Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bücherfreundin

Bewertungen

Insgesamt 300 Bewertungen
Bewertung vom 19.05.2022
Der kleine Raubdrache
Mueller, Dagmar H.

Der kleine Raubdrache


ausgezeichnet

Sehr liebevoll gestaltetes Kinderbuch
Mit "Der kleine Raubdrache" veröffentlicht der Coppenrath Verlag den ersten Band einer neuen Kinderbuchreihe von Dagmar H. Mueller. Die Vorlesegeschichte basiert auf den bereits 2009 erschienenen Drachengeschichten für Erstleser.

Es geht um einen kleinen Drachen, der kein Raubdrache werden will. In der Drachenschule zeigt der große Drachenlehrer seinen Schülern, wie man vorschriftsmäßig Prinzessinnen raubt. Aber der kleine Drache hat dazu gar keine Lust, weil er weiß, dass die Prinzessinnen von einem Prinzen befreit werden und der Raubdrache gewaltige Prügel einstecken muss. Dann lernt er die vom Drachenlehrer geraubte Prinzessin Poppy kennen, die Angst hat, von ihrem Prinzen nicht gerettet zu werden, weil er weder stark noch mutig ist ...

Die phantasievolle und kurzweilige Geschichte, die das Klischee vom bösen Drachen, aber auch von Prinzessinnen ins Gegenteil dreht, ist ganz wunderbar geschrieben, spannend und humorvoll.

Das äußerst liebevoll gestaltete Buch mit der zusammenhängenden Geschichte, die aus vielen kleinen Kapiteln besteht, richtet sich an Kinder im Alter von etwa 5 Jahren, aber auch Erstleser werden aufgrund der großen, gut lesbaren Schrift und der zahlreichen Zeichnungen viel Lesefreude haben. Die wunderschönen und farbenfrohen Illustrationen von Sabine Rothmund ergänzen die altersgerechten und gut verständlichen Texte. Drachen sind sehr beliebt bei den Kindern, und die Kombination Drachen - Prinzessinnen wird sowohl Jungs als auch Mädchen begeistern. Die kleinen Leser werden sich in den kleinen Raubdrachen verlieben und dürfen sich bereits jetzt auf den zweiten Band freuen, der im Frühjahr 2023 erscheinen wird.

Klare Empfehlung für dieses wunderschöne Kinderbuch und wohlverdiente 5 Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


weniger gut

Düsterer und verstörender Debütroman
Die mir bisher unbekannte nordirische Autorin Anna Burns ist 2018 für ihren Roman "Milchmann" mit dem renommierten Man Booker Prize ausgezeichnet worden. Das Buch wurde ein internationaler Bestseller in 30 Ländern. Ihr Debütroman - im Original "No Bones" - aus dem Jahr 2001 ist nun auch für den deutschsprachigen Raum übersetzt worden.

"Amelia" erzählt die Geschichte der Amelia Boyd Lovett in Belfast während des Nordirlandkonfliktes, auch "Troubles" genannt. Das Buch umfasst den Zeitraum von 1969 bis 1994. 1969 ist Amelia 8 Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Familie in einfachen Verhältnissen und wächst gemeinsam mit ihren Geschwistern inmitten der Unruhen auf.

Der überwiegende Teil der Kapitel ist aus der Perspektive der heranwachsenden Amelia erzählt, bei den übrigen Kapiteln stehen andere Charaktere im Mittelpunkt. 

Es fällt mir sehr schwer, das unsentimentale und düstere Buch zu bewerten, da das Lesen mir kein Vergnügen bereitete. Ich war abgestoßen und schockiert von den zahlreichen Gewaltszenen, die sich auf viele Bereiche erstreckten. Egal, ob innerhalb der Familie, auf der Straße, in der Nachbarschaft, Schule, überall kam es zu ständigen Übergriffen. Ein normales Leben scheint es damals in Belfast kaum gegeben zu haben. Es geht in "Amelia" nicht nur um Brutalität, Mord und Selbstmord, sondern auch um Alkoholismus, Essstörungen, sexuelle Perversionen, Suchtprobleme bis hin zu psychischen Zusammenbrüchen. 

