet

Ein quirliges Pony und ein rätselhafter Diebstahl - buntes Erstlesebuch für Pferdefans

„Dieses Pony ist eine Plage!“

Weil Emmas Vater eine neue Arbeit hat, muss die Familie aufs Land umziehen. Emma freut sich zuerst überhaupt nicht über den Umzug. Doch dann wartet auf Emma in ihrem neuen Zuhause eine ganz besondere Überraschung: Sheltie, ein kleines, quirliges Pony. Emma schließt das Tier sofort ins Herz, freundet sich mit ihm an und lernt auf ihm zu reiten. Sheltie ist recht neugierig und impulsiv und isst sehr gerne Gemüse. So ist der Nachbar Herr Krock, der seine geliebten Kohlköpfe mit Argusaugen bewacht, gar nicht gut auf Sheltie zu sprechen. Als Herrn Krocks Kohlköpfe eines Nachts gestohlen werden, droht Sheltie großer Ärger.

Das Buch ist in recht einfacher, kindgemäßer Sprache mit viel wörtlicher Rede verfasst. Die Schrift ist dabei groß gedruckt mit weitem Zeilenabstand. So ist sie auch für Leseanfänger gut lesbar. Die Geschichte ist in zehn Kapitel mit übersichtlicher Länge aufgeteilt. Zur Handlung hat Nadine Reitz bunte, hübsche und ansprechende Bilder gezeichnet, die den Text auflockern und für Abwechslung sorgen. Die Illustrationen von Sheltie finden meine Tochter und ich besonders niedlich und gelungen. Das Buch richtet sich an Erstleser ab sieben Jahren.

Die Charaktere sind recht einfach und plakativ gehalten. Emma ist ein nettes Mädchen, sie hat mit Fräulein Linny eine verständnisvolle und geduldige Reitlehrerin. Herr Krock wirkt stets mürrisch. Das freche, aufgeweckte und ganz schön schlaue Pony Sheltie stiehlt allen anderen die Show. Sheltie wird bei den Lesern sicher sehr gut ankommen, viele Kinder träumen schließlich von einem eigenen Pferd.

Die Geschichte beginnt gemütlich und idyllisch und mausert sich dann zum echten, packenden Kriminalfall. Emma erlebt mit Sheltie ein spannendes, aufregendes, turbulentes und tierisches Abenteuer. Nicht außergewöhnlich originell und für Erwachsene recht vorhersehbar, aber dennoch eine unterhaltsame, nette Freundschaftsgeschichte mit liebenswerter Hauptfigur, die die Herzen von kleinen Pferdefreunden höher schlagen lässt. Von Sheltie lassen Kinder sich garantiert gerne zum Lesen motivieren.

Bewertung vom 14.05.2022
Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1
Schneider, Stephanie

Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1


ausgezeichnet

Eine sympathische Wohngemeinschaft und viele warmherzige, gemütliche Abenteuer

Eines regnerischen Tages betritt ein Zesel namens Möhrchen Grimms Buchhandlung, um von nun an bei dem Buchhändler zu wohnen. Gemeinsam erleben die beiden wunderbare Abenteuer, die zusammen viel toller sind als alleine: Sie machen Kopfstand, retten vergessene Wörter, bauen eine Rakete, lesen vor, verabschieden den Sommer oder warten auf Weihnachten.

Stephanie Schneider schreibt abwechslungsreich, lebendig, kindgemäß und anschaulich. Jedes der 13 Kapitel erzählt von einem anderen Erlebnis der beiden Hauptfiguren. Die individuellen, bildhaften Formulierungen wie „Hand in Huf“ und Möhrchen Wortschöpfungen wie „Wennskranz“ machen einfach Spaß. Überhaupt spielt Sprache im Buch eine herausragende Rolle, schließlich sind Bücher mit Grimms Beruf eng verbunden. Sein selbsterfundenes „Gedicht der vergessenen Wörter“ zeigt, wie unterhaltsam die Beschäftigung mit Sprache sein kann.
Die farbenfrohen Bilder von Stefanie Scharnberg illustrieren Szenen der Handlung passend und auf wunderbare Weise. Die detaillierten, liebevoll gestalteten Bilder wirken insgesamt sehr harmonisch und idyllisch, sie regen die Vorstellungskraft der Leser und Zuhörer an.
Für Kinder ab fünf Jahren ist das Buch zum Vorlesen geeignet.

