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Insgesamt 428 Bewertungen
Bewertung vom 05.06.2020
Die Henkerstochter und der Fluch der Pest / Die Henkerstochter-Saga Bd.8
Pötzsch, Oliver

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest / Die Henkerstochter-Saga Bd.8


ausgezeichnet

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest, Historischer Kriminalroman von Oliver Pötzsch, 736 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
Wieder befindet sich die Henkersfamilie Kuisl mitten drin in einem aufregenden Kriminalfall, erschreckende Parallelen zur aktuellen Corona-Krise.
Im Sommer 1679 breitet sich die Pest von Wien in Richtung Bayern aus. Der Schongauer Scharfrichter Jakob Kuisl wird von einem offensichtlich Pestkranken, dem Kaufbeurer Henker aufgesucht, der kurz darauf zusammenbricht. Bevor er stirbt, flüstert er Jakob Kuisl noch ein paar rätselhafte Worte ins Ohr. Zusammen mit seiner Tochter Magdalena und seinem Schwiegersohn, Simon dem Medicus macht sich der Henker auf nach Kaufbeuren um der Sache auf den Grund zu gehen. Wieder einmal begibt sich die Familie dabei in höchste Gefahr.
Das Buch besteht aus 25 längeren Kapiteln, die aber in überschaubare Leseabschnitte aufgeteilt sind. Die einzelnen Kapitel sind mit genauer Orts- und Zeitangabe versehen, somit ist der chronologische und räumliche Überblick an jeder Stelle des Buches möglich. Viele schlagfertige und mundartliche Dialoge, zum Teil in derber Sprache, machen das Geschriebene lebendig. Gedanken, bayrische Ausdrücke und fremdländische Phrasen sind kursiv kenntlich gemacht. Der Autor besticht mit seiner bildhaften Erzählweise, dadurch konnte ich mir die beschriebenen Figuren und auch das Setting genau vorstellen. Die auktoriale Erzählweise ermöglicht den Überblick über die Handlungen und auch Innenansichten der Charaktere sind möglich. Die Dramatis Personae am Anfang und die Ansicht der Stadt Kaufbeuren im Jahr 1679 waren sehr hilfreich. Zu Beginn ist die Sage des Rattenfängers von Hameln angeführt. Ich habe schon die meisten Bände der Henkerstochter Saga gelesen, deshalb waren mir die Hauptcharaktere vertraut, Lesefluss stellte sich sofort ein. Der Spannungsbogen zieht sich vom Anfang bis zum „explosiven“ Ende und ist gleichbleibend hoch. Die ganzen Intrigen und Untaten zu durchschauen, lies mich das Buch kaum aus der Hand legen. Da mehrere Familienangehörige an verschiedenen Orten ihre Abenteuer erlebten endeten die einzelnen Erzählstränge oft an den aufregendsten Stellen. Meine Lieblingsfigur der bärbeißige Grantler Jakob Kuisl, wie immer zupackend wenn es Not tut. Besonders faszinierend fand ich die Ursachenmeinung und Behandlungsmethoden der Pest in der damaligen Zeit. Da es noch bis Ende des 19.Jahrhunderts dauerte, bis der Erreger Yersinia Pestis eindeutig als Grund für diese Geißel der Menschheit bestimmt werden konnte, sind die Beobachtungen und Aufzeichnungen von Simon und Peter, vom Autor gut in die Geschichte eingebaut. Erschreckend finde ich, dass im zweiten Weltkrieg noch Pesterreger als biologische Waffen in Betracht gezogen wurden, wie der Autor im Epilog erläutert. Die Parallelen zur momentanen Pandemie und die beschriebenen Folgen (Ausgangsbeschränkungen, Einreiseverbote, Absage von Volksfesten usw.) hat Plötzsch bei seiner Arbeit am Buch, noch nicht wissen können, umso mehr finde ich es faszinierend wie erschreckend nahe er mit seinem Buch, der aktuellen Lage, jetzt über 300 Jahre später kommt. Da hatte Plötzsch seinen Finger ganz nah am Puls der Zeit und das Werk ist deshalb m.M. nach ganz besonders authentisch.
Der kleine Reiseführer für Kaufbeuren und Umgebung am Ende des Buches hat mir gefallen und lädt den Leser ein, sich das Setting einmal selbst anzusehen. Wieder einmal hat mich ein Band der Reihe begeistert und hervorragend unterhalten. Eine hervorragende Recherche kann ich nur bestätigen. Die Figuren sind gut charakterisiert und auch der Plot ist absolut nachvollziehbar. Von mir 5 Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