"Amelia" ist kein leicht zu lesender Roman, ich fand ihn auch vom Schreibstil her anstrengend. Er mag literarisch wertvoll sein, gefallen hat er mir nicht. Meine Hoffnung, möglichst viel über den eigentlichen Nordirlandkonflikt zu erfahren, um die Geschehnisse besser verstehen zu können, hat sich leider nicht erfüllt. 

Bewertung vom 06.05.2022
Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1
Frank, Sylvia

Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1


weniger gut

Enttäuschender Serienauftakt
Der Aufbau Verlag veröffentlicht eine neue Romanreihe über berühmte Paare. Zum Auftakt stellt er das Buch "Gala und Dalí" von Sylvia Frank vor. Hierbei handelt es sich um das Autorenehepaar Sylvia und Frank Meierewert.

Der Roman erzählt aus dem Leben von Gala und Dalí während einer Zeitspanne von 2 Jahren.
1929 verbringt der französische Dichter Paul Éluard mit seiner Frau Gala die Sommerferien in dem spanischen Fischerort Cadaqués. Gala hofft, dass Paul dort seine Schreibblockade überwindet. Paul plant, gemeinsam mit seinen Freunden Salvador Dalí zu treffen, einen jungen und talentierten Maler, mit dessen Werken eine Ausstellung in Paris stattfinden soll. 

Der 25jährige Salvador Dalí sieht Gala zufällig auf dem Balkon ihres Hotels und ist sofort fasziniert von ihrer Schönheit. Es ist für ihn Liebe auf den ersten Blick. Wenig später kommt es zu dem Treffen mit Paul, Gala und den Pariser Freunden, und Salvador hat nun Gelegenheit, im Laufe der nächsten Tage Gala näher kennenzulernen. Der Katalane zeigt den französischen Gästen seine Heimat, und die 10 Jahre ältere Frau genießt bei Ausflügen zu zweit die Zuneigung des schüchternen und unerfahrenen jungen Mannes. Nach einigen Wochen trennen sich ihre Wege, und Gala tritt die Rückreise nach Paris an. Einige Monate später reist Salvador zur bevorstehenden Ausstellung nach Paris. Dort trifft er Gala wieder, und Gala, die immer schon davon träumte, an der Seite eines bedeutenden Künstlers zu stehen, trifft eine folgenschwere Entscheidung ....

Gala und Dalí waren länger als ein halbes Jahrhundert zusammen, der Roman beschreibt lediglich 2 Jahre ihrer damals noch jungen Verbindung. Gerade die Entwicklung Dalís vom schüchternen jungen Maler zur schillernden, exzentrischen Persönlichkeit, wie wir ihn alle kennen, wäre interessant gewesen. Darüber war ich sehr enttäuscht, zumal der Titel "Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen" auf eine längere Zeitspanne hoffen ließ. Stattdessen wurden die Seiten mit banalen Nebensächlichkeiten gefüllt, während so wichtige Themen wie das Verhältnis zu Galas Tochter und Salvadors Familie viel zu kurz kamen. Gala wird als kühle Person beschrieben, deren Hauptaufgabe darin besteht, durch intensive Verhandlungen und Verkäufe der Werke Dalís den anfangs sehr bescheidenen, an Armut grenzenden Lebensstandard der beiden zu sichern. Leider finden die Bilder Dalís und ihre Entstehung viel zu wenig Erwähnung, das Thema Kunst kommt eindeutig zu kurz. 

Den Schreibstil empfand ich als sehr schlicht, das Buch war schnell gelesen. Mir fehlten Tiefgang und Emotionen, die Protagonisten sind mir leider fremd geblieben. 

Bewertung vom 05.05.2022
Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Huber, Christian

Man vergisst nicht, wie man schwimmt


gut

Jugendroman für Kinder der Achtziger
Ich freute mich, als ich das neue Buch von Christian Huber entdeckte, waren die Kritiken doch durchweg positiv.
"Man vergisst nicht, wie man schwimmt" behandelt die Geschehnisse eines einzigen Tages.
Es ist der 31. August 1999, der letzte Sommertag des Jahres, und es ist brütend heiß in Bodenstein, dem Heimatort von Pascal Friedrich. Dieser ist 15 Jahre alt und lebt bei seiner alleinstehenden Mutter. Der Vater hat die Familie bereits vor Jahren verlassen. Alle nennen Pascal "Krüger", und warum das so ist, wird der Leser später erfahren. Auch das Geheimnis um die Tatsache, dass Krüger nicht mehr schwimmt und seinen Oberkörper stets verhüllt, wird erst am Ende des Buches gelüftet.