Grimm ist ein netter, freundlicher Mann mit viel Geduld und Phantasie. Er lässt sich feinfühlig auf seinen neuen Mitbewohner Möhrchen ein, der sein Leben gewaltig auf den Kopf stellt und jeden Tag zum Abenteuer macht. Zesel Möhrchen mit seiner frechen Naivität, seiner Aufgewecktheit und seinen originellen Einfällen muss man einfach mögen. Einen so drolligen Freund wie ihn möchten viele Kinder sicher gerne haben. Zwei sehr sympathische, angenehme Hauptfiguren hat sich die Autorin da ausgedacht.

Grimm und Möhrchen erleben zusammen keine exotischen, nervenaufreibenden Abenteuer, sondern idyllische, gemütliche, lustige, ja fast magische. Die Geschichtensammlung zeigt auf leise Art, dass eine wahre Freundschaft an sich schon ein großes Abenteuer und ein exklusives Glück ist und dass es sich gemeinsam mit anderen oft besser lebt. Echtes Glück braucht nicht zwangsläufig Action, man muss nur den Augenblick zu nutzen und zu genießen wissen. Möhrchen macht Grimms Leben bunter. Nebenbei wird schön gezeigt, dass jede Jahreszeit ihren ganz eigenen Zauber hat. „Grimm und Möhrchen - Ein Zesel zieht ein“ ist ein zeitloses Buch, das eine besondere, nostalgische und harmonische Stimmung transportiert. Das Vorlesevergnügen mit wunderbarer Atmosphäre und liebenswerten Figuren wird allen gefallen, die das Große im Kleinen und das Besondere im Alltäglichen sehen können.

Bewertung vom 12.05.2022
Bunny vs. Monkey - Der Wahnsinn beginnt
Smart, Jamie

Bunny vs. Monkey - Der Wahnsinn beginnt


gut

Schräg, chaotisch, turbulent, aber auch ziemlich brutal

Wissenschaftler wollen den Affen mit einer Rakete ins All schießen. Doch weiter als bis zum nächsten Wald kommt der Affe nicht. Affe möchte dort sofort die Herrschaft an sich reißen, aber er hat die Rechnung ohne die Waldbewohner gemacht. Die haben für Affes Pläne wenig Verständnis und leisten Widerstand. Affe gibt nicht auf und wird nicht müde, die anderen Tiere zu schikanieren und die Zerstörung des Waldes anzugehen. Der Wald versinkt im Chaos.

Die Geschichte wird in vielen oft voneinander unabhängigen Comics erzählt. Die einzelnen „Kapitel“ erstrecken sich meist über vier bis fünf Seiten, sind chronologisch nach Jahreszeiten geordnet. Jeder Comic schildert einen weiteren bösartigen Versuch des Affen, die Waldbewohner zu drangsalieren und die Umgebung dem Erdboden gleichzumachen. Die Bilder sind sehr bunt, mit klaren Konturen, oft wild und unruhig, in individuellem Stil gezeichnet. Die dargestellten Tiere sehen recht niedlich aus, sind aber nicht unbedingt charakteristisch für ihre Art. Die Texte in den Sprechblasen sind in Großbuchstaben gedruckt und einfach - oft mit den typischen Comicausrufen- formuliert. Auch für Lesemuffel sind sie leicht zu lesen und angesichts der wenigen, kurzen Sätze nicht überfordernd. Am Ende wird in kleinen Schritten gezeigt, wie man die Figuren Hase und Affe zeichnen kann. Das Papier ist glänzend, beschichtet und riecht anfangs recht intensiv. Die Bindung wirkt robust und stabil.
Achtjährige können sich die Geschichten sicher selbstständig erlesen, werden aber nicht jede Ironie, jeden Gag genau verstehen, denken sie doch in andere Richtungen als so manche Figuren. Ältere Kinder bis zu zwölf Jahren, die schwarzem Humor mögen, werden da schon mehr auf ihre Kosten kommen.

