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seschat
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Insgesamt 895 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2021
Wolfgang Niedecken über Bob Dylan
Niedecken, Wolfgang

Wolfgang Niedecken über Bob Dylan


gut

In seinem Buch aus der Reihe KiWi Musikbibliothek beschreibt der Kölner Musiker Wolfgang Niedecken (*1951) seine besondere Beziehung zum amerikanischen Musiker Bob Dylan (*1941). Der geniale Songwriter und Literaturnobelpreisträger Dylan hat Niedecken seit seiner Jugend musikalisch geprägt. Für das vorliegende Buch hat sich Niedecken noch einmal auf die Spuren Dylans begeben und ist 2017 alle wichtigen amerikanischen Stationen seines Schaffens abgereist. Herausgekommen ist dabei eine persönliche Verneigung vor seinem Idol, die nicht mit Exkursen zur eigenen musikalischen Sozialisierung und zur Bandgeschichte von BAP spart. Mir geriet der Autor in seiner Hommage viel zu häufig ins Plaudern und verlor sich dabei in allerhand nicht immer spannenden Details. Kurzum ich hätte mir weniger BAP und Kölsche Mundart, die man als Nichtkölner nur bedingt versteht, gewünscht. Bob Dylan als eigenwilliger und zurückgezogen lebender Musiker ging dabei zwar nie verloren, spielte aber eine deutlich untergeordnete Rolle. Niedeckens Biografie war präsenter. So erfährt man u.a., dass der Kölner Musiker einst Kunst studierte, seine Tochter nach einem Dylan Song benannte und sein Idol umfangreich studiert und sogar mehrmals persönlich getroffen hat.

Dylans Metamorphose vom Folk- zum Rockmusiker finde ich immens spannend. Durch Niedeckens Ausführungen habe ich jedenfalls Lust dazu bekommen, mich intensiver mit diesem Ausnahmemusiker und seinem Œuvre zu beschäftigten. Meine persönliche Playlist ist dank der Lektüre nun um einige Bob Dylan Hits reicher.

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Bewertung vom 05.03.2021
Melanie Raabe über Lady Gaga
Raabe, Melanie

Melanie Raabe über Lady Gaga


ausgezeichnet

Die Bestsellerautorin Melanie Raabe (*1981) war lange Zeit eine Leisetreterin. Gehemmt durch ihr exotisches Aussehen und ihre Herkunft traute sie sich selbst an der Hochschule nicht, das Wort zu erheben. Aus der Zuhörerin wurde dann eine Lokaljournalistin mit schriftstellerischen Ambitionen, die erst mit 27 an sich zu glauben begann. Es ist Lady Gaga (*1986), welche 2008 mit ihrem Hit Just Dance die gesamte Popmusikwelt aufhorchen lässt. Vor allem ihre Vorliebe für schrille Outfits und ihr Mut zur Veränderung inspirieren Raabe. Die introvertierte Endzwanzigerin erfährt durch Lady Gaga eine Art Erweckungserlebnis und verfolgt deren Leben sehr genau. Endlich hat Raabe den Mut den Standardabsagen der deutschen Verlagshäuser zu trotzen und einfach weiterzuschreiben. Auch gegenüber der Partyszene zeigt sie sich aufgeschlossener und lässt es mit ihrem Dragfreund ordentlich krachen. New York - Lady Gagas Heimatstadt - wird ihr besonderer Rückzugsort.

Melanie Raabes ganz persönliche Liebeserklärung an ihr "lautes Idol" Lady Gaga habe ich mit Faszination gelesen. Beflügelt durch die einzigartige Künstlerin lernt Raabe sich selbst zu akzeptieren und für ihre Träume einzustehen. In diesem Zusammenhang fand ich besonders die imaginären Zwiegespräche zwischen beiden Künstlerinnen sehr spannend ausgearbeitet. Zudem ist Raabe eine durch und durch authentische Erzählerin, die ihren persönlichen Lebensweg erwachsen reflektiert, aber dank Gaga nicht mehr unentwegt anzweifelt bzw. hinterfragt.

FAZIT
Ein Mutmacherbuch gerade für junge Frauen, die ihren Weg noch finden müssen. Eingebettet ist die Doppelvita in ein illustres Lady-Gaga-Hit-Medley, was nicht nur Fans ansprechen wird. Auch Kinder der 80er werden vieles Bekannte wiederfinden. Insgesamt eine lohnenswerte musikalisch-literarische Zeitreise.