Bewertung vom 21.05.2020
Aufgetaut
Safier, David

Aufgetaut


sehr gut

Aufgetaut, Roman von David Safier, 336 Seiten, erschienen im Kindler-Verlag.
Eine Frau aus der Steinzeit sucht das Glück.
Urga, eine Steinzeitfrau war über dreiunddreißigtausend Jahre zusammen mit einem Babymammut in einem Eisblock eingefroren. Durch die Erderwärmung löst sich der Eisblock und wird an Bord des Kreuzfahrtschiffes Arctica 2 genommen. Nach dem Auftauen, begegnet sie Felix Sommer jr., seiner Tochter Maya und dem alten Seebären Kapitän Øyvind Lovskar. Sommer hat kein gutes Händchen in geschäftlichen Dingen und Lovskar ist auch nicht glücklich, denn seine Frau hat ihn verlassen. Schon bald kommt Cryogenics und Amanda Cole, die eine Kryotechnik-Firma leitet dahinter und wollen Urga für die Wissenschaft gewinnen. Auf der Suche nach dem Glück und auf der Flucht vor den Wissenschaftlern führt die Gefährten eine Irrfahrt aus der Arktis über Indien bis nach Italien.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, dementsprechend schnell hatte ich es gelesen. Die Kapitel sind kurz und in angenehmer Leselänge, der Autor beschreibt im auktorialen Stil, das ist sehr hilfreich, denn der Leser hat dadurch Gelegenheit, die Gedanken und Innenansichten eines jeden Handelnden genau zu kennen. Zitate, Gedanken Eigennamen sind kursiv geschrieben und somit deutlich hervorgehoben. Safier schreibt sehr bildmalerisch, das Setting und auch die handelnden Personen konnte ich mir hervorragend vorstellen, oft verwendet er umgangssprachliche Begriffe z.B. ..,.das Dolle is…., die Zahnspange die an die Stacheldrähte von Verdun erinnert. Das lustige Kauderwelsch der Steinzeitfrau Urga gefiel mir, Sätze wie: „Verzeih mir, weil ich gefeigen Ohr dich“ oder die Worte Matschepampe und schnabbeln, ließen mich immer wieder schmunzeln. Ich habe alle Bücher aus der Feder Safiers gelesen und ich finde, vorliegender Roman gehört zu den besten. So kenne ich seine Bücher und so mag ich sie. Zwar nicht gerade realistisch, doch durchaus mit Tiefe. Witzig, herzlich und hier sogar mit einigen Lebensweisheiten. Auch die Figuren haben durchweg eine enorme Entwicklung durchgemacht. Besonders Felix, dessen Name ohnehin schon „der Glückliche“ bedeutet, auch Bruce der Wachmann oder Amanda, die durch ihre Krankheit ihr Päckchen zu tragen hat, sie alle sind bessere Menschen geworden, Urga und Lovskar sowieso. Am putzigsten und somit meine Lieblingsfigur war das Babymammut Trö. Seine Gedanken haben mich köstlich amüsiert. (Neue Mama hat so kuschelig haarige Beine). Nicht gut weggekommen bei mir ist allerdings Felix Sommer senior, einfach unsympathisch und der Bösewicht im Buch. Geeignet für Safier-Fans, als Geschenk und mit einem Augenzwinkern zu genießen. Zwei winzige Kritikpunkte von mir, wie schnell Urga unsere Sprache gelernt hat und die Szene im Hafenbecken fand ich ein wenig zu unglaubwürdig bzw. übertrieben, dafür möchte ich einen Punkt abziehen. Von mir deswegen 4 Sterne.

Bewertung vom 18.05.2020
Marta schläft (eBook, ePUB)
Hausmann, Romy

Marta schläft (eBook, ePUB)