Die Charaktere sind zweifelsohne originell: ein echt fieser Affe mit sehr ehrgeizigen Plänen und weniger praktischen Fähigkeiten, etwas dümmliche Eichhörnchen und Schweinchen, ein vernünftiger Hase, ein geniales Erfinderstinktier, ein Stunt-Biber, der Fuchs Le Fox aus dem Untergrund oder ein künstliches Wesen aus Eisen, genannt Eisen-Olli. Gerade das naive Eichhörnchen und das einfach strukturierte Schweinchen sorgen am Anfang mit ihrer Unbedarftheit immer wieder für komische Momente.

Im Wald geht es schräg, turbulent, schrill, grellbunt und absolut chaotisch zu. Die harmonische Ruhe der Natur sucht man hier vergebens, setzt doch der Affe alles daran, die Heimat der anderen Tiere zu zerstören und anderen zu schaden. Das Setting und die Figuren sind durchaus einfallsreich und erfrischend anders, leider aber wiederholen sich im Verlauf viele Gags und Handlungsabläufe, nutzen sich irgendwann ab und am Ende kommt nichts mehr Neues. Manche Witze waren anfangs für mich durchaus lustig, andere dagegen flach, seltsam befremdlich, plump und recht brutal. Holzhammer-Humor statt Feinsinn. Das Buch richtet sich aber eben auch an Kinder. Für mich und meine zehnjährige Tochter leider kein Comic-Highlight. „Bunny vs Monkey - Der Wahnsinn beginnt“ beruht durchaus auf einer originellen, lustigen Grundidee, die aber irgendwann nach der zigten Wiederholung nicht mehr überzeugt. Echte Comicfans werden es vielleicht anders sehen und einen besseren Zugang zum Buch finden.

Bewertung vom 12.05.2022
Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
Hazelwood, Ali

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe


sehr gut

Charmante, nette Liebesgeschichte mit sympathisch unbeholfener Heldin

Weil Olives beste Freundin Anh in Olives Ex-Freund Jeremy verliebt ist, sich aber nicht traut, etwas zu unternehmen, um Olive nicht zu verletzen, muss Olive beweisen, dass ihr Jeremy nichts mehr bedeutet. Also erfindet die Biologie-Doktorandin kurzerhand eine Beziehung und küsst spontan einen Fremden, während sie dabei beobachtet wird. Der Fremde entpuppt sich als Dr. Adam Carlsen, ein von den Studenten gefürchteter und verhasster Dozent. Adam erklärt sich bereit, Olives Fake-Freund zu spielen. Mit ein paar geplanten Fake-Dates ist es allerdings leider nicht getan. Als Olive klar wird, was es wirklich heißt, eine Beziehung vorzutäuschen, ist sie schon mittendrin im totalen Gefühlschaos.

Autorin Ali Hazelwood schreibt aus Olives Sicht in der ersten Person. Das tut sie sehr humorvoll, unterhaltsam, flüssig und nachvollziehbar. Olive ist Wissenschaftlerin. Jedes Kapitel beginnt mit einer amüsant formulierten Hypothese wie „Wenn ich Aktivität A schlecht beherrsche, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich genötigt werde, sie auszuüben, exponentiell.“, die sich auf den Inhalt des Kapitels bezieht. Dass Olive immer wieder in Gedanken Dinge sagt, die sie aber in Wirklichkeit nicht laut ausspricht, sorgt für komische Szenen.

Bei ihrer Arbeit geht Olive strukturiert und planvoll vor, im Umgang mit Menschen wirkt sie allerdings oft etwas unbeholfen. Wissenschaftliche Rationalität stößt eben an die Grenzen, wenn nicht beherrschbare Gefühle dazukommen. Das erfährt Olive am eigenen Leib. Die junge Doktorandin gibt sich nicht sehr selbstbewusst, liebt ungesunde Nahrungsmittel, ist sensibel, ehrlich und rücksichtsvoll, durchaus etwas „nerdig“, aber sehr sympathisch. Sie lässt kaum ein Fettnäpfchen aus.
Olives Fake-Date Adam geht mit seinen Studenten oft hart ins Gericht, spart nicht mit Kritik und verhält sich streng und unnachgiebig. Kein Wunder, dass er bei seinen Studenten unbeliebt ist, Olive lernt ihn aber auf ganz andere Weise kennen.
Die weiteren Charaktere erfüllen durchaus so manches Klischee, bilden aber insgesamt eine nette und unterhaltsame Figurenkonstellation.

