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LichtundSchatten

Bewertungen

Insgesamt 296 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2022
Der Schlaf in den Uhren
Tellkamp, Uwe

Der Schlaf in den Uhren


ausgezeichnet

Mammut, Mutti und die 3M.

Mammut ist Kohl, Mutti löste ihn ab und die Stasi wird heute durch die 3M gekennzeichnet: Medien, Macht, Mitläufer. Sie alle arbeiten in der TausendundeinerNacht-Abteilung.

Uwe Telkamp (UT) zielt mit diesem Buch auf das Mark eines Herrschaftssystems, das mit seiner Presse jeglichen Halt verloren hat: „Dabei kam der Mann gar nicht zum Punkt, sondern schwadronierte in endlosen Schleifen um den heißen Brei, das hatten ihm schon manche seiner Leser vorgeworfen. Der Kerl will auf Kunst machen.“ Mit dieser Aussage wird klar, welche Zustände der Autor aufspießen will. Ich musste dabei an das kleine Schrecklein denken, der in den heiligen Hallen seiner Supermoral von der Kanzel predigt.

UT durchlüftet auf 900 spannenden Seiten die Machtsysteme in Deutschland, deren Innerstes heute vor allem durch die Relotiuspresse zusammengehalten und vorangetrieben wird. Politiker sind meist nur noch Mitläufer bzw. willfährige Erfüller. Wer begreifen will, wie Journalisten strotzen vor Kraft, sehe sich einen Jörges an oder einen Rotzheimer. Sie lassen Politiker vor ihrem Karren springen und Männchen machen. Politiker und Journalisten wechseln heute hin und her, sie rekrutieren sich gegenseitig. Siehe die neue Regierungssprecherin der Grünen.

Die Bezeichnungen von UT für Journalisten sind Legende und sie zielen mitten in das größte Problem unserer Zeit. Dieser Roman steigt in diesem Sinne tief hinab in das schmierige Räderwerk von Menschen, die ein Leben lang darüber schreiben, was sie eigentlich werden wollten und dabei das Einfachste überhaupt entdeckt haben: Haltung und Moral.

Politiker und Journalisten bilden ein Räderwerk und biegen sich die Dinge zurecht. Ihre Macht ist schlicht zu groß geworden und die Contrarevolution gegen die Medien hat soeben erst begonnen. Musk, Telkamp, Bolz, Köppel oder Peter Hahne sind nur einige Menschen der bürgerlichen Vernunft, die dagegen halten. Im Netz sind es immer mehr hellsichtige, private Kommentatoren, die sich zurückerinnern an das, was früher ein Journalist war. Dieser hat sich selten für ein Konzept als Aktivist entschieden, sondern alle Seiten einer Sache beleuchtet.

Schon jetzt darf man gespannt sein, wie druckfrisch ein kleines sauber laufendes Rädlein den neuen Roman zerreißen wird. Es ist so planbar wie alle Stimmen, die diesen Roman in den Keller wünschen, ist er doch Negativ-Futter für ihre Lebensinhalte, die Franz Werfel in seinem 1946 veröffentlichten Roman „Stern des Ungeborenen" so umschrieb: „Zwischen Weltkrieg II und Weltkrieg III drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Und sie nahmen das, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Und Humanität schien ihnen jetzt der bessere Weg zu diesem Ziel. Sie fanden diesen Weg sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenwahn. So wurden die Deutschen die Erfinder der Ethik der selbstlosen Zudringlichkeit.“

UT sagt: “Ich bin ein Medienjunkie. Mich interessiert der Medienbetrieb, mich interessiert diese Macht. Da sitzt keiner da und lügt wie gedruckt oder geschwindelt, das sind die wenigsten. Nein, die meisten nehmen einfach wenig wahr.“ Wer kennt sie nicht, jene bis zum Abwinken narrativ nachgebeteten Worte wie Nachhaltigkeit, Energie-, Klima-, Verkehrswende oder Klimaschutz. Die Ideologen der Weltrettungsszene geben die Inhalte vor, sie sollten immer antirassistisch, divers, antisexistisch und gendergerecht verpackt sein. Sogar auf den heiligen Messen des Vergnügens müssen heute tiefgezogene Ausschnitte verborgen und alles dem neuen Normal unterordnet werden. Dabei wird deutlich, wie das neue Wahrheitsministerium tatsächlich agiert und seine Minen verlegt.