gut

Marta schläft, Thriller von Romy Hausmann, EBook 331 Seiten, erschienen im dtv-Verlag
Ein tief unter die Haut gehender Psychothriller über Schuld, Vergeltung und die Frage, ob ein Täter je wieder frei sein kann.
Die 15jährige Nadja wird für ein grausames Verbrechen verurteilt. Nach ihrer Haftentlassung wünscht sie sich nichts sehnlicher, als wieder ein normales Leben zu führen. Eines Tages geschieht ein Mord. Und die wahre Begebenheit soll vertuscht werden. Ein abgelegenes Haus im Spreewald wird zum Schauplatz eines bizarren Spiels. Macht Nadjas Vergangenheit sie zum perfekten Opfer einer infamen Intrige?
Das Buch gliedert sich in mehrere Erzählstränge und Zeitebenen, ein Teil, der mit dem Namen Nadja überschrieben ist und die Geschehnisse, doch leider ziemlich undurchsichtig und verworren, erzählt. Es ist die Geschichte Nadjas teils in der Gegenwart, aber auch in Rückblicken in die Vergangenheit. Ein weiterer Strang gekennzeichnet mit Zahlen, sind Ausschnitte aus Briefen, die niemals abgeschickt wurden, wobei anfänglich nicht klar ist an wen sie gerichtet und von wem sie geschrieben sind. Dann noch der Teil der mit Monat und Jahreszahl überschrieben ist und die eigentliche Mordgeschichte erzählt. Dazwischen noch der Mordfall an der jungen Nelly, der endgültig zur Verwirrung beigetragen hat.
Dies ist das zweite Buch der Thrillerautorin Romy Hausmann, ihr Debütroman „Liebes Kind“ hat mir sehr gut gefallen, was beim ersten Buch, die besondere Spannung ausgemacht hat, fand ich in vorliegendem Buch des Guten zu viel, etwas mehr Ordnung hätte ich mir gewünscht. Ich hab mich gerade durch die verschiedenen Erzählstränge und diversen Zeitebenen unheimlich schwer getan ins Buch hineinzufinden, da war ich schlichtweg überfordert. Erst in der Hälfte des Buches haben sich die einzelnen Teile, langsam zu einem durchschaubaren Ganzen zusammengefügt und ich konnte, das Werk erst richtig genießen. Von da ab konnte sich auch ein Spannungsbogen aufbauen der bis zum Ende anhielt. Wie schon in ihrem Debütroman hat mich die Autorin mit überraschenden Wendungen und am Schluss mit einem fulminanten Ende überrascht. Immer wieder wenn ich dachte, ja so könnte die Story enden, haben sich die Fakten geändert und der Schluss lag wieder offen. Ich war des Öfteren drauf und dran, den Reader aus der Hand zu legen und das Buch abzubrechen, bin aber letztendlich froh, dass ich durchgehalten habe. Bei der Lektüre muss man sich unheimlich konzentrieren, nebenher hat mich sogar Musik abgelenkt. Die Story an sich ist interessant und auch raffiniert inszeniert, doch hier wäre etwas mehr Klarheit von Anfang an von Vorteil gewesen. Die unnötigen Erzählstränge und Zeitebenen hätte ich nicht gebraucht, einige Rückblicke oder auch zwei Erzählstränge hätten genügt, ständig hatte ich das Gefühl einige Seiten ausgelassen zu haben. Die Figuren waren durchweg gut charakterisiert. Gerade Nadja war mir sympathisch, gerade sie hat im Buch eine enorme Entwicklung durchgemacht, das hat mir gut gefallen. Auch der Charakter Gero van Hoven war trotz seiner intriganten Art, äußerst interessant angelegt. Seine Gattin Laura jedoch war mir von Anfang an suspekt, ein typisches Luxusfrauchen dazu oberflächlich und charakterschwach. Gerne würde ich ein weiteres Buch der Autorin lesen und hoffe, dass sie sich das nächste Mal auf einen übersichtlicheren Erzählstil festlegt. Geeignet ist dieser Thriller für Leser, die Geschichten mit mehreren Erzähl- und Zeitebenen und Plot-Twists schätzen. Von mir gutgemeinte 3 Sterne.