Dass die Geschichte in Universitätskreisen spielt, war für mich mal etwas anderes und erfrischend. Das Setting empfand ich als interessant und authentisch. Olive und ihre Freunde spiegeln Teile des Uni-Milieus sicher durchaus realistisch wider.
Auch die charmante Grundidee hat mir gefallen. Freilich ist der Plot vorhersehbar, aber er erinnert an die von Olive so geliebten „RomComs“. Ich habe jedenfalls mit Olive wie mit der Hauptfigur einer Liebeskomödie gefiebert. Wie häufig die weiblichen Filmheldinnen, schlittert auch Olive immer wieder in absurd komische, peinliche Momente, verstrickt sich dabei zunehmend in ihre Lügen, obwohl sie genau das doch gerade verhindern will. Die Sexszenen wurden mir zu ausführlich beschrieben, hier wäre für mich weniger mehr gewesen.
Ali Hazelwood hat zwar nicht den Liebesroman neu erfunden, aber eine über weite Strecken doch sehr unterhaltsame, packende Geschichte mit witziger, liebenswerter Heldin geschrieben. Ich könnte mir das Buch sehr gut als Film vorstellen. Wer romantische Komödien liebt, wird auch diesen Roman mögen und sicher gerne mit Olive seufzen.

Bewertung vom 10.05.2022
Hektor und das Schokokuchen-Schul-Schlamassel
Becker, Carola

Hektor und das Schokokuchen-Schul-Schlamassel


ausgezeichnet

Ein Lemming in der Schule - witziges, buntes Schulabenteuer

Hektor ist ein Lemming und angehender Spezialagent. Eines Tages landet er durch unglückliche Umstände in der Tiervermittlung „Pfotenglück“. Dort findet Arthur ihn und möchte ihn sofort als sein Haustier haben. Mit Hektor als Mitbewohner wird es nicht langweilig, er sorgt immer wieder für Unruhe und Turbulenzen. Als Arthur eine neue Klassenlehrerin bekommt, die gefürchtete „schreckliche Rita“ und Hektor sich in Arthurs Mäppchen versteckt, nimmt das Unheil seinen Lauf…

Autorin Carola Becker schreibt lebendig, abwechslungsreich und kindgemäß mit viel wörtlicher Rede. Jede Seite ist durch zahlreiche bunte Illustrationen motivierend und ansprechend gestaltet. Über die drolligen Bilder werden die Leser sicher immer wieder schmunzeln müssen.
Die Schrift ist größer gedruckt und aufgrund des weiten Zeilenabstands auch für Leseanfänger gut lesbar. Die Kapitel haben eine übersichtliche Länge. Das Buch richtet sich an Kinder ab sieben Jahren.

Hektor ist eine absolut niedliche Hauptfigur. Wo er auftaucht, droht eine Katastrophe. Ob das an seiner Verfressenheit liegt oder daran, dass er so abenteuerlustig ist? Sein Herrchen Arthut bringt er jedenfalls häufig in die Bredouille. Mit dem sympathischen Arthur, der manchmal gar nicht weiß, wie ihm geschieht, können sich die Kinder dabei sicher gut identifizieren.
Eine besondere Figur ist Frau Agenta, die für einige Überraschungen gut ist.

Ein Lemming als Haustier ist natürlich ziemlich ungewöhnlich und eine originelle Grundidee. Arthur erlebt mit Hektor ein turbulentes, chaotisches und sehr unterhaltsames Abenteuer mit vielen lustigen Szenen. Eine etwas andere, erfrischende Schulgeschichte für alle, die normal langweilig finden und es lieber schräg, komisch, spannend und unvorhersehbar mögen. Bei „Hektor und das Schokokuchen-Schul-Schlamassel“ ist Spaß garantiert.