Krügers bester Freund heißt Viktor, und die beiden, denen es ein ständiges Anliegen ist, cool und lässig auf andere zu wirken, verbringen viel Zeit miteinander, wenn Viktor nicht gerade Ausgehverbot hat. An jenem 31. August zieht es die beiden in die Stadt, wo sie in einem Geschäft ein neues Videospiel ausprobieren. Ein junges Mädchen stiehlt dort ein Handy und flieht mit Krügers Rucksack, nachdem sie vorher mit ihm zusammengeprallt war. Der Rucksack enthält neben anderen Dingen einen Gegenstand, der Krüger sehr am Herzen liegt. Es handelt sich um ein Notizbuch, in dem er kleine, sehr persönliche Geschichten festhält. Die beiden Freunde nehmen die Verfolgung auf. Es gelingt ihnen, die Diebin ausfindig zu machen und kennenzulernen. Jacky ist 16 Jahre alt und lebt und arbeitet in einem kleinen Wanderzirkus. Gemeinsam beschließen die drei, auf eine Party zu gehen, die von zwei einflussreichen und beliebten Mädchen gegeben wird. Dort überschlagen sich dann die Ereignisse.

Die Geschichte, in der es um das Erwachsenwerden, die erste Liebe, aber auch um Freundschaft und Verrat geht, wird aus Krügers Perspektive als Ich-Erzähler in der Jugendsprache der neunziger Jahre erzählt. Das mag für die Leser, die in den achtziger Jahren geboren sind, unterhaltsam sein, aber für mich als Leserin jenseits dieser Jahrgänge wurde die Ausdrucksweise sehr schnell nervig. Gegen das Wort "verpicht" habe ich während der Lektüre eine regelrechte Aversion entwickelt. Die Geschehnisse auf der Party fand ich sehr dick aufgetragen und absolut unrealistisch. Außerdem nahm das Partykapitel für meinen Geschmack viel zu viel Raum ein und hat mich eher gelangweilt. Sehr berührend fand ich dagegen die Schilderung der ersten Liebe des Protagonisten Krüger und auch die Aufdeckung seiner traurigen Geheimnisse. Gut gefallen haben mir die letzten 18 Seiten des Buches, auf denen ein wenig über das Leben Krügers im Hier und Jetzt erzählt wird. 

Das Buch war gut und flüssig zu lesen, den Schreibstil in Jugendsprache fand ich gewöhnungsbedürftig. 

Bewertung vom 03.05.2022
Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1
Schneider, Stephanie

Ein Zesel zieht ein / Grimm und Möhrchen Bd.1


ausgezeichnet

Warmherzige und wunderschön illustrierte Geschichten
Stephanie Schneider hat mit "Grimm und Möhrchen" ein zauberhaftes Buch für Kinder ab 5 Jahren geschrieben.
Grimm ist ein freundlicher, aber auch einsamer Buchhändler. Wenn es in seinem Buchladen "Bücherkiste" nicht viel zu tun gibt, schreibt er Gedichte. Außerdem ist er ein wenig verliebt in die freiwillige Feline. Sein Leben verändert sich, als an einem Regentag ein kleiner Zesel in seinem Laden steht. Er stellt sich als "Möhrchen" vor und erklärt Grimm, dass er ein bisschen Esel und ein bisschen Zebra ist. Möhrchen zieht in Grimms Haus mit der schiefen Sieben ein, und gemeinsam teilen sie nun ihren Alltag. Grimm ist nun nicht mehr einsam, denn der pfiffige Zesel bringt nicht nur neuen Schwung in sein Leben, sondern sie erleben auch viele kleine Abenteuer.

Das wunderschön gestaltete Kinderbuch ist auf 125 Seiten in 13 auch unabhängig voneinander zu lesende Kapitel gegliedert. Die einzelnen Geschichten eignen sich ganz wunderbar zum Vorlesen, sind aber auch für Erstleser geeignet. Die Schrift ist groß und gut lesbar, der Schreibstil ist altersgerecht. Die zauberhaften und detailreichen Illustrationen von Stephanie Scharnberg ergänzen die Geschichten. 
Das Buch enthält viele kreative Wortspiele und ist mit sehr viel Wärme und Humor geschrieben. Sehr schön finde ich auch die beiden Lesebändchen, eins in schwarz, eins in weiß, genau passend zum Zesel. 