Bewertung vom 13.05.2020
Zu wahr, um schön zu sein
Engelmann, Gabriella

Zu wahr, um schön zu sein


sehr gut

Zu wahr, um schön zu sein. Frauenroman von Gabriella Engelmann, 320 Seiten, erschienen bei Droemer Knaur.
Ein humorvoller Liebes- und Frauenroman. Herz & Humor im hohen Norden.
Cora 45 Jahre alt und „eigentlich“ rundherum zufrieden, will die Silberhochzeit mit ihrem Mann Matthias gebührend feiern. Doch es kommt alles ganz anders, bis sie es sich versieht steht sie vor den Trümmern ihrer Ehe und das ist noch nicht alles. Ihr 15jähriger Sohn Felix macht Probleme, sie verliert ihren Job und Flora ihre Hippie-Mutter nervt ganz gewaltig. So versucht Cora mit Hilfe ihrer Freundin Silvia und ihrer Vermieterin Hedwig, ihr Lebensschiff wieder auf Kurs zu bringen. Denn eines ist für Cora gewiss, alleine will sie nicht bleiben.
Dieses Buch besteht aus 40 Kapiteln, die passend zum jeweiligen Inhalt überschrieben sind. Besonders reizend fand ich die kleinen maritimen Skizzen am Kapitelanfang. Die Autorin besticht durch ihren humorvollen, bildmalerischen Schreibstil, aus Sicht der Protagonistin, in der Ich-Form verfasst. Einzelne Phrasen, Liedtitel, mundartliche Aussprüche und fremdländische Phrasen sind kursiv gedruckt und somit deutlich hervorgehoben. Die Gedanken der Protagonistin stehen in Klammern, sind in Großbuchstaben gedruckt oder anderweitig hervorgehoben, auch viele lebhafte Dialoge machen dieses Buch äußerst lebendig. Der Leser ist zu jeder Zeit ganz nah dran am Geschehen.
Und es geschieht sehr viel, Missgeschicke, peinliche Szenen oder Situationskomik. Die haben mich immer wieder schmunzeln lassen, ein wirklich fröhliches Buch, wahrlich ein Wohlfühlbuch. Am besten gefallen haben mir die lustigen Wortgefechte der Protagonistin mit ihrer Espressomaschine von ihr liebevoll Renato Bialetti genannt. Die Protagonistin ist warmherzig und vor allem sehr tapfer denn sie lässt sich einfach nicht unterkriegen. Sehr sympathisch war mir, ihre Freundin Silvia und der „Fels in der Brandung“ die lebenskluge Witwe Hedwig, die so manches was im Argen liegt, mit hilfreichen Tipps, wieder ins Lot bringt. Ihr Haustier die Witwenpfeifente „Daisy“ ist mein absoluter Liebling.
An keiner Stelle im Buch hatte ich je Zweifel, dass es nicht zu einem guten Ende kommt, dem entsprechend ist der Spannungsbogen auch nicht unbedingt hoch. Sobald sich eine Schwierigkeit auftut, kommt auch schon eine Lösung daher. Und das unvermeidliche Happy End ist erreicht als Caro mit ihrem Schwarm in den Sonnenaufgang segelt.
Ein Buch, das sich ohne große Aufregung und mit mäßiger Spannung mühelos weglesen lässt. Einfach zu schön um auch wahr zu sein. 4 Sterne

Bewertung vom 08.05.2020
Wie uns die Liebe fand
Stihlé, Claire

Wie uns die Liebe fand


sehr gut

Wie uns die Liebe fand, Familienroman von Claire Stihlé, 303 Seiten, erschienen im Droemer Verlag.
Familiengeschichte die in einem Dorf im Elsass spielt.
Die 93jährige Madame Nanon, von allen nur liebevoll Madame Nan genannt blickt auf ihr ereignisreiches Leben zurück. Eine bewegende Geschichte die die in einer bewegten Landschaft spielt. Das Elsass war schon immer ein Spielball politischer Interessen und Machtansprüche. Nach dem 2. WK, als sich alles beruhigt hat, bekommt die Witwe Madame Nan vom Nachbarn Monsieur Boberschram, den heruntergekommenen Dorfladen, den er seinerseits von den Eltern übernommen hat, geschenkt. Mit der Hilfe ihrer vier Töchter und zwei Schwiegersöhnen entsteht das Chez Malou, das von Anfang an gut läuft. Doch eines Tages macht ihre älteste Tochter Marie eine Erfindung, die der Familie nicht nur Ansehen und Geld sondern dem ganzen Dorf eine Menge Liebestaumel beschert. Alle sind glücklich, doch können auch Madame Nan und Monsieur Boberschram zusammenfinden?
Als Erzählperspektive hat die Autorin den Ich-Stil aus der Sicht Madame Nans gewählt, eine gute Entscheidung, denn der Leser erfährt aus erster Hand die Erlebnisse und auch die tiefgehenden Gefühle der Protagonistin. Die einzelnen Abschnitte sind in einer idealen Leselänge. Gedichte und auch elsässische Begriffe sind kursiv hervorgehoben. Am Ende des Buches sind die Rezepte aufgeführt, die die Familie im Chez Malou anbietet. Schon beim Durchlesen läuft einem das Wasser im Mund zusammen, sicher werde ich das eine oder andere Rezept ausprobieren. In den Innenseiten der Klappen findet man Zitate über Liebe und Glück.
Schon von der ersten Seite an, war ich von der Geschichte gefangen. Claire Stihlé hat es geschafft mich mit ihrem einfühlsamen Schreibstil zu begeistern, des Öfteren habe ich laut gelacht und auch ein paar Tränen verdrückt. Spannend und in einer lebendigen Sprache geschildert, ist es ein Leichtes, sich von der Geschichte gefangen nehmen zu lassen. Wobei man den Plot nicht immer zu ernst nehmen darf, die frappierende Wirkung dieser Kugeln, ist dennoch eine nette Überraschung. Die Charaktere sind so plastisch beschrieben, dass man sie sich gut vorstellen kann, jede einzelne der handelnden Personen, auch Nebenfiguren, habe ich beim Lesen deutlich vor Augen gehabt.
Während des Lesens fühlt es sich an, als säße man mit der Autorin auf dem Sofa und sie würde einem ihre Geschichten erzählen, der Leser fühlt sich durch solche Sätze wie: ……. „das hätten sie mal sehen sollen“… oder „das kann ich ihnen sagen“ direkt angesprochen. Auch spart die Autorin nicht mit Gesellschaftsbeobachtungen und menschlichen Innenansichten, die Botschaft ist tiefgründig und berührt die Seele. Leider ist das Geschehen manchmal etwas unglaubwürdig und an einigen Stellen auch ein wenig langatmig. Es gibt keine klassischen Spannungsmomente, nur eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden, die ich den Lesern gerne weiterempfehlen möchte. Dazu von mir 4 von 5 möglichen Sternen.