Bewertung vom 29.04.2022
Das Mädchen mit dem Drachen
Colombani, Laëtitia

Das Mädchen mit dem Drachen


ausgezeichnet

„Das Unmögliche erreichen wir nicht, aber es dient als Laterne“ - kleiner Roman mit großer Botschaft

Lehrerin Léna hat in ihrer Heimat Frankreich Traumatisches erlebt. In Indien, am Golf von Bengalen, möchte sie die Vergangenheit hinter sich lassen. Als sie die kleine Lalita am Strand beim Spielen mit ihrem Drachen beobachtet, spürt Léna sofort eine besondere Verbindung zu dem Mädchen. Eines Tages wird Léna von einer Welle mitgerissen und gerät in Gefahr, zu ertrinken. Lalita informiert umgehend Preeti, eine junge Frau, die Mädchen Selbstverteidigung beibringt. Léna wird so schließlich gerettet. Später erfährt Léna, dass weder Lalita noch Preeti lesen und schreiben können. Sie beschließt, das zu ändern. Auch wenn das für alle Beteiligten eine große Herausforderung bedeutet, denn „Lesen lernen ist ein Marathon. Dafür eignet sich ein Langstreckenläufer besser als ein Gelegenheitssprinter.“

Laetitia Colombanis Sätze sind klar strukturiert und gut verständlich. Die Autorin schreibt bildhaft im Präsens.
Das schlichte, aussagekräftige und kontrastreiche Cover - einerseits die weißen, hübschen, filigranen Blumen, anderseits der dichte, schwere, schwarze Schatten des Mädchens - passt gut zur Stimmung des Buches.

Léna hat ihren Mann Francois auf tragische Weise verloren. Sie kämpft sehr mit dem Verlust, ihre Welt ist aus den Fugen geraten. Léna droht gar in Depressionen zu verfallen. Doch als sie Lalita näher kennenlernt, erfährt sie, wie es um die Situation vieler Mädchen in Indien bestellt ist. Sie trifft die mutige, folgenschwere Entscheidung, etwas zu unternehmen.
Lalita spricht nicht, sie wächst bei ihren Zieheltern James und Mary auf, die auf ihre Arbeitskraft bauen. Das Mädchen ist intelligent, neugierig und wissbegierig, hat aber aktuell keine Chance auf ein besseres Leben. Léna möchte dies ändern.
Preeti hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mädchen vor Angriffen zu beschützen. Gemeinsam mit anderen jungen Frauen bildet sie die Mädchen aus, sich körperlich zu wehren. Preeti hat ein aufbrausendes Temperament, ist oft wütend, willensstark und wirkt unverwüstlich, sie gibt nicht auf. Preeti unterstützt Léna, macht ihr Vorhaben, eine Schule zu gründen, erst möglich. Die drei Hauptfiguren sind zwar recht „plakativ“ und wenig tiefgründig angelegt, dennoch bewegen ihr Schicksale, sie reißen mit.
Lalita dürfte manchen Lesern schon aus Laetitia Colombanis Debüt „Der Zopf“ bekannt sein. Mir hat es gefallen, ihre Geschichte weiterzuverfolgen.

Indien ist als Gesellschaft tief gespalten, viele Menschen sind dort bitterarm, Frauen- und Kinderrechte werden oft mit Füßen getreten. Vor allem die sogenannten „Unberührbaren“ haben keine Chance auf Bildung. Diese Zustände werden in Laetitia Colombanis Roman mehr als deutlich. Bildung ist für alle Menschen lebensnotwendig. Léna zitiert im Roman John Dewey : „Bildung ist keine Vorbereitung auf das Leben: Bildung ist das Leben selbst.“ Léna tut alles, um Kindern das Lernen zu ermöglichen, denn Schule ist der einzig mögliche Ausweg aus dem unsichtbaren Gefängnis, in das die Gesellschaft viele indische, unterprivilegierte Kinder sperren will
Léna weiß selbst, dass ihr Einfluss an der Schwelle zum Klassenzimmer endet. Sie allein kann die Welt nicht ändern, es wird weiterhin Ungerechtigkeiten, erschütternde Schicksale, Zwangsheirat, Vergewaltigungen, Not, Armut, Elend und Hoffnungslosigkeit geben.
„Das Unmögliche erreichen wir nicht, aber es dient als Laterne.“ erkennt Léna. Für mich ist das die Botschaft dieses eindrucksvollen, aufwühlenden Romans über couragierte Frauen, die den Mut haben, aktiv gegen Missständen zu kämpfen.