Mehr als alle äußeren Feinde sitzen die echten Zerstörer heute dort, wo unentwegt schwadroniert wird. "Wenn man dir unentwegt Moral predigt, lernst du nicht Moral, sondern predigen." (P. Schumacher) Deshalb gibt es heute in der Canossa-Re

1 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.05.2022
Lehren aus 9/11 (eBook, PDF)

Lehren aus 9/11 (eBook, PDF)


ausgezeichnet

Indem sich die Mehrheit aller Parteien und der Öffentlichkeit auf die politische Korrektheit beruft, wird eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islam vernachlässigt. Dieses Buch fasst die notwendige Kritik in einzelnen Kapiteln untersch. Autoren gut zusammen und nennt die Punkte, die dringend einer Revision bedürfen. Ein hervorragendes Buch mit sachlich zutreffenden Inhalten.

Alleine das Leben und Testament des Attah ist ein Augenöffner für Absurditäten und Probleme eines tief Gläubigen Moslems, der seine Erfüllung erst nach dem Tod erwartet.

Bewertung vom 07.05.2022
Die Strudlhofstiege
Doderer, Heimito von

Die Strudlhofstiege


ausgezeichnet

Wie ein hochgeschäumter Kaiserschmarren aus weiten Sätzen mit Schlagobers.

Die Wiener werden in diesem Buch nur als Privatiers dargestellt, es geht um Bauräte und Rittmeister, Leser, Kaffeehausbesucher entlang der Strudlhofstiege, eine Treppe, die das alte Wien mit dem neuen verbindet. Hier wird nicht gearbeitet, sondern nur getratscht, philosophiert und gedacht.

Seitenlang plätschern die Worte dahin, wie ein flirrender Bach, nur um sehr oft gehaltvolle, neue, unerahnte Sätze und Gedanken hervorzuzaubern.

Hier einige Worte die mir blieben: Verdeutlichende Leere, Sparsamkeitsnarretei, belebende Beliebtheit.

Melzer oder war es Stacheler, man kommt durcheinander bei den handelnden Personen, hat ein Buch gelesen, zu dem er immer wieder Zuflucht suchte. Dort findet sich das: „Die Aufforderung zu einer Selbstbiografie brächte die ungeheuere Mehrzahl der Menschen in die peinlichste Verlegenheit. Können doch schon die wenigsten Rede stehen, wenn man sie fragt, was sie gestern getan haben. Das Gedächtnis der Meisten ist eben bloß ein sprunghaftes.“

Man bekommt wirklich Lust, die Strudlhofstiege zu besuchen, alle Straßen drumherum, fast sehnt man sich in die Zeit zurück, in der Autotaxis und Pferdetaxis unterschieden wurden, vom langsamen Tribbtrabb hin zum puffenden Motorgeräusch, die nahende Verpestung.

Man hört einfach zu und weiß, alles ist gut, war gut, damals in Wien, als jeder Privatier war. Ab und an kommen dramatisch schöne Sätze und Gedanken, die bezaubern. Z.B. "Budapest und die ungarischen Menschen mit ihrer voll-saftigen Talentiertheit in allen Sachen des Leben und allen Ecken und Enden."

Man kann diesen Roman hören wie Musik und ab und zu in die Wort-Strudel eintauchen, ein unglaubliches Werk, im ewigen Lauf des Stiegenauf und -ab.

Bewertung vom 07.05.2022
Chinas Griff nach dem Westen
Geinitz, Christian

Chinas Griff nach dem Westen


ausgezeichnet

Dieses Buch ist ein sachlich fundierter Bericht über das Wirtschafts-Wunder von China, auf 380 Seiten gut verständlich und spannend geschrieben.

Wer hätte nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Europa gedacht, dass ein Comeback dieser Idee mit kapitalistischer Grundierung möglich wäre? Die deutsche Automobilindustrie macht ihre Gewinne zwischen 35-50 Prozent inzwischen in China und die Situation ist mehr als klar, der dortige Markt hat für uns alle hohe Relevanz. Trotzdem finden nach wie vor die entscheidenden Mergers in USA und Europa statt.