Bewertung vom 30.04.2020
Die Kleider der Frauen
Lester, Natasha

Die Kleider der Frauen


gut

Die Kleider der Frauen, Historischer Roman von Natasha Lester, 512 Seiten, erschienen bei Aufbau Taschenbuch
Der große Traum der jungen Mode-Designerin Estella in den 40iger Jahren, von einem eigenen Mode-Label, führt bis in die Gegenwart zu ihrer Enkelin Fabienne.
Paris 1940 die junge Haute-Couture-Schneiderin Estella wird durch ihre Mutter in die Verwicklungen der Resistance hineingezogen. Ihr bleibt nur noch die Flucht nach New York. Dort beginnt sie sich als Designerin einen Namen zu machen. Hier begegnet sie Alex, der mehr über sie und ihre Mutter zu wissen scheint. New York 2015 ihre Enkelin Fabienne will mehr über die Ungereimtheiten im Leben ihrer Großmutter herausfinden.
Das Buch beinhaltet 12 Teile, die in 38 Kapitel aufgegliedert sind. Die Geschichte spielt in zwei Zeitebenen und teilt sich in zwei Erzählstränge. Zum einen in den 40iger Jahren, die Geschichte Estallas und zum anderen die Erlebnisse ihrer Enkelin Fabienne im Jahr 2015. Jeder der beiden Frauen ist abwechselnd, ein Teil gewidmet, die Kapitel sind mit Ort und Datum überschrieben, die Zeitebenen und auch das Setting sind somit ganz klar erkennbar. Natasha Lester erzählt spannend, bildhaft und in auktorialer Erzählweise. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen.
Einfühlsam erzählt die Autorin wie sich Estella in der schillernden Welt der Mode einen Namen gemacht hat und wie die alte Dame ihrer Enkelin die Zukunft der Firma ans Herz legt. Nebenbei entwickelt sich eine Liebesgeschichte voller Verwicklungen, Dramatik und Romantik. Der Estella-Faden und die Geschehnisse in der Vergangenheit waren interessanter und auch ausführlicher beschrieben doch für meinen Geschmack stellenweise zu dick aufgetragen um noch nachvollziehbar zu sein. Der Fabienne-Faden ist auf einer eher emotionalen Ebene und weniger ereignisreich. Am besten gefallen hat mir die Beschreibung der Stoffe, der Kleider und die schillernde Welt der Haute Couture. Die Kleider sind so gut beschrieben, dass ich sie mir gut vorstellen konnte.
Durch den Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart, hat es die Autorin geschafft Spannung zu erzeugen, um die Ereignisse, die in den Jahren dazwischen geschehen sind, zu erkunden.
Die Personen handelten m. M nach nicht immer nachvollziehbar, die Trennung Estellas von Alex und die Gründe dafür fand ich hanebüchen, auch zur damaligen Zeit einfach nicht glaubhaft. Die gesamten Verwandtschaftlichen Verhältnisse, vor allem die Verbindung Evelyn Nesbitt und Harry Thaws musste ich noch einmal lesen, das habe ich auf Anhieb nicht durchschauen können. Interessanterweise erfährt der Leser im Nachwort, dass einem Teil des Romans tatsächliche Fakten zugrunde liegen.
Lieblingspersonen hatte ich mehrere z.B. Alex, Janie, Sam, Will und auch seine Schwester. Dagegen fand ich Estellas Mutter und natürlich Harry Thaws unmöglich. Fabienne blieb im Roman dagegen eher blass, diese Figur wäre es wert gewesen, sie besser auszubauen.
Insgesamt finde ich das Buch unterhaltsam, jedoch an einigen Stellen etwas zu langatmig und unglaubhaft. Meine Leseempfehlung gilt denjenigen Leserinnen die sich gerne in die schillernde Welt der Mode entführen lassen und dabei eine romantische Liebesgeschichte erleben wollen. Von mir dafür 3 Sterne.