Bewertung vom 28.04.2022
Daumen runter für Dislike-Disser / RalfTube Bd.2
Matthes, Silas

Daumen runter für Dislike-Disser / RalfTube Bd.2


ausgezeichnet

Comeback für Ralf - schräg, unterhaltsam und genial komisch - erneut ein Lesehit

Ralf-Tube ist zurück! Ralf ist seinem Traum, ein reicher Youtubestar zu werden, ein bisschen näher gekommen. Er hat mit seinen Videos insgesamt schon über hundert Likes gesammelt. Nach dem 1000. Daumen hoch, möchte er Mia endlich ins Kino einladen, das vereinbart er mit sich selbst. Doch dann erlebt er einen herben Rückschlag. Unter seinem neuesten Video mehren sich die Dislikes. Die „Dislikes-Dissers“ bekennen sich dazu, Ralfs Video negativ zu bewerten. Ralf glaubt zu wissen, wer wirklich dahinter steckt. Gemeinsam mit seinen Freunden Momo und Enrico entwickelt er diverse Pläne, seinen Kanal zu retten und seinem Feind das Handwerk zu legen. Ob es klappt?

Autor Silas Matthes schreibt in Ich-Form aus Ralfs Sicht und das flüssig, herrlich direkt, komisch und ehrlich, einfach ganz Ralf. Ralfs und Momos kreatives Talent, mit Sprache zu spielen, macht großen Spaß, sie erfinden z.B. neue, originelle Meeresbewohner oder verändern gemeinsam Sprichwörter auf sehr amüsante, treffende Weise. Ralfs spezielle Listen und Aufzählungen haben besonderen Unterhaltungswert.
Die Schriftart ist comicartig, auf den meisten Seiten finden sich kleine Motive und witzige zum Text passende Illustrationen. Die Seiten sind abwechslungsreich und motivierend gestaltet, sprechen so auch Lesemuffel an, zumal die Textmenge pro Seite recht übersichtlich ist. Die Geschichte richtet sich an Kinder ab 10 Jahren.

Ralf ist ein Träumer, er präsentiert sich kreativ, einfallsreich, originell und nett. Für meine Kinder und mich hat er nach dem zweiten Band schon einen gewissen Kultstatus erreicht. Auch ein Ralf ist unsicher, macht Fehler und hat Schwächen. Ihm ist sehr wichtig, wie er bei anderen ankommt, im realen Leben und im Internet. Er kann aber auch Größe zeigen, sogar wenn’s weh tut. Ralf ist authentisch, ihn muss man einfach mögen. Mit Momo hat er den idealen Freund an seiner Seite, der ihn stets unterstützt und nicht nur Stricken kann, sondern auch über viele sonstige Fähigkeiten verfügt, die er für Ralf einsetzt.
Die Figuren sind bis hin zu den Nebenfiguren absolut gelungen: feilschende oder taxifahrende Tanten, tanzende Omas, Lehrerinnen, die nicht ganz so viel Humor haben, für Komplimente von bestimmten Schülern aber durchaus empfänglich sind, weise Dauerfahrgäste und kleine Nervensägen. Diese Figurentruppe macht bis zur kleinsten Nebenrolle einfach Spaß.