China möchte bis 2035 in zehn Schlüsselbranchen entscheidende Durchbrüche erzielen und sich 2049 als das dominierende industrielle Land behaupten. Wie man eine für alle lohnende Verzahnung zwischen Europa, USA und China erreichen kann, ohne Russland außen vor zu lassen, Christian Geinitz gelingt es, alle dazu notwendigen Facetten aufzuzeigen.

Bewertung vom 06.05.2022
Das kleine Buch für Buchliebhaber

Das kleine Buch für Buchliebhaber


ausgezeichnet

Wunderschöne Zitatesammlung über Bücher & Lesen.

Ein Künstler ist, wer auch über schwere Dinge leicht schreiben kann. (S. Prudhomme)
Man ist neugierig, die Stellen im Buch zu lesen, die ein anderer unterstrichen hat. (Jean Paul)
Die 3 lebenswichtigen L: Lesen - Lachen - Lieben. (Christiane Schlüter)

Eignet sich insb. als Beigabe zu Karten, Glückwünschen etc.

Bewertung vom 04.03.2022
Das Maß ist voll
Hahne, Peter

Das Maß ist voll


ausgezeichnet

Auffrischungsimpfung für die Vernunft.

Peter Hahne (PH) ist ein Denker, der sich nie verbogen hat. Schon in den 80er Jahren hat er ein Buch geschrieben (Die Macht der Manipulation), das den damaligen Fernsehoberen die Leviten las. Nur, sie hatten es nicht verstanden. Über Jahrzehnte allerdings hat das Fernsehen ein gut austariertes Verhältnis zwischen links und rechts in Angebote umgesetzt: unterschiedliche politische Richtungen kamen zu Wort. Heute ist das nicht mehr der Fall. Links schwillt den Gleichheits- und Gerechtigkeitsaposteln der Kamm. Dabei fügt Grün die notwendige Angst hinzu, denn morgen hat die Erde angeblich ein Ende.

Links und rechts sind Einordnungen aus dem Autoverkehr, aber keine guten Maßstäbe für Politik. Weil es so diffamierend benützt wird, hier eine mögliche Unterscheidung: bei Rechts sind die persönlichen Freiheiten wichtiger als Gleichmacherei. Links bedeutet, dass mehr Gleichheit angestrebt wird, meist auch auf Kosten persönlicher Freiheiten. Problematisch daran ist, dass die Grenzlinien nicht klar gezogen werden können. Deshalb ist für mich nur ein Maßstab der Politik richtig: entspricht sie einer bürgerlichen Vernunft oder nicht? Berücksichtigt sie eine Verantwortungsethik, die ein gutes Verhältnis zwischen dem Einzelnen und Allen herstellt. Stellt Sie die Freiheit des Einzelnen über vorgeschobene Gemeinwohlinteressen?

Wenn ich mich als Mann morgen als Frau umdefinieren kann, ohne biologische Parameter umzustellen, dann ist dies mehr als unvernünftig. Es öffnet Manipulationen Tür und Tor. Am Fall Tessa erkennt man: Die politische Klasse hat jegliche Bodenhaftung und den Draht zur Bevölkerung komplett verloren. Sie unterstützt vor allem Studienabbrecher, die dem Bürgertum heute vorschreiben wollen, wie es zu leben habe. Im Vordergrund stehen Wunschtheorien und Gleichmacherei, die wenig noch mit der Realität zu tun haben.

Besonders problematisch ist, dass im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen die Bevölkerung bzw. die Meinungen nicht mehr abgebildet sind, der Trend schwingt Richtung Wünschen von gutmenschlicher, toleranter Weltpolitik, die unerfüllbare Forderungen stellt und die Energie des Landes aussaugt. Die Ausführungen von PH zeigen ganz konkret, wo der Schuh drückt und niemand in Berlin kann diese Sachverhalte mehr übersehen. Die SPD stand schon am Abgrund und gemeinsam mit den Grünen wird es bald weit darunter hinaus gehen, täglich hofft man, dass wenigstens ein Helmut Schmidt wieder irgendwo auftaucht.

PH ist ein christlich grundierter Denker, dessen Konzept heute nicht mehr im woken, grünen Akzeptanz-Bereich liegt. Er argumentiert in einer Richtung, die auch Iwan ILJIN in seinem Buch "Über den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse:" skizziert.