Bewertung vom 20.04.2020
Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1 (eBook, ePUB)
Ullberg Westin, Gabriella

Der Schmetterling / Kommissar Johan Rokka Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Der Schmetterling, Skandinavien-Krimi von Gabriella Ullberg Westin, Ebook 293 Seiten, erschienen bei Harper Collins.
Ein typischer düsterer, grausamer Schwedenkrimi, atmosphärisch dicht.
Es ist am Heiligen Abend in Hudiksvall in Nordschweden, als die Ehefrau eines berühmten Fußballstars, vor den Augen ihrer Kinder, vom Weihnachtsmann getötet wird. Johan Rokka, der ermittelnde Beamte, der nach über 20 Jahren in seine Heimat zurückgekehrt ist, übernimmt die Ermittlungen. Da es sich um die Frau seines alten Schulfreundes Mans handelt, muss er im Freundeskreis ermitteln. Kann es sein, dass er den Täter gut kennt?
Die einzelnen Kapitel sind mit Zeitangabe versehen, somit ist der zeitliche Rahmen übersichtlich gestaltet. Ein zweiter Erzählstrang, kursiv gedruckt und damit deutlich hervorgehoben, ist dazwischengeschoben, es handelt sich hier um die Tagebucheinträge des Opfers.
Der Erzählstil ist flüssig und sehr düster, die Spannung lässt im Mittelteil leider deutlich nach, und die Auflösung des Falls kommt überstürzt und zu plötzlich. Die Autorin hat den auktorialen Erzählstil gewählt. Die Handlungen der Charaktere und der Plot sind deshalb zu jederzeit nachvollziehbar.
Nachdem ich die Leseprobe des Buches kennengelernt habe, wollte ich das Buch unbedingt lesen. Es klang vielversprechend und aufregend. Der Mittelteil jedoch zieht sich für meinen Geschmack, durch zu viele Nebenschauplätze, unerträglich in die Länge, die anfängliche Spannung lässt nach und die finale Lösung hat mich ein wenig ratlos zurückgelassen, ich konnte das Buch während der Lektüre immer wieder aus der Hand legen, für meinen Geschmack einfach zu viel des Guten, da die Gründe für den Mord mit den falsch gelegten Spuren nichts zu tun hatten und nur Ratlosigkeit beim Leser auslöst z. B der Italientrip von Rokka. Die zahlreichen Figuren fand ich sehr verwirrend. Die Handelnden sind meist sympathisch und charakterlich gut angelegt. Der Protagonist, Kommissar Johan Rokka, natürlich mit einer Vorgeschichte und persönlichen Problemen, hat mir Freude gemacht, m. M. nach typisch für einen Skandinavien-Krimi. Hierbei werden Spuren für weitere Fortsetzungen gelegt, das Verschwinden von Fanny wird sich wohl wie ein roter Faden durch die Reihe ziehen. Die Kollegen bei der Polizei haben mir gefallen, Gründe warum ich einem weiteren Fall für Rokka, eine Change geben werde, auch um zu sehen wie sich die Charaktere weiterentwickeln. Insgesamt ist in dieser Krimi-Reihe noch Luft nach oben, deshalb von mir 3 von 5 möglichen Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2020
Die Seele des Bösen - Blut, Angst und Tränen / Sadie Scott Bd.5 (eBook, ePUB)
Dicken, Dania