Wer steckt hinter dem Diss gegen Ralf? Bis Ralf klar wird, was los ist, erlebt er ein turbulentes, für alle Leser witziges und für ihn ziemlich nervenaufreibendes Abenteuer. Die skurrilen Charaktere, allen voran Ralf selbst, sorgen immer wieder für wunderbar schräge Szenen, bei denen man aus dem Lachen nicht mehr herauskommt. Ralfs und Momos Listen sind einzigartig und treffen oft genau ins Schwarze.
Das Buch ist zweifelsohne lustig, regt aber auch zum kritischen Nachdenken über Social Media an. Letztlich ist das echte Leben für Ralf dann doch mehr wert als virtuelle Zustimmung, auch wenn Ralf das nicht immer bewusst ist.
„Ralf-Tube- Daumen runter für Dislike-Disser“ ist eine rundum gelungene, originelle, unterhaltsame Fortsetzung. Das Buch lässt sich unabhängig vom ersten Band lesen. Noch mehr Spaß hat man mit dem Buch aber, wenn man die Charaktere und die Insidergags schon aus dem ersten Band kennt.

Bewertung vom 28.04.2022
The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1
Prose, Nita

The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1


sehr gut

Leichter cosy Krimi mit origineller, naiv-unbedarfter Hauptfigur

„Wir sind alle gleich, aber auf unterschiedliche Weise.“

Molly Gray arbeitet als Zimmermädchen im altehrwürdigen Regency Grand Hotel. Für ihren Beruf bringt sie besondere Leidenschaft auf. Als sie in einem Hotelzimmer die Leiche des reichen Hotelgasts Mr. Black entdeckt, steht ihr Leben plötzlich Kopf. Durch unglückliche Umstände wird sie zur Hauptverdächtigen im Fall und schlittert daher nicht ganz freiwillig in die Mordermittlung hinein. Ob mit Mollys Hilfe der wahre Mörder gefunden wird?

Die Geschichte ist aus Mollys Perspektive in Ich-Form geschrieben. Molly kommt klar, direkt und ganz ohne Umschweife zum Punkt. Der schlichte Erzählstil passt zu Mollys Persönlichkeit und wirkt daher recht authentisch.

Molly ist ein ganz spezieller Charakter, eine „alte Seele“. Sie hat im Umgang mit anderen durch ihre zu ehrliche, sehr geradlinige Art Probleme. So verstößt sie „mit erschreckender Regelmäßigkeit gegen irgendeine Verhaltensregel“ und beleidigt Menschen, wenn sie ihnen eigentlich ein Kompliment machen will. Auf andere mag die junge Frau daher einfältig oder gar beschränkt wirken, aber dieser Eindruck täuscht. Molly hat einen Faible für Colombo und Agatha Christie und bekommt wesentlich mehr mit, als man ihr zutraut. Ihr Beruf macht Molly glücklich, sie fühlt sich für ihre Arbeit geboren, weil sie streng nach Regeln und nach Plan abläuft. Molly ist ein Gewohnheitstier. Dass ihre geliebte Großmutter, bei der sie aufwuchs, vor einiger Zeit starb, setzt ihr immer noch schwer zu. Sie lässt sich von Grannys Weisheiten wie „Wir haben alle das Recht auf einen schlechten Tag. Aber wenn alle Tage schlecht sind, ohne schöne dazwischen, dann ist es Zeit, sich etwas anderes zu überlegen.“ immer noch durchs Leben führen. Mollys aktuelle Situation ist aufgrund des Verdachts gegen sie und finanzieller Schwierigkeiten sehr kompliziert.
Zur Ehefrau des Ermordeten Giselle hat Molly ein fast freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Außerdem ist sie heimlich in einen Kollegen verliebt. Aber echte Unterstützung kommt schließlich von ganz anderer Seite.

Wer steckt wirklich hinter dem Mord und wird Molly ihre Unschuld beweisen können?
Der Fall scheint recht unspektakulär, doch die Leser bekommen ihn durch Mollys individuelle Sichtweise, ihre schrulligen Kommentierungen auf interessante, originelle Weise präsentiert. Bei aller Direktheit überrascht Molly zudem noch mit dem ein oder anderen Geheimnis. Molly als Figur macht den Charme des Buches aus, auch wenn ihre unbedarfte Naivität mitunter auch ein bisschen anstrengend sein kann. Ein leichter, kurzweiliger, humorvoller cosy Krimi mit ganz spezieller Hauptfigur. Kein herausragendes Krimi-Highlight, aber durchaus nette, solide Unterhaltung.