Die Kinder werden den sympathischen Grimm und das niedliche Möhrchen lieben und können sich bereits jetzt schon auf ein zweites Buch über neue Abenteuer der beiden freuen. 

Absolute Leseempfehlung und 5 Sterne von mir für dieses unterhaltsame Kinderbuch!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.04.2022
Zusammenkunft
Brown, Natasha

Zusammenkunft


weniger gut

Anstrengende Gesellschaftskritik
Ich war sehr neugierig auf den Debütroman von Natasha Brown, da das 114 Seiten umfassende Buch überwiegend positiv besprochen wurde und in England als das erfolgreichste literarische Debüt des Jahres 2021 bezeichnet wird. 

Der Roman erzählt die Geschichte einer dunkelhäutigen Britin jamaikanischer Herkunft, die aus sehr einfachen Verhältnissen stammt. Mit viel Ehrgeiz und Fleiß hat sie es zur erfolgreichen Investmentbankerin gebracht. Nahezu täglich ist sie Rassismus und Sexismus ausgesetzt.

Die namenlose Ich-Erzählerin bereitet sich auf ein Gartenfest der Eltern ihres wohlhabenden weißen Freundes vor und lässt währenddessen ihren Gedanken freien Lauf. Einen Schwerpunkt dabei bildet die Auseinandersetzung mit einem gesundheitlichen Problem. Sie ist an Krebs erkrankt und muss wichtige Entscheidungen treffen. 

Der unzusammenhängende und verwirrende Stil des Buches hat mich nicht begeistert. Ohne Zweifel ist "Zusammenkunft" ein scharfsinniger Roman mit einem sehr wichtigen Thema, der mich allerdings nicht in seinen Bann ziehen konnte. Die Protagonistin ist mir fremd geblieben und hat mich emotional nicht berührt. 

Bewertung vom 28.04.2022
Die Diplomatin
Fricke, Lucy

Die Diplomatin


sehr gut

Interessantes Buch über die Welt der Diplomatie
In ihrem neuen Roman "Die Diplomatin" erzählt Lucy Fricke über das Leben der Botschafterin Fred Andermann. Die ehrgeizige Fred - eigentlich Friederike - ist 50 Jahre alt und arbeitet seit 20 Jahren im diplomatischen Dienst. Ihr letzter Einsatzort war Bagdad, nun befindet sie sich seit einigen Wochen in Montevideo. Der Tag der deutschen Einheit wird auch dort gefeiert, und Fred ist daher mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt. Die einflussreiche Zeitungsverlegerin Elke Büscher wendet sich an Fred mit einem verzweifelten Hilferuf. Ihre Tochter, die sich in Uruguay aufhält, wird vermisst. Fred ermittelt nicht schnell und gründlich genug.

Nach einem Jahr in Deutschland wird Fred nach Istanbul versetzt. Ein weiteres Jahr ist vergangen, und die Konsulin wird mit einem neuen Fall konfrontiert, der sie vor große Herausforderungen stellt. Meral, eine deutsch-kurdische Kunsthistorikerin, sitzt wegen ihres Engagements für politisch Verfolgte im Gefängnis. Ihr Sohn Baris will sie dort trotz Reisewarnung der deutschen Behörden besuchen. Weil auf seine Mutter eine Gerichtsverhandlung wartet und er als Jugendlicher für Menschenrechte an einer Demonstration teilgenommen hatte, darf er Istanbul nicht mehr verlassen. Auch der Journalist David, den Fred auf einer Veranstaltung kennengelernt hat, befindet sich wegen seiner Tätigkeit in Schwierigkeiten.

Der Roman schildert sehr eindrucksvoll, wie Fred an ihre Grenzen stößt und den Glauben an die Diplomatie verliert. Sie muss erkennen, dass das System so ganz anders ist als wir es kennen. Unschuldige Menschen werden verhaftet, müssen wochenlang unter menschenunwürdigen Bedingungen auf ihre Scheinprozesse warten und werden zu hohen Strafen verurteilt. Trotz ihres hohen Ranges ist es Fred unmöglich, unter dem herrschenden Regime Einfluss zu nehmen, und sie beginnt, nach ihren eigenen Regeln zu handeln.