Die Seele des Bösen - Blut, Angst und Tränen / Sadie Scott Bd.5 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Seele des Bösen – Blut Angst und Tränen, Sadie Scott-Reihe Teil 5, Ebook 293 Seiten
Ein höchst emotionaler, persönlicher Fall für die FBI-Profilerin Sadie Scott. Der Titel „Blut, Angst und Tränen“ beschreibt die Geschehnisse dieses Psychothrillers ziemlich genau.
Ein Serienmörder in Pittsburgh ahmt die Verbrechen von Rick Foster, Sadies Vaters nach. Zusammen mit ihrer Einheit wird die Profilerin zu diesem Fall hinzugezogen, im Lauf der Ermittlungen zeigt es sich, dass auch sie für den Pittsburgh-Strangler von Bedeutung ist. Sadie gerät schon bald in seine Gewalt.
Der 5. Teil der spannenden Reihe um die junge FBI-Agentin hat mich besonders gefesselt. Ich hatte keine Schwierigkeiten sofort in Lesefluss zu kommen und die Spannung hat sich kontinuierlich bis zum fulminanten Showdown aufgebaut. Ohne die brutalen Grausamkeiten allzu detailliert zu beschreiben schafft es die Autorin, raffiniert zu erzählen was geschieht. Das Ende musste ich in einem Rutsch lesen, es war mir einfach nicht möglich den Reader aus der Hand zu legen. Wer die Bücher von Dania Dicken kennt weiß, dass meist noch ein dickes Ende nachkommt – so auch hier. Das Geschehen war an Emotionalität nicht mehr zu überbieten und hat mich zu Tränen gerührt. Extrem betroffen hat mich gemacht, wie die Autorin in der Nachbemerkung erwähnt, dass dem Plot ein Tatsachenbericht zugrunde liegt. Dieses Buch hat die Autorin allen tapferen und mutigen Verbrechensopfern gewidmet. Dicken schafft es, durch ihre Psychologische Vorbildung, die Gefühle und Emotionen von Opfern und Tätern nachvollziehbar und authentisch zu schildern. Der Thriller ist im auktorialen Stil, flüssig und bildhaft geschrieben und durch schlagfertige Dialoge sehr lebhaft erzählt. Bei Sadie Band 5 handelt es sich für mich, für den bisher besten, aber auch härtesten Teil der Reihe. Die Protagonistin ist mir nach wie vor, trotz oder gerade wegen ihrer Verletzlichkeit, äußerst sympathisch. Obwohl sie in diesem Teil sehr viel wegstecken muss macht sie eine charakterliche Entwicklung durch, was durch die neuesten Erlebnisse sicher noch beeinflusst wird. Alle Handelnden, außer dem Strangler waren mir sympathisch. Solche Freunde wie sie Sadie hat, möchte jeder gerne haben. Ich bin wirklich schon gespannt wie es weitergeht. Gerne gebe ich eine Leseempfehlung, nicht nur für Band 5 sondern für die gesamte Reihe. Und natürlich verdiente 5 Sterne.

Bewertung vom 22.03.2020
Die Tochter der Bettlerin
Berger, Nora

Die Tochter der Bettlerin


sehr gut

23 lange Kapitel, in einzelne Leseabschnitte eingeteilt, gliedern das Buch. Einzelne Erzählstränge enden in spannenden Situationen, sodass man das Buch gar nicht aus der Hand legen will. Deftige, lebhafte Dialoge, die sich der Zeit anpassen. Nora Berger schreibt bildhaft und detailliert und verbindet so geschickt historische Tatsachen mit fiktiver Erzählung. Die Handlung die sich am Anfang etwas zieht, bis die verschiedenen Figuren eingeführt sind, wird zur Mitte immer spannender um in einem aufregenden Finale zu enden.
Bei der Lektüre darf man es mit historischen Details nicht so genau nehmen. Die Geschichte hat mich zu einer genaueren Recherche über die Zeit Friedrich des Großen, seiner Schwester Amalie und der Lebensgeschichte Friedrich von Trencks animiert. Die Figuren sind hervorragend charakterisiert, obwohl sie nicht alle sympathisch sind. Anna die Protagonistin ist mir mutig, stark und doch etwas naiv vorgekommen die Sache mit dem verschwundenen Medaillon hätte sie Henriette getrost anvertrauen können. Prinzessin Amalie war meine Lieblingsperson, aufrichtig und treu. Fritz von Trenck war in meinen Augen ein Hasardeur und sehr egoistisch, von seiner Liebe zu Amalie abgesehen. Wie er am Ende mit Anna umgegangen ist, hat ihn in meinen Augen völlig unsympathisch gemacht. Überhaupt nicht leiden konnte ich Johann, der hoffentlich seine gerechte Strafe bekam. Friedrich II ist gut beschrieben worden, ein Schöngeist und Künstler, zu recht der „Große“ genannt, war im Privatleben wohl eher unglücklich. Eines hat m. M. jedoch gefehlt. Die Kräuterfrau bei der Anna ihre Tochter zurückließ, da hat sich noch eine Verwicklung angekündigt die nicht zu Ende geführt wurde.
Die Lektüre hat mir Spaß gemacht, wer nicht unbedingt Wert auf Authentizität legt, bekommt mit diesem Buch gute Unterhaltung und ein Stück deutsche Geschichte geliefert. Die Spannung war besonders am Schluss gut aufgebaut und nie langweilig. Dafür von mir 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.03.2020
Die Farben der Schönheit - Sophias Hoffnung / Sophia Bd.1
Bomann, Corina