Bewertung vom 27.02.2021
Nervennahrung
Lugert, Verena

Nervennahrung


ausgezeichnet

Die deutsche Reportage-Journalistin und Köchin Verena Lugert hat ein Kochbuch mit dem Titel "Nervennahrung" herausgebracht. Darin hat die einstige Mitarbeiterin eines Sternerestaurants ihre Lieblings-Rezepte versammelt, mit denen sie persönliche Geschichten und vor allem kulinarisches Glück verbindet. Viele von den aufgeführten sog. Lockdown-Rezepten sind auch auf Lugerts Online-Foodkolumne erschienen.

Mir hat die Mischung aus Kochbuch und Reisebericht sehr gefallen. Lugerts Gerichte entstammen der internationalen Küche (Chicken Tikka Masala, Paella, Münchner Schnitzel usw.) und lassen sich leicht und vor allem schnell nachkochen. Schon allein die Zutatenlisten zaubern dem kochaffinen Leser ein Lächeln auf die Lippen. Ich bin wirklich begeistert von Lugerts Rezeptteil und plane einige ihrer Rezepte fest in meinen Alltag einzubauen.

FAZIT
Ein charmantes Kochbuch mit viel Herz und vor allem Leidenschaft fürs Kochen. Es kann so einfach sein, Glück zu empfinden, man muss einfach nur Soulfood kochen und es zelebrieren.

Bewertung vom 26.02.2021
Eine Freundschaft - 100 Rezepte
Lafer, Johann;Witzigmann, Eckart

Eine Freundschaft - 100 Rezepte


sehr gut

Bei diesen beiden Giganten der deutschen Spitzengastronomie wird das Kochen fast schon zur Nebensache, weil ihre jahrelange Freundschaft und gemeinsame Geschichte einfach irrsinnig spannend ist.

Eckart Witzigmann (*1941) ist der erste Spitzenkoch in Deutschland mit 3 Michelinsternen gewesen. Er hat die französische Spitzenküche nach München gebracht und den bekannten Fernsehkoch Johann Lafer (*1957) in seinem Restaurant "Aubergine" ausgebildet. Seit 1981 sind beide Köche eng befreundet und plaudern in ihrem Buch ausgiebig aus dem kulinarischen Nähkästchen. Die Gespräche über Witzigmanns und Lafers Lehrzeit sowie die Vorliebe für saisonale und einfache Küche fand ich allesamt sehr unterhaltsam und aufschlussreich. Zudem habe ich erfahren, dass Johann Lafer einen Kochroboter besitzt, der bis zu 50 Gerichte pro Stunde kochen kann. Ich habe vor allem die Anekdoten der beiden Profis abfeiern müssen und hätte gern noch mehr über deren gemeinsame Zeit als Ausbilder und Lehrling erfahren.

Die 100 Lieblingsrezepte im zweiten Teil des Buchs konnten mich nicht so erreichen, weil dieser zum einen eine Menge Fischgerichte enthält und zum anderen viel hochwertige Produkte zum Nachkochen vonnöten sind.

Lieblingszitate:

"Ich finde, man sollte sich viel öfter Nudeln machen als Sorgen." (S.51)

"Das Lachen ist dort am lautesten, wo das Essen am besten ist." (S. 22)

Bewertung vom 23.02.2021
Nie wieder Opfer
Bachmann, Aline

Nie wieder Opfer


ausgezeichnet

Starkes Buch einer starken Frau

Aline Bachmann (27) ist eine Kämpferin. Zeit ihres Lebens wurde die junge Influencerin aus Freudenstadt wegen ihres Übergewichts gemobbt. Bereits im Kindergarten wollte niemand mit ihr spielen. In der Schule wurden die Attacken heftiger, auch weil sie mit "Ossi-Dialekt" sprach. Die viel beschäftigten Eltern nahmen Alines Probleme nicht ernst und machten ihr gar Vorwürfe. Geborgenheit und Zuspruch fand sie einzig bei ihrer Oma. Damals aß sie vor allem fettige und zuckrige Lebensmittel, um sich besser zu fühlen. Später war es ihr Freund, der sie permanent fütterte, um sie an sich zu binden. Bis Aline schlussendlich ca. 200 kg wog und die Reißleine zog. Sie trennte sie sich von ihrem kranken wie gewaltbereiten Partner und ließ sich den Magen verkleinern. Mithilfe von Sport und einer angepassten Ernährung halbierte sie sich um mehr als die Hälfte, wiegt heute um die 80 kg. Doch der Weg dorthin war kein Spaziergang. Aline nimmt in ihrem Buch kein Blatt vor den Mund, wenn es um die Themen Body Shaming, Schönheits-OPs und Fresssucht geht. Ungeschönt und entwaffnend ehrlich schreibt sie sich ihre Geschichte von der Seele. Ihr flüssiger Schreibstil ist trotz der beschriebenen persönlichen Tiefschläge durchzogen von Selbstironie und dialektalen Einsprengseln. Ich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen und ziehe vor der Autorin den Hut. Denn nicht jeder wäre zu solch einem Seelenstriptease bereit. Hinzu kommt Alines Mut, sich in der Öffentlichkeit, mitten auf dem Berliner Alex, zu zeigen und auf sich aufmerksam zu machen. Ihre heutige Haltung - "Ich bin schön, so wie ich bin" - hat sie sich hart erarbeiten müssen. Hier kann sie in Sachen Selbstliebe und -akzeptanz für junge Menschen ein Vorbild sein.