Das Buch, das aus vielen kurzen Kapiteln besteht, ist in sehr schönem, flüssigem Stil in der Ich-Form geschrieben. Lucy Fricke hat in ihre tiefgründige Geschichte - besonders in der ersten Hälfte - viel Humor einfließen lassen und die Leser auf interessante Art und Weise in die Welt der Diplomaten entführt.

Ich habe mich gut unterhalten gefühlt - daher 4 Sterne!

Bewertung vom 26.04.2022
Unser wirkliches Leben
Crimp, Imogen

Unser wirkliches Leben


ausgezeichnet

Fesselnder Roman über Liebe und Abhängigkeit
Die englische Autorin Imogen Crimp erzählt in ihrem lesenswerten Debütroman die Geschichte von Anna. Aufgrund eines Stipendiums studiert die 24jährige an einem Londoner Konservatorium klassischen Gesang. Von ihren Eltern erhält sie wenig finanzielle Unterstützung. Um die Miete für ein kleines Zimmer bezahlen zu können, das sie zusammen mit ihrer Freundin Laurie bewohnt, arbeitet sie an den Abenden als Sängerin in einer Jazzbar. Dort begegnet sie dem gutaussehenden Max. Der 38jährige arbeitet bei einer Bank, bewohnt ein eigenes Appartement mit herrlichem Ausblick und verfügt über die finanziellen Mittel, um Anna regelmäßig zum Essen auszuführen. Zwischen beiden beginnt eine Affäre. Anna ist in Max verliebt und wünscht sich eine enge Liebesbeziehung, obwohl Max ihr gleich zu Beginn klargemacht hat, dass er keine ernsthafte Beziehung sucht.
 
Die unsichere Anna versucht ständig, dem launischen Max zu gefallen, und langsam verschieben sich ihre Prioritäten. Obwohl sie vor einer vielversprechenden Karriere als Opernsängerin steht, vernachlässigt sie mehr und mehr ihr Studium, versäumt immer häufiger Unterrichtsstunden, wichtige Proben und Vorsingen. Als sie bei einem Vorsingen eine Panikattacke erleidet, wird ihr klar, dass ihr Leben so nicht weitergehen kann.
 
Der Roman wird aus der Perspektive von Anna in der Ich-Form erzählt und beschreibt die außergewöhnliche Beziehung zum unberechenbaren Max, der mal unterhaltend und charmant, dann wieder kalt und unnahbar ist. Max ermutigt sie, ihren Job zu kündigen, wodurch sie sich auch in eine finanzielle Abhängigkeit von ihm begibt, sich aber gleichzeitig zum Ziel setzt, die von Max gern angenommene regelmäßige Unterstützung eines Tages an ihn zurückzuzahlen. 
 
Der fesselnde und teilweise aufwühlende Roman, der in schönem und intelligentem Sprachstil geschrieben ist, hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen und liest sich sehr flüssig. Die fehlenden Satzzeichen bei den Dialogen waren ein wenig gewöhnungsbedürftig.

Sehr gern habe ich mich von Imogen Crimp, die selbst Operngesang studiert hat, in die interessante Welt der Oper entführen lassen und freue mich schon auf ihr nächstes Buch.
Ich kann diesen psychologischen Roman mit Tiefgang sehr empfehlen - von mir 5 Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2022
Der fürsorgliche Mr Cave
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


ausgezeichnet

Bedrückende Familiengeschichte
Der Droemer Verlag legt mit "Der fürsorgliche Mr. Cave" ein bereits 2008 veröffentlichtes und nun endlich ins Deutsche übersetzte Frühwerk von Matt Haig vor. Es handelt sich um seinen dritten Roman, und es ist das bisher einzige Buch von Matt Haig, das nicht dem Genre der spekulativen Fiktion zugeordnet wird.

Der psychologische Roman erzählt die zutiefst berührende Geschichte des Antiquitätenhändlers Terence Cave, der hilflos mit ansehen muss, wie sein 14jähriger Sohn Reuben infolge einer Mutprobe tödlich verunglückt. Nachdem Terence Mutter Selbstmord verübt hatte und auch seine Frau bereits vor Jahren bei einem Raubüberfall ums Leben gekommen ist, ist er nun von dem Gedanken besessen, seine Tochter Bryony, Reubens Zwillingsschwester, um jeden Preis vor den Gefahren des Lebens beschützen zu müssen. Er will sie nicht auch noch verlieren, denn sie ist alles, was ihm geblieben ist. Ständig sorgt er sich um sie. Er kontrolliert und überwacht sie, missbilligt ihren Umgang, stellt sie durch seine peinlichen Kontrollen vor ihren Freunden bloß und erstellt eine Liste mit 13 Regeln "für ihre eigene Sicherheit".