Die Farben der Schönheit - Sophias Hoffnung / Sophia Bd.1


ausgezeichnet

Sophias Hoffnung – Die Farben der Schönheit, Frauenroman von Corina Bomann, 544 Seiten erschienen im Ullstein-Verlag.
Der Beginn der Trilogie „Die Farben der Schönheit“
Sophia studiert Chemie. Als sie von ihrem Dozenten schwanger wird, der ihr die Ehe versprochen hat, wird sie von ihren Eltern verstoßen. Auch ihr Geliebter distanziert sich von ihr. Plötzlich erkennt die junge Frau aus gutem Haus, dass sie ihr Kind alleine aufziehen muss. Bei einer Freundin findet sie ein Unterkommen. Mit dieser Freundin, die sich als Nackttänzerin ihr tägliches Auskommen verdient, begibt sie sich nach Paris, wo sich Sophia eine ungeahnte Möglichkeit bietet. Zusammen mit Helena Rubinstein reist sie nach New York um in ihrem Kosmetikimperium zu arbeiten. In der Hoffnung auf ein neues Glück kommt sie zwischen die Fronten des „Puderkriegs“.
Das Buch ist im Ich-Stil aus der Sicht der Protagonistin verfasst, deshalb ist der Lesende auch ganz nahe am Geschehen. 50 pralle Kapitel, die die Bestseller-Autorin in ihrer bildhaften und flüssigen Schreibweise verfasst hat, haben mich durch das Buch fliegen lassen. Schon ab dem ersten Kapitel war Lesefluss vorhanden und ich konnte das Buch nur ganz schwer aus der Hand legen. Zur besseren Übersicht sind Briefe, französische Ausdrücke und englische Phrasen kursiv gedruckt.
Sophias Hoffnung, ein Buch das mich herrlich unterhalten hat. Dies hat Corina Bomann auch in diesem Buch wieder wunderbar geschafft. Einfühlsam erzählt die Autorin den Werdegang einer tapferen Frau, emotionsgeladen und dramatisch erzählt. Ich habe mit der Protagonistin mitgelitten und gefiebert, an einigen Stellen konnte mich die Geschichte auch zu Tränen rühren.
Besonders besticht die Geschichte durch ihre Personen, die Bomann so plastisch beschrieben hat, dass man sie sich wunderbar vorstellen kann. Nicht nur die Protagonistin ist mir ans Herz gewachsen. So verzweifelt ihre Situation auch immer ist, meistert Sophia ihre Schwierigkeiten und es tun sich schon wieder neue Probleme auf. Auch die anderen Charaktere haben Tiefe. Henny, ihre Freundin Madame Roussel, Genevieve, Ray und besonders Madame Rubinstein hatte ich beim Lesen direkt vor Augen, was für faszinierende Persönlichkeiten. Einzig Darren und seine Reaktion auf Sophias Vorgeschichte fand ich „seltsam“. Die wahren Begebenheiten die dieser Erzählung zugrunde liegen, finde ich spannend. Gebannt habe ich mitverfolgt wie sich das Frauenbild in den 1920er Jahren zur Moderne gewandelt hat. Da habe ich keine Wahl ich muss die weiteren Bände unbedingt lesen, um zu erfahren wie sich das weitere Schicksal von Sophia gestaltet. Das Buch endet mit einem gewaltigen Cliffhanger, der für meinen Geschmack sich leider etwas zu abrupt angezeigt hat. Das Setting ist hervorragend beschrieben, die Straßen und Gebäude in Paris, die Fabrik und die Labors in New York, sogar bei der Ankunft in Amerika meinte ich neben Sophie an der Reling zu stehen.
Erneut ein ergreifender Frauenroman der Autorin der es wert ist gelesen zu werden. Ich werde die Reihe auf alle Fälle weiterverfolgen. Eine Leseempfehlung an alle, die Frauenschicksalsromane mögen, an alle die sich von der ersten Seite an, spannend unterhalten lassen wollen, ohne sich groß den Kopf über die Handlung zerbrechen zu müssen. Und besonders an ihre Fans, die die Romane von Corinna Bomann lieben und schätzen. Von mir 5 Sterne.