Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
MaWiOr
Wohnort: 
Halle

Bewertungen

Insgesamt 3573 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2023
Späte Blumen
Tschechow, Anton Pawlowitsch

Späte Blumen


ausgezeichnet

Anton Pawlowitsch Tschechow (1860-1904) war einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Neben seinen Dramen wie „Der Kirschgarten”, „Onkel Wanja”, „Drei Schwestern” und „Die Möwe”, die noch heute zu den meistgespielten Theaterstücken weltweit gehören, verfasste er auch eine Vielzahl von Erzählungen und Kurzgeschichten.

Der Diogenes-Band „Späte Blumen“ versammelt eine Auswahl an Geschichten sowohl aus dem Frühwerk wie auch aus dem Spätwerk des Schriftstellers, die alle etwas mit der dritten Jahreszeit zu tun haben. In der Auftaktgeschichte „Polinka“ begleiten die LerserIn-nen eine Blondine in ein Galanteriewarengeschäft, wo sie von einem jungen, feschen Verkäufer bedient wird. In der kurzen Geschichte „Auf dem Friedhof“, verweilen einige ältere Herren vor dem Grab eines Schauspielers, der von einen nachträglich gehasst hat, weil er ihn zu dieser brotlosen Kunst überredet hat.

Die Titelgeschichte „Späte Blumen“, ein kleiner Roman, beginnt an einem herbstlichen Abend im Hause der Fürsten Priklonskij. Im Mittelpunkt steht die verarmte Fürstentochter Marusja. Sie liebt Toporkov, einen Arzt, dessen Vater noch leibeigener Kammerdiener des Fürsten gewesen ist. Tschechow zeichnet hier die in den Bankrott sinkende Adelsfamilie und den Alltag des kühl berechnenden Arztes nach. Am Ende stirbt Marusja. Die kleine Szene „Gespräch eines Menschen mit einem Hund“ ist eine Satire auf einen Philosophen und in der Schlussgeschichte „Über die Liebe“ ist die hübsche Pelageja in den Koch Nikanor verliebt. Warum ausgerechnet in Nikanor, diesen Unhold. Tschechow gibt eine Antwort auf die ungelöste Frage der Liebe.

Fazit: Eine sehr gelungene Auswahl von 21 Herbstgeschichten, die mit dem Werk von Anton Tschechow vertraut macht.

Bewertung vom 28.08.2023
Playback
Chandler, Raymond

Playback


ausgezeichnet

Philip Marlowe erhält von Clyde Unmey, einem recht unhöflichen Rechtsanwalt aus L.A., den Auftrag, eine junge Dame zu beschatten. Die rothaarige Eleanor King ist attraktiv und hat eine ziemlich gute Figur, so dass Marlowe nicht abgeneigt ist. Zunächst scheint der Fall auch keine große Sache zu sein. Aber irgendwie hat Marlowe den Verdacht, dass sein Auftraggeber ihm etwas verschweigt. Es dreht sich nicht um eine weggelaufene Ehefrau oder um eine wichtige Zeugin. Aber schließlich wird er nur fürs Schnüffeln bezahlt.

Also quartiert er sich im Hotelzimmer neben der jungen Frau ein, die eigentlich Betty Mayfield heißt und ihn ganz schön einwickelt. Marlowe stellt jedoch bald fest, dass außer ihm noch zwei andere undurchsichtige Burschen auf der Spur der Süßen sind: Larry Mitchell und ein gewisser Ross Goble, die sich noch gegenseitig bekriegen. Schließlich macht sich diese Miss Betty Mayfield aus dem Staub, doch Marlowe findet sie wieder, draußen in Del Mar außerhalb von Los Angeles.

Die Kleine hat inzwischen ein Problem: auf ihrem Balkon wurde Mitchell aufgefunden, erschossen mit ihrer Pistole. Da macht sie Marlowe das Angebot, mit ihm gemeinsam irgendwo unterzutauchen, wo sie ein schönes Leben führen könnten. Verdammt, wie viele verschiedene Mädchen stecken noch in dieser Rothaarigen? - denn wie Marlowe herausfindet, steht sie auch unter Mordverdacht.

Irgendwie steckt hinter diesem billigen, hinterhältigen Auftrag ein großes Rätsel. Nach einem Selbstmord und einer verschwundenen Leiche ist der Fall ziemlich verkorkst und der gesunde Menschenverstand sagt Marlowe: Geh nach Hause und vergiss das, das bringt dir nichts ein. Aber er gibt nicht auf, bis er die Sache gelöst hat. Davon können ihn weder diese Killertypen noch ein dümmlicher Ex-Schwiegervater oder ein arroganter Auftraggeber abhalten.

„Playback“ ist der letzte Philip-Marlowe-Roman von Raymond Chandler. Und tatsächlich zeigt der Roman einen schon gealterten Privatdetektiv, der aber noch einmal zur Hochform aufläuft. Wenn „Playback“ auch nicht ganz die Meisterschaft von „Der tiefe Schlaf“ oder anderen Marlowe-Krimis erreicht, so besticht der Roman doch wieder durch Spannung und Sprachwitz.

Nebenbei ist die Kriminalstory auch eine Liebesgeschichte, denn zwischen Philip Marlowe und Betty Mayfield knistert es recht erotisch. „Ich komme, Darling. Nimm mich in deine Arme. Ich will dich nicht besitzen. Das kann sowieso niemand. Ich will dich einfach nur lieben“, schmachtet Marlowe am Ende. Wahrlich ein romantisches Ende dieser Krimi-Reihe um den coolsten Privatdetektiv. Jetzt ist der Krimi-Klassiker in der Neuedition der Philip-Marlowe-Romane erschienen – in einer Neuübersetzung von Ulrich Blumenbach und mit einem Nachwort von Paul Ingenday.