Seine Maßnahmen führen dazu, dass Bryony rebelliert und sich mehr und mehr von ihm abwendet. Sie lügt ihn an und trifft sich heimlich mit ihren Freunden. Terence weitet seine Kontrollen aus, obwohl ihn seine Schwiegermutter Cynthia immer wieder beschwört, seiner Tochter Freiheiten zuzugestehen, statt sie einzusperren. Er kann nicht ertragen, dass seine hübsche Tochter von jungen Männern umworben wird. Letztendlich steigert er sich immer mehr in seine Obsession hinein, und es kommt zur Katastrophe.

Das in der Ich-Form an die Tochter gerichtete Buch ist keine leichte Lektüre, sie geht unter die Haut und macht sehr betroffen. Das Buch ist fesselnd und hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Der Autor hat den zerstörerischen Weg und die seelische Verfassung seines Protagonisten sowie die damit einhergehenden Halluzinationen sehr intensiv und glaubhaft beschrieben.

Ich kann diese in wunderbarem Sprachstil geschriebene tragische und aufwühlende Geschichte, die mich noch lange beschäftigen wird, sehr empfehlen. Von mir 5 Sterne!

Bewertung vom 20.04.2022
Der Tote aus Zimmer 12
Horowitz, Anthony

Der Tote aus Zimmer 12


ausgezeichnet

Gelungener Krimi in englischer Tradition
Der zweite Kriminalroman von Anthony Horowitz "Der Tote aus Zimmer 12", in dem die ehemalige Lektorin Susan Ryeland ermittelt, knüpft an "Die Morde von Rye Hall" an. Es ist sicher hilfreich, diesen ersten Band zu kennen. Mir fehlte das Basiswissen, da dies mein erster Roman der Serie ist, dennoch habe ich mich sehr schnell zurechtgefunden.

Susan Ryeland führt mit ihrem Lebensgefährten Andreas auf Kreta ein kleines Hotel. Eines Tages suchen die englischen Eheleute Lawrence und Pauline Treherne Susan auf und berichten ihr, dass in dem von ihnen geführten renommierten Hotel Branlow Hall in Suffolk vor 8 Jahren, am Hochzeitstag ihrer Tochter Cecily, ein Mord passiert ist. Dieser Mord diente dem Schriftsteller Alan Conway als Grundlage für seinen Roman "Atticus unterwegs". 
Cecily hatte vor kurzem das Buch gelesen und ihren Eltern telefonisch berichtet, dass das Buch die Lösung des damaligen Mordfalls enthält. Der Roman beweise, dass seinerzeit die falsche Person des Mordes für schuldig befunden wurde. Seitdem ist Cecily spurlos verschwunden. Ihre Eltern sind in großer Sorge und bitten Susan, die das Buch seinerzeit lektoriert hatte, ihnen gegen Zahlung eines Honorars in Höhe von 10.000 Pfund zu helfen. Susan ist klar, dass sie für die Ermittlungen zurück in ihre alte Heimat muss und begibt sich auf die Reise nach England. Dort geht sie einer Vielzahl von Spuren nach und gerät selbst in Gefahr. 

Die Geschichte ist in der Ich-Form äußerst spannend geschrieben und außergewöhnlich, da es innerhalb des Buches ein zweites Buch gibt. In diesem dreht es sich um den Mord an einer Schauspielerin, der durch einen deutschen Privatdetektiv aufgeklärt wird. Beide Fälle sind auf interessante Art miteinander verknüpft.

Anthony Horowitz ist es gelungen, einen faszinierenden Krimi englischer Tradition vorzulegen, der mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt hat. Der gepflegte, kluge Sprachstil liest sich flüssig und hat mir sehr zugesagt. Wer klassische Kriminalromane ohne viel Blutvergießen schätzt, wird viel Lesefreude an diesem Buch haben.

Ich freue mich bereits jetzt auf den nächsten Band - Leseempfehlung von mir und 5 Sterne!