Doch Alines Buch handelt nicht nur von den schwer verdaulichen Themen Mobbing und Adipositas, sondern auch von ihrem Gesangstalent. Singen ist ihre große Leidenschaft. Als Jugendliche nimmt sie an den RTL-Castingformaten "Supertalent" und "DSDS" teil, tritt dabei u.a. mit Beatrice Egli auf. Bis heute schreibt sie Songs und spielt im Dresdner Theater Comödie.

Des Weiteren mochte ich die eingeschoben, klar formulierten und damit informativen Sachkapitel einer Psychologin und eines Schönheitschirurgen sehr. Hier erfuhr der Leser in Interviewform mehr über Mobbing in der Kindheit/Jugend und Plastische Chirurgie bei übergewichtigen Menschen.

Zudem hat Aline jedem Kapitel ein passendes motivierendes Zitat vorangestellt. Mein Lieblingsbonmot stammt dabei von Kurt Cobain, der meinte: "Sie lachen über mich, weil ich anders bin. Ich lache über sie, weil sie alle gleich sind."

Auch die Glücksbotschaften/-ratschläge am Buchende sind eine Lektüre wert. Ich finde sie alle sehr gelungen.

FAZIT
Ein wirklich starkes Buch, dass eindrücklich zeigt, wie man aus der Opferrolle erfolgreich herauskommen und ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Schade, dass in der heutigen oberflächlichen Gesellschaft so viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt und der eigentliche Mensch meist übersehen wird. Mich freut es, dass Aline Bachmann heute so gelassen auf ihre wenig schöne Kindheit und Jugend zurückblicken kann und nur noch nach vorn schaut. Liebe Aline, danke für die Einblicke in dein Leben.

Bewertung vom 20.02.2021
Patricia Peacock und die Sache mit dem Fluch
Crockham, Tiffany

Patricia Peacock und die Sache mit dem Fluch


ausgezeichnet

Tiffany Crockhams Roman wartet mit einer sympathischen weiblichen Hauptfigur, humorigen Nebenfiguren und einer mondänen Kulisse (Ägypten in viktorianischer Zeit) auf. Da gerät der eigentliche Kriminalfall - der Tod des vermögenden englischen Lebemanns und Abenteurers Lord Reginald Peacock - schon mal in den Hintergrund. Seine Tochter Patricia Peacock reist extra nach Kairo, um das Erbe ihres Vaters anzutreten. Dabei stellt sich allerdings heraus, dass sie zuvor noch einige Auflagen, wie z. B. die Pflege der deutschen Dogge Sir Tiny oder das Aufspüren eines geheimnisvollen Papyrus', erfüllen muss. Um aber ihrem ungeliebten Angestelltenverhältnis in London zu entfliehen, stellt sich die Mittdreißigerin wagemutig allen Herausforderungen. Dabei schließt sie die Hausangestellten ihres verstorbenen Vaters schnell in ihr Herz und freundet sich sogar mit dessen tapsiger Dogge an. Nur der amerikanische Schürzenjäger und Privatdetektiv John Maddock stört ihre Idylle. Sein Hang für Zweideutigkeiten und Alkohol treibt sie ein ums andere Mal auf die Palme und führte im Verlauf der Handlung zu ausnehmend spaßigen Wortwechseln zwischen beiden. Mit seiner Hilfe versucht Patricia den besagten Papyrus des Priesters Ra-Hotep zu finden und die Todesumstände ihres Vaters aufzuklären. Was dann folgt, ist eine wirklich unterhaltsame Reise durch das Pharaonenland in den 1920ern.