Peter Hahne ist eine echte Auffrischungsimpfung für die Vernunft. Wir sehen hinter die Potemkinschen Dörfer der zeitgeistig verwrirrten Aktivisten aus Journaille und Politik. "Wir befinden uns heute in einer Situation, in der ein gutmenschliches, liberal-willenloses Christentum zur „Verschleuderung“ unseres religiösen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen „Erbes“ geführt hat." (Kardinal Schönborn) Die heutigen Aktivisten aus Politik und Journaille arbeiten weiter an einem woken Deutschland, dessen Toleranz demnächst nichts mehr verteidigen und das neben einer komplizierten Sprache nichts mehr bieten kann, was man Kultur nennen könnte, außer globaler Einheitsförmigkeit.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.02.2022
Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten
Zitelmann, Rainer

Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten


ausgezeichnet

Wer das Kaiserreich studiert hat und die Kriege vorüberziehen lässt, weiß, dass die SPD große Verdienste um die ArbeiterInteressen hatte. Ich habe ein Leben lang gearbeitet, als Unternehmer wie Rainer Zitelmann, mich im Grunde nie um Politik gekümmert und zur Entlastung meines hohen Einkommens habe ich (absurderweise) SPD gewählt. Weil das auch mein Vater getan hatte, dem ich sehr verbunden war. Aber irgendwann muss jeder aufwachen. Und sich Gedanken machen um unsere Systeme des Politischen, des Wirtschaftens, also Sozialismus versus Marktwirtschaft. Je mehr der Staat eingreift, reguliert und verteilt, umso mehr Sozialismus ansteht, der schlicht kontraproduktiv wird wie z.B. in Schweden in den 70er80er Jahren. Schweden hat das längst geändert. „Wird der Kapitalismus-Anteil in einer Wirtschaft erhöht, so wie das etwa in den letzten Jahrzehnten in China geschah, dann führt das in der Regel zu mehr Wachstum und der Mehrheit der Menschen geht es besser.“

Kapitalismus ist keine Ideologie, sondern natürlich gewachsen, er entspricht der Natur des Menschen am besten. Es gibt keine Trennung in Mensch und Wirtschaft. Jeder Mensch wirtschaftet. Linke Ideologen haben den Gegensatz kultiviert und grenzen jenen Bereich aus, in dem wir die meiste Zeit des Lebens verbringen. Sie diffamieren ihn mit dem Begriff „Kapitalismus.“ Ich suche schon lange nach einem Wort, das diesen Nachteil vermeidet. Innovism wäre es, wenn ich englisch denke. Leider gibt es keinen adäquaten deutschen Begriff. Bis dorthin sollte man das Wort Marktwirtschaft, besser noch soziale Marktwirtschaft nutzen. Alle Beteiligten in einer Marktwirtschaft profitieren von den stattfindenden Innovationen, Unternehmer und Arbeitnehmer gemeinsam.

Die Kraft der Marktwirtschaft drückt Marcel Reich-Ranicki etwas überspitzt so aus: „Die anständigen Menschen arbeiten um des Ruhms und des Geldes willen, die unanständigen wollen die Welt verändern und die Menschen erlösen.“ RZ möchte die Welt nicht erlösen, aber Verständnis schaffen für ein System, in dem wir alle agieren, er möchte die Frontlinien begradigen und Gemeinsames erreichen, eine Verantwortunsethik für die Zukunft.

Alle 10 benannten kritischen Punkte gegen den Kapitalismus und die Argumente von RZ dagegen sind ein Genuss zu lesen. Ich bin Praktiker und schätze den verständlichen Ton und Stil. So kann ich in Zukunft besser auf Argumente eingehen und diese entkräften. Natürlich ist soziale Marktwirtschaft, Wettbewerb und Innovation nicht immer einfach, aber das verlangt auch niemand. Wer etwas leisten möchte, hat Freude am Wettbewerb und er hat Interesse daran, für andere und für sich selbst etwas zu schaffen. Er arbeitet begeisternd und muss deshalb ein Leben lang nicht mehr arbeiten. Wenn erst mal diese Einigkeit vorhanden wäre, könnte man sich um die wirklichen Probleme kümmern, nämlich um jene, die eine funktionierende Marktwirtschaft lösen und immer einhegen muss. Stichworte wie geplanter Verschleiß, Gleichberechtigung, Monopole, Recycling, Ressourcenverbrauch etc. wären dabei zentral, aber auch Teilhabe und Lust am Unternehmertum.