Crockham hat mit ihrem Gespür für Situationskomik und skurrile Typen genau meinen Humor sowie Lesegeschmack getroffen. Lachflashs waren keine Seltenheit. Neben der brillanten Hauptprotagonistin mochte ich vor allem die resolute Köchin Fatima, den treudoofen Sir Tiny und natürlich den passionierten Fettnäpfchentreter John. Der leichtfüßige Sprachstil und der abwechslungsreiche Plot beflügelten die Lektüre. Langeweile kam niemals auf. Mir gefiel zudem, wie Crockham die Ägyptomanie nach der Entdeckung des Grabes von Tutanchamun und die Eigenheiten des viktorianischen Zeitalters in ihre Handlung einfließen ließ. So gab es für den Leser neben einer Menge Unterhaltung auch etwas Geschichtswissen.

Das atmosphärisch ansprechende, weil Fernweh erzeugende Cover hat mich auf den ersten Blick in seinen Bann gezogen. Über die Umrisse der Dogge musste ich, gerade nach der Lektüre, enorm schmunzeln.

FAZIT
Alles an diesem Buch fand ich stimmig und einfach zum Schreien komisch, so dass ich mir unbedingt eine Fortsetzung wünsche. Ägyptenfans und Liebhaber von Cosy-Crime-Stoffen kommen hier gleichermaßen auf ihre Kosten.

Bewertung vom 20.02.2021
Tür an Tür mit der Liebe
Maifeld, Monika

Tür an Tür mit der Liebe


sehr gut

Dieses Buch bietet leichte Lesekost. Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein verwitweter Rentner vermietet in München zwei Zimmer seines Hauses an einen frisch geschiedenen Tierarzt und eine Schneiderin mit Brautmodenladen. Da der rüstige Vermieter beide Untermieter gut leiden kann, versucht er diese zu verkuppeln. Doch das ist nicht so leicht, weil beide einen schlechten Start hatten und Schneiderin Lena erst ihre jahrelange On-Off-Beziehung zu Christian beenden muss. An sich ist der Plot recht vorhersehbar konstruiert und damit relativ zügig gelesen. Trotzdem fiebert man mit den beiden Protagonisten - Tierarzt Jonas und Schneiderin Lena - mit, deren zarte Liebe im Verlauf der Handlung langsam wächst und dabei durch einige Rückschläge bzw. Missstände in Gefahr gerät. Abgesehen von Lenas Nichtsnutz-Freund Christian waren mir alle Figuren auf Anhieb sympathisch. Und das Happy End schmeckte nach süßer Sahnetorte. Kurzum, Monika Maifelds Liebesroman bietet viel Kurzweil, manchmal mit Wiederholungen und Längen, bleibt dabei aber niveauvoll. Die ausnehmend weibliche Leserschaft wird's freuen.

Bewertung vom 16.02.2021
Das Fräulein von Berlin (eBook, ePUB)
Weng, Joan

Das Fräulein von Berlin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als ausgesprochener Fan von Joan Wengs Prosa kam ich an ihrem neuesten Werk - einer Kriminalnovelle - nicht vorbei. Darin wird die zu Herzen gehende Geschichte von Bernhard Greiff erzählt, der traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt und mehrere Nervenheilanstalten durchläuft. Nun, im Jahr 1926, arbeitet und lebt er bei seiner Schwester Vicky, die eine Buchhandlung in Berlin betreibt und nebenbei 5 Kinder versorgt. Bernhard ist ein reflektierter wie schüchterner junger Mann, der von der Außenwelt unisono als "Verwirrter" abgestempelt wird. Als er an die Hausangestellte Ruth sein Herz verliert, wird er ungewollt zum Detektiven in einer brisanten Mordserie.

Ich habe Wengs Novelle mit Freude und in einem Ritt gelesen. Dadurch dass mir viele der handelnden Personen bereits durch andere Romane der Autorin bekannt waren, fand ich sehr schnell einen Zugang zur Story. Abermals schaffte es Weng mich für eine kurze Zeit in die Zwanziger Jahre zu entführen. Das einzigartige Flair und die Vielschichtigkeit der damaligen Gesellschaft hat sie realistisch eingefangen und sogar sprachlich überzeugend umgesetzt. Ihr Plot - eine Kombination aus Liebelei und Kriminalfall - bot viel Abwechslung und bunte Unterhaltung. Der feinfühlige Bernhard Greiff als Hauptprotagonist ist mir regelrecht ans Leserherz gewachsen. Auch seine Bagage bzw. Freundeschar konnte sich sehen lassen. Des Weiteren hat es mir imponiert, mit welcher Leichtigkeit Weng die Ober- und Unterschicht der 20er Jahre in ihrer Erzählung abbildete. Nur der Schluss geriet mir etwas zu abrupt. Hier hätte die Autorin gern noch ausführlicher werden und 20 Seiten mehr schreiben können.