Moderne Wirtschaft ist wandlungsfähig, ihr entscheidender Impuls ist Kritikfähigkeit und praktische Adaption, Optimierung, Ideen und machen. Radikale Antikapitalisten schrieben schöne, endlos lange Theorien von schöneren Welten, alleine alle sozialistischen Versuche schlugen fehl. Sie waren zu starr und nicht bereit für Optimierungen. Die von Joseph Schumpeter entwickelte „schöpferische Zerstörung“ ist der Hauptimplus des Kapitalismus. Aus ihr ziehen alle ihre Vorteile. Theorien laufen in Sackgassen, aber die praktische Umsetzung von Ideen in Produkte lebt vom Widerspruch, der permanenten Wandlung und ist deshalb so erfolgreich. Fehler im Kapitalismus sind möglich, es ist sein Antrieb bzw. Turbo zum Immer-Besser-Werden. Sich ihm so zu nähern, ist die einzig mögliche, humane Denkweise, zum Wohle aller.

Bewertung vom 06.02.2022
Gesammelte Werke
Sandgren, Lydia

Gesammelte Werke


ausgezeichnet

Liebe zur Literatur: "Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen." (Bacon)

Ich lese Bücher nicht wegen dem Ende, sondern für weite Sätze, die mich aufleben lassen und tragen. Hier wird ganz feiner Literatursand gehoben, umgeschichtet und in einer Sanduhr des Lebens erfahren wir alles über die Lese-Vorlieben der handelnden Personen. Und ebenso viel über die Probleme ihres Lebens und deren Losungen und Lösungen.

Der ersten Sätze: "Martin Berg lag, die Hände auf dem Bauch gefaltet, im Wohnzimmer auf dem Fußboden. Um ihn herum waren waren alle möglichen Papier verstreut. Neben seinem Kopf lag ein halb fertiger Roman, ..." Eine eigentlich unspektakuläre Sprache entfaltet ganz langsam ihre Wirkung und zieht mich in die Welt des Martin Berg, seiner Familie und der Freunde.

Ich wünsche mir, dass diese Brikett an Buch nie aufhört. Es zu umfassen, macht mir ebenso Freude wie die ganz normalen Leben und Tage der handelnden Personen mitzuerleben. Es ist etwas Besonderes in dieser lauten Zeit diese leisen Töne zu vernehmen und sich dort wiederzufinden, wo Tage ihren ganz normalen Gang nehmen.

Das Arbeiten und Hoffen eines Verlegers ist ein Stoff, der für Bücherliebhaber das ganz große Kino bietet. Es sind große Worte, kleine Brötchen oft, Wolkenkuckucksträume und harte Landungen in der Realität, immer abgefedert durch Inhalte, die man in Buchdeckel bindet und verkaufen will. Aber eben auch mit großen Erfolgen, die das Einkommen sichern.

Geistes-Wissenschaften und Diskussionen um Politik und Leben, Wirtschaft und Freiheit. Letzten Endes schafft es diese Art des Schreibens gegen das Vergessen vorzugehen, Leben zu erinnern und Tage festzuhalten. Wir alle fließen weg ohne diese Fähigkeit, Lydia Sandgren schärft den Blick für Momente, die auch wir festhalten können, die lebens- und lesenswert sind.

"Bücher sind Schiffe, welche die weiten Meere der Zeit durcheilen." Diese Aussage von Francis Bacon skizziert den Kern dieses Buches, gelb wie die Sonne und lichte Strahlen sendend, die bleiben, die mich als Buchliebhaber durchwärmen und erfreuen. Unglaublich, dass die Autorin in so jungen Jahren ein solches Meisterwerk schreiben kann.

"Der eine lässt sich alles gefallen. Der andere wehrt sich mit Händen und Füßen. Der dritte beschreitet den Rechtsweg. Der vierte den politischen. Der fünfte greift zur Feder." (Martin Walser)

Bewertung vom 04.02.2022
Zur Zukunft der Demokratie
Steinmeier, Frank-Walter

Zur Zukunft der Demokratie


gut

Eine breite Diskussion, von konservativ bis links, von digital bis Religion - man muss hier einen Pluspunkt für dieses Buch sehen. Es bringt die aktuellen Diskussionen gut in einen Raum, in dem wir uns alle heute bewegen und mitreden sollten.

Beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses habe ich mich beobachtet und festgestellt, dass ich doch die mir adäquaten Themen eher suche und mich zwingen muss, konträre Meinungen zu lesen, z.B. jene von Mouhanad Khorchide (MK).

Immer wieder spannend, wie MK an Koran, Hadith und allen anderen Aussagen des Islam vorbei eine universelle Religion definiert, die mit dem Islam nur noch im Traum etwas zu tun hat. Er formuliert schöne Sätze, z.B.: „Religiosität ist somit ein Geschehen der Liebe aus Liebe für die Liebe.“ Wir sind eine Verwirklichung der Liebe Gottes, seiner Barmherzigkeit, wir sind Gottes Statthalter auf Erden. Unser Antrag sei ein politischer mithin zur Umgestaltung der Gesellschaft, um die Schöpfung möglichst als Selbstzweck zu befreien. Sloterdesk nähert er sich dem möglichen Beitrag des Islam zu einer demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft.

Schön auch die Feststellung, Huntington’s Kampf der Kulturen wende sich hin zu einer selbst erfüllenden Prophezeiung. Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache ebenso wie die Geschichte und die aktuellen Einstellungen der Deutschen zum Islam, die MK anführt. Über 80% verbinden den Islam mit Frauenunterdrückung (Ilhan Arsel: Frauen sind Eure Äcker), Fanatismus (70%) und Gewaltbereitschaft (+60%). Schuld daran seien wie immer wir, weil der Islam von der deutschen Regierung auf eine organisierte Linie gebracht wurde, in der konservative Sichtweisen dominieren, während aber der liberale Islam stärker berücksichtigt werden sollte.

Es ist ganz großes Märchenkino, wie MK das islamische Glaubensbekenntnis zu einem freiheitlichen Ansatz umdeutet: „Der Ruf des Korans zum Glauben an den einen Gott ist ein Ruf, sich zur Freiheit zu bekennen.“ Er meint damit u.a., sich vom Polytheismus zu befreien und genau hier sind wir bei der Trinität Gottes, dem Kern des Christentums. An Gott Vater, Gott Sohn und den Heiligen Geist zu glauben, gilt dem Islam als die größte, unvergebbare Sünde.

MK sieht im Vorgehen der deutschen Regierung mit dem Religionsunterricht gute Ansätze, die allerdings in das alte, konservative Islam-Verständnis abdriften. „Es besteht noch Handlungsbedarf in wichtigen Fragen wie der Imamausbildung oder der Förderung der liberalen Gemeinden."

Der Beitrag von Ulf Poschardt nennt Fakten, die nach meinem Gefühl so sind. „Gerade im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist eine politische Schlagseite entstanden, die zu scharfer Kritik in den Sozialen Medien geführt hat.“ Zurecht, denn ein Herr Böhmermann möchte dort anordnen, wer gefragt werden kann und wer nicht in seine Qualität passt. Eine Journalistin beim Spiegel ist stolz darauf, Regierungssprecherin zu werden - man versteht das nicht mehr. Kritischer Journalismus wird immer mehr durch moralische Haltungen ersetzt. Es stimmt: „Zu viele Journalisten haben sich als Transmissionsriemen gesellschaftlicher Prozesse verstanden, der das Gelingen des „Merkel’schen Wir schaffen das“ sicherstellen sollte.
Völlig ungewohnt ist für UP die Rolle linker Medien: „Sie sind zum Verklärer staatlichen Handelns geworden.“ Die Forderer und Förderer höchste moralischer Standards werden so zum Totengräber journalistischer Standards, die gerne jene verhöhnen, die sich von ihnen abwenden und objektiv informiert werden wollen. Wer einfach schreibt, was ist, ohne zu viel Haltungszeigefinger, der wird auch morgen dabei sein, UP hat völlig Recht. Ich sehe die größte Verantwortung bei linken Journalisten, die mit ihrem Vorgehen eine tiefe Spaltung der Gesellschaft vornehmen, wie in Amerika. „Im Zentrum aller Medien muss wieder der mündige Bürger stehen, den man mit Argumenten, Pluralismus und Respekt ernst nimmt.“ Und nicht mit Angst und Manipulation traktiert.

Nein, die Einleitung des Herrn Steinmeier habe